Sachverhalt zu Fall 3 (Ausgangsfall)

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 Präsentation transkript:

WuV-Kurs Sachenrecht II Professor Dr. Jan Lieder, LL.M. (Harvard)

Sachverhalt zu Fall 3 (Ausgangsfall) E ist Eigentümer eines Grundstücks in Kiel. Auf dem Grundstück wurde ein Einfamilienhaus errichtet. Da E mittelweile nur noch in seinem Ferienhaus auf Sylt lebt, möchte er Grundstück samt Haus alsbald verkaufen. Schnell findet er in X einen Kaufinteressenten. Beide einigen sich mündlich über einen Kaufpreis von 150.000 €, was dem Marktwert entspricht. Um Steuern zu sparen geben sie vor dem Notar jedoch nur einen Kaufpreis von 75.000 € an, den der Notar beurkundet. In derselben Urkunde bewilligt E dem X eine Auflassungsvormerkung, die am 1. 2. 2014 in das Grundbuch eingetragen wird. Am 1. 8. 2014 wird X als Eigentümer im Grundbuch eingetragen.   Aufgabe 1: Hatte X am 1. 2. 2014 eine wirksame Vormerkung erworben?

Lösung zum Ausgangsfall A. Wirksame Vormerkung? I. Bewilligung, § 885 BGB: (+) II. Eintragung, §§ 883, 885 BGB: (+) III. Berechtigung, (arg e § 885 I S. 1 BGB): (+) – im Ausgangsfall war E formell und materiell Eigentümer IV. Zu sichernder Anspruch (Akzessorietät), § 883 I BGB: 1. Gegenwärtiger Anspruch a) § 433 I 1 BGB aus dem notariell beurkundeten Vertrag? - Notarieller Vertrag nur zur Formwahrung - Zum Sparen von Steuern wurde der Kaufpreis extra niedrig angesetzt

Lösung zum Ausgangsfall Der notariell beurkundete Vertrag war von E und X also nicht gewollt und folglich ein Scheingeschäft i.S.v. § 117 I BGB. Mithin ist der Vertrag nichtig.   b) § 433 I 1 BGB aus mündlich geschlossenem Vertrag - gem. § 117 II BGB Anwendung der für das verdeckte Geschäft geltenden Vorschriften - nichtig nach § 134 BGB i.V.m. § 370 AO wg. Steuerhinterziehung? (-), Norm greift nur, wenn Steuerhinterziehung Hauptzweck des RG ist. (-), da Grundstücksübereignung ernsthaft gewollt. nichtig nach § 134 BGB i.V.m. § 263 StGB? Betrug zum Nachteil des Notars (geringere Gebühren)? (-), da es am Vermögensschaden fehlt. Gebührengrundlage ist immer nur beurkundeter Vertrag, nie das tatsächlich Gewollte.

Lösung zum Ausgangsfall - nichtig wegen § 138 I BGB? (-), da Steuerhinterziehung nicht Hauptzweck - nichtig nach §§ 125 S. 1, 311b I 1 BGB? (+) Heilung nach § 311 b I 2 BGB durch Auflassung und spätere Eintragung im Grundbuch? (-), weil die Heilung nur ex nunc wirkt („wird“). c) Ergebnis zu 1.: Gegenwärtiger Anspruch (-) 2. künftiger Anspruch, § 883 I 2 BGB - später geheilte Anspruch aus § 433 I 1 BGB als künftiger Anspruch? - damit keine Grundbuchsperre eintritt, müssen künftige Ansprüche i.S.v. § 883 I 2 BGB eine feste Rechtsgrundlage haben.

Lösung zum Ausgangsfall - das ist der Fall, wenn der spätere Schuldner die Rechtsgrundlage nicht mehr einseitig ohne die Mithilfe des Erwerbers beseitigen oder widerrufen kann - gerade das ist hier aber der Fall. E müsste zur wirksamen Eintragung des X im Grundbuch dies nach § 19 GBO bewilligen. Dies kann er einfach unterlassen. Mangels wirksamen Kaufvertrags könnte er darauf auch nicht verklagt werden. Die Erfüllung hängt damit allein vom Willen des E ab. - damit keine ausreichend gefestigte Rechtsgrundlage - kein künftiger Anspruch 3. Ergebnis zu IV.: Kein zu sichernder Anspruch B. Ergebnis zu Frage 1: Keine wirksame Vormerkung am 1. 2. 2014

