Das Modell „FairUrteilen“- vom „bloßen Meinen“ zur kriterienorientierten Urteilsbildung Konzept zur Urteilsbildung nach Wolfgang Sander (Münster) © Dialog.

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 Präsentation transkript:

Das Modell „FairUrteilen“- vom „bloßen Meinen“ zur kriterienorientierten Urteilsbildung Konzept zur Urteilsbildung nach Wolfgang Sander (Münster) © Dialog SoWi 2015

Grundlagen Ziel: Fähigkeit, eigenständig rationale, sachlich fundierte und verantwortbare „Laien-Urteile“ (Sander 1983, S. 176) zu bilden Begründung: Urteilsfähigkeit als Grundlage einer funktionierenden Demokratie und persönlicher Autonomie Fokus: „Grammatik der politisch-moralischen Urteilsbildung“ (Sander 1983, S. 177): Aneignung eines geregelten Verfahrens zur Entwicklung qualifizierter Urteile

Übersicht zum Prozess der Urteilsbildung nach Sander

Schritt 1: Die SuS formulieren die Entscheidungsfrage: z. B. Bringt eine Zweistaatenlösung den Frieden im Nahostkonflikt?

Schritt 2: Verfassen und Präsentieren von Spontan- urteilen: „Ich bin gegen eine Zwei- Staaten-Lösung, weil ich nicht glaube, dass ein palästinen- sischer Staat auf Grund der vorherrschenden Korruption und der fehlenden handlungs- fähigen Politiker lebensfähig sein wird.“ „Ich bin für eine Zwei-Staaten- Lösung, weil ich glaube, dass die palästinensische Bevölkerung eine Recht auf Selbstbestimmung hat.“

Schritt 2: Ableitung normativer Kriterien und empirischer Sachverhaltsaussagen aus den Spontanurteilen : Kriterium A: Ein Staat sollte Korruption unterbinden können und durch handlungsfähige Politiker regiert werden Kriterium B: Jedes Volk sollte das Recht auf Selbstbestimmung haben, die israelische Besetzung ist nicht legitim

Schritt 3: Herausarbeiten, Überprüfen und Ordnen von Sachverhaltsaussagen und Kriterien im Zuge der Material- analyse: Kriterium: Bestmögliche Sachentscheidungen Pro-Argumente: Selbstbestimmungsrecht, Friedensförderung, Demokratiesierung, wirtschaftlicher Aufschwung… Contra-Argumente: Regierungs- und Handlungs- unfähigkeit (Hamas contra Fatah), Korruption, wirtschaftliche Situation…..

Schritt 4: Formulieren von Detailurteilen zu den einzelnen Kriterien: „Ich denke, dass das Selbst- bestimmungsrecht der Palästinenser durch das Völkerrecht legitimiert wird und die Zweistaatenlösung der friedlichen Konfliktlösung dient. Zwar ist nicht von der Hand zu weisen, dass es korrupte palästinensische Politiker gibt, aber auch in Israel gibt es Korruption im Bereich der Politiker … Allerdings… Hinzu kommt… Deshalb…

Schritt 5: Formulieren des individuellen Gesamturteils auf der Grundlage der Detailurteile

Schritt 6: Vortrag und Diskussion der individuellen Gesamturteile z. B in einer Pro-und Kontra-Debatte: Prüfen der Ausgewogenheit, Widerspruchsfreiheit und Begründungsqualität Reflexion der intersubjektiv abweichenden Gewichtung von Kriterien und Sachverhalts- aussagen ->Reflexion des Weges vom Spontan- zum kriterienorientierten Gesam- turteil Kriterien sind: Wissen, Perspektivität, Diskursivität, Reflexivität,

Schritt 7: Anwendung und Reflexion der Regeln der Urteilsbildung z. B. nach der Pro-Kontra-Debatte bezieht sich auf den gesam- ten Urteilsverfahrensprozess regelgeleiteter Verfahrens- ablauf ermöglicht die ertragreiche Anwendung der theoretischen und praktischen Vernunft zur Gewinnung sachlich fundierter rationaler Urteile abschließende Evaluation der Prozessordnung und Regeln

Stärken des Modells Vermittlung von anwendungsbezogenem Strukturwissen zur Urteilsbildung hohe Schülerorientierung durch eigenständig formulierte Entscheidungsfragen und Kriterien, die somit nicht zu unverstandenen, „isolierten Begriffsinseln“ (Massing 1997) degenerieren Passgenauigkeit der Kriterien durch ihre fallbezogene Neuformulierung zu jeder Entscheidungsfrage

Mögliche Gefahren und Kritik

Literatur und Onlineressourcen Sander, W. (1984): Effizienz und Emanzipation. Prinzipien verantwortlichen Urteilen und Handelns. Eine Grundlegung zur Didaktik der politischen Bildung. Opladen. W. Sander, C. Igelbrink, Selbstbestimmt urteilen lernen, Schüler emotional stärken durch Metakognition und Urteilsbildung, Lit Verlag Berlin 2010 Internetauftritt mit Erläuterungen und Unterrichtsbeispielen unter der URL: © C. Schrieverhoff 9/2015