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Verweisen statt selber regeln

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Präsentation zum Thema: "Verweisen statt selber regeln"—  Präsentation transkript:

1 Verweisen statt selber regeln
13. Mai 2011 Verweisen statt selber regeln 3. STRALSUNDER ARBEITSRECHTSTAGE MAI 2011 Dieses Dokument geht auf den in den Folien erwähnten Vortrag am 13. Mai 2011 in Stralsund zurück. Ich habe es für die Veröffentlichung im Internet leicht angepasst. So sind aus dem zusätzlichen Handout zum Powerpoint-Vortrag wenigstens die Literaturhinweise nun nach hier in die Notizen übernommen worden. Außerdem habe ich auf Basis der Diskussion zu dem Vortrag einige kleinere Veränderungen an den Folien vorgenommen. Ergänzende Literaturhinweise aus den letzten 10 Jahren Annuß, Tarifbindung durch arbeitsvertragliche Bezugnahme?, ZfA 2005, 405 Bauer / Günther, Bezugnahmeklauseln bei Verbandswechsel und Betriebsübergang – Ein Irrgarten?, NZA 2008, 6 Bayreuther, „Hinauskündigen“ von Bezugnahmeklauseln im Arbeitsverhältnis, DB , 166 Bepler, Aktuelle tarifrechtliche Fragen aus Anlass eines BAG-urteils vom 23. März , FS Arbeitsgemeinschaft Arbeitsrecht im Deutschen Anwaltverein, 2005, 791 Fieberg, TVöD - ohne Tarifwechselklausel ade - oder doch nicht?, NZA 2005, 1226 Giesen, Bezugnahmeklauseln - Auslegung, Formulierung und Änderung, NZA 2006, 625 Greiner, Der „unechte Tarifwechsel“ – Zu den Wirkungen kleiner dynamischer Bezugnahmeklauseln bei Tarifwechsel, Tarifsukzeession und Tarifrestrukturierung, NZA 2009, 877 Hanau, Die Rechtsprechung des BAG zur arbeitsvertraglichen Bezugnahme auf Tarifverträge - Wem sie nützt, wem sie schadet und wie man das ändern kann, NZA , 489 Henssler, Schuldrechtliche Tarifgeltung bei Verbandsaustritt, Verbandswechsel und Unternehmensumstrukturierung, FS Wissmann, 2005, 133 Hromadka / Maschmann / Wallner, Der Tarifwechsel – Tarifvertrag und Arbeitsvertrag bei Änderung von Verbandsmitgliedschaft, Betriebszweck und Betriebsinhaber, München (Beck) 1996 Hümmerich / Mäßen, TVöD - ohne Tarifwechselklausel ade!, NZA 2005, 961 Jordan / Bissels, Gilt „der jeweils anwendbare Tarifvertrag in der jeweils gültigen Fassung” noch? - Wirksamkeit von großen dynamischen Bezugnahmeklauseln, NZA , 71 Kania, Die arbeitsvertragliche Bezugnahme auf Tarifverträge bei Veränderung der tariflichen Strukturen im Betrieb, Sonderbeilage zur NZA Heft 3/2000, 45 Klebeck, Unklarheiten bei arbeitsvertraglicher Bezugnahmeklausel - Zur angekündigten Anwendbarkeit des § 305c II BGB auf arbeitsvertragliche Bezugnahmeklauseln, NZA 2006, 15 Luther, Die arbeitsvertragliche Bezugnahme auf Tarifverträge, Unveröffentlichtes Skript aus Anlass eines Vortrages zur Richterdienstbesprechung der Arbeitsgerichtsbarkeit MV im November 2001 Preis / Greiner, Vertragsgestaltung bei Bezugnahmeklauseln nach der Rechtsprechungsänderung des BAG, NZA 2007, 1073 Reichel, Die arbeitsvertragliche Bezugnahme auf den Tarifvertrag, Köln (Otto Schmidt) (Diss. Köln 2000) Reinecke, Vertragliche Bezugnahme auf Tarifverträge in der neueren Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, BB 2006, 2637 Schaub, Die arbeitsvertragliche Bezugnahme von Tarifverträgen, ZTR 2000, 259 Schliemann, Tarifgeltung und arbeitsvertragliche Bezugnahme auf Tarifverträge4 in der neueren Rechtsprechung des BAG, ZTR 2004, 502 Seitz / Werner, Arbeitsvertragliche Bezugnahmeklauseln bei Unternehmensumstrukturierungen, NZA 2000, 1257 Thüsing / Lambrich, Arbeitsvertragliche Bezugnahme auf Tarifnormen, RdA 2002, 193 Chancen, Risiken und Nebenwirkungen der Bezugnahme auf Tarifverträge im Arbeitsvertrag Vortrag von Tilman Anuschek Vorsitzender Richter am Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern Stralsunder Arbeitsrechtstag 2011

2 13. Mai 2011 Über dieses Dokument Das Dokument ist in Zusammenhang mit einem Vortrag im Rahmen der 3. STRALSUNDER ARBEITSRECHTSTAGE MAI 2011, veranstaltet vom Anwaltverein Stralsund, entstanden. Der Autor unterstellt das Dokument der creative-commons-Lizenz „Attribution-ShareAlike 3.0 Unported (CC BY-SA 3.0),” deren Einzelheiten hier nachzulesen sind: Wegen der vielen ausführlichen Zitate aus der Rechtsprechung des BAG in den Notizen wird ergänzend vorsorglich darauf hingewiesen, dass das Bundesarbeitsgericht die freie Nutzung seiner Texte nur für nichtgewerbliche Zwecke erlaubt (vgl: 3. STRALSUNDER ARBEITSRECHTSTAGE MAI 2011 3. STRALSUNDER ARBEITSRECHTSTAGE MAI 2011

3 Der Gang der Darstellung
13. Mai 2011 Der Gang der Darstellung Die praktische Bedeutung der Bezugnahmeklauseln Systematisierung der Phänomene (Klausel-Typen) Auslegungsregeln Rechtsfolgen Die Kunst der richtigen Formulierung 3. STRALSUNDER ARBEITSRECHTSTAGE MAI 2011 Folie dient dem Anriss des Themas und dem Überblick über den Vortrag. Hinweis auf die Zeilen oben in der Folie, die markieren, an welcher Stelle des Vortrags man sich befindet. Hinweis auf die fortlaufenden Zahlen rechts unten. Insgesamt sind es rund 60 Folien. 3. STRALSUNDER ARBEITSRECHTSTAGE MAI 2011

4 Die praktische Bedeutung von Bezugnahmeklauseln
13. Mai 2011 Die praktische Bedeutung von Bezugnahmeklauseln In Deutschland unterliegen rund 80 % der Arbeitsverträge einem Tarifvertrag. Aber nur bei rund 20 % der Arbeitsverträge liegt eine direkte Tarifbindung vor. so Schliemann, ZTR 2004, 502 „Die Auslegung und Wirkung von Bezugnahmeklauseln dürfte aktuell die für die Praxis wichtigste und strittigste Frage des Tarifrechts überhaupt sein.“ Prof. Dr. Henssler in: FS Wissmann 2005, 133 (134). 3. STRALSUNDER ARBEITSRECHTSTAGE MAI 2011 Zum Schliemann-Zitat: Da es in Deutschland rund 40 Millionen Arbeitsverhältnisse gibt, dürften also in mehr als 20 Millionen Arbeitsverträgen Bezugnahmeklauseln enthalten sein. Zum Henssler-Zitat: Wieso ist das so wichtig und so strittig? Bekanntlich gibt es im Arbeitsrecht ein relativ komplexes System der Rechtsquellen (übernächste Folie), das reichlich Regeln vorhält, was mit themengleichen aber unterschiedlichen Regelungen auf den verschiedenen Ebenen passiert, wie die dadurch entstehenden Konflikte gelöst werden können. Dabei muss man unterscheiden. Zum einen gibt es Regelungen, wie man mit Konflikten auf derselben Rechtsquellenebene umgeht (Stichwort Ablöseprinzip: Die jeweils jüngste Regelung gilt vor älteren Regelungen); soweit es um Tarifverträge geht, gibt es zusätzich noch die Regeln zur Auflösung von Tarifkonkurrenzen (Spezialitätsprinzip).. Auf der anderen Seite haben wir Regeln, wie mit Konflikten umzugehen ist, die aus unterschiedlichen Rechtsquellenebenen herrühren. Hier arbeiten wir mit dem Rangprinzip als Grundsatz (je höher die Rechtsquelle steht, desto stärker setzt sie sich durch) und dem Günstigkeitsprinzip als Ausnahme (Konnte der Arbeitnehmer auf einer der unteren Rechtsquellenebenen für sich günstige Regeln durchsetzen, gelten diese vor den höherrangigen Regeln). Durch dieses Regelwerk hat jede Rechtsquellenebene ihre eigene Dynamik, jede Rechtsquellenebene lebt für sich. Durch die schuldrechtliche (vertragliche) Bindung des Arbeitsvertrages an einen Tarifvertrag wird diese Unabhängigkeit der verschiedenen Rechtsquellenebenen gestört. Man bezieht sich auf der untersten Rechtsquelle des Arbeitsvertrages auf eine kollektive Rechtsquelle, was diverse Folgeprobleme nach sich zieht. Außerdem muss beachtet werden, dass die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts etwa bis Ende des letzten Jahrhunderts recht rigide war. Man hatte den Bezugnahmeklauseln in den Arbeitsverträgen einen einfachen starren Sinn gegeben („Gleichstellungsabrede“), der sich im Regelfall im Wortlaut der Klauseln nicht wiedergefunden hatte. Diese rigide Auslegung ist durch die Reform des BGB im Jahre 2002, in deren Folge auch Arbeitsverträge am Recht der Allgemeine Geschäftsbedingungen zu messen sind (§§ 305 ff BGB), argumentativ erheblich unter Druck geraten. Stralsunder Arbeitsrechtstag 2011

5 Wieso sind die Bezugnahmeklauseln so beliebt?
13. Mai 2011 Wieso sind die Bezugnahmeklauseln so beliebt? Der tarifgebundene Arbeitgeber kann durch eine Gleichstellungsabrede verhindern, dass alle Arbeitnehmer in die Gewerkschaft eintreten. Der nicht tarifgebundene Arbeitgeber kann durch die „dynamische Bezugnahme“ auf den Branchentarifvertrag Arbeitsbedingungen bieten wie in den tarifgebunden Betrieben. Der kleine Arbeitgeber ohne große Personalverwaltung kann sich die riskante Ausformulierung eigener Arbeitsverträge ersparen (Vermeidung lückenhafter Arbeitsverträge). Alle Arbeitgeber können durch die umfassende Anwendung von Bezugnahmeklauseln auf einfache Weise die Arbeitsbedingungen vereinheitlichen. Die Bezugnahme auf Entgelttarifverträge bürgt für eine gewisse Einkommensdynamik und kann daher die in Deutschland verbotenen Lohnindexvereinbarungen ersetzen. 3. STRALSUNDER ARBEITSRECHTSTAGE MAI 2011 3. STRALSUNDER ARBEITSRECHTSTAGE MAI 2011

6 Bezugnahmeklauseln und Rechtsquellenlehre
13. Mai 2011 Bezugnahmeklauseln und Rechtsquellenlehre 3. STRALSUNDER ARBEITSRECHTSTAGE MAI 2011 Es gehört zum Alltag des Arbeitslebens, dass sich unterschiedliche aber themengleiche Regelungen auf verschiedenen Ebenen finden. Dazu gibt es Konfliktlösungsregeln. Vertikale Konfliktregeln: Die höher stehende Rechtsquelle ist stärker als die darunter stehende Rechtsquelle („Rangprinzip“) Ausnahme: Eine für den Arbeitnehmer günstigere Regelung setzt sich stets durch (Günstigkeitsprinzip). Horizontale Konfliktregeln: Bei mehreren in Betracht kommenden Tarifverträgen, gilt der Tarifvertrag, der am besten auf die konkreten betrieblichen Verhältnisse zugeschnitten ist (insb. FirmenTV geht vor BranchenTV). Ablöseprinzip: Die jüngere Regel verdrängt die ältere. 3. STRALSUNDER ARBEITSRECHTSTAGE MAI 2011

7 Bezugnahmeklauseln und Rechtsquellenlehre
13. Mai 2011 Bezugnahmeklauseln und Rechtsquellenlehre Es gehört zum Alltag des Arbeitslebens, dass sich unterschiedliche aber themengleiche Regelungen auf verschiedenen Ebenen finden. Dazu gibt es Konfliktlösungsregeln. Vertikale Konfliktlösungsregeln Die höher stehende Rechtsquelle ist stärker als die darunter stehende Rechtsquelle (Rangprinzip – „Ober schlägt Unter“) Ausnahme: Eine für den Arbeitnehmer günstigere Regelung setzt sich stets durch (Günstigkeitsprinzip). Horizontale Konfliktlösungsregeln Bei mehreren in Betracht kommenden Tarifverträgen, gilt der Tarifvertrag, der am besten auf die konkreten betrieblichen Verhältnisse zugeschnitten ist (insb. FirmenTV geht vor BranchenTV) Die jüngere Regelung geht der älteren vor (Ablöseprinzip). 3. STRALSUNDER ARBEITSRECHTSTAGE MAI 2011 3. STRALSUNDER ARBEITSRECHTSTAGE MAI 2011

8 Praktische Vielfalt – Einheitliche Rechtsprechung
13. Mai 2011 Praktische Vielfalt – Einheitliche Rechtsprechung Die Vertragsgestaltung in der betrieblichen Praxis ist vielfältig und unübersichtlich. Die Ordnung im dem Chaos wird von der Rechtsprechung durch drei Maßnahmen hergestellt: Die in der Realität vorkommenden Bezugnahmeklauseln werden zu einigen wenigen Klausel-Typen zusammengefasst. Durch „Auslegungs-Regeln“ wird dafür gesorgt, dass sich die vielfältigen Formulierungen der Praxis relativ einfach einem der anerkannten Typen zuordnen lassen. Jeder Klausel-Typ wird mit einem bestimmten Sinn verbunden; man könnte auch sagen, jeder Klausel-Typ hat seine eigenen Rechtsfolgen. 3. STRALSUNDER ARBEITSRECHTSTAGE MAI 2011 Ad (1): Im Grunde kennt das BAG nur 4 Schubladen, also vier verschiedene Klausel-Typen. Diese werden im Folgenden vorgestellt. Ad (2): Die Kanalisierung erfolgt durch Rechtssätze, die tatsächliche Vermutungen oder widerlegliche Rechtsvermutungen aufstellen. In den Obersätzen finden sich dann immer Wendungen wie „In der Regel …“, „im Zweifelsfall“, „im allgemeinen …“. Allgemein gesprochen werden durch diese Rechtssätze Regel-Ausnahme-Regeln aufgestellt. Stralsunder Arbeitsrechtstag 2011

9 Die Klausel-Typen – Die Vier-Schubladen-Welt
13. Mai 2011 Die Klausel-Typen – Die Vier-Schubladen-Welt Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts gibt es nur vier verschiedene Klausel-Typen Die statische Verweisung auf einen bestimmten Tarifvertrag; Die ernst gemeinte („konstitutive“ bzw. „unbedingte“) dynamische Verweisung auf ein Tarifwerk / Tarifvertrag; Die Gleichstellungsabrede; Die Tarifwechselklausel („große dynamische Verweisung“). 3. STRALSUNDER ARBEITSRECHTSTAGE MAI 2011 Bei der Gleichstellungsabrede hat der Arbeitgeber folgendes Interesse: „Du bekommst Tariflohn, weil ich (derzeit) im Arbeitgeberverband bin. – Ich will mich aber nicht in meiner Freiheit einschränken, den Verband zukünftig einmal zu verlassen, und möchte dann auch im Arbeitsverhältnis tariffrei sein.“ – Es soll also eine Bindung an das Tarifwerk stattfinden, diese soll aber unter dem vorbehalt fortdauernder Zugehörigkeit zum Arbeitgeberverband stehen. Bei der Tarifwechselklausel hat der Arbeitgeber folgendes Interesse: „Ich will bestimmen, wo die Reise hingeht. Wenn mir die Tarife zu teuer werden, werde ich mit einer andren Gewerkschaft abschließen. Und für diesen Fall möchte ich sicherstellen, dass ich über den Arbeitsvertrag nicht doch noch an die teuren Tarifverträge gebunden bin. Es soll immer (nur) das , was ich mit der Gewerkschaft zuletzt für mich bindend vereinbart habe. Außerdem behalte ich mir vor, ganz ohne Tarifvertrag zu leben und möchte dann gar nicht mehr an Tarifverträge gebunden sein. Heue ist (2) die Standardschublade früher war es (3). Stralsunder Arbeitsrechtstag 2011

10 13. Mai 2011 Statische Verweisung Die statische Verweisung auf einen bestimmten Tarifvertrag wirft wenig Probleme auf. Mit ihr binden sich die Parteien des Arbeitsvertrages statisch an einen bestimmten schon vorhandenen nach Datum bestimmten Tarifvertrag. Beispiel: „Die Vergütung richtet sich nach dem Entgelttarifvertrag für den Einzelhandel Mecklenburg-Vorpommern für das Jahr 2010.“ 3. STRALSUNDER ARBEITSRECHTSTAGE MAI 2011 3. STRALSUNDER ARBEITSRECHTSTAGE MAI 2011

11 Kleine dynamische Verweisung im Sinne einer Gleichstellungsabrede
13. Mai 2011 Kleine dynamische Verweisung im Sinne einer Gleichstellungsabrede Am häufigsten kommt in der Praxis die sog. „kleine dynamische Verweisung“ vor. Sie wirft wegen ihres unklaren Aussagegehalts auch die meisten Probleme auf. Wenn sie als Gleichstellungsabrede gemeint ist, wollen die Parteien des Arbeitsvertrages damit den Arbeitnehmer so stellen, wie wenn er Mitglied der Gewerkschaft wäre. Beispiel (traditionelle Formulierung): „Die Vergütung richtet sich nach dem Entgelttarifvertrag für den Einzelhandel Mecklenburg-Vorpommern in seiner jeweils geltenden Fassung.“ Achtung: So darf heute nicht mehr formuliert werden (siehe unten)!! 3. STRALSUNDER ARBEITSRECHTSTAGE MAI 2011 Gleichstellungsabrede: Wenn der Arbeitgeber tariffrei wird, will er auch arbeitsvertraglich nicht weiter an (neue) Tarifverträge gebunden sein. 3. STRALSUNDER ARBEITSRECHTSTAGE MAI 2011

12 13. Mai 2011 Kleine dynamische Verweisung im Sinne einer ernsthaften Bindung an das Tarifwerk Am häufigsten kommt in der Praxis die sog. „kleine dynamische Verweisung“ vor. Sie wirft wegen ihres unklaren Aussagegehalts auch die meisten Probleme auf. Wenn sie als echte („konstitutive“ bzw. „unbedingte“) dynamische Bezugnahme gemeint ist, wollen die Parteien des Arbeitsvertrages damit das Arbeitsverhältnis dauerhaft mit dem Tarifwerk verknüpfen. Beispiel: „Die Vergütung richtet sich nach dem Entgelttarifvertrag für den Einzelhandel Mecklenburg-Vorpommern in seiner jeweils geltenden Fassung.“ 3. STRALSUNDER ARBEITSRECHTSTAGE MAI 2011 3. STRALSUNDER ARBEITSRECHTSTAGE MAI 2011

13 Große dynamische Verweisung im Sinne einer Tarifwechselklausel
13. Mai 2011 Große dynamische Verweisung im Sinne einer Tarifwechselklausel Wenn immer nur die Tarifverträge gelten sollen, an die der Arbeitgeber gerade gebunden ist einschließlich möglicher ganz anderer Tarifwerke in Folge Branchenwechsel oder in Folge des Wechsels des Arbeitgeberverbandes etc., spricht man von einer „großen dynamischen Verweisung“ oder etwas genauer von einer „Tarifwechselklausel“. Beispiel: „Die Vergütung richtet sich nach dem Entgelttarifvertrag für den Einzelhandel Mecklenburg-Vorpommern oder nach anderen Entgelttarifverträgen, an die der Arbeitgeber zukünftig gebunden sein wird.“ 3. STRALSUNDER ARBEITSRECHTSTAGE MAI 2011 3. STRALSUNDER ARBEITSRECHTSTAGE MAI 2011

14 Was kommt in welche Schublade?
13. Mai 2011 Was kommt in welche Schublade? Die Einordnung der bunten Realität in die beschränkte Welt der 4 Schubladen erfolgt durch das Erkenntnismittel der Auslegung. Es gelten die allgemeinen Grundsätze der Vertragsauslegung. Das Bundesarbeitsgericht versucht uns das Leben durch ein paar Auslegungsregeln einfacher zu machen. Beachte: Diese Auslegungsregeln haben sich in den letzten 10 Jahren signifikant verändert. 3. STRALSUNDER ARBEITSRECHTSTAGE MAI 2011 Die Auslegungsregeln bezeichnen die Stellschraube, an der das BAG in den letzten Jahren gedreht hat. 3. STRALSUNDER ARBEITSRECHTSTAGE MAI 2011

15 Der allgemeine Auslegungsmaßstab
13. Mai 2011 Der allgemeine Auslegungsmaßstab Die Bezugnahmeklausel „ist als Allgemeine Geschäftsbedingung nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden wird, wobei die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zu Grunde zu legen sind. Ansatzpunkt für die Auslegung allgemeiner Geschäftsbedingungen ist in erster Linie der Vertragswortlaut. Von Bedeutung für das Auslegungsergebnis können ferner der von den Vertragsparteien verfolgte Regelungszweck sowie die der jeweils anderen Seite erkennbare Interessenlage der Beteiligten sein ...“ BAG – 4 AZR 98/09 – nv 3. STRALSUNDER ARBEITSRECHTSTAGE MAI 2011 Im Text geht es dann noch weiter: „Es besteht nur dann Anlass, die Wortauslegung in Frage zu stellen, wenn von den Parteien weitere Tatsachen vorgetragen oder sonst ersichtlich sind, die Zweifel an der wortgetreuen Auslegung der Vertragsklausel begründen können. Diese müssen nahelegen, dass der Wortlaut in einer für beide Seiten erkennbaren Weise den Inhalt der jeweils abgegebenen Willenserklärungen nicht hinreichend wiedergibt (vgl. BAG 18. April AZR 652/05 - Rn. 29 ff., BAGE 122, 74).“ 3. STRALSUNDER ARBEITSRECHTSTAGE MAI 2011