Sachverhalt zu Fall 3 (Abwandlung) E und X geben vor dem Notar den korrekten Kaufpreis an, welcher auch beurkundet wird. Wiederum wird X eine Auflassungsvormerkung bewilligt, erneut wird sie im Grundbuch eingetragen. Jedoch weiß X, dass E (anders als im Ausgangsfall) nur Bucheigentümer des Grundstücks ist (V ist wahrer Eigentümer). E und X vereinbaren eine Frist für die Kaufpreiszahlung bis zum 1. 11. 2014. Inzwischen hat X jedoch das Interesse an dem Grundstück verloren. Deshalb bietet er seinem Freund F an, ihm den Anspruch aus dem mit E geschlossenen Kaufvertrag abzutreten. F, der X vertraut und E für den wahren Eigentümer des Grundstücks hält, nimmt das Angebot von X am 27. 11. 2014 an. Da E allerdings lange nichts von X gehört hat, denkt er, dieser möchte das Grundstück nicht mehr haben. Daher vermietet er das Wohnhaus am 1. 12. 2014 das Haus mündlich für 4 Jahre an M. Nachdem X dem E den Kaufpreis des F weiterleitet, lässt E das Grundstück an F auf. F wird im Grundbuch eingetragen. Bei einer Grundstücksbesichtigung am 15. 12. 2014 ist F über den Mieter M entsetzt. Er verlangt, dass M sofort das Haus verlässt. Mit Recht? Prüfen Sie alle aufgeworfenen Fragen, ggf. hilfsgutachterlich.

Lösung zur Abwandlung A. § 985 BGB I. Eigentum von F - keine Übereignung an X, da Auflassung und Eintragung fehlten, §§ 873 I, 925 BGB - keine Übereignung von X an F, da nur Abtretung des Anspruchs, § 398 BGB - keine Übereignung von V an M, da nur Vermietung, §§ 535ff. BGB Übereignung E an F nach §§ 873 I, 925 BGB: Auflassung (+), Eintragung (+), Berechtigung (-), da E nur Bucheigentümer des Grundstücks ist Übereignung nach § 892 BGB: Rechtsgeschäft iSe. Verkehrsgeschäfts (+), Unrichtigkeit des Grundbuchs (+), guter Glaube des F (+), kein Widerspruch (+) II. Besitz von M: (+) III. Kein Recht zum Besitz, § 986 BGB - M könnte aber Recht zum Besitz haben

Lösung zur Abwandlung 1. Mietvertrag? : Grds. (-), gilt nur inter partes.   2. Übertragung auf F gem. § 566 BGB? a. wirksamer Mietvertrag (§§ 535ff. BGB) zwischen V und M - Problem: Vertrag nur mündlich geschlossen - § 550 BGB: Mietvertrag, der länger als ein Jahr gelten soll, ist schriftlich zu schließen - hier 4 Jahre - Folge: Keine Nichtigkeit nach § 125 S. 1 BGB, sondern Mietvertrag auf unbestimmte Zeit Mietvertrag daher wirksam b. Identität von Vermieter und Veräußerer: (+)

Lösung zur Abwandlung Achtung: Ergänzung der besprochenen Lösung Problematisch ist allerdings, dass Eigentümer und Vermieter/Veräußerer nicht identisch sind, weil V Eigentümer des Grundstücks war. Fraglich ist daher, ob es darauf ankommt Nach ganz h.M. ist dies zu bejahen, weil „Veräußerung“ i.S. des BGB und damit auch i.S.v. § 566 BGB einen Rechtsübergang meint; da grds. nur der Eigentümer das Eigentum übertragen kann, muss eine Identität von Veräußerer, Eigentümer und Vermieter gegeben sein (zu Einzelheiten Staudinger/Emmerich, § 566 Rn. 21). Dafür spricht auch, dass § 566 I auf die „während der Dauer seines Eigentums (scil. des Veräußerers) aus dem Mietverhältnis ergebenden Rechte und Pflichten“ Bezug nimmt; E war hier aber nie Eigentümer Andererseits ist ein Mietvertrag nicht grds. deswegen hinfällig, weil dem Vermieter die Sache nicht gehört. Zudem ist zu beachten, dass F tatsächlich das Eigentum am Grundstück erwirbt und es daher i.S.v. § 566 BGB wieder um das Verhältnis von Vermieter/Eigentümer und Mieter geht. Anm.: Mit dem letzteren Argument wäre es vertretbar, § 566 BGB auch für diesen Fall heranzuziehen. In Rechtsprechung und Schrifttum ist diese Auffassung indes nicht nachweisbar. Klausurtaktisch wäre der hM zu folgen. § 566 BGB würde daher schon aus diesem Grund scheitern. Nichtsdestotrotz ist entsprechend der (nunmehr ergänzten) Fallfrage mit einem Hilfsgutachten fortzufahren.

