Menschen mit Behinderung - im Alter versorgen - beim Sterben begleiten Dr. med. Hartmut Hoppe „Fachtag 55+“, 5. April 2011.

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 Präsentation transkript:

Menschen mit Behinderung - im Alter versorgen - beim Sterben begleiten Dr. med. Hartmut Hoppe „Fachtag 55+“, 5. April 2011

Vorstellung Dr. Hartmut Hoppe niedergelassener Arzt für Allgemeinmedizin, Havixbeck (seit 2004) Zweigpraxis Stift Tilbeck (seit 2005), seit 2000 hausärztliche Versorgung im Stift durch Kooperation mit Krankenhaus Nottuln - BAG Ärzte für Menschen mit schwerer geistiger und körperlicher Behinderung Zusatzbezeichnung Geriatrie (altersspezifische Erkrankungen) Zusatzbezeichnung Palliativmedizin (ärztliche Begleitung von Menschen mit schweren und lebensbeendenden Erkrankungen) - Geschäftsführer des Palliativ-medizinischen Konsiliardienstes im Kreis Coesfeld, Seit Vorsitzender des „Palliativnetz Kreis Coesfeld e.V. “

Modelle der geistigen Behinderung -Klassifikation anhand der ICD 10 a) durch den Intelligenzquotient (leicht, mittel, schwer) b) mit / ohne Verhaltensauffälligkeit -Klassifikation nach ICF -> negative Auswirkung einer Einschränkung auf das soziale Leben (Gesundheit: intakte Körperfunktionen, Aktivitäten möglich, Teilhabe möglich)

Altersspezifische Erkrankungen -Immobilität (Gangstörung und Stürze) (Schmerzen) -Inkontinenz (Hautprobleme, Dekubitalgeschwüre) -Kognitive und affektive Störungen (Demenz und Depression) -Nachlassende körperliche Funktionen (Herzschwäche, Nierenschwäche, reduzierte Lungenfunktion) -Bösartige Erkrankungen -„Failure to thrive“ – Syndrom (Altersschwäche)

„Failure to thrive“ – Syndrom -Spiegelbild der „Gedeihstörung“ bei Kindern -Im Alter: Rückzug, Minderung körperlicher und seelischer Kräfte, Vitalitätsverlust, Tod -Synonyme: Marasmus, Altersschwäche, Gebrechlichkeit können nicht den ganzen Umfang beschreiben. -Für das FTT – Syndrom findet sich keine unmittelbare Erklärung -Häufigkeit: 20 % bei Menschen über 85 Jahre -Ausgelöst durch Trigger-Ereignisse -Manchmal (Krankheiten, soziale Faktoren) kann die auslösende Ursache beseitigt werden!

Immobilität / Sturzgefährdung Reduzierte Gleichgewichtsfähigkeit durch -Verminderte Muskelkraft -Visusminderung -Reduzierte Vibrationsempfinden Dies führt zu -Kurzer Schrittlänge -Breitem Gangbild -„schlurfendem“ Gang mit reduzierter Geschwindigkeit 25 % aller Gangstörungen sind behandelbar (Durch Behandlung der Erkrankung, meist aber hauptsächlich durch gezielte Physiotherapie, evtl. Ergotherapie, Gehhilfen wichtig!

Gangstörung als Leitsymptom von Alterserkrankungen - Parkinson Erkrankung - Arteriosklerotische Hirnerkrankungen (Schlaganfall, Bluthochdruck, Arteriosklerose) - Polyneuropathie (Diabetes, Vitamin-Mangel) - Spinalkanalstenose, Arthrose (Hüfte, Knie) - Fuss-Deformitäten - „falsche“ Medikamente - psychogene Störung (Depression, Angst)

Sturz – (und sturzbedingte Verletzungs-) Prävention -Stärkung der Muskelkraft (körperliche Betätigung, gesunde Ernährung) -Balancetraining -Osteoporosetherapie (incl. Vit. D und Sonne) -Weichteilpolsterung (Hüftprotektor) -Umgebungsgestaltung (Beleuchtung, Toilettensitz, Treppengeländer, Korkböden, höhenverstellbare Betten)

Sturz – (und sturzbedingte Verletzungs-) Prävention -Vermeidung von iatrogenen Schäden (Überprüfen der Medikation) -Verhaltenstherapie bei Depression / Angst -Reduktion bewegungs- einschränkender Maßnahmen (Sturz  Fixierung  Immobilität  Muskelatrophie  Verhaltensstörung  Sturz) -Milieu – therapeutische Maßnahmen.