16 Die „alten“ Auslegungsregeln
13. Mai 2011 Die „alten“ Auslegungsregeln Früher (also ungefähr bis zum Ende des letzten Jahrhunderts) gab es drei Auslegungsregeln: Bezugnahmen auf den Tarifvertrag sind im Regelfall als dynamische Bezugnahmen zu verstehen; Dynamische Bezugnahmen sind im Regelfall als Gleichstellungsabrede zu verstehen. Bezugnahmeklauseln in Arbeitsverträgen tarifgebundener Arbeitnehmer haben nur „deklaratorische“ Bedeutung (= nicht sinntragendes nutzloses Beiwerk im Vertragstext) 3. STRALSUNDER ARBEITSRECHTSTAGE MAI 2011 Früher (also ungefähr bis zum Ende des letzten Jahrhunderts) gab es drei Auslegungsregeln: Bezugnahmen auf den Tarifvertrag sind im Regelfall als dynamische Bezugnahmen zu verstehen; Dynamische Bezugnahmen sind im Regelfall als Gleichstellungsabrede zu verstehen. ad (3) Bezugnahmeklauseln in Arbeitsverträgen tarifgebundener Arbeitnehmer haben nur „deklaratorische“ Bedeutung (= nicht sinntragendes nutzloses Beiwerk im Vertragstext). Eigenartigerweise habe ich dazu keine einzige Fundstelle des BAG gefunden. Es könnte also sein, dass das BAG nie einen Fall hatte, bei dem es auf die Frage angekommen wäre. Die Auslegungsregel kann sich daher eigentlich nur auf die Literatur stützen. Sie gehört aber zweifellos zu dem „System“ der alten Rechtsprechung dazu. Wenn man nach Rechtsprechung für diese Auslegungsregel sucht, wird allerdings häufiger auch auf Fälle mit anderen Konstellationen verwiesen, etwa die Frage der Bedeutung ausformulierter Kündigungsfristen im Vertrag, die identisch sind mit der gesetzlichen oder der tariflichen Regelung. Ebenso Verweise auf Fälle mit vertraglichen Regelungen zur Höhe der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfalle, die bei Vertragsschluss identisch waren mit der Gesetzeslage. – In diesen Fällen versucht die Rechtsprechung mit gewissem Recht schon immer, die Texte als nur deklaratorisch zu verstehen. 3. STRALSUNDER ARBEITSRECHTSTAGE MAI 2011

17 Die „neuen“ Auslegungsregeln
13. Mai 2011 Die „neuen“ Auslegungsregeln In den letzten 10 Jahren sind daraus fünf Auslegungsregeln geworden: Bezugnahmen auf den Tarifvertrag sind im Regelfall als dynamische Bezugnahmen zu verstehen (wie bisher); Dynamische Bezugnahmen sind im Regelfall nicht als Gleichstellungsabrede zu verstehen (völlig verändert); Dynamische Bezugnahmen sind nur noch dann Gleichstellungsabreden, wenn sie in Altverträgen (Abschluss vor 2002) vorkommen (Übergangsregelung); Dynamische Bezugnahmen sind im Zweifel nicht als Tarifwechselklauseln zu verstehen (ganz neue Regel). Dynamische Bezugnahmeklauseln sind auch dann ernst zu nehmen, wenn sie im Arbeitsvertrag tarifgebundener Arbeitnehmer vorkommen (völlig verändert). 3. STRALSUNDER ARBEITSRECHTSTAGE MAI 2011 3. STRALSUNDER ARBEITSRECHTSTAGE MAI 2011

18 Die Haupteffekte der neuen Auslegungsregeln
13. Mai 2011 Die Haupteffekte der neuen Auslegungsregeln Die neuen Auslegungsregeln haben drei Haupteffekte: Die dynamische Bezugnahmeklausel wird heute im Regelfall als eine echte ernst gemeinte „unbedingte“ Anbindung an den Tarifvertrag verstanden, die unabhängig von der eigenen Tarifbindung des Arbeitgebers ist und die Potential für eine „Ewigkeitsgarantie“ (Henssler) hat; Diese Grundregel gilt auch für Arbeitsverträge von tarifgebundenen Arbeitnehmern; Die aus der Sicht der Arbeitnehmer häufig völlig unkalkulierbare Tarifwechselklausel wird klein geredet. 3. STRALSUNDER ARBEITSRECHTSTAGE MAI 2011 3. STRALSUNDER ARBEITSRECHTSTAGE MAI 2011

19 13. Mai 2011 Der Problemfall: Die unsauber formulierte kleine dynamische Bezugnahmeklausel „Nicht verbandlich organisierte Arbeitgeber sollten die Verwendung kleiner dynamischer Klauseln daher unbedingt vermeiden. Sie entziehen dem Arbeitgeber nahezu jede Möglichkeit, sich von der Tarifentwicklung abzukoppeln und wirken damit rigider als die Verbandsmitgliedschaft selbst. Aus anwaltlicher Sicht wäre eine entsprechende Gestaltung der Bezugnahmeklausel regelmäßig ein grober Beratungungsfehler gegenüber dem Arbeitgeber.“ Prof. Dr. Henssler in: FS Wissmann 2005, 133 (134). 3. STRALSUNDER ARBEITSRECHTSTAGE MAI 2011 Diese für die Zeit vor der Entscheidung des BAG vom – 4 AZR 536/04 – formulierte Warnung gilt erst Recht heute, wo kleine dynamische Bezugnahmeklauseln im Regelfall als „unbedingte“ also echte Bindungen an das Tarifwerk interpretiert werden. Ausblick auf die Probleme, die sich ergeben können, wenn man diese Klausel im Vertrag streichen will: Wohl kein Fall der Störung der Geschäftsgrundlage (§ 313 Absatz 1 BGB) Änderungskündigung dürfte am fehlenden Kündigungsgrund scheitern (ich sehe da eine Analogie zur Änderungskündigung zur Entgeltabsenkung, die im praktischen leben nicht vorkommt, da die Hürden der Rechtsprechung so hoch sind). Giesen, NZA 2006, 625, 632 sieht das anders, obwohl er skeptisch ist, dass seine Auffassung durchdringen wird. Also geht es nur einvernehmlich. Und wenn der Arbeitnehmer durch die Klauseländerung etwas verlieren wird, wird er nur einwilligen, wenn es auch eine Gegenleistung gibt. 3. STRALSUNDER ARBEITSRECHTSTAGE MAI 2011

20 Alles ist Gleichstellungsabrede (alte Sicht)
13. Mai 2011 Alles ist Gleichstellungsabrede (alte Sicht) BAG – 4 AZR 544/00 Sachverhalt: Die Arbeitnehmerin ist Angestellte in der Wohnungswirtschaft. Ihre Arbeitgeberin war lange Jahre tarifgebunden. Im Arbeitsvertrag heißt es demnach auch: „Soweit nicht abweichend geregelt, gelten … die tarifvertraglichen Bestimmungen für die Angestellten in der Wohnungswirtschaft … in der jeweils geltenden Fassung …“ – Arbeitgeber tritt zu Ende 1998 aus dem Arbeitgeberverband aus und gibt die Tariferhöhung 1999 daher nicht mehr weiter. – Arbeitnehmerin klagt diese ein und verliert vor dem BAG. Kernsatz: „[26] Eine dynamische Bezugnahmeklausel auf die einschlägigen Tarifverträge in einem vom tarifgebundenen Arbeitgeber vorformulierten Vertrag ist typischerweise als Gleichstellungsabrede zu verstehen. Eine abweichende Auslegung der Klausel als "feste" Bezugnahme in dem Sinne, daß die Anwendbarkeit der Tarifverträge in der jeweiligen Fassung unabhängig von für deren normative Geltung relevanten Veränderungen erfolgen soll, ist nur gerechtfertigt, wenn das in der Vereinbarung seinen Ausdruck gefunden hat oder sonstige Umstände dafür sprechen.“ 3. STRALSUNDER ARBEITSRECHTSTAGE MAI 2011 BAG – 4 AZR 544/00 – Bezugnahmeklausel bei Verbandsaustritt des Arbeitgebers Fundstellen: NZA 2002, 634 = DB 2002, 1005 = AP Nr. 21 zu § 1 TVG Bezugnahme auf Tarifvertrag = BAGE 99, 120 Sachverhalt: Die Arbeitnehmerin ist Angestellte in der Wohnungswirtschaft. Ihre Arbeitgeberin war lange Jahre tarifgebunden. Im Arbeitsvertrag heißt es demnach auch: „Soweit nicht abweichend geregelt, gelten … die tarifvertraglichen Bestimmungen für die Angestellten in der Wohnungswirtschaft … in der jeweils geltenden Fassung …“ – Arbeitgeber tritt zu Ende 1998 aus dem Arbeitgeberverband aus und gibt die Tariferhöhung 1999 daher nicht mehr weiter. – Arbeitnehmerin klagt diese ein und verliert vor dem BAG. Textauszug zur Gleichstellungsabrede: „[25] c) Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts führt die vom zur Zeit des Vertragsschlusses tarifgebundenen Beklagten vereinbarte dynamische Bezugnahme auf den für den Betrieb einschlägigen Vergütungstarifvertrag nicht zur Anwendung des nach dem Verbandsaustritt des Beklagten abgeschlossenen VTV Denn es handelt sich um eine Gleichstellungsabrede. Sie hat zur Folge, daß der Arbeitnehmer unabhängig von seiner Tarifgebundenheit an der Tarifentwicklung des in Bezug genommenen Tarifvertrages teilnimmt, wie wenn er tarifgebunden wäre. Die Gleichstellungsabrede ersetzt nur die durch die Mitgliedschaft in der zuständigen Gewerkschaft begründete Tarifgebundenheit. Deshalb nimmt der Arbeitnehmer mit einer Gleichstellungsabrede nur solange an der Tarifentwicklung teil wie ein tarifgebundener Arbeitnehmer. Da der VTV erst 1999 abgeschlossen worden ist, nachdem die Beklagte aus dem Tarifträgerverband ausgeschieden war, gilt er mangels Tarifgebundenheit der Beklagten nicht nach § 4 Abs. 1 TVG für die Arbeitsverhältnisse mit den tarifgebundenen Arbeitnehmern. Demgemäß findet er auf Grund der Gleichstellungsabrede auch nicht auf das Arbeitsverhältnis der nichttarifgebundenen Klägerin Anwendung. [26] aa) Eine dynamische Bezugnahmeklausel auf die einschlägigen Tarifverträge in einem vom tarifgebundenen Arbeitgeber vorformulierten Vertrag ist typischerweise als Gleichstellungsabrede zu verstehen. Eine abweichende Auslegung der Klausel als "feste" Bezugnahme in dem Sinne, daß die Anwendbarkeit der Tarifverträge in der jeweiligen Fassung unabhängig von für deren normative Geltung relevanten Veränderungen erfolgen soll, ist nur gerechtfertigt, wenn das in der Vereinbarung seinen Ausdruck gefunden hat oder sonstige Umstände dafür sprechen. [27] Diese nicht primär auf den Wortlaut abstellende Auslegung rechtfertigt sich daraus, daß der Arbeitgeber bei Vertragsschluß die durch die Mitgliedschaft in der zuständigen Gewerkschaft begründete Tarifgebundenheit des Arbeitnehmers nicht kennt und auch nicht erfragen darf. Er weiß von Rechts wegen nicht, ob die tariflichen Regelungen auf Grund der Tarifgebundenheit des Arbeitnehmers unmittelbar und zwingend gem. § 4 Abs. 1 TVG gelten oder ob er die Anwendbarkeit durch eine arbeitsvertragliche Bezugnahmeklausel begründen muß. Der gezielten vertraglichen Regelung, differenziert nach tarifgebundenen und nichttarifgebundenen Arbeitnehmern, sind deshalb rechtlich bedingte tatsächliche Grenzen gesetzt. Die rechtliche Unzulässigkeit für den Arbeitgeber, vorab die Gewerkschaftszugehörigkeit des einzustellenden Arbeitnehmers zu klären, hat zur Folge, daß der Arbeitgeber, um eine von ihm erstrebte Gleichstellung von tarifgebundenen und nichttarifgebundenen Arbeitnehmern zu erreichen, in alle Arbeitsverträge die Bezugnahmeklausel aufnehmen muß. [28] Diese arbeitsrechtlich vorstrukturierten Bedingungen bei Vertragsschluß rechtfertigen es, bei der Auslegung der Bezugnahmeklausel im Sinne einer Gleichstellungsabrede entscheidend auf die typischerweise vorliegende Zweckbestimmung der Bezugnahme und auf die üblicherweise gegebenen Interessen und Vorverständnisse abzustellen, soweit sich nicht aus der vertraglichen Vereinbarung selbst oder aus den Umständen bei Vertragsschluß etwas anderes ergibt. [29] (1) Der Zweck der vertraglichen Bezugnahme in einem vom tarifgebundenen Arbeitgeber vorformulierten Arbeitsvertrag auf die einschlägigen Tarifverträge besteht regelmäßig in der Anwendung derjenigen Arbeitsbedingungen, die für die tarifgebundenen Arbeitnehmer nach § 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 TVG unmittelbar und zwingend gelten (zB BAG 6. April AZR 365/54 - BAGE 1, 348; 22. August AZR 1066/77 - AP BGB § 611 Deputat Nr. 3; 20. März AZR 455/90 - BAGE 67, 330; 4. September AZR 135/95 - BAGE 84, 97; 4. August AZR 642/98 - BAGE 92, 171). Diese Auffassung wird überwiegend auch von der Literatur geteilt (zB ErfK/Preis 2. Aufl. § 613 a BGB Rn. 109; Kempen/Zachert TVG 3. Aufl. § 3 Rn. 62; Löwisch/Rieble TVG 1992 § 3 Rn. 99; Oetker in: Wiedemann TVG 6. Aufl. § 3 Rn. 210). Voraussetzung ist somit, daß Tarifgebundenheit des Arbeitgebers an die in Bezug genommenen Tarifverträge besteht (Senat 30. August AZR 581/99 - BAGE 95, 296). Andernfalls liegt eine Gleichstellung nicht vor, weil die tarifliche Regelung für die organisierten Beschäftigten wegen fehlender beiderseitiger Tarifgebundenheit nicht gilt. [30] Wenn in einem Arbeitsvertrag mit einem tarifgebundenen Arbeitgeber eine dynamische Bezugnahme auf die einschlägigen tarifvertraglichen Regelungen enthalten ist, soll damit typischerweise für die nichttarifgebundenen Arbeitnehmer der Anlaß genommen werden, die - normative - Geltung der Tarifregelungen durch einen Gewerkschaftsbeitritt herbeizuführen. Daraus ergibt sich, daß der Zweck der Bezugnahme sich typischerweise darauf beschränkt, die - möglicherweise - fehlende Tarifgebundenheit des Arbeitnehmers zu ersetzen, dh. ihn einem tarifgebundenen Arbeitnehmer gleichzustellen, nicht aber dem nichttarifgebundenen Arbeitnehmer unabhängig von der Tarifgebundenheit des Arbeitgebers eine dauernde Teilhabe an der Tarifentwicklung zu gewährleisten. Es ist fernliegend anzunehmen, daß ein Arbeitgeber, der die Bezugnahmeklausel mit dem Ziel der Gleichstellung vereinbart, damit gegenüber den Nichttarifgebundenen eine Anwendung von Tarifverträgen begründen will, die über deren normative Geltung auf Grund der beiderseitigen Tarifgebundenheit für die Arbeitsverhältnisse mit tarifgebundenen Arbeitnehmern hinausreicht. [31] (2) Die Berücksichtigung der anzuerkennenden typischen Interessen des Arbeitnehmers steht dieser Auslegung nicht entgegen. Regelmäßig wird eine Bezugnahmeklausel nicht auf Grund einer entsprechenden Verhandlungsforderung des Arbeitnehmers in den Vertrag aufgenommen, sondern ist aus den genannten Gründen in dem vom Arbeitgeber vorformulierten Arbeitsvertrag enthalten. Bei dieser Ausgangslage ist sie daher nicht Ausdruck eines erkennbaren Regelungswillens des Arbeitnehmers, eine "feste" dynamische Bezugnahme der tariflichen Regelung zu erreichen. Vielmehr gibt es in der Regel keine Anhaltspunkte dafür, daß der Arbeitnehmer die Vereinbarung erstrebt, über die Gleichstellung mit den tarifgebundenen Arbeitnehmern hinaus eine dauernde Teilhabe an der Tarifentwicklung gesichert zu bekommen. Soweit der Arbeitnehmer im Sinne einer solchen "festen" Bezugnahme auf Dauer an der Tarifentwicklung teilhaben soll, bedarf es entsprechender Klarstellungen oder Anhaltspunkte. [32] bb) Die gegen diese Auslegung einer bei Verbandszugehörigkeit des Arbeitgebers vereinbarten dynamischen Bezugnahme als Gleichstellungsabrede - auch - vom Landesarbeitsgericht vorgebrachten Bedenken überzeugen nicht. [33] (1) Der hier vertretenen Auslegung wird insbesondere entgegengehalten, daß der Wortlaut der Bezugnahme eindeutig und die Beschränkung der Anwendung der Tarifregelung im Sinne der Gleichstellung mit den organisierten Arbeitnehmern für den Arbeitnehmer nicht erkennbar seien. Im übrigen könne ein dem Arbeitnehmer unbekannter Umstand, dh. die Tarifgebundenheit des Arbeitgebers, nicht maßgeblich sein für die Auslegung der Bezugnahmeklausel in dem Sinne, daß die eine wortlautgleiche Bezugnahmeklausel bei Tarifgebundenheit des Arbeitgebers als Gleichstellungsabrede, bei fehlender Tarifgebundenheit des Arbeitgebers als "feste" Bezugnahme ausgelegt werde. [34] Diese Bedenken berücksichtigen nicht hinreichend die dargestellten besonderen arbeitsrechtlich vorstrukturierten Bedingungen bei Vertragsschluß, die bei der Auslegung der Bezugnahmeklausel zu beachten sind. Der Arbeitgeber darf bei Vertragsschluß nicht erfragen, ob der Arbeitnehmer tarifgebunden ist oder nicht. Wenn ein Arbeitgeber von sich aus die Anwendbarkeit der einschlägigen Tarifverträge anbietet, erfolgt das typischerweise deshalb, weil er an die in Bezug genommenen Tarifverträge gebunden ist und mit der Bezugnahme eine Gleichstellung der tarifgebundenen und der nichttarifgebundenen Arbeitnehmer erreichen will. Diese objektiven, durch das arbeitsrechtliche Frageverbot nach der Gewerkschaftszugehörigkeit des Arbeitnehmers bedingten Umstände sind von dem Empfängerhorizont des verständigen Arbeitnehmers her erkennbar. Wenn keine entgegenstehenden Anhaltspunkte vorliegen, muß der Arbeitnehmer davon ausgehen, daß eine Bezugnahmeklausel, die von der Arbeitgeberseite angeboten wird, als Gleichstellungsabrede gemeint ist. [35] Es ist somit nicht Voraussetzung für die Auslegung der Bezugnahmeklausel als Gleichstellungsabrede, daß der Arbeitgeber seine Tarifgebundenheit offenlegt oder den Gleichstellungszweck der Bezugnahme anders zum Ausdruck bringt. Im Sinne einer typisierenden Betrachtung ist angesichts der arbeitsrechtlichen Rahmenbedingungen bei verständiger Würdigung davon auszugehen, daß eine Bezugnahmeklausel vom Arbeitgeber bei eigener Tarifgebundenheit an die in Bezug genommenen Tarifverträge und somit mit der Zielsetzung der Gleichstellung von Tarifgebundenen und Nichttarifgebundenen angeboten wird. Dem Arbeitnehmer steht es anders als dem Arbeitgeber frei, durch die zulässige und von dem Arbeitgeber zu beantwortende Frage nach der Mitgliedschaft des Arbeitgebers in dem zuständigen Arbeitgeberverband eine Klärung der Bedeutung der Bezugnahmeklausel herbeizuführen (vgl. dazu Gaumann/Schafft NZA 2001, 1125) und auf einer "arbeitgeberverbandsaustrittsfesten" Bezugnahmeklausel zu bestehen. [36] (2) Gegen die Auslegung als Gleichstellungsabrede spricht des weiteren nicht, daß die Bezugnahmeklausel nicht nur die Gleichstellung mit den organisierten Beschäftigten bezweckt, sondern auch die Vereinheitlichung der Arbeitsbedingungen und die Vereinfachung der Vertragsgestaltung. Diese Zwecke sind bei der Auslegung der Bezugnahmeklausel als Gleichstellungsabrede ebenfalls erfüllt. Auch bei einer Gleichstellungsabrede müssen die einzelnen tariflich geregelten Arbeitsbedingungen nicht in den Arbeitsvertrag aufgenommen bzw. bei Tarifänderungen geändert werden. Ebenso wird die Einheitlichkeit der Arbeitsbedingungen im Betrieb gewahrt. Das gilt nicht nur für die Dauer der Tarifgebundenheit des Arbeitgebers, sondern auch für die Zeit nach deren Beendigung. Dann finden für die Nichttarifgebundenen die Tarifverträge ebenso Anwendung, wie sie normativ für die Tarifgebundenen auf Grund der "Nachbindung" des Arbeitgebers gem. § 3 Abs. 3 TVG bzw. der Nachwirkung gem. § 4 Abs. 5 TVG gelten, also statisch. [37] (3) Das Landesarbeitsgericht hat seine abweichende Auffassung schließlich darauf gestützt, daß die Gleichstellung von tarifgebundenen und nichttarifgebundenen Arbeitnehmern auch ohne die Auslegung der Bezugnahmeklausel als Gleichstellungsabrede erreicht werde. Die Bezugnahmeklausel habe in den Arbeitsverträgen mit tarifgebundenen Arbeitnehmern ebenfalls konstitutive Bedeutung. Deshalb würde die tarifliche Regelung bei einem Verbandsaustritt des Arbeitgebers für die Organisierten über die Bezugnahmeklausel ebenfalls weiterhin dynamisch zur Anwendung kommen. [38] Dies trifft bei der Gleichstellungsabrede im Sinne der Rechtsprechung des Senats, nach der der Arbeitnehmer so gestellt werden soll, als wäre er tarifgebunden, nicht zu. Bei diesem Verständnis der Gleichstellungsabrede kommt es nicht darauf an, ob sie bei Tarifgebundenheit des Arbeitnehmers deklaratorisch oder konstitutiv wirkt (Oetker Anm. zu Senat 24. November AZR 666/98 - SAE 2000, 324, 327, 328). Solange der Arbeitgeber tarifgebunden ist, gilt der einschlägige Tarifvertrag kraft beiderseitiger Tarifgebundenheit der Arbeitsvertragsparteien für diese unmittelbar und zwingend. Daß der Arbeitnehmer sich zugleich auf eine konstitutiv wirkende dynamische Verweisung berufen kann, ist zwar zutreffend, aber nicht von praktischer Bedeutung. Nach Beendigung der Mitgliedschaft des Arbeitgebers im Arbeitgeberverband und seiner Nachbindung nach § 3 Abs. 3 TVG wirken die vormals unmittelbar und zwingend für das Arbeitsverhältnis geltenden Tarifverträge nach § 4 Abs. 5 TVG nach. Sie haben für dieses aber keine zwingende Wirkung mehr. Die nach wie vor geltende arbeitsvertragliche Vereinbarung, der Arbeitnehmer werde so gestellt, als wäre er tarifgebunden, führt auch bei konstitutiver Wirkung derselben nicht zur Teilnahme des Arbeitnehmers an den nach Verbandsaustritt des Arbeitgebers vereinbarten und in Kraft getretenen Tarifänderungen. Denn mangels der Mitgliedschaft des Arbeitgebers im tarifschließenden Verband fehlt die Voraussetzung der beiderseitigen Tarifgebundenheit. Diesbezüglich trifft die Gleichstellungsabrede keine ersetzende Regelung. [39] cc) Nach diesen Grundsätzen für die Auslegung einer Bezugnahmeklausel ist die vorliegende Absprache als Gleichstellungsabrede zu verstehen. Der Beklagte war zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses am 22. Oktober 1985 kraft Mitgliedschaft in dem zuständigen Arbeitgeberverband an die in Bezug genommenen einschlägigen Tarifverträge gebunden. Aus dem Wortlaut der Bezugnahmeregelung ergeben sich keine Anhaltspunkte für eine "feste" Bezugnahmeregelung. Sonstige für eine solche vom Regelfall abweichende Auslegung sprechende konkrete Umstände hat die Klägerin nicht vorgetragen und das Landesarbeitsgericht demzufolge nicht festgestellt. Deshalb ist im Sinne einer an der typischen Interessenlage orientierten Auslegung im Streitfall von einer Gleichstellungsabrede auszugehen. 3. STRALSUNDER ARBEITSRECHTSTAGE MAI 2011