Lösung zur Abwandlung c. Veräußerung nach Überlassung an Mieter - amtliche Überschrift des § 566 BGB spricht von „Kauf bricht nicht Miete“. Danach könnte man auf den Zeitpunkt des Kaufvertrages abstellen. - indes geht der konkrete Text einer Überschrift vor. Danach kommt es auf den Zeitpunkt des Eigentumserwerbs an. Dieser erfolgte erst nach der Vermietung.   d. Ergebnis zu 2.: § 566 I BGB (+) 3. Unwirksamkeit relativ ggü. F gem. § 883 II BGB? - dazu wirksame Vormerkung für F und beeinträchtigende Verfügung

Lösung zur Abwandlung a. Vormerkung für F Vormerkung ist akzessorisches Recht, daher Übertragung durch Abtretung der Forderung (analog § 401 I BGB) aa. Einigung zur Abtretung, § 398 S. 1 BGB: (+) bb. Form: § 311b I 1 BGB findet auf das Verfügungsgeschäft der Abtretung keine Anwendung. Daher Abtretung formfrei möglich cc. Berechtigung von V: (+), der Anspruch i.S.v. § 433 I 1 BGB ist in der Fallabwandlung tatsächlich entstanden. dd. Folgen für die Vormerkung - würde grds. mit übergehen - aber nur, wenn sie bereits für X wirksam entstanden ist

Lösung zur Abwandlung (1) Wirksame Vormerkung für X (i) Bewilligung, § 885 BGB: (+) (ii) Eintragung: (+) (iii) zu sichernder Anspruch, § 883 I BGB: (+) (iv) Berechtigung von E: (-), er war nur Bucheigentümer (v) gutgläubiger Ersterwerb der Vormerkung: (-), X war nicht gutgläubig (2) gutgläubiger Zweiterwerb der Vormerkung - F könnte die Vormerkung aber gutgläubig von X erworben haben

Lösung zur Abwandlung (i) Möglichkeit des gutgläubigen Zweiterwerbs Strittig ist, ob der gutgläubige Zweiterwerb einer Vormerkung möglich ist E.A. (-) gutgläubiger Erwerb kann nur bei rechtsgeschäftlichem Erwerb erfolgen, die Vormerkung gehe nach § 401 jedoch qua Gesetzes über Erwerb nach § 401 vollzieht sich außerhalb des Grundbuchs; damit würde die Übertragung entgegen dem Publizitätserfordernis nach dem Heimlichkeitsprinzip erfolgen A.A. (+) Vormerkung gehe mit § 401 zumindest mittelbar durch Rechtsgeschäft über gutgläubiger Zweiterwerber sei, weil der vermeintliche Ersterwerber im GB steht, ebenso schutzwürdig muss insb. gelten, weil die Vormerkung nur durch Abtretung der Forderung – also akzessorisch – übertragen werden kann. Wenn dem so ist, muss man sich auch auf das GB als Legitimation verlassen können (§ 893 Alt. 2 analog)

Lösung zur Abwandlung Stellungnahme: Die besseren Argumente sprechen für a.A., denn der gutgläubige Erwerb akzessorischer Rechte ist im Zivilrecht ohnehin anerkannt, wie § 366 III HGB und in gewisser Hinsicht auch § 1138 BGB zeigen Forderung und Vormerkung bilden wirtschaftliche Einheit, und zumindest Forderung wird rechtsgeschäftlich übertragen Grundbuch fungiert als Legitimationstatbestand; dies bedeutet einen entscheidenden Unterschied zum nicht möglichen gutgläubigen Zweiterwerb des Faustpfandrechts Der gutgläubige Zweiterwerb der Vormerkung ist mithin möglich; zu prüfen sind daher die Voraussetzungen eines gutgläubigen Zweiterwerbs Anm.: Dieses Problem stellt einen absoluten Klassiker im Immobiliarsachenrecht dar. Eine abweichende Entscheidung ist hier ebenso gut vertretbar - ausschlaggebend sollte aber die Klausurtaktik sein!

