Stephanie Nordt Thomas Kugler Gelingensbedingungen für die Erarbeitung eines Aktionsplans für Akzeptanz und Vielfalt - Erfahrungen mit dem Berliner Aktionsplan gegen Homophobie und Transphobie 20. Runder Tisch zum Thema „Perspektiven hessischer LSBTIQ-Politik. Überlegungen zur Erstellung des hessischen Aktionsplans für Akzeptanz und Vielfalt“
Stephanie Nordt Thomas Kugler Aufbau I.Die Berliner Initiative „Berlin tritt ein für Selbstbestimmung und Akzeptanz sexueller Vielfalt“ (ISV) im Überblick II.Gelingensfaktoren für eine erfolgreiche Umsetzung III.Mögliche Fallstricke für eine erfolgreiche Umsetzung IV.Beispielhafte Empfehlungen für eine Umsetzungsstrategie im Bereich Bildung
Stephanie Nordt Thomas Kugler I. Die Berliner Initiative „Berlin tritt ein für Selbstbestimmung und Akzeptanz sexueller Vielfalt“ (ISV) im Überblick 1.Politischer Hintergrund, Entstehung und grundlegende Überlegungen 2.Handlungsfelder 3.Praktische Umsetzung
Stephanie Nordt Thomas Kugler Politischer Hintergrund, Entstehung und grundlegende Überlegungen 2006 ff: Gehäufte Berichterstattung zu Überfällen auf LGBT 2008/2009: Antrag von Bündnis 90/Die Grünen auf einen „Berliner Aktionsplan gegen Homophobie“ 2009: Änderungsantrag der Rot-roten Regierungskoalition unter Federführung von DIE LINKE mit den queeren Communities erarbeitet Emanzipatorischer und partizipativer Ansatz
Stephanie Nordt Thomas Kugler Grundlegende Überlegungen Rechtliche Gleichstellung und Wandel von negativen Einstellungen voranbringen Umfassender, ressortübergreifender Ansatz Menschenrechtsorientierter Ansatz, d.h. keine „Sonderrechte für LGBT“, keine „Geschenke für Minderheiten“ sondern Queerpolitik als Demokratie- und Menschenrechtspolitik Sprachgebrauch: „Akzeptanz sexueller Vielfalt“ anstatt „gegen Homophobie“ (Emanzipation anstatt Identitätspolitik)
Stephanie Nordt Thomas Kugler Handlungsfelder Bildung und Aufklärung Diskriminierung, Gewalt, Kriminalität Diversity Implementierung in Verwaltungen Erkenntnisgrundlagen / Studien Interkultureller und interreligiöser Dialog Rechtsangleichung
Stephanie Nordt Thomas Kugler Zeitlicher Verlauf April 2009: ISV-Beschluss des Berliner Abgeordnetenhauses Juni 2009 – Januar 2011: Steuerungsgruppe und 5 Initiativgruppen Februar 2010: Senatsbeschluss über Maßnahmenpaket Dezember 2009: Verabschiedung des Haushalts 2010/2011 Einrichtung von Koordinationsstellen
Stephanie Nordt Thomas Kugler Akteure Initiative Sexuelle Vielfalt LADS Akteure Zivil- gesellschaft Senats- verwaltungen
Stephanie Nordt Thomas Kugler Akteure LADS Senats- verwaltungen NGOs in beratender Funktion Leiterin der LADS, Fachbereich für gleichgeschlechtliche Lebensweisen Senatskanzlei, SenBWF, SenJust, SenInnSport, SenIAS Int/Mig Mann-O-Meter, KomBi, Abqueer, GLADT, LSVD
Stephanie Nordt Thomas Kugler Steuerungsgruppe Mitgestaltung des gesamten Prozesses 10 Vertreter_innen aus Verwaltungen und NGOs (paritätisch besetzt) unter Leitung von Eren Ünsal (Leiterin der LADS) Mitglieder der Steuerungsgruppe informieren die Initiativgruppen über die Beschlüsse der Steuerungsgruppe Initiativgruppen erarbeiten Maßnahmen und Kostenaufstellung
Stephanie Nordt Thomas Kugler Initiativgruppen Antigewalt und Antidiskriminierung Diversity in der Verwaltung voranbringen Bildung Interkulturellen/-religiösen Dialog fördern Rechtsangleichung
Stephanie Nordt Thomas Kugler II. Gelingensfaktoren für eine erfolgreiche Umsetzung
Stephanie Nordt Thomas Kugler 1. Top-Down-Ansatz: Steuernde Begleitstrategie und Mainstreaming der Themen LGBTIQ über Schlüsselpersonen und Gremien
Stephanie Nordt Thomas Kugler Beispiel aus dem Bereich der Kinder- und Jugendhilfe Informationsveranstaltungen für Runde der Jugendstadträt_innen AG der Jugendamtsleitungen (AGBöJ) Politische Gremien (z.B. Jugendhilfeausschüsse der Bezirke) Gremien von Verbänden (z.B. Landesjugendring, LIGA der Wohlfahrtsverbände) Arbeitsgemeinschaften nach § 78, SGB XIII
Stephanie Nordt Thomas Kugler 2. Partizipationsorientiertes Verfahren und Transparenz über das Vorgehen: Erarbeitung des politischen Beschlusses (Politik und Communities) Entwicklung des Maßnahmenplans (Verwaltung und Communities) ISV website ( Veröffentlichung der Umsetzungskonzepte in den Bereichen Schule und Kinder- und Jugendhilfe (
Stephanie Nordt Thomas Kugler 3. Inhaltliche Ausrichtung und Begründung: Emanzipationspolitik und normative Anschlussstellen Menschenrechtsansatz, Gleichheitsparadigma, Verfassungsauftrag Sexuelle Vielfalt als gesellschaftspolitischen Begriff kommunizieren (vs. sexualitätsbezogenes Verständnis)
Stephanie Nordt Thomas Kugler „Sexuelle Vielfalt“ als gesellschaftspolitischer Begriff – um welche Themen geht es? Der gesellschaftspolitische Begriff sexuelle Vielfalt steht für die Vielfalt von Lebensformen, sexuellen Orientierungen, Geschlechtsidentitäten und Geschlechterinszenierungen, er bezieht sich also nicht auf Sexualität oder Sexualpraktiken, sondern auf Identität und Lebensformen. Sozialpädagogisches Fortbildungsinstitut Berlin-Brandenburg / Bildungsinitiative QUEERFORMAT, Geschlechtliche und sexuelle Vielfalt in der pädagogischen Arbeit mit Kindern und Jugendlichen. Handreichung für Fachkräfte der Kinder- und Jugendhilfe, Berlin 2012, S. 96 Begriffsklärung
Stephanie Nordt Thomas Kugler 4. Qualifizierte professionelle Angebote in der Umsetzung, hohe Servicequalität Erfahrungskompetenz aus der Community nutzen Beispiel Bildungsbereich Berlin: Diversity Education und Lebensformenpädagogik im Parlamentsbeschluss vorgegeben und von der Verwaltung als Kriterium der Beauftragung Freier Träger angelegt
Stephanie Nordt Thomas Kugler 5. Kooperation Verwaltung und Nichtregierungsorganisationen in der Umsetzung: Erhöhte Akzeptanz für Freie Träger in öffentlichem Auftrag, erhöhte Zielgruppenerreichung
Stephanie Nordt Thomas Kugler 6. Koordination der Maßnahmen auf Verwaltungsebene: Koordinierungsstellen mit Schnittstellenfunktion bei der federführenden Verwaltung und der Verwaltung des Schwerpunktbereichs Bildung förderlich für die Umsetzung durch interne und externe Kommunikation
Stephanie Nordt Thomas Kugler 7. Modellhafte Umsetzung in Kooperation mit ausgewählten öffentlichen Dienststellen auf der kommunalen Ebene Beispiel Bildungsbereich Berlin: Enge Kooperation mit ausgewählten Jugendämtern
Stephanie Nordt Thomas Kugler 8. Lokale kommunale Aktionspläne unterstützen die Umsetzung vor Ort
Stephanie Nordt Thomas Kugler III. Mögliche Fallstricke für eine erfolgreiche Umsetzung
Stephanie Nordt Thomas Kugler 1. Der Begriff Sexuelle Vielfalt weckt falsche Assoziationen proaktiv und präventiv definieren und kommunizieren, was gemeint ist
Stephanie Nordt Thomas Kugler 2. Koordinator_innen ohne steuernde Funktion können wenig bewirken Beispiel Koordinator_innen in Berliner Jugendämtern Koordinationsstellen in Stabsstellen ansiedeln
Stephanie Nordt Thomas Kugler 3. Ernennung von Sonderfunktionen ohne institutionelle Unterstützung birgt das Risiko von Alibifunktion oder Motivationsverlust Beispiel Kontaktpersonen für sexuelle Vielfalt / Diversity an Berliner Schulen Anreizsysteme schaffen auf ideeller und materieller Ebene
Stephanie Nordt Thomas Kugler 4. Zu frühe Evaluation von Maßnahmen zeigt ein verzerrtes Bild der Wirksamkeit sorgfältige Zeitplanung für Ressourceneinsatz und Evaluation
Stephanie Nordt Thomas Kugler 5. Mangelnde Berichtspflicht erschwert die politische Nachjustierung und erschwert Kommunikation zwischen Verwaltung und Politik sorgfältige Planung der Berichtspflichten
Stephanie Nordt Thomas Kugler IV. Beispielhafte Empfehlungen für eine Umsetzungsstrategie im Bereich Bildung
Stephanie Nordt Thomas Kugler 1. Top-down-Ansatz anwenden – Politische und administrative Perspektive LSBTIQ als Querschnittsaufgabe verstehen und vermitteln Schlüsselpersonen (relevante Funktionen und Gremien) in Verwaltungen und bei NGO‘s identifizieren, z. B. Landesjugendamt, Bildungsministerium, Spitzenverbände der Wohlfahrtspflege Gremienstrukturen für umfassendes Mainstreaming über Schlüsselpersonen nutzen LSBTIQ-Expert_innen über ministerielle Top-Ebene Zugang zu Schlüsselgremien verschaffen (offizielle Einladung)
Stephanie Nordt Thomas Kugler 2. Normative Vorgaben auf Bundes- und auf Landesebene eruieren und einbeziehen – Normative Perspektive AGG, SGB VIII Landesgesetze: Schulgesetz, AGKJHG, Jugendförderungsgesetz, Kindertagesstättengesetz,… Bildungsprogramme Rahmenpläne und Rahmenrichtlinien Ausbildungspläne …
Stephanie Nordt Thomas Kugler 3. Inhaltliche Anschlussstellen identifizieren und nutzen – Fachliche Perspektive Fachdebatten und fachliche Diskurse im Bildungsbereich auf inhaltliche Anschlussstellen hin überprüfen, z.B. Diversity Education undLebensformenpädagogik: Vielfaltspädagogik statt Sexualerziehung Antidiskriminierungspädagogik Anti-Mobbing-Strategien Demokratielernen Menschenrechtsbildung Inklusionspädagogik Geschlechtsbewusste Pädagogik
Stephanie Nordt Thomas Kugler 4. Professionelle Angebote entwickeln und vorhalten – Qualitative Perspektive Kriterien für Professionalität von Trägern und Angeboten entwickeln, z. B. Erfahrungskompetenz in Bildungsarbeit Erfahrungskompetenz in Diversity Education und LSBTIQ-Bildungsarbeit Kompetenz, fundierte, fachlich aktuelle und anschlussfähige Formate für Schlüsselpersonen und Fachkräfte zu entwickeln Inhaltliche und didaktische Kompetenz für die Entwicklung von Praxismaterialien
Stephanie Nordt Thomas Kugler 5. Fortbildungskultur der Zielgruppen einbeziehen - Zielgruppenperspektive Fortbildungskultur der Zielgruppen eruieren und vergleichen Fortbildungskultur allgemein: gewohnter Zeitrahmen, Strukturen, Bereitschaft Fachkräfte als primäre Zielgruppen, Kinder/Jugendliche als sekundäre Zielgruppe, ggf. Eltern/Elterngremien einbinden Vorherrschende Diskurse berücksichtigen Mehrwert und Benefit für die Zielgruppen verdeutlichen Anreize eruieren und vermitteln
Stephanie Nordt Thomas Kugler 6. LSBTIQ-Community einbeziehen – Partizipative Perspektive I Kooperation staatlicher Stellen mit zivilgesellschaftlichen Organisationen Bündnisse mit einflussreichen Initiativen und Personen schließen
Stephanie Nordt Thomas Kugler 7. Relevante Akteur_innen aus Zivilgesellschaft und Verwaltung einbeziehen – Partizipative Perspektive II Steuerungsgruppe, Initiativgruppen oder Fokusgruppen für die Handlungsfelder des Aktionsplans einrichten Partizipation und Kooperation der relevanten Akteure aus Verwaltung und NGO‘s Vernetzungsarbeit Horizontaler Ansatz: Akteure der Antidiskriminierungsarbeit, nicht nur aus dem LGBTIQ-Bereich, sondern auch zu anderen AGG-Merkmalen Weitere Schlüsselpersonen identifizieren
Stephanie Nordt Thomas Kugler 8. Modelle schaffen und evaluieren – Transferperspektive / Konkretisierungsperspektive Modellhafte Beispiele guter Praxis mit ausgewählten Institutionen schaffen, z.B. Modellschulen Modellträger der schulbezogenen Sozialarbeit Modelljugendämter für Umsetzung des Top- down-Prozesses Modellträger der Kinder- und Jugendhilfe im Bereich Kindertagesbetreuung und/oder Jugendarbeit
Stephanie Nordt Thomas Kugler 9. Beispiele guter Praxis kommunizieren - Disseminationsperspektive Gelungene Beispiele guter Praxis bekannt machen, z.B. über Bildungsserver Internetseiten der beteiligten Akteure Fachzeitschriften Fachveranstaltungen, Fachtage, Konferenzen Medienkampagne Social Media
Stephanie Nordt Thomas Kugler 10. Berichtswesen etablieren - Monitoringperspektive Systematisches Berichtswesen als Grundlage für kontinuierliche Fortführung und Weiterentwicklung von Akzeptanzförderung Mittel- und langfristige Entwicklung und Wirkung der Maßnahmen bewerten Erforderlichen Zeitlichen Vorlauf einplanen, bis Top-down-Ansatz sich auf Fachkräfteebene auswirkt