21 Alles ist Gleichstellungsabrede (alte Sicht)
13. Mai 2011 Alles ist Gleichstellungsabrede (alte Sicht) Ist der Arbeitgeber tarifgebunden, wurde die dynamische Bezugnahmeklausel früher immer als eine sog. Gleichstellungsabrede angesehen. – Bessere Bezeichnung: Widerspiegelungszweck der Bezugnahmeklausel. Der Arbeitnehmer sollte also immer so gestellt werden, wie die Arbeitnehmer, die der direkten Tarifbindung kraft Mitgliedschaft unterliegen. Die Klausel sollte letztlich nur die fehlende Tarifbindung des Arbeitnehmers ersetzen. Diese Sichtweise ist durch das BAG mit der Entscheidung vom (4 AZR 536/04) aufgegeben worden und wird aus Vertrauensschutzgesichtspunkten nur noch auf Arbeitsverträge angewendet, die vor dem 1. Januar abgeschlossen wurden. 3. STRALSUNDER ARBEITSRECHTSTAGE MAI 2011 Henssler (FS Wissmann 2005, 133, 137) spricht von dem Widerspiegelungszweck und führt dazu aus: „Genauer dürfte es aber sein, von einem Widerspiegelungszweck zu sprechen: Die Bezugnahme soll das schuldrechtlich widerspiegeln, was mit normativ zwingender Wirkung bei entsprechender Gewerkschaftszugehörigkeit der Arbeitnehmer tarifrechtlich gelten würde.“ Dazu Verweis auf BAG – 4 AZR 176/72 – AP Nr. 6 zu § 4 TVG Nachwirkung (Wiedemann) = DB 1973, 1508 = BAGE 25, 34 Textauszug: „[25] Die Klausel im Arbeitsvertrag der Parteien wurde vor Außerkrafttreten des BAT vereinbart. Sie besagt, daß die genannten Tarifverträge auch arbeitsvertraglich anzuwenden sind. Das kann aber nur bedeuten, daß der BAT sowie seine tariflichen Änderungen und Ergänzungen auf das Arbeitsverhältnis jeweils so anzuwenden sind, wie sie tarifrechtlich wirksam sind. Daraus folgt, daß mit dem Außerkrafttreten des BAT und seiner Anlage 1 a nach Ablauf des 31. Dezember 1969 dessen Rechtsnormen arbeitsvertraglich nur so weiter anzuwenden sind, wie sie nachwirken. Kein Anhaltspunkt besteht dafür, daß die Parteien des Rechtsstreits einen TV zum Inhalt des Arbeitsvertrages machen wollten, der gar keine tarifrechtliche Wirksamkeit entfalten kann. Vielmehr soll die angeführte Klausel lediglich einzelvertraglich widerspiegeln, was ansonsten tarifrechtlich jeweils gilt.“ Anmerkung: Widerspiegelung bezeichnet das Gewollte sicher besser als Gleichstellung. Das Bild der Widerspiegelung macht auch deutlich, was man eigentlich will. Man will eigentlich die normative Geltung des TV kraft privatautonomer Abrede. Weil das aber nicht geht, behlift man sich mit dem Bild der Widerspiegelung. Stralsunder Arbeitsrechtstag 2011

22 Gleichstellungsabrede
13. Mai 2011 Gleichstellungsabrede „Eine arbeitsvertragliche Klausel, die ihrem Wortlaut nach ohne Einschränkung auf bestimmte Tarifverträge eines konkret bezeichneten Gewerbes in ihrer jeweiligen Fassung verweist, ist im Regelfall dahingehend auszulegen, dass die Tarifverträge gerade dieses Gewerbes in der jeweiligen Fassung zur Anwendung kommen sollen und dass diese Anwendung nicht von Faktoren abhängt, die nicht im Vertrag genannt oder sonst für beide Parteien in vergleichbarer Weise ersichtlich zur Voraussetzung gemacht worden sind. Etwaige Motive der Erklärenden haben außer Betracht zu bleiben, soweit sie nicht im Wortlaut oder in sonstiger, für die Gegenseite hinreichend deutlich erkennbarer Weise ihren Niederschlag gefunden haben. Kommt der Wille des Erklärenden nicht oder nicht vollständig zum Ausdruck, gehört dies zu dessen Risikobereich.“ BAG – 4 AZR 98/09 – nv BAG – 4 AZR 652/05 – und BAG – 4 AZR 536/04 3. STRALSUNDER ARBEITSRECHTSTAGE MAI 2011 Im Text geht es dann noch weiter: „Es besteht nur dann Anlass, die Wortauslegung in Frage zu stellen, wenn von den Parteien weitere Tatsachen vorgetragen oder sonst ersichtlich sind, die Zweifel an der wortgetreuen Auslegung der Vertragsklausel begründen können. Diese müssen nahelegen, dass der Wortlaut in einer für beide Seiten erkennbaren Weise den Inhalt der jeweils abgegebenen Willenserklärungen nicht hinreichend wiedergibt (vgl. BAG 18. April AZR 652/05 - Rn. 29 ff., BAGE 122, 74).“ BAG – 4 AZR 652/05 – NZA 2007, 965 = DB 2007, 1982 = AP Nr. 53 zu § 1 TVG Bezugnahme auf Tarifvertrag = BAGE 122, 74 BAG – 4 AZR 536/04 – Die Grundsatzentscheidung zur Rechtsprechungsänderung Fundstellen: NZA 2006, 607 = DB 2006, 1322 = AP Nr. 39 zu § 1 TVG Bezugnahme auf Tarifvertrag = BAGE 116, 326 3. STRALSUNDER ARBEITSRECHTSTAGE MAI 2011

23 13. Mai 2011 Keine Gleichstellungsabrede bei Verweis auf örtlich fremden Tarifvertrag BAG AZR 396/08 Sachverhalt: Bundesweit tätiges Unternehmen mit Sitz in Hessen vereinbart mit einem Arbeitnehmer für einen Betrieb in NRW: „Alle weiteren, das Arbeitsverhältnis betreffenden Punkte richten sich nach den jeweils gültigen Bestimmungen des Tarifvertrages der Hessischen Metallindustrie.“ Später tritt Arbeitgeber aus dem Arbeitgeberverband aus. Arbeitnehmer klagt Tariferhöhungen ein. BAG: Der Arbeitnehmer hat Recht bekommen. – Zitat: Eine „Gleichstellung“ mit Arbeitnehmern, die unter tariflichen Bedingungen beschäftigt sind, die für den Beschäftigungsbetrieb des Arbeitgebers auch bei beiderseitiger Tarifgebundenheit keine Geltung beanspruchen, ist keine Gleichstellung mehr, sondern eine konstitutive Verweisung auf die tariflichen Arbeitsbedingungen in betriebsfremden Arbeitsverhältnissen, die das „Privileg“ der Auslegung als Gleichstellungsabrede für sich nicht in Anspruch nehmen kann. 3. STRALSUNDER ARBEITSRECHTSTAGE MAI 2011 Der Anwendungsbereich des Klausel-Typs Gleichstellungsabrede wird nicht nur durch das neue Regel-Ausnahme-Verhältnis klein gemacht. Zusätzlich sagt das BAG auch, die Gleichstellung setze zwingend voraus, dass die in Bezug genommenen Tarifverträge im Arbeitsverhältnis auch tatsächlich gelten müssten, wenn der Arbeitnehmer in der Gewerkschaft wäre. Das bedeutet: Der Arbeitgeber muss tarifgebunden sein, Und der Tarifvertrag muss fachlich, sachlich und örtlich auf das Arbeitsverhältnis anwendbar sein. Das ist in sich wohl zwingend, denn wenn man die Gleichstellung als Vorbehalt der Beendigung der Tarifbindung beim Arbeitgeber begreift, muss diese natürlich davor auch bestehen. BAG AZR 396/08 Fundstellen:  NZA-RR 2010, 361 = AP Nr. 72 zu § 1 TVG Bezugnahme auf Tarifvertrag Sachverhalt: Bundesweit tätiges Unternehmen mit Sitz in Hessen vereinbart mit einem Arbeitnehmer für einen Betrieb in NRW: „Alle weiteren, das Arbeitsverhältnis betreffenden Punkte richten sich nach den jeweils gültigen Bestimmungen des Tarifvertrages der Hessischen Metallindustrie.“ Später tritt Arbeitgeber aus dem Arbeitgeberverband aus. Arbeitnehmer klagt Tariferhöhungen ein. BAG: Der Arbeitnehmer hat Recht bekommen. – Zitat: Eine „Gleichstellung“ mit Arbeitnehmern, die unter tariflichen Bedingungen beschäftigt sind, die für den Beschäftigungsbetrieb des Arbeitgebers auch bei beiderseitiger Tarifgebundenheit keine Geltung beanspruchen, ist keine Gleichstellung mehr, sondern eine konstitutive Verweisung auf die tariflichen Arbeitsbedingungen in betriebsfremden Arbeitsverhältnissen, die das „Privileg“ der Auslegung als Gleichstellungsabrede für sich nicht in Anspruch nehmen kann. Anmerkung: Später hatte das BAG noch einmal einen Fall dasselbe Unternehmen betreffend mit einem AN aus Hessen. Hier hat es dann konsequent die Verweisung als Gleichstellungsabrede interpretiert und die Klage abgewiesen (BAG AZR 127/09) Das Arbeitgeberinteresse einheitlicher Arbeitsbedingungen im gesamten Unternehmen erscheint ja durchaus als legitim. Und das BAG hat es auch nicht „verboten“ solch ein Ziel zu verfolgen. Es muss nur mehr Wert auf die Formulierung gelegt werden; der Arbeitgeber wird nach der neuen Rechtsprechung gezwungen, offen das anzusprechen, was er sagen will; er muss also über seine Exit-Strategie reden. Später bei den Formulierungskünsten führe ich noch eine Klausel vor, die zu einer „überregionalen“ Gleichstellung führen würde und vor dem BAG als Gleichstellungsabrede Bestand haben müsste. 3. STRALSUNDER ARBEITSRECHTSTAGE MAI 2011

24 Im Zweifel ist es keine Tarifwechselklausel (1)
13. Mai 2011 Im Zweifel ist es keine Tarifwechselklausel (1) BAG – 4 AZR 581/99: Sachverhalt: Alt-Arbeitgeber hat Klinik betrieben und war an TV Privatkrankenanstalten gebunden. Arbeitnehmerin ist Küchenhilfe. Im Arbeitsvertrag heißt es: „Im übrigen gelten für das Arbeitsverhältnis der Tarifvertrag für Arbeiter in Privatkrankenanstalten vom und die diesen Tarifvertrag ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträge.“ Alt-Arbeitgeber gliedert die Kantine aus. Betriebserwerber ist der Neu-Arbeitgeber, der schon immer Mitglied in der Hotel- und Gaststätteninnung Berlin und Umgebung e.V. war. Neuarbeitgeber bezahlt Arbeitnehmerin nur noch nach Hotel- und Gaststättentarif. Dadurch sinkt das Einkommen der Klägerin von rund DM auf rund DM brutto monatlich (!). – Die Arbeitnehmerin verlangt Fortführung der alten Vergütung. Gründe: Die Klage war erfolgreich. Keine Entgeltreduzierung durch Bezugnahmeklausel, da es keine Tarifwechselklausel sei. Keine Entgeltreduzierung nach § 613a Absatz 1 Satz 3 BGB, da keine kongruente Tarifbindung vorliege. 3. STRALSUNDER ARBEITSRECHTSTAGE MAI 2011 BAG – 4 AZR 581/99 – Bezugnahme auf Tarifvertrag und Branchenwechsel Fundstellen: NZA 2001, 510 = DB 2001, 763 = AP Nr. 12 zu § 1 TVG Bezugnahme auf Tarifvertrag = BAGE 95, 296 Sachverhalt: Alt-Arbeitgeber hat Klinik betrieben und war an TV Privatkrankenanstalten gebunden. Arbeitnehmerin ist Küchenhilfe. Im Arbeitsvertrag heißt es: „Im übrigen gelten für das Arbeitsverhältnis der Tarifvertrag für Arbeiter in Privatkrankenanstalten vom und die diesen Tarifvertrag ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträge.“ Alt-Arbeitgeber gliedert die Kantine aus. Betriebserwerber ist der Neu-Arbeitgeber, der schon immer Mitglied in der Hotel- und Gaststätteninnung Berlin und Umgebung e.V. war. Neuarbeitgeber bezahlt Arbeitnehmerin nur noch nach Hotel- und Gaststättentarif. Dadurch sinkt das Einkommen der Klägerin von rund DM auf rund DM brutto monatlich (!). – Die Arbeitnehmerin verlangt Fortführung der alten Vergütung. Gründe: Die Klage war erfolgreich. Kollektive Betrachtung: Keine Entgeltreduzierung nach § 613a Absatz 1 Satz 3 BGB, da keine kongruente Tarifbindung vorliege. Arbeitsvertragliche Betrachtung: Keine Entgeltreduzierung durch Bezugnahmeklausel, da es keine Tarifwechselklausel sei. Anmerkung: (1) Abkehr von BAG – 4 AZR 135/95 – NZA 1997, 271 = DB 1996, 2550 = AP Nr. 5 zu § 1 TVG Bezugnahme auf Tarifvertrag = BAGE 84, 97 mit dem Leitsatz: „Eine arbeitsvertragliche Verweisungsklausel, die einen konkret benannten Tarifvertrag in der jeweils geltenden Fassung in Bezug nimmt, muß bei Verbandswechsel des Arbeitgebers in der Regel dahin korrigierend ausgelegt werden, daß die Verweisung auf den jeweils für den Betrieb geltenden Tarifvertrag erfolgt. Das gilt jedenfalls dann, wenn die Tarifverträge von derselben Gewerkschaft abgeschlossen wurden.“ (2) Durch diese Weichenstellung ist es nunmehr nicht mehr möglich, die Gleichstellung (wenn denn tatsächlich eine vereinbart ist) wo weit zu verstehen, dass wie in § 613a Absatz 1 Satz 3 BGB für kongruent Tarifgebundene geregelt, das neue Tarifrecht des Übernehmers sofort gilt. Durch die neue Zweifelsregelung ist sichergestellt, dass die Gleichstellungsabrede nur im Falle des Verbandsaustritts funktioniert und nicht dafür sorgt, dass das Arbeitsverhältnis einer neuen kollektiven Ordnung ohne Zustimmung des Arbeitnehmers unterstellt werden kann. (3) Es soll an dieser Stelle einmal betont werden, dass die Entscheidung schon aus dem Jahre 2000 stammt. Das zeigt einmal mehr, dass man den Wandel der Rechtsprechung nicht allein an den Personen festmachen kann, die dem 4. Senat angehören. Vielmehr ist hier eine Entwicklung zu beobachten, die über einen Zeitraum von rund 10 Jahren zu einer völligen Neubewertung geführt hat. 3. STRALSUNDER ARBEITSRECHTSTAGE MAI 2011