Lösung zur Abwandlung EXKURS: Gutgläubiger Zweiterwerb der Vormerkung bei nicht entstandener Forderung Fraglich ist, ob eine Vormerkung auch dann gutgläubig zweiterworben werden kann, wenn die zu scherende Forderung nicht entstanden ist Dafür könnte allenfalls die Schutzwürdigkeit des Erbwerbers sprechen, der diesen Umstand ggf. nicht erkennen kann Indes schützt das Grundbuch gerade nicht den Glauben an die Existenz einer Forderung Zudem fehlt es gerade an einer dem § 1138 BGB vergleichbaren Norm (Stichwort: forderungsentkleidete Hypothek) Die Norm kann auch nicht analog herangezogen werden: Sie hat absoluten Ausnahmecharakter, weshalb es jedenfalls an der Planwidrigkeit der Regelungslücke fehlt. Zudem schafft § 1147 BGB auch bei entkleideter Hypothek ein selbstständig durchsetzbares Recht, welches bei einer entkleideten Vormerkung nicht entstünde Deshalb muss hier in gutgläubiger Zweiterwerb immer scheitern Exkurs Ende

Lösung zur Abwandlung (ii) Rechtsgeschäft i.S.e. Verkehrsgeschäfts: (+) (iii) Unrichtigkeit des Grundbuchs: (+) (iv) Legitimation von X: (+), für ihn war eine Vormerkung eingetragen (v) Guter Glaube von F: (+), er wusste nicht um die wahren Eigentumsverhältnisse (vi). Ergebnis zu (2): Gutgläubiger Zweiterwerb (+)   b. Beeinträchtigende Verfügung i.S.v. § 883 II 1 BGB? Strittig ist, ob die Vermietung des Grundstücks eine beeinträchtigende Verfügung i.S.v. § 883 II 1 BGB darstellt Anm.: Der Streit kann an zwei Stellen relevant werden. Entweder er wird direkt unter § 888 BGB geprüft oder wie hier im Fall i.R.d. §§ 985, 986 BGB und darin, ob der Mietvertrag wegen § 883 II BGB relativ unwirksam ist.

Lösung zur Abwandlung E.A.: Vermietung fällt unter § 883 II BGB Norm muss erst recht für obligatorische Verträge gelten, weil sonst der Mieter (nur schuldrechtlich) besser stünde als der Inhaber eines dinglichen Wohnungsrechts aus § 1093 (sachenrechtlich). Auch kann ein langer Mietvertrag wie eine Verfügung wirken H.M.: Miete ist keine Verfügung iSv § 883 II BGB Vermietung ist per definitionem keine Verfügung Erwerber des vermieteten Grundstücks tritt auch in die Rechte aus dem Mietverhältnis ein und kann insb. den Mietzins geltend machen. Es gibt keinen Grund, den Erwerber ggü. dem Mieter zu bevorzugen, da beide nur einen schuldrechtlichen Anspruch haben. Mieter hat keine Veranlassung, vorher ins Grundbuch zu schauen Schutzzweck des § 566 BGB würde unterlaufen Erwerber kann sich beim Verkäufer nach Mängelrecht schadlos halten Eigentümer bleibt die Kündigung des Mietvertrags

Lösung zur Abwandlung Stellungnahme: Die besseren Argumente sprechen für die h.M.: Zwar kann der abweichenden Auffassung zugute gehalten werden, dass der Begriff der Verfügung nicht legaldefiniert ist Dennoch herrscht über seine Bedeutung (Aufhebung, Änderung, Übertragung, Beendigung eines Rechts) allgemeiner Konsens Im Zuge des Trennungsprinzips kann eine Vermietung daher keine Verfügung darstellen Anm.: Ein vergleichbares Problem stellt sich im klassischen Fall der unberechtigten Untervermietung. Nach e.A. hat der (Haupt-)Vermieter gegen den Hauptmieter einen Anspruch analog § 816 I 1 BGB – wiederum stellt sich die Frage, ob eine Vermietung eine Verfügung darstellen kann Damit liegt keine beeinträchtigende Verfügung vor c. Ergebnis zu 3. Keine relative Unwirksamkeit

