WuV-Kurs Sachenrecht II Professor Dr. Jan Lieder, LL.M. (Harvard)

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WuV-Kurs Sachenrecht II Professor Dr. Jan Lieder, LL.M. (Harvard)

Gesetzliche Verbote I.Rechtsfolge ist nach § 134 BGB die Nichtigkeit, soweit sich aus Gesetz nichts anderes ergibt II.Verbotsgesetz  Jede Rechtsnorm iSd. Art. 2 EGBGB, zB auch Satzung, Rechtsverordnung, Gewohnheitsrecht  Verbotscharakter ist durch Auslegung zu ermitteln  Mit Rechtsgeschäft herbeigeführter Erfolg muss verboten sein; nicht nur die Umstände seines Zustandekommens  Bloße Ordnungsvorschriften, die allein die äußeren Umstände betreffen, nicht aber Inhalt oder Abschluss des Rechtsgeschäfts, sind keine Verbotsgesetze

Gesetzliche Verbote II.Verbotsgesetz  Beispiel: Tankstelleninhaber T verkauft dem K am frühen Sonntagmorgen eine Flasche Champagner. Sind die Geschäfte wirksam? Auf § 6 II LadSchlG wird hingewiesen: „An Werktagen während der allgemeinen Ladenschlusszeiten (§ 3) und an Sonn- und Feiertagen ist nur die Abgabe von Ersatzteilen für Kraftfahrzeuge, soweit dies für die Erhaltung oder Wiederherstellung der Fahrbereitschaft notwendig ist, sowie die Abgabe von Betriebsstoffen und von Reisebedarf gestattet.“  Beispiel: T verkauft und veräußert K eine größere Menge Haschisch (§§ 12, 29 BtMG). Sind die Geschäfte wirksam?

Gesetzliche Verbote III.Verstoß gegen das Verbotsgesetz  Ausreichend ist objektiver Gesetzesverstoß: Erfüllung des Tatbestands der gesetzlichen Regelung  Bewusstsein des Verstoßes oder Verschulden einer Partei ist irrelevant  Auch Umgehungsgeschäfte werden erfasst, d.h., wenn das Rechtsgeschäft zwar nicht gegen das Verbot verstößt, aber so konzipiert ist, dass im Ergebnis der rechtlich missbilligte Erfolg eintritt  Einseitiger Verstoß führt nicht zur Nichtigkeit des Geschäfts, wenn anderer Teil andernfalls Nachteil erleidet; Ausnahme: der andere Teil erkennt den Verstoß und macht ihn sich zum Vorteil  Beiderseitiger Verstoß führt in der Regel zur Nichtigkeit

Gesetzliche Verbote IV.Der Klassiker: Schwarzarbeit  Fall: A möchte ein kleines Gartenhäuschen bauen lassen. Zu diesem Zweck vereinbarte er mit dem arbeitsuchenden Maurer M, das er für seine Leistungen 25 EUR pro Stunde in bar erhalten sollte. Aufgrund mangelhafter Bauleistung verlangt A Mängelbeseitigung. M verlangt im Gegenzug von A Bezahlung.  § 1 SchwarzArbG: (1) Zweck des Gesetzes ist die Intensivierung der Bekämpfung der Schwarzarbeit. (2) Schwarzarbeit leistet, wer Dienst- oder Werkleistungen erbringt oder ausführen lässt und dabei 1.als Arbeitgeber, Unternehmer oder versicherungspflichtiger Selbstständiger seine sich auf Grund der Dienst- oder Werkleistungen ergebenden sozialversicherungsrechtlichen Melde-, Beitrags- oder Aufzeichnungspflichten nicht erfüllt, 2.als Steuerpflichtiger seine sich auf Grund der Dienst- oder Werkleistungen ergebenden steuerlichen Pflichten nicht erfüllt.

Gesetzliche Verbote IV.Der Klassiker: Schwarzarbeit  Anspruch auf Mängelbeseitigung nach §§ 634 Nr. 1, 635 BGB  Nichtigkeit des Vertrags nach § 134 BGB wegen beiderseitigen Verstoßes gegen § 1 SchwarzArbG  Verstößt nur der Ausführende gegen das SchwarzArbG ist der Vertrag wirksam und es bestehen Mängelansprüche des Bestellers (hM; str.); allerdings hat sich der Besteller den Verstoß hier gerade zum Vorteil, weshalb der Vertrag  Anspruch auf Vergütung ist im Fall nach § 134 BGB ausgeschlossen; der BGH lässt dabei offen, ob es sich um einen beiderseitigen Verstoß handelt, weil der Besteller sich den Verstoß hier gerade zum Vorteil macht  Anspruch auf Wertersatz nach §§ 812 I 1 Alt. 1, 818 II BGB scheitert grundsätzlich an § 817 S. 2 BGB

Gesetzliche Verbote IV.Der Klassiker: Schwarzarbeit  Aber: Einschränkung des Ausschlusses nach § 242 BGB nach BGHZ 111, 308  Hat Ausführender Leistung vollständig erbracht, so würde der Bauherr aufgrund des Gesetzesverstoßes begünstigt, wenn er keine Vergütung entrichten müsste  Vereinbarte Vergütung bildet Höchstgrenze; Mängel und Mängelrisiken sind einzupreisen  Rechtsprechungsänderung: BGH NJW 2014, 1805  Zwecke des SchwarzArbG (Bekämpfung der Arbeitslosigkeit und von Steuerausfällen und Pfusch am Bau) verlangt eine Rückforderungssperre  Nachforderung von Steuern und Strafverfolgung reichen nicht

Gesetzliche Verbote IV.Der Klassiker: Schwarzarbeit  Bestätigung durch BGH, VII ZR 216/14 :  Eine Rückforderungssperre nach § 817 S. 2 BGB ist wegen der Ziele des SchwarzArbG auch nicht durch Treu und Glauben eingeschränkt

Gesetzliche Verbote IV.Der Klassiker: Schwarzarbeit  Weiterführende Literatur  Heyers, Verhaltenssteuerung durch Privatrecht am Beispiel sog. Schwarzarbeit – zivil-, steuerrechtliche und ökonomische Aspekte, Jura 2014, 936 ff.  Peter, Probleme bei der Behandlung und Rückabwicklung wegen Verstoßes gegen § 134 BGB nichtiger Dienst- und Werkverträge, JA 2014, 248 ff., 333 ff.  Stamm, Kehrtwende des BGH bei der Bekämpfung der Schwarzarbeit, NJW 2014, 2145 ff.  Köhler, Einschränkungen der Nichtigkeit von Rechtsgeschäften, JuS 2010, 665 ff.