25 BAG 30.08.2000 – 4 AZR 581/99 Textauszug zur Tarifwechselklausel:
13. Mai 2011 BAG – 4 AZR 581/99 Textauszug zur Tarifwechselklausel: „[21] Regelmäßig erschöpft sich der Gehalt einer auf einen bestimmten Tarifvertrag oder ein bestimmtes Tarifvertragswerk verweisenden Gleichstellungsvereinbarung darin, daß das Arbeitsverhältnis den genannten Tarifverträgen in der jeweils gültigen Fassung einschließlich etwaiger Ergänzungen unterstellt wird, soweit und solange der Arbeitgeber daran gebunden ist. Dagegen ist mit einer Gleichstellungsabrede als solcher nicht zwingend die Rechtsfolge eines Tarifwechsels verbunden, wenn der Arbeitgeber durch Änderung des Betriebszwecks, sei es mit oder ohne rechtsgeschäftlichen Übergang eines Betriebes oder Betriebsteiles, die zwingende und unmittelbare Geltung des bisherigen Tarifvertrages beendet … und einem nunmehr für ihn fachlich zuständigen Verband beitritt, der seinerseits einen "einschlägigen" Tarifvertrag abgeschlossen hat. Denn der neue Tarifvertrag gilt in diesen Fällen auch für gewerkschaftlich organisierte Arbeitnehmer nicht, wenn keine kongruente Tarifgebundenheit besteht.“ 3. STRALSUNDER ARBEITSRECHTSTAGE MAI 2011 Vollständiger Textauszug zum Tarifwechsel: „[18] c) Die Revision meint zu Unrecht, die arbeitsvertragliche Inbezugnahme des Tarifvertrages für die Arbeiterinnen und Arbeiter in Berliner Privatkrankenanstalten sei entsprechend der Entscheidung des Senats vom 4. September 1996 (- 4 AZR 135/95 - BAGE 84, 97) ergänzend dahin auszulegen, daß es sich bei ihr um eine sog. große dynamische Verweisungsklausel handele; hieraus folge, daß mit Rücksicht auf die Tarifgebundenheit der Beklagten seit dem Betriebsübergang nur noch die Tarifverträge für das Hotel- und Gaststättengewerbe in Berlin anzuwenden seien. [19] aa) Zwar kann zugunsten der Beklagten davon ausgegangen werden, daß die Rechtsvorgängerin der Beklagten und die Klägerin mit den Regelungen Ziff. 4 und 6 des Formulararbeitsvertrags vom 26. Februar 1990 eine sog. Gleichstellungsabrede getroffen haben. Eine Gleichstellungsabrede hat regelmäßig den Zweck, die Gleichstellung der nicht oder anders organisierten Arbeitnehmer mit denjenigen Arbeitnehmern herbeizuführen, für die die in Bezug genommenen Tarifbestimmungen kraft beiderseitiger Tarifgebundenheit gelten (Senat 4. September AZR 135/95 - BAGE 84, 97, 104 f. mwN; BAG 4. August AZR 642/98 - AP TVG § 1 Tarifverträge: Papierindustrie Nr. 14 = EzA BGB § 613 a Nr. 184). Dies setzt voraus, daß der Tarifvertrag für den Arbeitgeber unmittelbar und zwingend gilt. Die Rechtsvorgängerin der Beklagten war als Tarifvertragspartei an den Tarifvertrag für die Arbeiterinnen und Arbeiter in Berliner Privatkrankenanstalten gem. § 3 Abs. 1 TVG gebunden. [20] bb) Gleichwohl kann sich die Beklagte für ihre Rechtsauffassung nicht auf das Urteil des Senats vom 4. September 1996 (- 4 AZR 135/95 - aaO; kritisch dazu: Annuß BB 1999, 2558; Danne SAE 1998, 111; Dauner-Lieb SAE 1999, 47; Kothe Arbeit und Arbeitsrecht 1997, 171) stützen. Sollte ihm zu entnehmen sein, daß die arbeitsvertragliche Gleichstellungsabrede automatisch einen Tarifwechsel zur Folge habe, wenn der Betrieb oder Betriebsteil in den fachlichen/betrieblichen Geltungsbereich eines anderen Tarifwerkes wechselt, hält der Senat hieran nicht fest. Allerdings betrifft das Urteil einen Fall, in dem der Arbeitgeber bei unverändertem Betriebszweck lediglich einen Verbandswechsel innerhalb derselben Branche vornahm und die für seinen Betrieb nunmehr geltenden Tarifverträge mit derselben Gewerkschaft abgeschlossen waren, der die Klägerin jenes Rechtsstreits angehörte. Diese Fallgestaltung liegt hier nicht vor. Vielmehr ist die Klägerin des vorliegenden Rechtsstreits zu keiner Zeit Mitglied einer Gewerkschaft gewesen. Zudem liegt ein Übergang des mit der Rechtsvorgängerin der Beklagten begründeten Arbeitsverhältnisses der Klägerin in Folge eines Betriebsteilübergangs ("Küche") vor, der zugleich zur Folge hatte, daß der Betriebsteil "Küche" aus dem fachlichen/betrieblichen Geltungsbereich des Tarifvertrages für die Arbeiterinnen und Arbeiter in Berliner Privatkrankenanstalten ausgeschieden ist und die Tarifverträge für das Hotel- und Gaststättengewerbe in Berlin fachlich/betrieblich einschlägig sind. [21] Regelmäßig erschöpft sich der Gehalt einer auf einen bestimmten Tarifvertrag oder ein bestimmtes Tarifvertragswerk verweisenden Gleichstellungsvereinbarung darin, daß das Arbeitsverhältnis den genannten Tarifverträgen in der jeweils gültigen Fassung einschließlich etwaiger Ergänzungen unterstellt wird, soweit und solange der Arbeitgeber daran gebunden ist. Dagegen ist mit einer Gleichstellungsabrede als solcher nicht zwingend die Rechtsfolge eines Tarifwechsels verbunden, wenn der Arbeitgeber durch Änderung des Betriebszwecks, sei es mit oder ohne rechtsgeschäftlichen Übergang eines Betriebes oder Betriebsteiles, die zwingende und unmittelbare Geltung des bisherigen Tarifvertrages beendet, der kraft Arbeitsvertrages auf die Arbeitsverhältnisse mit den nicht oder anders gewerkschaftlich organisierten Arbeitnehmern anzuwenden ist, und einem nunmehr für ihn fachlich zuständigen Verband beitritt, der seinerseits einen "einschlägigen" Tarifvertrag abgeschlossen hat. Denn der neue Tarifvertrag gilt in diesen Fällen auch für gewerkschaftlich organisierte Arbeitnehmer nicht, wenn keine kongruente Tarifgebundenheit besteht. Die von Teilen des Schrifttums unter dem Gesichtspunkt der sog. großen dynamischen Verweisungsklausel postulierten Rechtsfolgen (zB Hromadka/Maschmann/Wallner Der Tarifwechsel Rn. 612, 613; Bauer/Haußmann DB 1999, 1114, 1116 f.) ergeben sich aus der arbeitsvertraglichen Bezugnahme auf einen bestimmten namentlich genannten Tarifvertrag oder ein bestimmtes Tarifvertragswerk nur bei Vorliegen weiterer Umstände, die belegen, daß darin auch die Vereinbarung enthalten ist, es sollten für den Betrieb oder Betriebsteil, in welchem der Arbeitnehmer beschäftigt ist, jeweils die fachlich/betrieblich einschlägigen Tarifverträge in ihrer jeweils geltenden Fassung anzuwenden sein. Solche weiteren Umstände müssen schon deshalb vorliegen, weil die Arbeitsvertragsparteien eben diese Rechtsfolge auch ausdrücklich im Arbeitsvertrag vereinbaren können, zB daß das Arbeitsverhältnis den für den Betrieb jeweils anzuwendenden "einschlägigen" Tarifverträgen unterstellt wird (so zB die arbeitsvertragliche Bezugnahme in BAG 4. August AZR 642/98 - AP TVG § 1 Tarifverträge: Papierindustrie Nr. 14 = EzA BGB § 613 a Nr. 184; Hanau/Kania in Festschrift Schaub 239, 243 f.; Annuß BB 1999, 2558, 2560). Nach den Anforderungen des Nachweisgesetzes (§ 2 Nr. 10 NachwG), soweit dieses Anwendung findet, ist klarstellend hinzuzusetzen, um welche Tarifverträge es sich dabei derzeit handelt.“ BAG – 4 AZR 135/95 – Arbeitsvertragliche Verweisung auf Tarifvertrag (der coop-Fall) hatte noch formuliert: „[30] Sinn und Zweck der vertraglichen Bezugnahmeklausel auf die einschlägigen Tarifverträge ist es, die unorganisierten mit den tarifgebundenen Arbeitnehmern gleich zu behandeln (vgl. nur Wiedemann/Stumpf, TVG, 5. Aufl., § 3 Rz 85), was allerdings Tarifeinheit im Betrieb voraussetzt. Dabei werden diese vertraglichen Bezugnahmeklauseln verwendet unabhängig davon, ob auf Seiten der Arbeitnehmer Tarifbindung vorliegt oder nicht, schon, um nicht nach etwaigen Gewerkschaftszugehörigkeiten fragen zu müssen. Der Zweck der vertraglichen Bezugnahme besteht somit regelmäßig in der vertraglichen Zusammenfassung derjenigen Arbeitsbedingungen, die für die tarifgebundenen Arbeitnehmer kraft Tarifvertrages (§ 3 Abs. 1 TVG) in den Betrieben gelten (vgl. BAG Urteil vom 6. April AZR 365/54 - AP Nr. 7 zu Art. 3 GG; BAG Urteil vom 22. August AZR 1066/77 - AP Nr. 3 zu § 611 BGB Deputat; Senatsurteil vom 20. März AZR 455/90 - BAGE 67, 330 = AP Nr. 20 zu § 4 TVG Tarifkonkurrenz; Säcker/Oetker, ZfA 1993, 1, 15, m.w.N. in Fußnote 76). Somit ist eine vertragliche Bezugnahme als "Gleichstellungsabrede" (Begriff bei Otto, Einführung in das Arbeitsrecht, 1991, S. 81) anzusehen, wenn die für den Betrieb fachlich und räumlich einschlägigen Tarifverträge in Bezug genommen werden. Wegen des Wegfalls der Tarifbindung auf Arbeitgeberseite sind Arbeitsverträge Nichtorganisierter lückenhaft geworden. Der Zweck einer Gleichstellung mit den im Betrieb beschäftigten tarifgebundenen Arbeitnehmern - eine Verweisungsklausel auch bei tarifgebundenen Arbeitnehmern einmal außer Betracht gelassen - wird bei einem Wechsel der sachlich und betrieblich einschlägigen Tarifverträge verfehlt. Wenn die vertragliche Verweisungsklausel ihren Sinn noch erfüllen soll, muß sie dahin ausgelegt werden, daß die für den Arbeitgeber jeweils geltenden Tarifverträge Anwendung finden. Zwar sind hier in einer Jeweiligkeitsklausel bestimmte Tarifverträge in Bezug genommen. Dem Sinn einer solchen Klausel muß jedoch dadurch im Wege einer ergänzenden Vertragsauslegung Rechnung getragen werden, daß sie sich am hypothetischen Willen der Parteien orientiert. Hätten die Arbeitsvertragsparteien einen Verbandswechsel des Arbeitgebers bei Vertragsabschluß vorhergesehen, so hätten sie die Klausel aufgenommen, daß die jeweils für die Arbeitgeberin einschlägigen tariflichen Bestimmungen gelten. Es ist durch den späteren Verbandswechsel mit dem damit einhergehenden Wechsel der Tarifverträge nachträglich eine Vertragslücke entstanden, die dazu führt, daß lediglich die allgemeinen Einzelhandelstarifverträge Anwendung finden, von deren Allgemeinverbindlichkeit einmal abgesehen. [31] Diese von Reuter (JuS 1992, 105, 109) angedeutete und von Säcker/Oetker im einzelnen entwickelte Lösung gilt auch für den Fall, daß der Arbeitsvertrag eines organisierten Arbeitnehmers eine Verweisungsklausel auf die Tarifverträge enthält, an die der Arbeitgeber und kraft Organisationszugehörigkeit auch der Arbeitnehmer - wie hier die Klägerin - gebunden waren. Denn auch in diesem Fall hat die Verweisungsklausel nur den Sinn, die Gleichstellung der Arbeitnehmer ungeachtet ihrer Organisationszugehörigkeit zu sichern. Die Klausel hat nicht etwa den Sinn, dem organisierten Arbeitnehmer ungeachtet des Verbandswechsels des Arbeitgebers und des damit einhergehenden Wechsels der Tarifverträge den Inhalt der früher geltenden und wegen der Jeweiligkeitsklausel auch den Inhalt der künftigen Tarifverträge, die der alte Arbeitgeberverband abgeschlossen hat oder noch abschließen wird, zu sichern. [32] Es kann nicht rechtens sein, daß Nichtorganisierte und Organisierte aufgrund der Verweisungsklausel eine günstigere Rechtsposition erlangen als die Organisierten, deren Situation sich durch den Wechsel der Tarifverträge, die ein und dieselbe Gewerkschaft (auch) abgeschlossen hat, verschlechtert hat.“ Textauszug BAG zur „kongruenten Tarifbindung“: „[23] 2. Die vertraglich vereinbarte Geltung der Tarifverträge für Privatkrankenanstalten in Berlin ist auch nicht infolge des Beitritts der Beklagten zur Hotel- und Gaststätteninnung Berlin und Umgebung eV "mit Beginn des Betriebsübergangs" - so die Beklagte - gemäß § 613 a Abs. 1 Satz 3 BGB in analoger Anwendung abgelöst worden, wie die Beklagte meint. [24] a) § 613 a Abs. 1 Satz 2 BGB bestimmt, daß vor dem Betriebsübergang für das Arbeitsverhältnis geltende kollektivrechtliche Normen zwischen dem neuen Inhaber des Betriebes und dem Arbeitnehmer als Vertragsrecht weitergelten und nicht vor Ablauf eines Jahres nach dem Zeitpunkt des Betriebsübergangs zum Nachteil des Arbeitnehmers geändert werden dürfen. Diese Vorschrift gilt nach § 613 a Abs. 1 Satz 3 BGB nicht, wenn die Rechte und Pflichten bei dem neuen Inhaber durch Rechtsnormen eines anderen Tarifvertrags oder durch eine andere Betriebsvereinbarung geregelt werden. [25] b) Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (Senat 20. April AZR 342/93 - AP BGB § 613 a Nr. 108; BAG 19. November AZR 640/95 - AP BGB § 613 a Nr. 153 = EzA BGB § 613 a Nr. 147) und der weitaus überwiegenden Meinung im Schrifttum (zB Ascheid: in ArbR BGB § 613 a Rn. 220; ErfK-Preis § 613 a BGB Rn. 77; Kempen/Zachert TVG 3. Aufl. § 3 Rn. 60; Oetker in: Wiedemann TVG 6. Aufl. § 3 Rn. 199) setzt die Ablösung eines vor dem Betriebsübergang normativ geltenden Tarifvertrages durch einen "anderen Tarifvertrag" nach dieser Norm die kongruente Tarifgebundenheit des neuen Inhabers und des Arbeitnehmers voraus. An dieser Rechtsprechung hält der Senat fest. Besteht keine kongruente beiderseitige Tarifgebundenheit, obliegt dem neuen Betriebsinhaber die Veränderung des Vertragsinhalts mit individualrechtlichen Mitteln. [26] c) Mangels beiderseitiger Tarifgebundenheit der Parteien an die Tarifverträge für das Hotel- und Gaststättengewerbe in Berlin liegen daher die Voraussetzungen des § 613 a Abs. 1 Satz 3 BGB - die analoge Anwendbarkeit dieser Norm im Falle der vereinbarten Tarifanwendbarkeit vor Betriebsübergang hier unterstellt - nicht vor.“ 3. STRALSUNDER ARBEITSRECHTSTAGE MAI 2011

26 Im Zweifel ist es keine Tarifwechselklausel (2)
13. Mai 2011 Im Zweifel ist es keine Tarifwechselklausel (2) Sachverhalt: Arbeitgeber (Kindereinrichtung) war früher Mitglied im KAV. Im Arbeitsverhältnis zur Klägerin gibt es eine dynamische Bezugnahme auf den BAT („Das Arbeitsverhältnis bestimmt sich nach dem BAT-O … und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen sowie nach den für Angestellte des Arbeitgebers im Gebiet nach Art. 3 des Einigungsvertrages jeweils geltenden sonstigen Regelungen“). Später wechselt der Arbeitgeber zu einem Verband (PATT), der mit einer Nicht-DGB-Gewerkschaft Tarifverträge abschließt. Arbeitgeber rechnet jetzt nach PATT-Tarif ab. Arbeitnehmerin klagt die Differenz ein und gewinnt beim BAG. BAG (4 AZR 784/07): „ Die Bezugnahme auf das Tarifwerk einer bestimmten Branche kann über ihren Wortlaut hinaus nur dann als große dynamische Verweisung - Bezugnahme auf den jeweils für den Betrieb fachlich bzw. betrieblich geltenden Tarifvertrag - ausgelegt werden, wenn sich dies aus besonderen Umständen ergibt“ 3. STRALSUNDER ARBEITSRECHTSTAGE MAI 2011 Der Fall dient lediglich der Vertiefung des Themas. Im Zweifel könnte man ihn auch löschen oder jedenfalls überspringen. BAG – 4 AZR 784/07 – Günstigkeitsprinzip oder Tarifkonkurrenz? Fundstellen: BAGE 128, 165 = AP Nr. 66 zu § 1 TVG Bezugnahme auf Tarifvertrag = NZA 2009, 151 = ZTR 2009, 139 Anmerkung: Der Fall wird unten nochmals bei der Tarifpluralität und ihren Auswirkungen auf die Bezugnahmeklausel angeführt. Sachverhalt: Arbeitgeber (Kindereinrichtung) war früher Mitglied im KAV. Im Arbeitsverhältnis zur Klägerin gibt es eine dynamische Bezugnahme auf den BAT. Später wechselt der Arbeitgeber zu einem Verband (PATT), der mit einer Nicht-DGB-Gewerkschaft Tarifverträge abschließt. Arbeitgeber rechnet jetzt nach PATT-Tarif ab. Arbeitnehmerin klagt die Differenz ein und gewinnt beim BAG. Gründe: Anspruchsgrundlage ist die vertragliche Bezugnahme auf den BAT. – Im Verhältnis des schuldrechtlich geltenden BAT und des normativ geltenden PATT-TV wären auch nicht die Regeln der Tarifkonkurrenz anwendbar, sondern allein das Günstigkeitsprinzip. Textauszug zur Tarifwechselklausel: „[18] 2. Entgegen der Rechtsauffassung des Beklagten enthält die Bezugnahmeklausel in § 2 des Arbeitsvertrages keine Verweisung auf das Tarifrecht der PATT. Die Parteien haben keine sog. Tarifwechselklausel vereinbart. Der Gleichstellungszweck, den die Bezugnahme im Arbeitsvertrag verfolgt, rechtfertigt keine solche Auslegung. [19] a) Der Wortlaut der Bezugnahmeklausel gibt keine ausreichenden Hinweise darauf, dass eine Tarifwechselklausel vereinbart worden ist. § 2 des Arbeitsvertrages verweist auf den BAT-O und die diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträge. Zu „diesen“ Tarifverträgen zählen nicht die Tarifverträge des PATT. Es handelt sich nicht um Tarifverträge, die iSv. § 2 des Arbeitsvertrages an die Stelle des BAT-O getreten sind. Namentlich ist der BAT-O nicht durch das Tarifwerk des PATT abgelöst worden. Jenes wurde von anderen Tarifvertragsparteien abgeschlossen. Beides macht der Beklagte auch nicht mehr geltend. [20] Die Tarifverträge des PATT sind auch nicht durch die Formulierung „nach den für Angestellte des Arbeitgebers im Gebiet nach Art. 3 des Einigungsvertrages jeweils geltenden sonstigen Regelungen“ in Bezug genommen. Das ergibt der Wortlaut der Bestimmung. Die Bezugnahmeklausel bezieht sich allein auf solche Regelungen, die - als „sonstige Regelungen“ -über die im BAT-O getroffenen Regelungen hinaus und regelmäßig neben ihm gelten und nicht auf Tarifverträge, die von anderen Tarifvertragsparteien abgeschlossen dieselben Regelungsbereiche an dessen Stelle regeln. Verdeutlicht wird dies durch die Verwendung des Wortes „sowie“, synonym für „darüber hinaus“ oder „ferner“. Dieser Teil der Bezugnahmeklausel regelt nicht die Ablösung des in der Arbeitsvertragsklausel vorstehend in Bezug genommenen Tarifrechts des BAT-O. Sonstige Anhaltspunkte, die Bezugnahmeklausel nach § 2 des Arbeitsvertrages sei bereits ihrem Wortlaut nach als Tarifwechselklausel auszulegen, sind nicht erkennbar. Von daher ist es für die Arbeitnehmer, mit denen ein Arbeitsvertrag wie mit der Klägerin abgeschlossen wurde, nicht offensichtlich, dass aufgrund dieses Vertrages nunmehr das Tarifwerk des PATT gelten soll, wie es der Beklagte meint. [21] b) Die Bezugnahme auf das Tarifwerk einer bestimmten Branche kann über ihren Wortlaut hinaus nur dann als große dynamische Verweisung - Bezugnahme auf den jeweils für den Betrieb fachlich bzw. betrieblich geltenden Tarifvertrag - ausgelegt werden, wenn sich dies aus besonderen Umständen ergibt (st. Rspr., Senat 29. August AZR 767/06 - AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 61 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 37; 25. September AZR 294/01 - BAGE 103, 9, 12 f. mwN) . Das ist auch der Standpunkt der weit überwiegenden Meinung im Schrifttum, in dem zwischen dem Typus der sog. kleinen dynamischen Bezugnahmeklausel, bei der sich die Dynamik allein auf das zeitliche Moment bezieht, und demjenigen der sog. großen dynamischen Verweisung oder Tarifwechselklausel unterschieden wird, die auch in betrieblicher oder fachlicher Hinsicht dynamisch wirkt (zB AnwK-ArbR/Friedrich Bd. 2 § 3 TVG Rn. 90 ff.; Däubler/Lorenz TVG 2. Aufl. § 3 Rn. 230a; ErfK/Franzen 8. Aufl. § 3 TVG Rn. 36; ErfK/Preis 8. Aufl. § 613a BGB Rn. 127; Hohenstatt in Willemsen/Hohenstatt/Schweibert/Seibt Umstrukturierung und Übertragung von Unternehmen 3. Aufl. E Rn. 203 f.; Staudinger/Annuß BGB (2005) § 613a Rn. 291; Wiedemann/Oetker TVG 7. Aufl. § 3 TVG Rn. 326) . [22] c) Der Senat hat bereits mehrfach entschieden, dass er an dieser Unterscheidung festhält ( 29. August AZR 767/06 - AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 61 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 37 mwN; 4. Juni AZR 308/07 -) . Denn die Arbeitsvertragsparteien haben die Möglichkeit, die Rechtsfolge eines Tarifwechsels ausdrücklich zu vereinbaren. Sie bestimmen mit ihrer vertraglichen Abrede den Umfang der Inbezugnahme. Wollen die Arbeitsvertragsparteien auch für den Fall einer durch einen Verbandswechsel geänderten Tarifbindung des Arbeitgebers die Gleichstellung des Arbeitnehmers auf der Grundlage des dann einschlägigen Tarifrechts, haben sie die Möglichkeit, den Typus der Tarifwechselklausel zu wählen. Schlicht unterstellt werden kann der Wille zum Tarifwechsel nicht. Ein Arbeitnehmer kann sich gezielt um eine Anstellung bei einem Arbeitgeber bemüht haben, der die Vorschriften des öffentlichen Dienstes anwendet, um diese tariflichen Arbeitsbedingungen zu erhalten (vgl. Senat 4. Juni AZR 308/07 -). [23] d) Das Argument des Beklagten, die vertragliche Inbezugnahme des BAT-O sei dann anders zu beurteilen, wenn es sich nicht um einen Arbeitgeberwechsel infolge eines Betriebsübergangs handele, sondern „lediglich um einen Verbandswechsel innerhalb derselben Branche“, verkennt, dass es sich hier um die Auslegung einer vertraglichen Abrede handelt. Für deren Auslegung ist es grundsätzlich ohne Bedeutung, ob sich die Tarifgebundenheit des Arbeitgebers durch einen Arbeitgeberwechsel infolge eines Betriebsübergangs oder durch einen Verbandswechsel des Arbeitgebers ändert. [24] Die Revision kann sich im diesem Zusammenhang nicht auf die Entscheidung des Senats vom 4. September 1996 stützen (- 4 AZR 135/95 - BAGE 84, 97, mit insoweit abl. Anm. Buchner EzA TVG § 3 Bezugnahme auf einen Tarifvertrag Nr. 7; kritisch auch Annuß BB 1999, 2558; Danne SAE 1998, 111; Dauner-Lieb SAE 1999, 47; Kohte AuA 1997, 171) . Diese betraf zwar eine arbeitsvertragliche Verweisungsklausel, die keine Tarifwechselklausel zum Inhalt hatte, und im Fall des Verbandswechsels des Arbeitgebers korrigierend dahingehend ausgelegt wurde, dass eine Verweisung auf den jeweils für den Betrieb geltenden Tarifvertrag vereinbart sei. Grundlage dieses Verständnisses war aber der Umstand, dass der Vertragspartner der von unterschiedlichen Arbeitgeberverbänden abgeschlossenen Tarifverträge jeweils dieselbe Gewerkschaft war, der auch die Klägerin angehörte. Ob eine solche Auslegung möglich ist, wenn die Tarifverträge von verschiedenen Gewerkschaften des Deutschen Gewerkschaftsbundes oder von Gewerkschaften außerhalb dieser Organisation abgeschlossen wurden, ist in der Entscheidung ausdrücklich offengelassen worden. [25] Es muss vorliegend nicht abschließend darüber befunden werden, ob der Senat an der wiedergegebenen Rechtsprechung trotz der dagegen erhobenen nachvollziehbaren Kritik festhält. Denn die Entscheidung betraf eine anders gelagerte Fallgestaltung als die vorliegende. Hier ist die Klägerin nicht tarifgebunden. Zudem hat der Verbandswechsel der Beklagten zur Folge, dass für die Klägerin, wendete man die genannte Rechtsprechung gleichwohl entsprechend an, nunmehr ein Tarifvertrag Anwendung fände, der nicht von der Gewerkschaft geschlossen wurde, die Tarifvertragspartei des in Bezug genommenen BAT-O ist. Unter diesen Umständen verbleibt es in jedem Fall bei der Regel, wonach sich der Inhalt einer auf ein bestimmtes Tarifwerk verweisenden Gleichstellungsabrede darin erschöpft, dass für das Arbeitsverhältnis nur die genannten Tarifverträge in der jeweils gültigen Fassung einschließlich etwaiger Ergänzungen anzuwenden sind (Senat 30. August AZR 581/99 - BAGE 95, 296) .“ 3. STRALSUNDER ARBEITSRECHTSTAGE MAI 2011

