Auftrag.at Kundentag 24.10.2013 Vergabeakt & Nachweispflicht Dr. Michael Breitenfeld 24. Oktober 2013, Wien.

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auftrag.at Kundentag Vergabeakt & Nachweispflicht Dr. Michael Breitenfeld 24. Oktober 2013, Wien

Übersicht I.Rechtsgrundlage und allgemeine Informationen II.Inhalt des Vergabeakts III.Aktuelle Entwicklungen

I. Rechtsgrundlage Das BVergG 2006 bestimmt in § 313 Abs 1 BVergG 2006, dass die dem BVergG 2006 unterliegenden Auftraggeber (und vergebenden Stellen) „dem Bundesvergabeamt (Anm.: bis einschließlich ) alle für die Erfüllung ihrer Aufgaben notwendigen Auskünfte zu erteilen und alle hierfür erforderlichen Unterlagen vorzulegen“ haben. Entspricht ein Auftraggeber dieser Anordnung nicht, kann das BVA (nach ausdrücklichem Hinweis auf diese Säumnisfolge) „auf Grund der Behauptungen des nicht säumigen Beteiligten entscheiden.“ (§ 313 Abs 2 BVergG 2006)

I. Allgemeine Informationen Das Erfordernis, Vergabeverfahren durchgängig zu dokumentieren, entspringt der Auskunftspflicht (des Auftraggebers) gegenüber den Vergabekontrollbehörden. Durch die Bereitstellung wesentlicher Informationen über das Vergabeverfahren in Form eines Vergabeaktes sollen die seitens der Vergabekontrollbehörden durchzuführenden Ermittlungsverfahren vereinfacht und beschleunigt werden. Damit verankert § 313 BVergG 2006 eine deutlich über die allgemeine Mitwirkungspflicht hinausgehende Auskunfts- und Vorlagepflicht insbesondere der Auftraggeber.

I. Allgemeine Informationen Aufforderungen des BVA (und sonstiger Vergabekontrollbehörden) zur Vorlage von Unterlagen stellen Verfahrensanordnungen dar und sind erst mit dem Endbescheid anfechtbar. Die Frist zur Erteilung von Auskünften und Vorlage von Unterlagen muss angemessen sein – auf die Säumnisfolgen (§ 313 Abs 2 BVergG 2006) ist ausdrücklich hinzuweisen; unterbleibt der Hinweis darf eine spätere Entscheidung nicht auf das Vorbringen der nicht-säumigen Partei gestützt werden.

II. Inhalt des Vergabeaktes Um der Auskunftspflicht im Nachprüfungsverfahren entsprechen zu können (und Säumnisfolgen zu vermeiden), sind Unterlagen, die seitens der Vergabekontrollbehörden unter Hinweis auf die Auskunftspflicht angefordert werden können, im Vergabeakt bereitzuhalten. Im Wesentlichen von der Auskunftspflicht erfasst sind die Unterlagen des Vergabeverfahrens – das Gesetz sieht in diesem Zusammenhang keine abschließende Auflistung von Dokumenten vor; je nach Art des Verfahrens sind unterschiedliche Unterlagen bereitzuhalten.

II. Inhalt des Vergabeaktes In den meisten Fällen sollten jedenfalls folgende Unterlagen im Vergabeakt enthalten sein: Ausschreibungsunterlagen samt Beilagen (aber auch Normen, Vorgaben, etc auf die in der Ausschreibung verwiesen wurde). Fragen der Verfahrensteilnehmer und Fragebeantwortungen. Protokolle der Prüfung der Teilnahmeanträge (soweit vorhanden) sowie der Angebote. Verbesserungsaufträge, Nachforderungen und damit korrespondierende Verbesserungsantworten und Nachreichungen

II. Inhalt des Vergabeaktes Sämtliche Ausscheidensentscheidungen, Mitteilungen über Zuschlagsentscheidungen, Einladungen zur Angebotslegung (bei zweistufigen Verfahren) aber auch Mitteilungen über den Widerruf eines Vergabeverfahrens (Achtung: selbstständig anfechtbare Entscheidung). Bei Verhandlungsverfahren die Inhalte der Verhandlungen mit den Bietern (Verhandlungsprotokolle) Bei Durchführung von elektronischen Auktionen (§ 31 BVergG 2006) die EDV-Protokolle der elektronischen Auktion.