Lösung zur Abwandlung 4. Kündigung - F könnte als neuer Eigentümer ggü. M kündigen. - bisher aber nicht passiert.   5. Kein Recht zum Besitz: (-)/(+) IV. Ergebnis zu A.: § 985 (-)/(+) B. Gesamtergebnis: Ein Anspruch auf Herausgabe des Grundstücks besteht (bisher nicht).

Sachverhalt zu Fall 3 (Abwandlung 2) E ist nur Bucheigentümer des Grundstücks. Am 01.02.2015 wird er sich mit X bzgl. eines Verkaufs desselben einig. Für X wird eine Auflassungsvormerkung am 05.02.2015 bewilligt; sie wird einen Tag später im Grundbuch eingetragen. Auf Grund privater Probleme wird der Antrag nach § 13 GBO erst am 08.02.2015 gestellt. Sodann wird Z am 20.02.2015 als neuer Eigentümer im Grundbuch eingetragen. Später stellt sich heraus, dass er am 06.02.2015 von einen Freund erfahren hat, dass eigentlich A der wahre Eigentümer ist. Nunmehr meldet sich A, der von den Vorfällen erfährt. Er verlangt von X die Berichtigung des Grundbuchs. Mit Recht?

Lösung zur Abwandlung 2 A. Anspruch aus § 894 BGB - A könnte einen Anspruch aus § 894 BGB haben   I. Formelle Rechtslage - formell ist X Eigentümer des Grundstücks II. Materielle Rechtslage fraglich ist aber, ob dies auch materiell so ist 1. Ursprünglich - ursprünglich war A wahrer Eigentümer des Grundstücks 2. Übertragung des Eigentums von E an X - allerdings könnte eine Eigentumsübertragung von E an X stattgefunden haben

Lösung zur Abwandlung 2 a. Einigung, § 873 I BGB - E und X haben sich bzgl. der Übertragung des Eigentums auf letzteren geeinigt   b. Eintragung ins Grundbuch - X wurde am 20.02.2015 auch als neuer Eigentümer im Grundbuch eingetragen c. Einigsein, § 873 II BGB - auch zu diesem Zeitpunkt waren sich X und E noch bzgl. der Eigentumsübertragung einig d. Berechtigung des E - E müsste zur Eigentumsübertragung indes auch berechtigt gewesen sein

Lösung zur Abwandlung 2 - dies ist grds. nur der Eigentümer selbst (vgl. § 903 BGB) - allerdings war nicht E, sondern A der Eigentümer des Grundstücks - eine sonstige Berechtigung des E ist nicht ersichtlich mithin war E nicht berechtigt, das Eigentum zu übertragen e. Redlicher Erwerb, §§ 892, 873 I BGB - indes könnte ein redlicher Erwerb vom Nichtberechtigten vorliegen   aa. Rechtsgeschäft i.S.e. Verkehrsgeschäfts, § 873 I BGB: (+) bb. Unrichtigkeit des Grundbuchs: (+), E war als Eigentümer eingetragen, obwohl A wahrer Eigentümer ist cc. Legitimation des E: (+), dadurch erschien E legimitiert, das Eigentum an dem Grundstück zu übertragen

Lösung zur Abwandlung 2 dd. Redlichkeit des X: - X müsste indes auch redlich gewesen sein, d.h. E für den wahren Eigentümer gehalten haben - dies war anfangs der Fall; indes hat X am 06.02.2015 erfahren, dass A Eigentümer ist - grds. müssen alle Voraussetzungen eines Erwerbs bis zur Vollendung des Tatbestands vorgelegen haben; d.h. X müsste grds. bis zur Eintragung seiner selbst redlich gewesen sein. - damit würde ein Erwerb vom Nichtberechtigten scheitern   (1) Vorverlagerung des guten Glaubens nach § 892 II BGB - davon macht § 892 BGB jedoch eine Ausnahme - unabhängig von Einzelheiten kann die Norm hier jedoch nicht greifen: der Antrag nach § 13 GBO wurde gestellt, nachdem X Kenntnis erlangt hate