27 Weitere ergänzende Auslegungsregeln
13. Mai 2011 Weitere ergänzende Auslegungsregeln Zu den vorgestellten 5 Auslegungsregeln gibt es zwei weitere Ergänzungen. Im Falle der Tarifsukzession (z.B. BAT wird durch TVöD abgelöst) kann man, wenn in der Bezugnahmeklausel die Wendung „… oder die diese ersetzenden Tarifverträge“ fehlt, im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung diesen fehlenden Klauselteil fiktiv einbauen. Verweist die Klausel nur auf Branchentarife besteht die Neigung, einen späteren FirmenTV mit der Gewerkschaft des BranchenTV als davon erfasst anzusehen. 3. STRALSUNDER ARBEITSRECHTSTAGE MAI 2011 Zu den vorgestellten 5 Auslegungsregeln gibt es zwei weitere Ergänzungen. (1) Im Falle der Tarifsukzession (z.B. BAT wird durch TVöD abgelöst) kann man, wenn in der Bezugnahmeklausel die Wendung „oder die diese ersetzenden Tarifverträge“ fehlt, im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung diesen fehlenden Klauselteil fiktiv einbauen. (BAG 19. Mai 2010 – 4 AZR 796/08 – NZA 2010, 1183 = DB 2010, 1888 = AP Nr. 76 zu § 1 TVG Bezugnahme auf Tarifvertrag = BAGE xxx, xxx (2) Verweist die Klausel nur auf Branchentarife besteht die Neigung, einen späteren FirmenTV mit der Gewerkschaft des BranchenTV als davon erfasst anzusehen. – Dazu gibt es noch keine Entscheidung, die einen solchen Rechtssatz ausdrücklich aufstellt. Es gibt aber Entscheidungen, die dann beim FirmenTV landen, obwohl der Text der Bezugnahmeklausel das eigentlich nicht nahelegt (vgl. BAG – 4 AZR 203/04 – NZA 2005, 1003 =  BAGE 114, 186 = AP Nr. 29 zu § 4 TVG Tarifkonkurrenz (dazu auch: Bepler, FS Arbeitsgemeinschaft Arbeitsrecht Deutscher Anwaltverein 2005, S. 791; vgl. auch LAG Mecklenburg-Vorpommern – 3 Sa 79/09; derzeit 4 AZR 752/10). 3. STRALSUNDER ARBEITSRECHTSTAGE MAI 2011

28 Anwendung der dynamischen Klausel-Typen auf typische Problemlagen
13. Mai 2011 Anwendung der dynamischen Klausel-Typen auf typische Problemlagen Es geht um Verbandaustritt / Verbandswechsel Betriebsübergang Bezugnahme auf Branche und (schlechterer) FirmenTV Mehrfache Tarifbindung des Arbeitgebers 3. STRALSUNDER ARBEITSRECHTSTAGE MAI 2011 3. STRALSUNDER ARBEITSRECHTSTAGE MAI 2011

29 Bezugnahmeklauseln und Verbandsaustritt
13. Mai 2011 Bezugnahmeklauseln und Verbandsaustritt Hier kurz der Überblick Bei statischer Verweisung ändert sich nach dem Verbandsaustritt nichts. Es bleibt bei der Verweisung auf den TV; Bei Gleichstellungsabrede bleibt es bei dem zuletzt gültigen Tarifwerk; die Dynamik fällt weg; das selbe gilt für die Tarifwechselklausel; Bei „unbedingter Dynamik“ wirkt sich der Verbandsaustritt nicht aus. Die Dynamik bleibt erhalten; 3. STRALSUNDER ARBEITSRECHTSTAGE MAI 2011 3. STRALSUNDER ARBEITSRECHTSTAGE MAI 2011

30 Verbandsaustritt – Was gilt gegenüber Gewerkschaftsmitgliedern?
13. Mai 2011 Verbandsaustritt – Was gilt gegenüber Gewerkschaftsmitgliedern? Wenn im Arbeitsverhältnis bisher direkte Tarifbindung gegeben war, gilt nach dem Verbandsaustritt Folgendes: Der Arbeitgeber bleibt an alle Tarifverträge, die während oder vor seiner Mitgliedschaft abgeschlossen wurden unmittelbar und zwingend gebunden (sog. Nachgeltung nach § Absatz 3 TVG). Gehen diese Tarifverträge durch Neuabschluss o.ä. unter, gelten sie (auf ewig) im Wege der Nachwirkung (§ 4 Absatz 5 TVG) im Arbeitsverhältnis weiter. 3. STRALSUNDER ARBEITSRECHTSTAGE MAI 2011 Bevor man sich der Wirkungsweise der Bezugnahmeklauseln nähert, sollte man sich kurz noch einmal vergewissern, was eigentlich im Falle der direkten Tarifbindung beim Verbandsaustritt des Arbeitgebers passiert. Hier ist von „Verbandsaustritt“ die Rede. Das Gleiche gilt selbstredend für den Fall, dass der Arbeitgeber wirksam in eine „OT-Mitgliedschaft“ gewechselt hat. 3. STRALSUNDER ARBEITSRECHTSTAGE MAI 2011

31 Verbandsaustritt bei Gleichstellungsabrede
13. Mai 2011 Verbandsaustritt bei Gleichstellungsabrede BAG – 4 AZR 331/02 – NZA 2003, 1207 Vorgehend ArbG Stralsund, – 4 Ca 418/01 Vorgehend Landesarbeitsgericht MV – 2 Sa 48/02 Sachverhalt: Kommunale Klinik mit eigener Rechtspersönlichkeit, Mitglied im KAV, stellt Krankenpfleger ein mit dynamischer Bezugnahmeklausel im Arbeitsvertrag. Später tritt Arbeitgeber aus dem Arbeitgeberverband aus. Arbeitnehmer klagt die nächsten Gehaltserhöhungen nach BAT ein. Gründe: Das BAG hat dem Kläger nicht Recht gegeben (anders noch die Vorinstanzen). Die Bezugnahme habe zwar nicht nur deklaratorische Bedeutung, sie habe aber nur den Sinn der Gleichstellung. Da auch Gewerkschaftsmitglieder nicht mehr an der Tarifentwicklung teilnehmen, gelte das auch für Außenseiter mit Bezugnahmeklausel. 3. STRALSUNDER ARBEITSRECHTSTAGE MAI 2011 BAG – 4 AZR 331/02 – NZA 2003, 1207 = AP Nr. 33 zu § 1 TVG Bezugnahme auf Tarifvertrag = BAGE 105, 284 Verfahrensgang: ArbG Stralsund, 18. Dezember 2001 – 4 Ca 418/01 Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern, 15. April 2002 – 2 Sa 48/02 Textauszug: „[21] b) Die Bezugnahmeklausel in § 2 des Arbeitsvertrags hat entgegen der Annahme der Beklagten rechtsbegründende (konstitutive) Bedeutung (vgl. Senat 26. September AZR 544/00 - BAGE 99, 120, 129). Die - auch in Teilen des Schrifttums vertretene - Annahme, einer solchen Klausel komme nur deklaratorische Bedeutung zu, wenn die in Bezug genommenen Tarifnormen ohnehin nach § 4 Abs. 1, § 3 Abs. 1 TVG zwingend und unmittelbar gelten, vermag der Senat nicht zu teilen. Eine solche arbeitsvertragliche Vereinbarung hat stets rechtsbegründende Bedeutung. Davon zu trennen ist die Frage nach deren Inhalt. [22] c) Vorliegend hat der Kläger keinen Anspruch auf Vergütung nach dem VTV Nr. 6 zum BAT-O. Denn die von ihm mit der zur Zeit des Vertragsschlusses tarifgebundenen Beklagten vereinbarte - dynamische - Bezugnahme auf den für den Betrieb der Beklagten einschlägigen BAT-O ist gem. §§ 133, 157 BGB als sog. Gleichstellungsabrede auszulegen. Sie führt vertragsrechtlich nicht zu einem vom tarifrechtlichen (siehe I 1) abweichenden Ergebnis. Der Senat hat durch Urteil vom 26. September 2001 (- 4 AZR 544/00 - BAGE 99, 120) in einem hinsichtlich der entscheidungserheblichen Umstände ebenso gelagerten Fall entschieden, daß eine dynamische Bezugnahme auf die einschlägigen Tarifverträge in einem vom tarifgebundenen Arbeitgeber vorformulierten Vertrag typischerweise eine Gleichstellungsabrede ist. Er hat seine - in verschiedenen nachfolgenden Entscheidungen (zB Senat 20. Februar AZR 524/00 - nv.; 21. August AZR 263/01 - AP BGB § 157 Nr. 21 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 21; 25. September AZR 294/01 - ZIP 2003, 966; 16. Oktober AZR 467/01 - AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 22 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 22, sämtliche auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen; jüngst Senat 27. November AZR 540/01 - und - 4 AZR 661/01 -) bekräftigte - Auffassung ausführlich mit dem Zweck der von einem tarifgebundenen Arbeitgeber allgemein mit seinen Arbeitnehmern vereinbarten Bezugnahme auf die einschlägigen tariflichen Regelungen, der Interessenlage und der soziotypischen Ausgangslage bei Vertragsschluß begründet. Auf diese Ausführungen nimmt der Senat Bezug.“ Vgl. dazu auch noch BAG – 4 AZR 135/95 – AP Nr. 5 zu § 1 TVG Bezugnahme auf Tarifvertrag Sachverhalt: Die Parteien streiten im Rahmen einer Zahlungsklage über die Lohndifferenz für die Monate September bis Dezember 1992 in erster Linie darüber, ob die Klägerin nach dem einzelvertraglich in Bezug genommenen für die Klägerin bezogen auf den Lohn günstigeren Gehalts- und Lohntarifvertrag zwischen der Tarifgemeinschaft der co op-Unternehmen in Niedersachsen und der Gewerkschaft HBV, deren Mitglied die Klägerin ist, zusteht oder ob nach dem Verbandswechsel der Beklagten in den Einzelhandelsverband der für allgemein verbindlich erklärte Gehalts- und Lohntarifvertrag für die Betriebe des Einzelhandels im Lande Niedersachsen, der u.a. ebenfalls von der Gewerkschaft HBV abgeschlossen worden ist, auf das Arbeitsverhältnis der Parteien anzuwenden ist. – Die Klausel lautete: "Auf diesen Vertrag finden die jeweils geltenden Betriebsvereinbarungen, die Betriebsordnung sowie die gesetzlichen Bestimmungen Anwendung; darüber hinaus der co op Manteltarifvertrag Bereich Einzelhandel und der in Ziff. 2 genannte Gehaltstarifvertrag (jeweils in den gültigen Fassungen)." Textauszug: [29] Die „… arbeitsvertragliche Verweisungsklausel muß korrigierend dahin ausgelegt werden, daß die Verweisung auf den jeweils für den Betrieb geltenden Tarifvertrag erfolgt. [30] Sinn und Zweck der vertraglichen Bezugnahmeklausel auf die einschlägigen Tarifverträge ist es, die unorganisierten mit den tarifgebundenen Arbeitnehmern gleich zu behandeln (vgl. nur Wiedemann/Stumpf, TVG, 5. Aufl., § 3 Rz 85), was allerdings Tarifeinheit im Betrieb voraussetzt. Dabei werden diese vertraglichen Bezugnahmeklauseln verwendet unabhängig davon, ob auf Seiten der Arbeitnehmer Tarifbindung vorliegt oder nicht, schon, um nicht nach etwaigen Gewerkschaftszugehörigkeiten fragen zu müssen. Der Zweck der vertraglichen Bezugnahme besteht somit regelmäßig in der vertraglichen Zusammenfassung derjenigen Arbeitsbedingungen, die für die tarifgebundenen Arbeitnehmer kraft Tarifvertrages (§ 3 Abs. 1 TVG) in den Betrieben gelten (vgl. BAG Urteil vom 6. April AZR 365/54 - AP Nr. 7 zu Art. 3 GG; BAG Urteil vom 22. August AZR 1066/77 - AP Nr. 3 zu § 611 BGB Deputat; Senatsurteil vom 20. März AZR 455/90 - BAGE 67, 330 = AP Nr. 20 zu § 4 TVG Tarifkonkurrenz; Säcker/Oetker, ZfA 1993, 1, 15, m.w.N. in Fußnote 76). Somit ist eine vertragliche Bezugnahme als "Gleichstellungsabrede" (Begriff bei Otto, Einführung in das Arbeitsrecht, 1991, S. 81) anzusehen, wenn die für den Betrieb fachlich und räumlich einschlägigen Tarifverträge in Bezug genommen werden. Wegen des Wegfalls der Tarifbindung auf Arbeitgeberseite sind Arbeitsverträge Nichtorganisierter lückenhaft geworden. Der Zweck einer Gleichstellung mit den im Betrieb beschäftigten tarifgebundenen Arbeitnehmern - eine Verweisungsklausel auch bei tarifgebundenen Arbeitnehmern einmal außer Betracht gelassen - wird bei einem Wechsel der sachlich und betrieblich einschlägigen Tarifverträge verfehlt. Wenn die vertragliche Verweisungsklausel ihren Sinn noch erfüllen soll, muß sie dahin ausgelegt werden, daß die für den Arbeitgeber jeweils geltenden Tarifverträge Anwendung finden. Zwar sind hier in einer Jeweiligkeitsklausel bestimmte Tarifverträge in Bezug genommen. Dem Sinn einer solchen Klausel muß jedoch dadurch im Wege einer ergänzenden Vertragsauslegung Rechnung getragen werden, daß sie sich am hypothetischen Willen der Parteien orientiert. Hätten die Arbeitsvertragsparteien einen Verbandswechsel des Arbeitgebers bei Vertragsabschluß vorhergesehen, so hätten sie die Klausel aufgenommen, daß die jeweils für die Arbeitgeberin einschlägigen tariflichen Bestimmungen gelten. Es ist durch den späteren Verbandswechsel mit dem damit einhergehenden Wechsel der Tarifverträge nachträglich eine Vertragslücke entstanden, die dazu führt, daß lediglich die allgemeinen Einzelhandelstarifverträge Anwendung finden, von deren Allgemeinverbindlichkeit einmal abgesehen. [31] Diese von Reuter (JuS 1992, 105, 109) angedeutete und von Säcker/Oetker im einzelnen entwickelte Lösung gilt auch für den Fall, daß der Arbeitsvertrag eines organisierten Arbeitnehmers eine Verweisungsklausel auf die Tarifverträge enthält, an die der Arbeitgeber und kraft Organisationszugehörigkeit auch der Arbeitnehmer - wie hier die Klägerin - gebunden waren. Denn auch in diesem Fall hat die Verweisungsklausel nur den Sinn, die Gleichstellung der Arbeitnehmer ungeachtet ihrer Organisationszugehörigkeit zu sichern. Die Klausel hat nicht etwa den Sinn, dem organisierten Arbeitnehmer ungeachtet des Verbandswechsels des Arbeitgebers und des damit einhergehenden Wechsels der Tarifverträge den Inhalt der früher geltenden und wegen der Jeweiligkeitsklausel auch den Inhalt der künftigen Tarifverträge, die der alte Arbeitgeberverband abgeschlossen hat oder noch abschließen wird, zu sichern. [32] Es kann nicht rechtens sein, daß Nichtorganisierte und Organisierte aufgrund der Verweisungsklausel eine günstigere Rechtsposition erlangen als die Organisierten, deren Situation sich durch den Wechsel der Tarifverträge, die ein und dieselbe Gewerkschaft (auch) abgeschlossen hat, verschlechtert hat. [33] Dem ist entgegengehalten worden, die vertragliche Inbezugnahme von Tarifverträgen mache die Parteien gerade unabhängig von ihrer Koalitionszugehörigkeit und davon, welche Tarifverträge auf den Betrieb anwendbar sind (Hohenstatt, DB 1992, 1678, 1683; vgl. auch Etzel, NZA 1987, Beilage 1, S. 19, 26; Müller, NZA 1989, 449, 452). Dabei wird nicht gesehen, daß es nicht darum geht, daß unabhängig von jedweden Organisationszugehörigkeiten ein Tarifvertrag vereinbart wurde und werden soll, sondern daß aus Gründen sozialpolitischer Gerechtigkeit und einfacherer Abwicklung der Arbeitsverhältnisse unter Zugrundelegung der Tarifverträge, an die der Arbeitgeber kraft Mitgliedschaft im Arbeitgeberverband gebunden war, alle Arbeitnehmer gleichgestellt werden sollten. [34] Die arbeitsvertragliche Verweisungsklausel ist damit korrigierend auszulegen, daß der Gehalts- und Lohntarifvertrag Einzelhandel Niedersachsen vom 4. Juni 1992 nicht nur aufgrund Organisationszugehörigkeit, sondern auch kraft ergänzend ausgelegter Verweisungsklausel anzuwenden ist. Daraus folgt, daß die Klägerin keinen "vertraglichen Anspruch" auf die geltend gemachte Lohndifferenz hat. Das gilt zumindest in den Fällen, in denen ein und dieselbe Gewerkschaft - hier die HBV - die Tarifverträge abgeschlossen hat. Ob davon auch auszugehen ist, wenn die Tarifverträge von DGB-Gewerkschaften abgeschlossen wurden oder gar auch dann, wenn der - ungünstigere - Tarifvertrag von einer Gewerkschaft außerhalb des DGB abgeschlossen wurde, läßt der Senat ausdrücklich offen.“ 3. STRALSUNDER ARBEITSRECHTSTAGE MAI 2011