Orthostase - Reaktionen -Tritt auf bei bestimmten Krankheitsbildern (Parkinson Syndrom, Down Syndrom) -Insbesondere aber nach Immobilisierung  Reduziertes Plasmavolumen durch vermehrte Wasserausschwemmung führt zu Blutdruck- Abfall von mehr als 20 mmHg beim Aufstehen Therapie: - Absetzen der Blutdruckmedikamente - salzreiche Kost - Kompressionsstrümpfe

Demenz Epidemiologie der über 65 jährigen: % mittelschwere oder schwere Demenz -Etwa gleich viele an leichter Demenz Down – Syndrom: -etwa 25 % bei jährigen -etwa 50 % bei jährigen -Etwas 75 % der über 60 jährigen Menschen mit geistiger Behinderung: - Über 65 Jahre: 20 % (ca. 2-3 mal höheres Risiko)

Definition der Demenz -Abnahme des Gedächtnisses und Abnahme anderer Fähigkeiten (z.B. Urteilsvermögen/ Denkfähigkeit) -Kein Hinweis auf vorübergehenden Zustand -Möglich: vermehrte Reizbarkeit, emotionale Labilität, vergröbertes Sozialverhalten -Dauer: Länger als 6 Monate !  Sekundäre Verschlechterung einer einst vorhandenen geistigen Fähigkeit Problem: Erkennen der Demenz bei geistig Behinderten

Stadien der Demenz (nach Reisberg 1986) 1.Keine Symptome (normales Altern) 2.Vergesslichkeit (  Aktivierung) 3.Versagen bei komplexen Aufgaben (leichte Demenz) (  taktischer Rückzug) 4.Hilfe bei schwierigen Aufgaben (z.B. Einkaufen) (  überwachte Selbstständigkeit) 5.Hilfe bei Wahl der Kleidung (mittelschwere Demenz) (  organisierter Tagesablauf 6.Hilfe beim Ankleiden / Baden /Toilettenbenutzung, evtl. Stuhl – und/oder Urininkontinenz (schwere Demenz) (  ganztägige Hilfe und Betreuung erforderlich) 7.Kein Sprechvermögen / Gehvermögen / lacht nicht mehr 8.(  Langzeitpflege / PEG ? )

Begleitung am Lebensende Wer ist ein Palliativ – Patient ? -Nicht heilbare, weit fortgeschrittende Erkrankung -Begrenzte Lebenserwartung ( ca. 6 Monate?) -Leiden an den körperlichen Symptomen der Erkrankung -Beispiele: - nicht mehr therapierbare Tumorerkrankung - Nervenerkrankung mit fortschreitenden Lähmungen - Endzustand einer chronischen Herz-, Lungen-, Nierenerkrankung

Mögliche Symptome einer Palliativerkrankung Starke Schmerzen Starke gastro – intestinale Probleme (Übelkeit, Erbrechen, Durchfall) Ausgedehnte, nicht heilende Wunden Starke psychische Auffälligkeiten (übermäßige Schläfrigkeit, Unruhe, Desorientierung) Angst / Schlafstörung Übermäßige Erschöpfung Starke Luftnot Uro - genitale Probleme (z.B. Fistelungen) Überforderung der Pflegenden / Angehörigen

Grundlagen der palliativen Betreuung - Die pallitative Betreuung lebt von der Teamarbeit (Patient, Angehörige, Pflegende, Ärzte, und andere) - Die Bedeutung der Kommunikation im Team ist hoch (Dies erfordert eine Gesprächsleitung oder Supervision) -Der Wille des Betroffenen ist oberstes Ziel allen Tuns (Autonomie des Kranken) -Der Erhalt der bestmöglichen Lebensqualität ist anzustreben (als Alternative zur aktiven Sterbehilfe) -Der Tod ist nicht das Ende der Betreuung -Sinn und Unsinn von Diagnostik und Therapie zu erkennen (Symptomkontrolle)