III. Aktuelle Entwicklungen Wenngleich für die bisherigen Vergabekontrollbehörden (ebenso wie für die künftigen Verwaltungsgerichte) die Offizialmaxime gilt, sie also grundsätzlich im Rahmen ihrer Ermittlungsverfahren amtswegig Erhebungen durchzuführen haben, führen die vergleichsweise umfassende Auskunftspflicht im Vergaberecht sowie die zunehmend komplexeren Vergabeverfahren besonders für Auftraggeber (bzw vergebende Stellen) zu immer ausführlicheren Dokumentationspflichten. Neben komplexen Verfahren ist diese Entwicklung auch den relativ kurzen Entscheidungsfristen in Vergabekontrollverfahren geschuldet.

III. BVA , N/0006-BVA/08/ In seiner jüngsten Entscheidung zur Auskunftspflicht des § 313 BVergG 2006 entschied das Bundesvergabeamt, dass ein Auftraggeber, der auf Standardisierungsnormen verweist, diese zum integrierenden Bestanteil seiner Festlegungen macht. Damit sind derartige Texte „notwendiger Bestandteil der Unterlagen des Vergabeverfahrens iSv § 313 BVergG 2006.“ Im gegenständlichen Fall waren die maßgeblichen Normtexte nicht im Vergabeakt enthalten und zudem nicht frei (und teilweise nicht in deutscher Sprache) zugänglich.

III. BVA , N/0006-BVA/08/ Das BVA argumentierte: Da die relevanten Normtexte nur mit Kosten- und Zeitaufwand (Gebühren, Übersetzungen, etc) zugänglich sind, würde deren Beschaffung den Zweck des Nachprüfungsverfahrens (effektive und rasche Nachprüfung) vereiteln. Das Diskriminierungsverbot sowie das Transparenzgebot gebietet, dass Auftraggeberentscheidungen nachprüfbar und nachvollziehbar sind. Ohne die Normtexte kann das BVA nicht beurteilen, ob die Entscheidungen des Auftraggebers vergabekonform sind.

III. BVA , N/0006-BVA/08/ Aus obigen Erwägungen entschied das BVA im gegenständlichen Fall zugunsten der nicht-säumigen Antragstellerin iSd § 313 Abs 2 BVergG (nachdem es die Auftraggeberin über die Säumnisfolgen bereits im Rahmen der Aufforderung zur Auskunftserteilung belehrt hatte). Aufgrund des nicht vollständigen Vergabeaktes wurde daher den gestellten Nichtigerklärungsanträgen stattgegeben.

III. BVA , N/0006-BVA/08/ Fraglich bleibt, ob die Entscheidung anders ausgefallen wäre, wenn die maßgeblichen Texte frei (und rasch) in deutscher Sprache zugänglich gewesen wären). Fazit: Sämtliche Texte (Normen wie zB Ö-Normen, DIN, sonstige Standadisierungen, etc) auf die seitens des Auftraggebers - im Besonderen im Fall von selbstständig anfechtbaren Entscheidungen - verwiesen wird, sollten im Vergabeakt vorhanden sein um auf Verlangen durch die Vergabekontrollbehörden rasch bereitgestellt zu werden.

III. Praxistipp Die ohnehin umfassende Auskunftspflicht (im besonderen der Auftraggeber) in Nachprüfungsverfahren wird von der Judikatur regelmäßig sehr weit verstanden. Um Säumnisfolgen, die gerade für Auftraggeber neben hohen Kosten häufig mit großen Zeitverzögerungen verbunden sind, zu vermeiden, hat sich in der Praxis bewährt, Vergabeverfahren über die gesamte Verfahrensdauer hinweg (von der Bekanntmachung bis zur Zuschlagserteilung) in allen Phasen möglichst umfassend zu dokumentieren.

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! SIEMER – SIEGL – FÜREDER & PARTNER RECHTSANWÄLTE Dominikanerbastei 10 A-1010 Wien Tel.: (+43-1) FAX: (+43-1) web: