Recht am Lebensbeginn II § 218 StGB, Forschung mit Embryonen, Klonen usw.

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 Präsentation transkript:

Recht am Lebensbeginn II § 218 StGB, Forschung mit Embryonen, Klonen usw.

§ 218 StGB (1) Wer eine Schwangerschaft abbricht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Handlungen, deren Wirkung vor Abschluss der Einnistung des befruchteten Eies in der Gebärmutter eintritt, gelten nicht als Schwangerschaftsabbruch im Sinne dieses Gesetzes. Was schützt § 218 StGB? 2

§ 218a Straflosigkeit des Schwangerschaftsabbruchs (1) Der Tatbestand des § 218 ist nicht verwirklicht, wenn 1. die Schwangere den Schwangerschaftsabbruch verlangt und dem Arzt durch eine Bescheinigung nach § 219 Abs. 2 Satz 2 nachgewiesen hat, daß sie sich mindestens drei Tage vor dem Eingriff hat beraten lassen, 2. der Schwangerschaftsabbruch von einem Arzt vorgenommen wird und 3. seit der Empfängnis nicht mehr als zwölf Wochen vergangen sind. (2) Der mit Einwilligung der Schwangeren von einem Arzt vorgenommene Schwangerschaftsabbruch ist nicht rechtswidrig, wenn der Abbruch der Schwangerschaft unter Berücksichtigung der gegenwärtigen und zukünftigen Lebensverhältnisse der Schwangeren nach ärztlicher Erkenntnis angezeigt ist, um eine Gefahr für das Leben oder die Gefahr einer schwerwiegenden Beeinträchtigung des körperlichen oder seelischen Gesundheitszustandes der Schwangeren abzuwenden, und die Gefahr nicht auf eine andere für sie zumutbare Weise abgewendet werden kann. 3

(3) Die Voraussetzungen des Absatzes 2 gelten bei einem Schwangerschaftsabbruch, der mit Einwilligung der Schwangeren von einem Arzt vorgenommen wird, auch als erfüllt, wenn nach ärztlicher Erkenntnis an der Schwangeren eine rechtswidrige Tat nach den §§ 176 bis 179 des Strafgesetzbuches begangen worden ist, dringende Gründe für die Annahme sprechen, daß die Schwangerschaft auf der Tat beruht, und seit der Empfängnis nicht mehr als zwölf Wochen vergangen sind. (4) Die Schwangere ist nicht nach § 218 strafbar, wenn der Schwangerschaftsabbruch nach Beratung (§ 219) von einem Arzt vorgenommen worden ist und seit der Empfängnis nicht mehr als zweiundzwanzig Wochen verstrichen sind. Das Gericht kann von Strafe nach § 218 absehen, wenn die Schwangere sich zur Zeit des Eingriffs in besonderer Bedrängnis befunden hat. 4

§ 219 Beratung der Schwangeren in einer Not- und Konfliktlage (1) Die Beratung dient dem Schutz des ungeborenen Lebens. Sie hat sich von dem Bemühen leiten zu lassen, die Frau zur Fort-setzung der Schwangerschaft zu ermutigen und ihr Perspektiven für ein Leben mit dem Kind zu eröffnen; sie soll ihr helfen, eine verantwortliche und gewissenhafte Entscheidung zu treffen. Dabei muß der Frau bewußt sein, daß das Ungeborene in jedem Stadium der Schwangerschaft auch ihr gegenüber ein eigenes Recht auf Leben hat und daß deshalb nach der Rechtsordnung ein Schwangerschaftsabbruch nur in Ausnahmesituationen in Betracht kommen kann, wenn der Frau durch das Austragen des Kindes eine Belastung erwächst, die so schwer und außergewöhnlich ist, daß sie die zumutbare Opfergrenze übersteigt. Die Beratung soll durch Rat und Hilfe dazu beitragen, die in Zusammenhang mit der Schwangerschaft bestehende Konfliktlage zu bewältigen und einer Notlage abzuhelfen. Das Nähere regelt das Schwangerschaftskonfliktgesetz. (2) … 5

§§ 218 ff. StGB u. ESchG Schwangerschaften (gewollt/ungewollt) Fristen und Indikationen Überzählige Embryonen Embryonenforschung Stammzellforschung 6

§ 8 Abs. 1 ESchG Als Embryo im Sinne des Gesetzes gilt bereits die befruchtete, entwicklungsfähige, menschliche Eizelle vom Zeitpunkt der Kernverschmelzung an, ferner jede einem Embryo entnommene totipotente Zelle, die sich bei Vorliegen der dafür erforderlichen weiteren Voraussetzungen zu teilen und zu einem Individuum zu entwickeln vermag. 7

D. h.: Embryo - befruchtete, entwicklungsfähige menschliche Eizelle vom Zeitpunkt der Kernverschmelzung an - jede einem Embryo entnommene totipotente Zelle, die sich bei Vorliegen der dafür erforderlichen weiteren Voraussetzungen zu teilen und zu einem Individuum zu entwickeln vermag 8

Grundinhalt des ESchG Verboten sind: -die („verbrauchende“) Verwendung von Embryonen zu Forschungszwecken (§ 1 Abs. 1 Nr. 2, § 2 Abs. 1 ESchG), - die gezielte Keimbahnintervention (§ 5 ESchG), - das Klonen (§ 6 ESchG) und -die Erzeugung von Mensch-Tier-Mischwesen durch Bildung von Chimären oder Hybriden (§ 7 ESchG) 9