32 Verbandsaustritt und „unbedingte“ dynamische Bezugnahme
13. Mai 2011 Verbandsaustritt und „unbedingte“ dynamische Bezugnahme BAG AZR 652/05 – NZA 2007, 965 Sachverhalt: Arbeitgeber ist ein DRK-Kreisverband, der Mitglied in der DRK- Tarifgemeinschaft ist. Arbeitnehmerin ist Mitglied ver.di. Ver.di und die Tarifgemeinschaft DRK schließen regelmäßig Tarifverträge. Im Arbeitsvertrag der Parteien – zuletzt neu aufgesetzt 2002 – werden die Tarifverträge der DRK- Tarifgemeinschaft in Bezug genommen. Der Arbeitgeber tritt zum aus der Tarifgemeinschaft aus. Im Herbst einigt man sich dort (mal wieder) auf die Übernahme der Entgelterhöhungen aus dem BAT-Bereich. – Arbeitgeber will nicht mehr erhöhen, da er ja ausgetreten sei. Klägerin klagt Differenzlohn ein und gewinnt beim BAG. Leitsatz: Eine einzelvertraglich vereinbarte dynamische Bezugnahme auf einen bestimmten Tarifvertrag ist jedenfalls dann, wenn eine Tarifgebundenheit des Arbeitgebers an den in Bezug genommenen Tarifvertrag nicht in einer für den Arbeitnehmer erkennbaren Weise zur auflösenden Bedingung der Vereinbarung gemacht worden ist, eine konstitutive Verweisungsklausel, die durch einen Verbandsaustritt des Arbeitgebers oder einen sonstigen Wegfall seiner Tarifgebundenheit nicht berührt wird (“unbedingte zeitdynamische Verweisung”). 3. STRALSUNDER ARBEITSRECHTSTAGE MAI 2011 BAG AZR 652/05 – Unbedingte zeitdynamische Verweisung (auf DRK-Tarifverträge) Fundstellen: NZA 2007, 965 = DB 2007, 1982 = AP Nr. 53 zu § 1 TVG Bezugnahme auf Tarifvertrag = BAGE 122, 74 Sachverhalt: Arbeitgeber ist ein DRK-Kreisverband, der Mitglied in der DRK-Tarifgemeinschaft ist. Arbeitnehmerin ist Mitglied ver.di. Ver.di und die Tarifgemeinschaft DRK schließen regelmäßig Tarifverträge. Im Arbeitsvertrag der Parteien – zuletzt neu aufgesetzt 2002 – werden die Tarifverträge der DRK-Tarifgemeinschaft in Bezug genommen. Der Arbeitgeber tritt zum aus der Tarifgemeinschaft aus. Im Herbst einigt man sich dort (mal wieder) auf die Übernahme der Entgelterhöhungen aus dem BAT-Bereich. – Arbeitgeber will nicht mehr erhöhen, da er ja ausgetreten sei. Klägerin klagt Differenzlohn ein und gewinnt beim BAG. Leitsatz: Eine einzelvertraglich vereinbarte dynamische Bezugnahme auf einen bestimmten Tarifvertrag ist jedenfalls dann, wenn eine Tarifgebundenheit des Arbeitgebers an den in Bezug genommenen Tarifvertrag nicht in einer für den Arbeitnehmer erkennbaren Weise zur auflösenden Bedingung der Vereinbarung gemacht worden ist, eine konstitutive Verweisungsklausel, die durch einen Verbandsaustritt des Arbeitgebers oder einen sonstigen Wegfall seiner Tarifgebundenheit nicht berührt wird (“unbedingte zeitdynamische Verweisung”). Textauszug zu den Auslegungsgrundsätzen: „[24] … Nach §§ 133, 157 BGB sind Verträge so auszulegen, wie die Parteien sie nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte verstehen mussten. Dabei ist vom Wortlaut auszugehen, aber zur Ermittlung des wirklichen Willens der Parteien sind auch die außerhalb der Vereinbarung liegenden Umstände einzubeziehen, soweit sie einen Schluss auf den Sinngehalt der Erklärung zulassen (Senat 26. September AZR 544/00 - BAGE 99, 120, 123 f.) . Dies gilt auch für dynamische Verweisungsklauseln. [25] 2. Die Auslegung der Verweisungsklausel in Ziff. 3 des Arbeitsvertrages der Parteien vom 21. Mai 2002 ergibt, dass es sich um eine konstitutive Bezugnahme auf den DRK-TV in seiner jeweiligen Fassung handelt, die nicht von der Tarifgebundenheit des Beklagten abhängig ist. Der Austritt des Beklagten aus der DRK-LTG Nds. ist deshalb für seine arbeitsvertraglichen Verpflichtungen, die Klägerin entsprechend dem DRK-TV in seiner jeweiligen Fassung zu behandeln, ohne Bedeutung. [26] a) Eine einzelvertraglich vereinbarte dynamische Bezugnahme auf einen bestimmten Tarifvertrag ist jedenfalls dann, wenn eine Tarifgebundenheit des Arbeitgebers an den in Bezug genommenen Tarifvertrag nicht in einer für den Arbeitnehmer erkennbaren Weise zur auflösenden Bedingung der Vereinbarung gemacht worden ist, eine konstitutive Verweisungsklausel, die durch einen Verbandsaustritt des Arbeitgebers oder einen sonstigen Wegfall seiner Tarifgebundenheit nicht berührt wird (“unbedingte zeitdynamische Verweisung”). … [29] cc) An dieser Absicht hält der Senat fest. Eine individualvertragliche Klausel, die ihrem Wortlaut nach ohne Einschränkung auf einen bestimmten Tarifvertrag in seiner jeweiligen Fassung verweist, ist im Regelfall dahingehend auszulegen, dass dieser Tarifvertrag in seiner jeweiligen Fassung gelten soll und dass diese Geltung nicht von Faktoren abhängt, die nicht im Vertrag genannt oder sonst für beide Parteien ersichtlich zur Voraussetzung gemacht worden sind. Die Bezugnahmeklausel kann bei einer etwaigen Tarifgebundenheit des Arbeitgebers an den im Arbeitsvertrag genannten Tarifvertrag grundsätzlich keine andere Wirkung haben als bei einem nicht tarifgebundenen Arbeitgeber. In beiden Fällen unterliegt die in der Bezugnahmeklausel liegende Dynamik keiner auflösenden Bedingung. [30] (1) Rechtsgeschäftliche Willenserklärungen sind grundsätzlich nach einem objektivierten Empfängerhorizont auszulegen. Dabei haben die Motive des Erklärenden, soweit sie nicht in dem Wortlaut der Erklärung oder in sonstiger, für die Gegenseite hinreichend deutlich erkennbaren Weise ihren Niederschlag finden, außer Betracht zu bleiben. Es besteht keine Verpflichtung des Erklärungsempfängers, den Inhalt oder den Hintergrund des ihm regelmäßig formularmäßig gemachten Angebots durch Nachfragen aufzuklären. Kommt der Wille des Erklärenden nicht oder nicht vollständig zum Ausdruck, gehört dies zu dessen Risikobereich (Annuß ZfA 2005, 405, 424) . Die Regelung eines Vertrages über eine entgeltliche Leistung beschränkt sich im Allgemeinen auf die Bestimmung von Leistung und Gegenleistung. Die Motive, aus denen jeder der Partner den Vertrag schließt, sind für die Rechtsfolgen des Vertrages grundsätzlich unbeachtlich, weil sie nicht Teil der vertraglichen Vereinbarung selbst, nämlich der Bestimmung von Leistung und Gegenleistung, sind (Flume Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts Bd Aufl. S. 158) . [31] (2) Für die arbeitsvertragliche Bezugnahmeklausel bedeutet dies, dass ihr Bedeutungsinhalt in erster Linie anhand des Wortlauts zu ermitteln ist. Bei der arbeitsvertraglichen dynamischen Inbezugnahme eines bestimmten Tarifvertrages in seiner jeweiligen Form ist der Wortlaut zunächst eindeutig und es bedarf im Grundsatz keiner weiteren Heranziehung von Auslegungsfaktoren (vgl. dazu bereits Thüsing/Lambrich RdA 2002, 193, 198 f.; Annuß ZfA 2005, 405, 423; Bayreuther DB 2007, 166) . Lediglich wenn von den Parteien weitere Tatsachen vorgetragen werden oder sonst ersichtlich sind, die Zweifel an der wortgetreuen Auslegung der Vertragsklausel begründen können, weil sie für beide Seiten erkennbar den Inhalt der jeweils abgegebenen Willenserklärungen in einer sich im Wortlaut nicht niederschlagenden Weise beeinflusst haben, besteht Anlass, die Wortauslegung in Frage zu stellen. [32] Die möglichen Motive der Vertragsparteien können dabei für sich genommen keinen entscheidenden Einfluss auf die Auslegung der Verweisungsklausel haben, zumal sie in der Regel heterogen sind (vgl. zu möglichen Motivbündeln Thüsing/Lambrich RdA 2002, 193, 200 mwN) . Ist der Arbeitgeber tarifgebunden, liegt es zwar nahe, in der beabsichtigten Gleichstellung tarifgebundener mit nicht tarifgebundenen Arbeitnehmern ein ggf. auch vorrangiges Motiv für das Stellen einer Verweisungsklausel zu sehen. Die mögliche Tarifgebundenheit des Arbeitgebers ist jedoch kein Umstand, der für die Auslegung einer dem Wortlaut nach eindeutigen Verweisungsklausel maßgeblich sein kann, wenn der Arbeitgeber sie nicht ausdrücklich oder in einer für den Arbeitnehmer hinreichend deutlich erkennbaren Weise zur Voraussetzung oder zum Inhaltselement seiner Willenserklärung gemacht hat. Dies gilt um so mehr, als dem Arbeitgeber eine entsprechende Vertragsgestaltung ohne Schwierigkeiten möglich wäre. Er ist es, der die Verweisungsklausel formuliert. Deshalb ist eine unterschiedliche Auslegung desselben Wortlauts je nachdem, ob der Arbeitgeber zum Zeitpunkt der Vereinbarung tarifgebunden war oder nicht, ohne Hinzutreten weiterer Anhaltspunkte nicht zu rechtfertigen. [33] Es besteht deshalb auch keine Obliegenheit des Arbeitnehmers, die Reichweite seiner eigenen Willenserklärung durch eine Nachfrage beim Arbeitgeber hinsichtlich dessen Tarifgebundenheit zu ermitteln (so noch Senat 26. September AZR 544/00 - BAGE 99, 120, 128) .“ Subsumtion: „[39] b) Diesen Kriterien folgend ist die Verweisungsklausel im Arbeitsvertrag der Parteien vom 21. Mai 2002 als eine eigenständige konstitutive Bezugnahme auf den DRK-TV in seiner jeweiligen Fassung auszulegen, die nicht an die Tarifgebundenheit des Beklagten gebunden ist. [40] aa) Der Wortlaut der Vereinbarung ist eindeutig. Danach liegt dem Arbeitsverhältnis der DRK-TV in seiner jeweils geltenden Fassung zugrunde. Dass dies nur so lange gelten soll, wie der Beklagte selbst an diesen Tarifvertrag gebunden ist, und dass dies daraus folgt, dass er zu diesem Zeitpunkt tarifgebunden war, ist dem Wortlaut der Klausel nicht zu entnehmen. [41] bb) Es sind auch keine sonstigen Umstände erkennbar, aus denen diese - vom Beklagten angenommenen - Einschränkungen des Wortlauts der Vereinbarung als Vertragsinhalt für die Klägerin so deutlich geworden sind, dass ihre zustimmende Willenserklärung zu der Klausel als Zustimmung zu diesen Einschränkungen auszulegen ist. Der Beklagte hat sich auch nicht auf derartige Umstände berufen.“ 3. STRALSUNDER ARBEITSRECHTSTAGE MAI 2011

33 Verbandsaustritt und „unbedingte“ Bezugnahme – Beispiel 2
13. Mai 2011 Verbandsaustritt und „unbedingte“ Bezugnahme – Beispiel 2 BAG – 4 AZR 793/07 – Der Fall: Der Altarbeitgeber war nicht tarifgebunden. Der Arbeitsvertrag sieht vor: „Auf das Arbeitsverhältnis finden die jeweils geltenden tariflichen Bestimmungen für die metallverarbeitenden Industrie im Lande NRW Anwendung.“ – Der Neuarbeitgeber nach Betriebsübergang war zunächst tarifgebunden und will nach seinem Verbandsaustritt 2005 die Bezugnahmeklausel daher für sich als bloße Gleichstellungsabrede ansehen. Gründe: Das BAG hat dem Arbeitnehmer Recht gegeben. Die ursprüngliche Klausel sei – schon nach alter Rechtsprechung (!) – als konstitutive Verweisung anzusehen, da der Vorarbeitgeber nicht tarifgebunden gewesen sei. Daran habe sich durch die Tarifbindung des Neuarbeitgebers nichts geändert. 3. STRALSUNDER ARBEITSRECHTSTAGE MAI 2011 Nur ein weiteres Beispiel. Kann auch übersprungen oder gar gelöscht werden. BAG – 4 AZR – 4 AZR 793/07 – Fundstellen: NZA 2009, 323 = DB 2009, 962 = AP Nr. 67 zu § 1 TVG Bezugnahme auf Tarifvertrag = BAGE 128, 185. Der Fall: Der Altarbeitgeber war nicht tarifgebunden. Der Arbeitsvertrag sieht vor: „Auf das Arbeitsverhältnis finden die jeweils geltenden tariflichen Bestimmungen für die metallverarbeitenden Industrie im Lande NRW Anwendung.“ – Der Neuarbeitgeber nach Betriebsübergang ist tarifgebunden und will daher nach seinem Verbandsaustritt 2005 die Bezugnahmeklausel für sich als bloße Gleichstellungsabrede ansehen. Gründe: Das BAG hat dem Arbeitnehmer Recht gegeben. Die ursprüngliche Klausel sei – schon nach alter Rechtsprechung – als konstitutive Verweisung anzusehen, da der Vorarbeitgeber nicht tarifgebunden gewesen sei. Daran habe sich durch die Tarifbindung des Neuarbeitgebers nichts geändert. Textauszug: „[15] Der nachfolgende Eintritt der tarifgebundenen Beklagten in das Arbeitsverhältnis im Wege der Rechtsnachfolge führt zu keiner anderen Auslegung der Bezugnahmeklausel (Senat 25. September AZR 294/01 - BAGE 103, 9, 14 mwN) .“ 3. STRALSUNDER ARBEITSRECHTSTAGE MAI 2011

34 Bezugnahmeklausel und Verbandsaustritt – Das Hochreckturnen
13. Mai 2011 Bezugnahmeklausel und Verbandsaustritt – Das Hochreckturnen BAG – 4 ABR 14/08 – NZA 2009, 1286 Der Fall: Der Betrieb ist eine Klinik, die ehemals von der LVA betrieben wurde ist die Klink nach § 613a BGB auf die Arbeitgeberin übergegangen. In einem Personalüberleitungsvertrag (PÜV) dazu hat sich die Arbeitgeberin verpflichtet, BAT (VkA) auf die Arbeitsverhältnisse anzuwenden. Arbeitgeberin ist dann 1999 in den KAV eingetreten und zum Ende 2004 wieder ausgetreten. Zwischen 1999 und 2004 neu eingetretene Arbeitnehmer haben im Arbeitsvertrag eine Bezugnahme auf BAT (VkA) und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen stehen. Gegen Ende 2005 kommt der Betriebsrat und verlangt von der Arbeitgeberin, ihn bei der anstehenden Überleitung in den TVöD (VkA) – Stichtag ist Oktober 2005 – zu beteiligen. Wird der Betriebsrat beim BAG Recht bekommen haben? 3. STRALSUNDER ARBEITSRECHTSTAGE MAI 2011 BAG – 4 ABR 14/08 – Überleitung in den TVöD und Beteiligung des Betriebsrats Fundstellen: NZA 2009, 1286 = AP Nr. 38 zu § 99 BetrVG 1972 Eingruppierung = BAGE 130, 286. Der Fall: Der Betrieb ist eine Klinik, die ehemals von der LVA betrieben wurde ist die Klink nach § 613a BGB auf die Arbeitgeberin übergegangen. In einem Personalüberleitungsvertrag dazu hat sich die Arbeitgeberin verpflichtet, BAT (VkA) auf die Arbeitsverhältnisse anzuwenden. Arbeitgeberin ist dann 1999 in den KAV eingetreten und zum Ende 2004 wieder ausgetreten. Zwischen 1999 und 2004 neu eingetretene Arbeitnehmer haben im Arbeitsvertrag eine Bezugnahme auf BAT (VkA) und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen stehen. Gegen Ende 2005 kommt der Betriebsrat und verlangt von der Arbeitgeberin, ihn bei der anstehenden Überleitung in den TVöD (VkA) – Stichtag ist Oktober 2005 – zu beteiligen. Wird der Betriebsrat beim BAG Recht bekommen haben? 3. STRALSUNDER ARBEITSRECHTSTAGE MAI 2011

35 Bezugnahmeklausel und Verbandsaustritt – Das Hochreckturnen
13. Mai 2011 Bezugnahmeklausel und Verbandsaustritt – Das Hochreckturnen Das Hochreckturnen – Die Lösung: Die Vorinstanzen haben den Antrag des Betriebsrats zurückgewiesen, da nicht erkennbar sei, wie es zur Geltung des TVöD gekommen sein sollte. Das BAG sagt, alles falsch und weist zurück. Für die Arbeitnehmer, die zwischen Januar 2002 und Ende 2004 neu eingetreten sind, gelte TVöD schon aufgrund der Bezugnahmeklausel, da der TVöD den BAT „ersetze“ („Tarifsukzession“). Für die vor 1999 eingestellten Arbeitnehmer müsse man erst mal prüfen, wie deren Bezugnahmeklausel auszulegen sei, da nicht selbstverständlich sei, dass die LVA als Vorarbeitgeber unmittelbar an Tarifverträge gebunden sei. Die entsprechende Tarifgemeinschaft gebe es jedenfalls erst sei 1983. Und auch die Arbeitnehmer, die unter den Personalüberleitungsvertrag (PÜV) fallen, könnten sich noch Hoffnungen machen (dazu nächste Folie) 3. STRALSUNDER ARBEITSRECHTSTAGE MAI 2011 3. STRALSUNDER ARBEITSRECHTSTAGE MAI 2011

36 Bezugnahmeklausel und Verbandsaustritt – Das Hochreckturnen
13. Mai 2011 Bezugnahmeklausel und Verbandsaustritt – Das Hochreckturnen Die Lösung (Fortsetzung): Was gilt für die Arbeitnehmer, die 1999 vom PÜV begleitet übernommen wurden? Es sei ja richtig, dass der PÜV nicht bindend die Geltung des BAT „und den sie ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen“ vorschreiben könne, da das ein unzulässiger Vertrag zu Lasten Dritter sei, da ja die Tarifentwicklung auch mal zum Schlechteren ausschlagen könne. Aber: Man könne den PÜV ja auch dahin verstehen, dass er dem Arbeitnehmer nur die Option gebe, sich freiwillig an die erwähnten Tarifverträge zu binden. Das sei zulässig und sei hier möglicherweise auch konkludent erfolgt; daher müsse man die PÜV-Klausel näher auslegen. Außerdem solle das LAG prüfen, ob nicht durch die Umgruppierungen 1999 auf den BAT (VkA) eine betriebliche Übung auf Anwendung des BAT entstanden sei (diese müsse dann näher darauf untersucht werden, ob sie im Sinne einer Gleichstellung oder im Sinne einer echten Bindung zu verstehen sei). 3. STRALSUNDER ARBEITSRECHTSTAGE MAI 2011 Anmerkung zu dem Fall Der Fall zeigt exemplarisch wie komplex die Aufgabenstellung für den Arbeitgeber werden kann, wenn Anlass zu der Prüfung besteht, ob ein neu eingeführter Tarifvertrag Bedeutung für den eigenen Betrieb haben kann. Im hier vorgestellten Fall gilt es, 5 verschiedene historische Schichten der Belegschaft getrennt zu untersuchen: Bis 1983 gab es (so das BAG) für Landesversicherungsanstalten (LVA) keinen Arbeitgeberverband, so dass seinerzeit verabredete Bezugnahmeklauseln schon nach alter Rechtsprechung konstitutiv bindend waren. Von 1983 bis 1999 war die LVA wohl (musste im Fall vom LAG noch aufgeklärt werden) tarifgebunden, also sind die Bezugnahmeklauseln in den Arbeitsverträgen bloße Gleichstellungsabreden, die wahrscheinlich mit dem Wechsel vom BAT (Bund / Länder) zum BAT (VkA) 1999 im Rahmen des Betriebsübergangs nur noch statisch weiter gegolten haben und damit ihre Bedeutung verloren haben. – Für diese Arbeitnehmergruppe sind dann aber noch die möglichen Rechte aus dem PÜV zu prüfen. Von 1999 bis Ende 2001 sind die Bezugnahmeklauseln wegen der Mitgliedschaft der Arbeitgeberin im VKA und unter Berücksichtigung des Vertrauensschutzes für Altverträge wieder als bloße Gleichstellungsabreden anzusehen, die dann mit dem Verbandaustritt Ende 2004 sich in statische Verweisungen auf den seinerzeit erreichten Tarifstand verwandeln. Für die von 2002 bis Ende 2004 eingestellten Arbeitnehmer hat dann die Bezugnahmeklausel nach der jüngeren Rechtsprechung des BAG eine eigenständige Bedeutung, so dass hier eine „ewige“ Bindung an den BAT und die ihn ersetzenden Tarifverträge vorliegt. Für nach Ende 2004 neu eingestellt Mitarbeiter ist die Arbeitgeberin möglicherweise immer noch verpflichtet, die Eingruppierung nach BAT vorzunehmen, das ein Abweichen davon ein „Wechsel des im Betrieb geltenden Entgeltsystems“ voraussetzt, das der Beteiligung des Betriebsrats nach § 87 Absatz 1 Nr. 10 BetrVG unterliegt. Besonders hervorheben möchte ich nochmals die Ausführungen des BAG zur Bedeutung des PÜV. – Gerade auch hier im Lande haben wir ja alle den Prozess beobachten können, in dem die vielen ehemals kommunalen Krankenhäuser nach und nach privatisiert wurden. Das war auf Seiten der kommunalen Arbeitgeber alles andere als freiwillig und viele Kenner ahnten schon, wo das wegen der Arbeitsbedingungen hinführen könnte. In dieser Situation versuchten die Kommunen häufig noch, der Belegschaft einen letzten Dienst zu erweisen, indem man ihre Arbeitsbedingungen auf dem Niveau des öffentlichen Dienstes zusätzlich mit solchen Personalüberleitungsverträgen absichert. Das drückt selbstverständlich den Kaufpreis für die Klinik. Und am Ende waren bisher meist die privaten Käufer der Kliniken die lachenden Dritten. Denn erst haben sie den Kaufpreis wegen des teuren PÜV drücken können und dann haben sie noch vor dem BAG Recht bekommen, dass sich aus dem PÜV gar keine Rechte herleiten lassen. – Der 4. Senat hat im vorliegenden Falle zwar nicht offen mit der alten Rechtsprechung dazu („Vertrag zu Lasten Dritter“) gebrochen, er hat aber deutlich gemacht, dass es sehr wohl einen Weg gibt, dem PÜV einen Sinn zu geben, der vor dem Recht Bestand hat und der der Belegschaft hilft. 3. STRALSUNDER ARBEITSRECHTSTAGE MAI 2011

37 Bezugnahmeklausel und Betriebsübergang
13. Mai 2011 Bezugnahmeklausel und Betriebsübergang Gang der Darstellung Verhältnisse bei direkter Tarifbindung des Arbeitnehmers Verhältnisse bei Inbezugnahme des Tarifwerks 3. STRALSUNDER ARBEITSRECHTSTAGE MAI 2011 3. STRALSUNDER ARBEITSRECHTSTAGE MAI 2011