Lösung zur Abwandlung 2 (2) Vorverlagerung aufgrund der Vormerkung - indes könnte eine Vorverlagerung des guten Glaubens auf den Zeitpunkt der Vormerkungseintragung erfolgt sein dafür müsste X aber überhaupt eine Vormerkung erworben haben: Auch insoweit war E freilich unberechtigt Möglich daher auch nur ein Erwerb vom Nichtberechtigten. Der gutgläubige Ersterwerb einer Vormerkung ist unabhängig von der dogmatischen Grundlage unstreitig möglich. Insoweit liegen auch alle Voraussetzungen (Verkehrsgeschäft, Unrichtigkeit des GB, Legitimation von E, Redlichkeit, Eintragung) vor. Mithin hatte X gutgläubig eine Auflassungsvormerkung erhalten - ob nun der Zeitpunkt der Redlichkeit vorverlagert wird, ist umstritten

Lösung zur Abwandlung 2 - nach e.A. ist dies zu verneinen: - § 892 II BGB zeigt gerade, dass grds. alle Rechtsänderungen bis zur letzten Sekunde berücksichtigt werden sollen - zudem erschöpfe sich die Aufgabe der Vormerkung allein darin, einen Anspruch zu sichern, nicht auch in dem Schutz einer Redlichkeit insb. ist es nicht ihr Zweck, bestehende Rechte zu vernichten - nach h.M. ist dies aber zu bejahen: - nur so kann der umfassende Schutz, den eine Vormerkung erwirken soll, möglich werden Situation ist mit § 883 II BGB durchaus vergleichbar das dem Vormerkungsberechtigten mehr Schutz zukommen soll als dem Grundsatz der Redlichkeit bis zur Vollendung des Rechtserwerbs zeigen auch die §§ 106, 254 II 1 InsO

Lösung zur Abwandlung 2 - überzeugender ist die h.M. insb. würde anderenfalls der gutgläubige Ersterwerb einer Vormerkung den Sinn verlieren zudem überzeugt der von der h.M. angeführte Schutzzweck der Vormerkung: Würde eine Eintragung des X als Eigentümer sofort stattfinden, hätte er hier das Eigentum gutgläubig erworben; dann muss aber auch der gutgläubige Erwerb der Vormerkung, welche die Zwischenzeit gerade sichern soll, ausreichen dies gilt umso mehr, als dass die Vormerkung gerade als funktionales Äquivalent zu § 925 II BGB geschaffen wurde; bei bedingter Übereignung von Fahrnis ist der maßgebliche Zeitpunkt der Redlichkeit die Übergabe, daher muss hier die Eintragung der Vormerkung genügen - mithin war X im hier maßgeblichen Zeitpunkt redlich

Lösung zur Abwandlung 2 ee. Eintragung des X schlussendlich wurde X auch als Eigentümer eingetragen f. Ergebnis zu 2. - eine Eigentumsübertragung von E an X hat stattgefunden   3. Ergebnis zu II. - X ist auch materiell Eigentümer III. Ergebnis zu A. - ein Anspruch aus § 894 BGB besteht nicht B. Ergebnis zu Abwandlung 2: - A kann von X keine Grundbuchberichtigung verlangen

Lösung zur Abwandlung Weiterführende Hinweise: Der erste Teil des Falles ist exakt so bereits in mehreren Bundesländern als (Teil einer) Examensklausur gelaufen. Der zweite Teil ist angelehnt an einen Fall von Kaiser, JuS 2012, 341ff. Zur weiteren Problemen der Vormerkung sehr anschaulich: Habersack, Examens-Repetitorium Sachenrecht, § 15 Sofern in einer Klausur nach Herausgabeansprüchen gefragt ist, sollten alle denkbaren Ansprüche (wenigstens kurz) angesprochen werden. Das wären: - §§ 985, 861 I, 1007 I, 1007 II, 812, 823 iVm. 249 I; (sowie ggf.) 346 I, 816 I 2, II, 822, 2018 BGB