Menschenwürde I Wo menschliches Leben existiert, kommt ihm Würde zu (BVerfG) bloßes Menschsein ist einzige Voraussetzung, an die die Würdegarantie anknüpft  ist verletzt, wo Eigenwert geleugnet wird Entkopplung von Art. 1 und Art. 2 GG führt zu einer Differenzierung zwischen Menschen, die Würde besitzen und solchen, denen sie bestritten wird 10

Menschenwürde II Dem frühen Embryo in vitro fehlt eine wesentliche Voraussetzung, weil er sich nicht aus sich heraus zum Menschen entwickeln kann. Arg.: Nidationshemmer, Spirale Entkopplung von Art. 1 (Menschenwürde) und Art. 2 (Lebensschutz) GG Der frühe Embryo gelangt erst über Brücke der Gebärmutter vom Lebensschutz zum Würdeschutz 11

Gegenargument(e)? „PIK“ – Argument bereits mit Verschmelzung: - Potentialität - Individualität und Identität - Kontinuität der Entwicklung -(„SKIP“: + Spezies) 12

Potentialität aber:Potentialität ist abhängig von der Verbindung mit dem Mutterleib  fiktive Potentialität 13

Individualität mit Kernverschmelzung existiert eindeutig definiertes individuelles Leben aber: Zwillingsbildung bis zum 13./14. Tag der Embryonenentwicklung möglich 14

Kontinuität der menschliche Entwicklungsprozess als kontinuierlich ablaufender Vorgang ohne objektivierbare Einschnitte  Grundrechtsschutz muss sich auf alle Stadien beziehen Kontinuität nur möglich, wenn Nidation im Uterus  relevanter Einschnitt 15

Zentrale Themen Präimplantationsdiagnostik (vgl. Thema 3) Forschung an embryonalen Stammzellen therapeutisches Klonen (besser Forschungsklonen reproduktives Klonen (Ersatzteile) 16

Problem bei der PID - Fortschrittsfalle: Entscheidung zwischen erwünschten und unerwünschten Menschen - Verbrauchende Embryonenforschung als Konsequenz Siehe zudem Streit über Zulässigkeit: § 8 Abs. 1 ESchG: totipotente Zelle entspricht einem Individuum (str.) § 2 Abs. 1 ESchG: Diagnose dient nicht der Erhaltung des Embryos (str.) 17

Lösung: § 3a ESchG - Voraussetzungen: (§ 3a Abs. 3 ESchG) Aufklärung und Beratung der Frau zu medizinischen, psychischen und sozialen Folgen - schriftliche Einwilligung der Frau in die PID - eine interdisziplinäre Ethikkommission an den zugelassenen Zentren für PID prüft die Einhaltung der Voraussetzungen der PID -Vornahme an einem zugelassenen Zentrum für PID durch qualifizierten Arzt -= Prozeduralisierung/beschränkte Zulassung 18

Stammzellforschung 19

Stammzellengesetz Gegenstand: Einfuhr, Verwendung embryonaler Stammzellen Zweck des Gesetzes: 1. die Einfuhr und die Verwendung embryonaler Stammzellen grundsätzlich zu verbieten 2. zu vermeiden, dass von Deutschland aus eine Gewinnung embryonaler Stammzellen oder eine Erzeugung von Embryonen zur Gewinnung embryonaler Stammzellen veranlasst wird 3. die Voraussetzungen zu bestimmen, unter denen die Einfuhr und die Verwendung embryonaler Stammzellen ausnahmsweise zu Forschungszwecken zugelassen sind 20

StZG § 13: Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren Zentrale-Ethik-Kommission für Stammzellenforschung Änderung 2008: Stichtag

§ 6 ESchG Klonen (1) Wer künstlich bewirkt, dass ein menschlicher Embryo mit der gleichen Erbinformation wie ein anderer Embryo, ein Fötus, ein Mensch oder ein Verstorbener entsteht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. (2) Ebenso wird bestraft, wer einen in Absatz 1 bezeichneten Embryo auf eine Frau überträgt. (3) Der Versuch ist strafbar. 22

Reproduktives Klonen künstliche Mehrlingsbildung durch Embryosplitting im totipotenten Entwicklungsstadium wird Zellkernteilung hergestellt -> eineiige Zwillinge 1. Schaffung eines Menschen zu einem Zweck außer- halb der eigenen Existenz 2. Schaffung einer genetisch identischen Persönlichkeit verstößt gegen die Menschenwürde 3. Gezielte und manipulierte „Herstellung“ des Wunschklons als psychische Last für dessen Zukunft 4. Höheres Risiko von Genschäden im Dolly- Verfahren 23

Therapeutisches Klonen durch Zellkerntransplantation 1. in entkernte Eizelle wird der Kern einer Körperzelle (z. B. Hautzelle) - und damit das genetische Material - übertragen 2. Zellkern der Körperzelle wird reprogrammiert; es entsteht eine neue totipotente Zelle 3. Blastozyste werden pluripotente Stammzellen entnommen; Ausdifferenzierung zu Zellgewebe oder sogar Organen genetische Identität mit dem Patienten (siehe 1.) keine Abstoßung 24

Zusammenfassung Rechtlicher Schutz am Beginn des menschlichen Lebens inkonsistent geregelt Medizinischer/wissenschaftlicher Fortschritt überholt regelmäßig gesetzliche Normen Schwierigkeiten bei der Festschreibung eines Rechts-/Schutzgutes Prozeduralisierung Ethikkommissionen 25