38 Betriebsübergang bei kollektiver Tarifbindung
13. Mai 2011 Betriebsübergang bei kollektiver Tarifbindung Ist der Betriebserwerber (Neuarbeitgeber) an das selbe Tarifwerk gebunden wie der Betriebsveräußerer (Altarbeitgeber), ändern sich die Arbeitsbedingungen des Arbeitnehmers mit direkter Tarifgeltung kraft Mitgliedschaft gar nicht. – Das ergibt sich aus Tarifvertragsrecht und hat mit § 613a Absatz 1 BGB nichts zu tun (BAG – 4 AZR 332/00). Ist der neue Arbeitgeber an andere Tarifverträge gebunden, die aber auch von der Gewerkschaft des Arbeitnehmers abgeschlossen wurden (sog. kongruente Tarifbindung), gelten die Arbeitsbedingungen aus den neuen Tarifverträgen unmittelbar und sofort nach dem BÜ (§ 613a Absatz 1 Satz 3 BGB) und zwar unabhängig davon, ob sie besser oder schlechter sind. In allen andere Fällen gilt das Tarifrecht aus der Zeit beim Altarbeitgebers als Vertragsrecht weiter (§ 613a Absatz 1 Satz 2 BGB). 3. STRALSUNDER ARBEITSRECHTSTAGE MAI 2011 Zu Beginn steht wiederum die Vergewisserung, was den gelten würde, wenn es um eine direkte Tarifbindung geht. BAG – 4 AZR 332/00 – NZA 2002, 513 = DB 2002, 431 = AP Nr. 17 zu § 1 TVG Bezugnahme auf Tarifvertrag = BAGE 99, 10. Textauszug: „[51] § 613 Abs. 1 Satz 2 BGB stellt lediglich eine Auffangregelung dar. Die Tarifvertragsnormen, die die rechtlichen Arbeitsbedingungen des Arbeitnehmers mit dem vormaligen Betriebsinhaber bis zum Betriebsübergang regelten, behalten trotz des Betriebsübergangs ihre unmittelbare und zwingende Geltung für das Arbeitsverhältnis, wenn der neue Betriebsinhaber gleichermaßen wie der bisherige Inhaber des Betriebs an denselben Tarifvertrag gebunden ist. Sie können aber eine normative Geltung nicht (mehr) beanspruchen, wenn der Betriebserwerber seinerseits nicht an den Tarifvertrag gebunden ist. Nur wenn dieser Fall vorliegt, werden die tarifvertraglichen normativen Regelungen zum Inhalt des Arbeitsverhältnisses.“ 3. STRALSUNDER ARBEITSRECHTSTAGE MAI 2011

39 Betriebsübergang bei Bezugnahme auf TV
13. Mai 2011 Betriebsübergang bei Bezugnahme auf TV Vorab wieder der Überblick Bei statischer Verweisung auf einen TV bleibt es bei der Geltung dieses TV; TV-Konflikte werden nach dem Günstigkeitsprinzip entschieden. Bei echter Gleichstellungsabrede gelten die alten Tarifrechte weiter, eingefroren auf den Zeitpunkt des BÜ. Bei echter kleiner dynamischer Verweisung bleibt die dynamische Bindung an das verabredete Tarifwerk bestehen. TV-Konflikte sind nach dem Günstigkeitsprinzip aufzulösen. Bei einer Tarifwechselklausel hört die Geltung der alten TV auf und es gelten nur noch die neuen Tarifverträge. 3. STRALSUNDER ARBEITSRECHTSTAGE MAI 2011 3. STRALSUNDER ARBEITSRECHTSTAGE MAI 2011

40 Betriebsübergang mit Branchenwechsel
13. Mai 2011 Betriebsübergang mit Branchenwechsel BAG – 4 AZR 767/06 Sachverhalt: Arbeitnehmerin ist als Reinigungskraft 1972 in die städtischen Klinik (seinerzeit tarifgebunden) eingetreten. Die Bezugnahmeklausel lautet: „Das Arbeitsverhältnis richtet sich nach … BMT-G II … in der jeweils geltenden Fassung. Das gleiche gilt für die an [dessen] Stelle tretenden Tarifverträge. Daneben finden die für den Bereich des Arbeitgebers jeweils in Kraft befindlichen sonstigen Tarifverträge Anwendung …” Später tritt Arbeitnehmerin ver.di bei. Noch später wird die Reinigungsabteilung an ein Unternehmen des Reinigungsgewerbes im Wege eines Betriebsteilübergangs abgegeben. Dort gilt ein (schlechterer) allgemeinverbindlicher Tarifvertrag, nachdem nunmehr abgerechnet wird. Arbeitnehmerin verlangt Fortzahlung BMT-G und bekommt beim BAG Recht. 3. STRALSUNDER ARBEITSRECHTSTAGE MAI 2011 BAG – 4 AZR 767/06 – Bezugnahmeklausel - Betriebsübergang - Branchenwechsel Fundstellen: NZA 2008, 364 = DB 2008, 1270 = AP Nr. 61 zu § 1 TVG Bezugnahme auf Tarifvertrag = BAGE 124, 34 Sachverhalt: Arbeitnehmerin ist als Reinigungskraft 1972 in die städtischen Klinik (seinerzeit tarifgebunden) eingetreten. Die Bezugnahmeklausel lautet: „Das Arbeitsverhältnis richtet sich nach … BMT-G II … in der jeweils geltenden Fassung. Das gleiche gilt für die an [dessen] Stelle tretenden Tarifverträge. Daneben finden die für den Bereich des Arbeitgebers jeweils in Kraft befindlichen sonstigen Tarifverträge Anwendung …” Später tritt Arbeitnehmerin ver.di bei. Noch später wird die Reinigungsabteilung an ein Unternehmen des Reinigungsgewerbes im Wege eines Betriebsteilübergangs abgegeben. Dort gilt ein (schlechterer) allgemeinverbindlicher Tarifvertrag, nachdem nunmehr abgerechnet wird. Arbeitnehmerin verlangt Fortzahlung BMT-G und bekommt beim BAG Recht. – Wie konnte das passieren? Nachfolgeentscheidung: BAG – 4 AZR 391/09 Fundstellen: NZA 2011, 356 = ZTR 2011, 239 = BAGE xx,xxx Sachverhalt: Arbeitnehmerin ist als Reinigungskraft 1986 in die städtischen Klinik (seinerzeit tarifgebunden) eingetreten. Die Bezugnahmeklausel lautet: Später wird die Reinigungsabteilung an ein Unternehmen des Reinigungsgewerbes im Wege eines Betriebsteilübergangs abgegeben. Dort gilt ein (schlechterer) allgemeinverbindlicher Tarifvertrag, nachdem nunmehr abgerechnet wird. Arbeitnehmerin verlangt Fortzahlung BMT-G und bekommt beim BAG Recht. Keine analoge Anwendung von § 613a Absatz 1 Satz 3 BGB: „[22] (1) An der fortdauernden Maßgeblichkeit der Rechte und Pflichten aus dem BMT-G II ändert der Umstand nichts, dass nunmehr im Arbeitsverhältnis das für allgemeinverbindlich erklärte Tarifrecht des Gebäudereinigerhandwerks Anwendung findet. Die normativ nach § 4 Abs. 1 iVm. § 5 TVG im Arbeitsverhältnis der Parteien anwendbaren Regelungen der Gebäudereinigertarifverträge werden nach § 4 Abs. 3 TVG durch günstigere arbeitsvertragliche Regelungen verdrängt. Hierzu gehören die von der Klägerin in Anspruch genommenen Entgeltregelungen des BMT-G II und der diesen ergänzenden Tarifverträge. Sie finden kraft im Arbeitsverhältnis privatautonom gebildeten Willens als Vertragsrecht Anwendung. [23] (2) Die Tarifverträge für das Gebäudereinigerhandwerk sind auch nicht nach § 613a Abs. 1 Satz 3 BGB an die Stelle des vertraglich in Bezug genommenen Tarifrechts des öffentlichen Dienstes getreten. Aus Wortlaut und systematischer Stellung des § 613a Abs. 1 Satz 3 BGB folgt, dass diese Bestimmung nur die grundsätzlich vorgesehene Transformation von Tarifrecht, das beim Betriebsveräußerer kraft beiderseitiger Tarifgebundenheit gegolten hat, in das Arbeitsverhältnis beim Erwerber verhindert oder beendet. Die Vorschrift ist nicht dazu bestimmt, auf beim Veräußerer vertraglich begründete Rechte und Pflichten Einfluss zu nehmen. § 613a Abs. 1 Sätze 2 und 3 BGB regeln ausschließlich - letztlich nach Spezialitätsgesichtspunkten modifiziert - den Erhalt von ursprünglich normativ begründeten Besitzständen nach einem Betriebsübergang, nach dem die Voraussetzungen für eine normative Weitergeltung entfallen sind. Vertragliche Rechtspositionen, auch wenn sie in einer privatautonomen Einbeziehung von Tarifrecht ihren Grund haben, gehen ohne Weiteres und uneingeschränkt nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB über. Ein anderes Verständnis stünde im Übrigen auch im Widerspruch zu Art. 3 Abs. 1 der Betriebsübergangs-Richtlinie 2001/23/EG vom 12. März 2001, wonach Rechte und Pflichten aus einem Arbeitsvertrag ohne Weiteres auf den Erwerber übergehen. [30] cc) Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts führt auch der Umstand, dass die Verweisung in § 2 des Arbeitsvertrages als Gleichstellungsabrede auszulegen ist, nicht zu einem Wechsel des auf vertraglicher Grundlage anwendbaren Tarifrechts. Dies lässt sich weder aus Wortlaut und Sinn der Vertragsklausel noch aus dem Gedanken einer hierauf aufbauenden „entsprechenden Anwendung“ des § 613a Abs. 1 Satz 3 BGB herleiten. [31] (1) Das mit dem Begriff „Gleichstellungsabrede“ gekennzeichnete Auslegungsergebnis einer Bezugnahmeklausel hatte und hat in der Rechtsprechung des Senats nicht den Inhalt, den am Vertrag beteiligten Arbeitnehmer in jeder Hinsicht wie ein Mitglied der tarifschließenden Gewerkschaft oder zumindest tarifrechtlich so wie einen an den in Bezug genommenen Tarifvertrag gebundenen Arbeitnehmer zu behandeln. Es ging und geht stets nur darum, den Arbeitnehmer vertraglich hinsichtlich des in Bezug genommenen Tarifvertrages oder Tarifwerkes so zu stellen, als wäre er an diesen Tarifvertrag gebunden. Wesentliche Rechtsfolge dieses Auslegungsergebnisses war es, die sich aus dem Wortlaut der Inbezugnahme ergebende Dynamik der tariflichen Inkorporierung auf die Zeit zu begrenzen, in der der Arbeitgeber ohnehin im Verhältnis zu tarifgebundenen Arbeitnehmern durch seine Verbandsmitgliedschaft an die Tarifentwicklung gebunden war. Eine Gleichstellung, die auch einen für Gewerkschaftsmitglieder normativ, beispielsweise aufgrund von § 613a Abs. 1 Satz 3 BGB, eintretenden Tarifwechsel vertraglich nachvollzieht, kann zwar vereinbart werden, sie muss aber im Vertragswortlaut in der eben beschriebenen Weise zum Ausdruck kommen. Eine auf ein bestimmtes Tarifwerk bezogene Gleichstellungsklausel deckt eine Vertragsentwicklung, die einen auf einen Branchenwechsel folgenden Tarifwechsel mitumfasst, nicht ab (vgl. hierzu auch BAG 29. August AZR 767/06 - Rn. 17, BAGE 124, 34, 39).“ 3. STRALSUNDER ARBEITSRECHTSTAGE MAI 2011

41 BAG 29.08.2007 – 4 AZR 767/06 – Lösung BAG sagt,
13. Mai 2011 BAG – 4 AZR 767/06 – Lösung BAG sagt, Bezugnahmeklausel sei keine Tarifwechselklausel (nichts Neues), sie verweise daher auch nach BÜ auf BMT-G (allerdings nur noch statisch, da der neue Arbeitgeber nicht mehr an BMT-G gebunden, es ist ja eine Gleichstellungsabrede). Widersprüche zwischen Gebäudereiniger TV (AV) und BMT-G müssten nach Günstigkeitsprinzip geklärt werden, da keine Konkurrenz auf normativer Ebene; Eine analoge Anwendung von § 613a Absatz 1 Satz 3 BGB scheide aus; diese Vorschrift könne nur für ehemals normativ wirkende Normen gelten. An allem ändere sich nichts dadurch, dass die Klägerin kurz vor dem BÜ in die Gewerkschaft ver.di eingetreten sei. 3. STRALSUNDER ARBEITSRECHTSTAGE MAI 2011 Keine Auswirkung des Gewerkschaftsbeitritts auf die Bezugnahmeklausel: „[13] 4. Durch den Beitritt der Klägerin zur Gewerkschaft ver.di am 1. April 2004 erlangte der BMT-G II normative Geltung iSv. § 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 TVG für das Arbeitsverhältnis zwischen der Klägerin und der S-Klinikum R GmbH. Dies änderte nichts an seiner vertraglichen Geltung für die damaligen Parteien des Arbeitsverhältnisses. Die Wirkung einer Bezugnahmeklausel wird nicht dadurch berührt, dass der in Bezug genommene Tarifvertrag noch aus einem weiteren rechtlichen Grund für das Arbeitsverhältnis der Parteien maßgebend ist (vgl. zur konstitutiven Wirkung einer Bezugnahmeklausel bei beiderseitiger Tarifgebundenheit der Parteien des Arbeitsverhältnisses im Zeitpunkt des Arbeitsvertragsabschlusses Senat 19. März AZR 331/02 - BAGE 105, 284, 290; ebenso Staudinger/Annuß BGB (2005) § 613a Rn. 290; HWK/Henssler 2. Aufl. § 3 TVG Rn. 28; Hohenstatt in Willemsen/Hohenstatt/Schweibert/Seibt Umstrukturierung und Übertragung von Unternehmen 3. Aufl. E Rn. 179).“ Keine normative Weitergeltung des BMT-G wegen § 613a Absatz 1 Satz 3 BGB: „[14] 5. Diese zweifach begründete Geltung des BMT-G II für das Arbeitsverhältnis der Klägerin hat mit dem Teilbetriebsübergang des Bereichs Reinigung auf die Beklagte am 1. Juli 2004 ihr Ende gefunden. Denn die normativ begründeten Rechte und Pflichten sind nicht nach § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB Inhalt des Arbeitsverhältnisses zwischen der Klägerin und der Beklagten geworden, weil diese Rechte und Pflichten iSv. § 613a Abs. 1 Satz 3 BGB bei der Beklagten als der neuen Inhaberin des Reinigungsbetriebs durch Rechtsnormen “eines anderen Tarifvertrags”, und zwar der für allgemeinverbindlich erklärten und deshalb auf Grund beiderseitiger Tarifgebundenheit geltenden Tarifverträge (Rahmen- und Lohntarifvertrag) für die gewerblich Beschäftigten im Gebäudereinigerhandwerk geregelt werden. § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB, der den Übergang normativ wirkender Rechte und Pflichten in das Arbeitsverhältnis zwischen dem Arbeitnehmer und dem Betriebserwerber als neuem Arbeitgeber vorsieht, findet insoweit keine Anwendung. Hingegen verbleibt es gem. § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB bei der Geltung des BMT-G II als Vertragsrecht zwischen der Klägerin und der Beklagten. Denn nach dem ausdrücklichen Wortlaut des § 613a Abs. 1 Satz 3 BGB verdrängt die normative Regelung von Rechten und Pflichten bei dem neuen Inhaber nur vor dem Betriebsübergang normativ begründete Rechte und Pflichten, nicht hingegen solche auf vertraglicher Grundlage. Für diese gilt uneingeschränkt, dass der neue Inhaber nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB in diese eintritt. Daran ändert entgegen der Rechtsauffassung der Beklagten, der das Landesarbeitsgericht beigetreten ist, auch der Umstand nichts, dass es sich bei der Bezugnahmeklausel im Arbeitsvertrag vom 18. September 1972 (auch) nach Auffassung beider Parteien um eine Gleichstellungsabrede handelt.“ Bezugnahmeklausel ist keine Tarifwechselklausel „[17] aa) Die Bezugnahme auf das Tarifwerk einer bestimmten Branche kann über ihren Wortlaut hinaus nur dann als große dynamische Verweisung (= Bezugnahme auf den jeweils für den Betrieb fachlich/betrieblich geltenden Tarifvertrag) ausgelegt werden, wenn sich dies aus besonderen Umständen ergibt (Senat 25. September AZR 294/01 - BAGE 103, 9, 12 f. mwN; ebenso ErfK/Preis 8. Aufl. § 613a BGB Rn. 127; Hohenstatt in Willemsen/Hohenstatt/Schweibert/Seibt E Rn. 203 f.) . Das hat der Senat gerade auch für eine Bezugnahmeklausel entschieden, in der auf den BMT-G II und die diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträge verwiesen worden ist (25. September AZR 294/01 - aaO mwN) . Dies ist auch der Standpunkt der herrschenden Meinung im Schrifttum, in dem zwischen dem Typus der sog. kleinen dynamischen Bezugnahmeklausel (zB AnwK-ArbR/Friedrich § 3 TVG Rn. 90 f.; Staudinger/Annuß § 613a Rn. 291) , bei der sich die Dynamik allein auf das zeitliche Moment bezieht, und demjenigen der sog. großen dynamischen Verweisung oder Tarifwechselklausel unterschieden wird, die auch betrieblich/fachlich dynamisch wirkt. An dieser Unterscheidung hält der Senat fest, insbesondere deshalb, weil die Arbeitsvertragsparteien die Rechtsfolge eines Tarifwechsels ausdrücklich vereinbaren können. Sie bestimmen mit ihrer vertraglichen Abrede den Umfang der Inbezugnahme. Darauf beschränkt sich auch eine von ihnen gewollte Gleichstellung. Das Argument des Landesarbeitsgerichts, in einer Gleichstellungsabrede sei bei deren sachgerechter Auslegung auch die gesetzliche Regelung des § 613a Abs. 1 Satz 3 BGB mit in Bezug genommen (dagegen auch Henssler FS Schaub S. 311, 322, 323) verkennt, dass dies nicht der Inhalt einer kleinen dynamischen Verweisung ist. Wollen die Arbeitsvertragsparteien auch für den Fall eines durch einen Betriebsübergang herbeigeführten Branchenwechsels des Arbeitgebers die Gleichstellung des Arbeitnehmers auf der Grundlage des dann einschlägigen Tarifrechts, haben sie die Möglichkeit, den Typus der Tarifwechselklausel zu wählen. Schlicht unterstellt werden kann der Wille zum Tarifwechsel nicht. Denn ein Arbeitnehmer, der - wie hier - eine Tätigkeit auf dem Gebiet der Gebäudereinigung ausübt, kann sich ganz gezielt erfolgreich um eine Anstellung im öffentlichen Dienst bemüht haben, um dessen im Vergleich zu denen der Gebäudereinigung bessere tarifliche Arbeitsbedingungen zu erhalten. [18] bb) Entgegen der Auffassung der Beklagten enthält die Bezugnahmeklausel im Arbeitsvertrag vom 18. September 1972 bei deren zutreffender Auslegung keine Verweisung auf das Tarifrecht des Gebäudereinigerhandwerks. Bei diesem Arbeitsvertrag handelte es sich um einen Formularvertrag, den der Senat selbst auslegen kann (BAG 19. Oktober AZR 647/03 - BAGE 112, 214, 222 mwN) . Der Wortlaut der Bezugnahmeklausel gibt keine hinreichenden Hinweise darauf, dass eine Tarifwechselklausel vereinbart worden ist. Satz 1 des § 2 des Arbeitsvertrags verweist auf den BMT-G II und die - dazu - zusätzlich abgeschlossenen Tarifverträge, insbesondere auf den BZT-G/NRW. Zu diesen “zusätzlich abgeschlossenen Tarifverträgen” zählen nicht die Tarifverträge für das Gebäudereinigerhandwerk. Bei diesen handelt es sich auch nicht um Tarifverträge, die iSv. § 2 Satz 2 des Arbeitsvertrags an die Stelle des BMT-G II getreten sind. Beides macht auch die Beklagte nicht geltend. Sie sieht vielmehr die Tarifverträge für das Gebäudereinigerhandwerk durch § 2 Satz 3 des Arbeitsvertrags in Bezug genommen, nach welchen “daneben” die für den Bereich des Arbeitgebers jeweils in Kraft befindlichen sonstigen Tarifverträge Anwendung finden. Diese Bestimmung der Bezugnahmeklausel nimmt allein Tarifverträge in Bezug, die neben dem BMT-G II gelten (“daneben ...”), beinhaltet also nicht die Ablösung des in den davorstehenden Sätzen der Bezugnahmeklausel in Bezug genommenen Tarifrechts für Arbeitnehmer gemeindlicher Verwaltungen und Betriebe durch das Tarifrecht eines anderen Wirtschaftszweiges im Falle eines Branchenwechsel des Arbeitgebers. Sonstige Anhaltspunkte, die Bezugnahmeklausel des § 2 des Arbeitsvertrags über ihren Wortlaut hinaus als Tarifwechselklausel auszulegen, sind nicht erkennbar.“ Keine analoge Anwendung von § 613a Absatz 1 Satz 3 BGB „[19] c) Auch für die analoge Anwendung des § 613a Abs. 1 Satz 3 BGB, die Teile des Schrifttums befürworten (Henssler FS Schaub S. 311, 322 f.; Wank NZA 1987, 505, 509) , ist kein Raum (gegen eine analoge Anwendung des § 613a Abs. 1 Satz 3 BGB auf Außenseiter auch Hohenstatt in Willemsen/Hohenstatt/Schweibert/Seibt E Rn. 190; Oetker in Jacobs/Krause/Oetker Tarifvertragsrecht § 6 Rn. 216; ErfK/Preis § 613a Rn. 127; Staudinger/Annuß § 613a Rn. 297) . Denn ein arbeitsvertraglich in Bezug genommener Tarifvertrag gilt zwischen den Vertragsparteien als Vertragsrecht. An dessen Inhalt ist der neue Betriebsinhaber nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB gebunden. Die Sätze 2 bis 4 des § 613a Abs. 1 BGB enthalten eine von Satz 1 abweichende Sonderregelung für die Weitergeltung von Kollektivvereinbarungen (Tarifvertrag und/oder Betriebsvereinbarung) nach einem Betriebsübergang. Die Regelung ist erforderlich, weil Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen nicht Bestandteil des Arbeitsvertrags sind, sondern von außen auf Grund beiderseitiger Tarifgebundenheit auf das Arbeitsverhältnis einwirken. Wenn der Tarifvertrag jedoch kraft einzelvertraglicher Bezugnahme auf das Arbeitsverhältnis mit dem Betriebsveräußerer anwendbar war, gilt sein Inhalt nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB nach dem Betriebsübergang als Individualvertragsrecht unverändert weiter. Eine Gesetzeslücke, die durch eine analoge Anwendung der Regelung des § 613a Abs. 1 Satz 3 BGB zu schließen sein könnte, fehlt. Der Senat hält daher an seiner Rechtsprechung fest, dass nur in den Fällen der normativen Geltung eines Tarifvertrags im Arbeitsverhältnis der Parteien vor dem Betriebsübergang dessen Ablösung nach § 613a Abs. 1 Satz 3 BGB durch für beide Parteien des Arbeitsverhältnisses normativ geltende tarifliche Regelungen in Betracht kommt (25. September AZR 294/01 - BAGE 103, 9, 15).“ Keine Tarifkonkurrenz zwischen schuldrechtlich geltendem TV und normativ geltendem TV „[20] 6. Die individualrechtlich im Arbeitsverhältnis der Parteien geltenden Regelungen des BMT-G II setzen sich nach dem tarifrechtlichen Günstigkeitsprinzip des § 4 Abs. 3 TVG gegenüber den kraft Allgemeinverbindlichkeit normativ auf das Arbeitsverhältnis einwirkenden Tarifverträgen für das Gebäudereinigerhandwerk durch. Es geht hierbei nicht um die Konkurrenz zweier Tarifverträge, sondern um die Konkurrenz einer arbeitsvertraglichen Regelung mit einem kraft Allgemeinverbindlichkeit wirkenden Tarifvertrag. Dies ist kein Fall der Tarifkonkurrenz zweier Normenverträge. Vielmehr wird das Verhältnis der arbeitsvertraglichen Regelung zu der normativ wirkenden tariflichen durch § 4 Abs. 3 TVG bestimmt (BAG 26. Januar AZR 611/92 - BAGE 75, 298, 308; vgl. auch Senat 25. September AZR 294/01 - BAGE 103, 9, 13; Hohenstatt in Willemsen/Hohenstatt/Schweibert/Seibt E Rn. 202; Kort SAE 2006, 247 ff.; ErfK/Preis § 613a Rn. 127; Schaub/Koch ArbR-Hdb. 12. Aufl. § 119 Rn. 12) . Soweit der Senat in der Vergangenheit eine andere Rechtsauffassung eingenommen hat (zuletzt 23. März AZR 203/04 - BAGE 114, 186, 191 f. [Diese Entscheidung habe ich ebenfalls im Vortrag zitiert !!!]), gibt er sie hiermit ausdrücklich auf.“ 3. STRALSUNDER ARBEITSRECHTSTAGE MAI 2011

42 Bezugnahme auf Branche und schlechterer Firmentarifvertrag
13. Mai 2011 Bezugnahme auf Branche und schlechterer Firmentarifvertrag Insbesondere nicht tarifgebundene Arbeitgeber beziehen sich in den Bezugnahmeklauseln häufig auf die Branchentarifverträge. Heute, wo man dem Wortlaut wieder mehr Bedeutung beimisst, stellt sich dann die Frage, ob spätere Firmentarifverträge (z.B. Sanierungstarifverträge) von der Bezugnahmeklausel überhaupt erfasst werden. Auch hier hat sich der Standpunkt der Rechtsprechung geändert. 3. STRALSUNDER ARBEITSRECHTSTAGE MAI 2011 3. STRALSUNDER ARBEITSRECHTSTAGE MAI 2011

43 Bezugnahme auf Branche und schlechterer FirmenTV (1)
13. Mai 2011 Bezugnahme auf Branche und schlechterer FirmenTV (1) BAG – 4 AZR 203/04 – NZA 2005, 1003 (dazu: Bepler, FS AG Arbeitsrecht Anwaltverein 2005, S. 791) Sachverhalt: Arbeitgeber und Arbeitnehmer sind nicht tarifgebunden. Im Arbeitsvertrag gibt es eine dynamische Verweisung auf das Branchentarifwerk, das auch allgemeinverbindlich ist (AV). Arbeitgeber schließt in der Krise mit Gewerkschaft einen SanierungsTV mit Verzicht auf Sonderzahlung (Weihnachtsgeld). Die klagt Arbeitnehmer mit Verweis auf seine Bezugnahmeklausel und AV ein. Gründe: Das BAG hat dem Arbeitnehmer nicht Recht gegeben. Es hat gesagt, der (schlechtere) FirmenTV verdränge als der speziellere TV den FlächenTV. – Aus der Bezugnahme auf den BranchenTV ergebe sich nichts anderes. Die Bezugnahme sei so auszulegen, dass sie sich auch auf den FirmenTV beziehe und die Konkurrenz der beiden in Bezug genommenen Tarifverträge sei nach Tarifkonkurrenzregeln zu lösen (!). 3. STRALSUNDER ARBEITSRECHTSTAGE MAI 2011 BAG – 4 AZR 203/04 Fundstellen: NZA 2005, 1003 =  BAGE 114, 186 = AP Nr. 29 zu § 4 TVG Tarifkonkurrenz dazu auch: Bepler, FS Arbeitsgemeinschaft Arbeitsrecht Deutscher Anwaltverein 2005, S. 791 Vergleichbare Entscheidungen: BAG AZR 1023/08 Anmerkung: Den Ansatz, vertraglich und normativ geltende TVs nach Tarifkonkurrenzregeln zu behandeln, hat das BAG kurze Zeit später ausdrücklich aufgegeben! --> BAG – 4 AZR 767/06 – AP Nr. 61 zu § 1 TVG Bezugnahme auf Tarifvertrag RNr. 20 Wenn man genau hinsieht, wendet BAG hier die Tarifkonkurrenzregeln allerdings gar nicht auf verschiedene TVs, die auf verschiedenen Ebenen wirken, an, sondern auf die beiden schuldrechtlich geltenden Tarifverträge (av FlächenTV und FirmenTV), da die Bezugnahmeklausel zunächst zu mehrdeutigen Ergebnissen führe. In diesem Sinne ist die Entscheidung gut vertretbar und kein Bruch mit der Dogmatik im Übrigen. Man hätte sie auch innerhalb der Systematik des BAG nicht aufzugeben brauchen. Textauszug zur Tarifkonkurrenz zwischen BezugnahmeTV und echtem TV: „[28] cc) Die Anwendbarkeit bzw. Geltung (vgl. § 13 des Arbeitsvertrages) sowohl des MTV als auch des FTV [= Firmentarifvertrag] für das Arbeitsverhältnis des Klägers begründet eine Tarifkonkurrenz. [29] (1) Nach der Rechtsprechung des Senats liegt eine Tarifkonkurrenz auch vor, wenn auf ein Arbeitsverhältnis neben einem kraft Allgemeinverbindlichkeit geltenden Tarifvertrag ein weiterer Tarifvertrag kraft arbeitsvertraglicher Bezugnahme Anwendung findet (20. März AZR 455/90 - BAGE 67, 330, zu B II 4 der Gründe; wohl auch - wenn auch im Ergebnis offen gelassen Mai AZR 663/95 - AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 6 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 8, zu II 1 a der Gründe) . Die vertragliche Inbezugnahme eines Tarifvertrages ist danach letztlich eine von mehreren Arten, die Bindung an einen Tarifvertrag zu bewirken. Der einzige Unterschied zur beiderseitigen Tarifgebundenheit bzw. Allgemeinverbindlichkeit besteht darin, dass durch die vertragliche Bezugnahme auf einen Tarifvertrag keine zwingende Geltung des Tarifvertrages eintritt. Auch die vertragliche Vereinbarung der Geltung eines Tarifvertrages kann deshalb zum Entstehen einer Tarifkonkurrenz führen (Senat 20. März AZR 455/90 - aaO; 28. Mai AZR 663/95 - aaO) . Somit kann ein (nur) auf Grund arbeitsvertraglicher Bezugnahme für das Arbeitsverhältnis geltender Firmentarifvertrag nach dem Spezialitätsprinzip einen für dieses ebenfalls geltenden allgemeinverbindlichen Tarifvertrag verdrängen. [30] (2) Das Günstigkeitsprinzip des § 4 Abs. 3 TVG ist bei dieser Ausgangslage nicht anwendbar. Dies gilt jedenfalls dann, wenn - wie vorliegend - beide Tarifverträge bereits kraft arbeitsvertraglicher Verweisung gelten und nur bei einem eine Geltung kraft Allgemeinverbindlicherklärung hinzutritt und wenn beide Tarifverträge von derselben Gewerkschaft abgeschlossen worden sind. In diesem Falle würde eine Anwendung des Günstigkeitsprinzips zu mit Sinn und Zweck der Allgemeinverbindlicherklärung nicht zu vereinbarenden Ergebnissen führen. [31] (a) Für die Gewerkschaftsmitglieder gelten der FTV und der MTV nach § 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 TVG jeweils normativ im Arbeitsverhältnis, so dass unzweifelhaft eine Tarifkonkurrenz vorliegt. Der FTV verdrängt in seinem vollen Umfang nach dem Spezialitätsprinzip den MTV. [32] (b) Bei den nicht gewerkschaftlich organisierten Arbeitnehmern gilt der MTV kraft seiner Allgemeinverbindlichkeit gem. § 5 Abs. 4 TVG (auch) normativ, der FTV kraft arbeitsvertraglicher Verweisung jedoch nur schuldrechtlich. Bei einer Anwendung des Günstigkeitsprinzips im Verhältnis von MTV und FTV stünde der nicht organisierte Arbeitnehmer besser als ein Gewerkschaftsmitglied, da er zum einen vom Kündigungsausschluss des FTV profitierte, andererseits sich aber darauf berufen könnte, die Regelung des § 14 MTV sei für ihn günstiger als der FTV. [33] (aa) Im Falle der Geltung von FTV und MTV für den Außenseiter jeweils nur auf Grund arbeitsvertraglicher Verweisung würde bei sachgerechter Auslegung der Verweisungsnorm der FTV im Umfang seines Regelungsgehalts den MTV verdrängen. Denn es ist davon auszugehen, dass die Vertragsparteien mit ihrer Verweisung dem Tarifvertrag Vorrang einräumen wollten, der dem Betrieb räumlich, betrieblich, fachlich und persönlich am nächsten steht und deshalb den Erfordernissen und Eigenarten des Betriebes und der darin tätigen Arbeitnehmer am besten Rechnung trägt (vgl. auch Däubler/Zwanziger TVG § 4 Rn. 950) . Dies ist der FTV. [34] (bb) Die oben dargelegte Besserstellung des Außenseiters im Vergleich zum organisierten Arbeitnehmer bei Anwendung des Günstigkeitsprinzips wäre demnach allein eine Folge der - zusätzlichen - Allgemeinverbindlicherklärung des MTV. Dieses Ergebnis ist mit Sinn und Zweck der Allgemeinverbindlicherklärung nicht zu vereinbaren. Dieser besteht in der Verhinderung einer Beschäftigung von Außenseitern zu untertariflichen Bedingungen durch Ausdehnung der Kartellwirkung des Tarifvertrages; insoweit hat die Allgemeinverbindlicherklärung auch eine soziale Schutzfunktion (vgl. Wank in: Wiedemann 6. Aufl. § 5 TVG Rn. 1 ff.; Däubler/Lakies TVG § 5 Rn. 6 ff . ) . Die Allgemeinverbindlicherklärung zielt damit auf eine Gleichstellung der organisierten und nicht organisierten Arbeitnehmer bei den tariflich geregelten Arbeitsbedingungen. Diesem Ziel widerspräche es, wenn im Ergebnis die zusätzliche Allgemeinverbindlicherklärung des MTV zu einer Besserstellung der Außenseiter gegenüber den Gewerkschaftsmitgliedern führte. [35] (cc) Die Anwendung des Günstigkeitsprinzips im Verhältnis von FTV und MTV würde auch der Struktur des FTV widersprechen. Der FTV stellt ein einheitliches Regelungswerk dar, in dem Einkommenseinbußen der Arbeitnehmer, die der Verbesserung der finanziellen Lage des Unternehmens dienen, mit einem - temporären - Ausschluss von Kündigungen verbunden werden. Dabei dient der Verzicht der Arbeitnehmer gerade dem Erhalt der Arbeitsplätze. Diese Verknüpfung schließt es aus, einen Günstigkeitsvergleich durchzuführen. Eine kumulierte selektive Elementenoptimierung würde der Intention der Tarifvertragsparteien widersprechen, die im FTV mit Gehaltsverzicht der Arbeitnehmer auf der einen und Kündigungsverzicht der Beklagten auf der anderen Seite sich bedingende - gewissermaßen synallagmatische - Leistungen der jeweiligen Seite statuiert haben. Stralsunder Arbeitsrechtstag 2011

44 Bezugnahme auf Branche und schlechterer FirmenTV (2)
13. Mai 2011 Bezugnahme auf Branche und schlechterer FirmenTV (2) BAG AZR 1023/08 - NZA-RR 2011, 30 Sachverhalt: AN ist ver.di Mitglied. Altarbeitgeber hatte (billigen) FirmenTV mit ver.di (Stundenlohn 8,00 Euro). In der Branche gilt zusätzlich ein allgemeinverbindlicher FlächenTV von ver.di (Bewachungsgewerbe Hamburg mit Stundenlohn 8,30 Euro). – Der Betrieb geht nach § 613a BGB auf den Neuarbeitgeber über, der nicht tarifgebunden ist. Der Arbeitnehmer klagt auf Lohn nach allgemeinverbindlichem FlächenTV. Arbeitgeber sagt, FirmenTV gilt nach § 613a Absatz 1 Satz 2 BGB weiter und geht als speziellerer TV vor. Er hat vor dem BAG Recht bekommen. 3. STRALSUNDER ARBEITSRECHTSTAGE MAI 2011 Stralsunder Arbeitsrechtstag 2011

45 13. Mai 2011 BAG AZR 1023/08 – Die Lösung Gründe: Das BAG sagt, die Regelungen des FirmenTV gehen nicht nach § 613a Absatz 1 Satz 2 BGB auf Neuarbeitgeber über, da dort anderer TV gilt und daher § 613a Satz 3 BGB greife. – Eine eventuell gegebene Bezugnahmeklausel ergebe nichts anderes, da diese allenfalls zur vertraglichen Geltung des FirmenTV führe und der FlächenTV daher als stärkere Rechtsquelle vorgehe. 3. STRALSUNDER ARBEITSRECHTSTAGE MAI 2011 BAG AZR 1023/08 - NZA-RR 2011, 30 Anmerkung: Eigentlich kein Fall einer Bezugnahmeklausel, denn Arbeitnehmer war kraft Gewerkschaftsmitgliedschaft an beide TVs gebunden und nach dem BÜ ist nur die Frage, was eigentlich mit dem FirmenTV des Altarbeitgebers ist. Was hätte denn gegolten, wenn AN nicht ver.di-Mitglied gewesen wäre? – FirmenTV hätte zwar nach § 613a Absatz 1 Satz 2 BGB als vertragliche Regelung weiter gegolten, FlächenTV ginge jedoch kraft stärkerer Rechtsquelle vor. Die vom Arbeitgeber gesehene Tarifkonkurrenz, die es nach dem Spezialitätsprinzip zu lösen gelte, ist nicht gegeben, da die TV aus verschiedenen Rechtsquellen gelten. Die Argumentation mit der Bezugnahmeklausel ist nur eine Ergänzende. Da sagt das BAG, selbst wenn FirmenTV von Bezugnahmeklausel erfasst wäre, würde dieser ja nur schuldrechtlich gelten und könnte daher den normativ geltenden FlächenTV nicht aushebeln. Möglicherweise wäre es die Rettung gewesen, wenn man den FirmenTV so formuliert, dass er auf den Betrieb und nicht auf den Arbeitgeber abstellt, denn dann hätte er normativ weitergegolten; stimmt das? – Nein, solange der Neuarbeitgeber nicht selber tarifgebunden ist. Vergleichbare Entscheidungen BAG – 4 AZR 203/04 Textauszug: „[29] III. Die für eine Verdrängung der Rechtsnormen des LTV WSG vorausgesetzte Tarifkonkurrenz zwischen dem ERTV und dem LTV WSG ergibt sich vorliegend auch nicht aus einer etwaigen arbeitsvertraglichen Bezugnahme der Regelungen des ERTV. Dabei kann es dahinstehen, ob der ERTV aufgrund der Regelung in § 17 Satz 1 des Arbeitsvertrages vom 16. Juni 2006 überhaupt wirksam in Bezug genommen ist. [30] Selbst wenn eine hierfür ausreichende Bezugnahme vorliegen sollte, käme es bei einer arbeitsvertraglichen Bezugnahme des ERTV und der kraft Allgemeinverbindlichkeit normativ auf das Arbeitsverhältnis einwirkenden Tarifverträge für das Wach- und Sicherheitsgewerbe nicht zu einer Konkurrenz zweier Tarifverträge. Es handelte sich vielmehr um die Konkurrenz einer arbeitsvertraglichen Regelung mit einem kraft Allgemeinverbindlichkeit normativ wirkenden Tarifvertrag. Deren Verhältnis wird durch § 4 Abs. 3 TVG bestimmt (s. nur BAG 29. August  4 AZR 767/06 - Rn. 20, BAGE 124, 34). Ist der Arbeitnehmer an einen Tarifvertrag gebunden, gilt im Verhältnis zu günstigeren vertraglichen Regelungen, auch wenn sie tarifvertragliche Bestimmungen zum Gegenstand des Arbeitsvertrages machen, das tarifrechtliche Günstigkeitsprinzip gemäß § 4 Abs. 3 TVG, im anderen Fall bleibt es - wie vorliegend - bei der unmittelbaren und zwingenden Wirkung kraft beiderseitiger Tarifgebundenheit (BAG 27. Januar  4 AZR 549/08 (A) - Rn. 99 mwN, NZA 2010, 645). [31] IV. Ein anderes Ergebnis ergibt sich entgegen der Auffassung der Revision nicht aus der von ihr angenommenen Transformation der bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten bestehenden tariflichen Regelungen des ERTV und des MTV infolge des Betriebsübergangs nach § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB. [32] Die Revision übersieht, dass es aufgrund der bei der Beklagten geltenden allgemeinverbindlichen Tarifverträge nicht zu einer Transformation der vormaligen tariflichen Regelungen des ERTV nach § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB in das Arbeitsverhältnis des Klägers gekommen ist. § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB gilt nach Satz 3 der Vorschrift nicht, wenn die Arbeitsvertragsparteien nach dem Betriebsübergang an einen - gegebenenfalls anderen - Tarifvertrag normativ gebunden sind (vgl. BAG 9. April  4 AZR 164/07 - Rn. 19, EzA TVG § 4 Gaststättengewerbe Nr. 3; 11. Mai  4 AZR 315/04 - zu I 2 c cc der Gründe, BAGE 114, 332). Dabei spielt das Günstigkeitsprinzip - anders als im Verhältnis zwischen übernommener individualvertraglicher Rechtsposition und beim Erwerber normativ geltendem Tarifvertrag - keine Rolle. Die vormaligen tariflichen Regelungen werden dann als solche bereits nicht mehr in das Arbeitsverhältnis transformiert, sondern durch einen normativ geltenden Tarifvertrag abgelöst. Diese Anordnung des Ablöseprinzips erfolgt unabhängig von dem sonst geltenden Günstigkeitsprinzip nach § 4 Abs. 3 TVG (BAG 22. April  4 AZR 100/08 - Rn. 64 mwN, AP BGB § 613a Nr. 371 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 110; 23. Januar  4 AZR 602/06 - Rn. 34, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 63 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 38). [33] Daher besteht entgegen der Annahme der Revision für die Regelungen des allgemeinverbindlichen LTV WSG im Arbeitsverhältnis der Parteien kein doppelter Geltungsgrund in dem Sinne, dass dessen Tarifbestimmungen auch infolge einer Transformation gemäß § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB anzuwenden wären. Es gelten weder die tariflichen Regelungen des ERTV noch die des vormals verdrängten LTV WSG nach § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB weiter. Sie sind durch den bei der Beklagten allein normativ geltenden allgemeinverbindlichen LTV WSG nach § 613a Abs. 1 Satz 3 BGB abgelöst worden. Deshalb kommt es auch nicht zu einer „Konkurrenz“ von vormaligen tariflichen Regelungen, die nunmehr infolge der gesetzlich angeordneten Transformation im Arbeitsverhältnis in besonderer Weise weitergelten, und von kraft Allgemeinverbindlichkeit geltenden Tarifnormen.“ Stralsunder Arbeitsrechtstag 2011

46 Tarifpluralität und Bezugnahmeklausel
13. Mai 2011 Tarifpluralität und Bezugnahmeklausel BAG – 4 AZR 784/07 – Auflösung nach Günstigkeitsprinzip oder nach Tarifkonkurrenzregeln? (dazu auch schon oben) Sachverhalt: Arbeitgeber (Kindereinrichtung) war früher Mitglied im KAV. Im Arbeitsverhältnis zur Klägerin gibt es eine dynamische Bezugnahme auf den BAT. Später wechselt der Arbeitgeber zu einem Verband (PATT), der mit einer Nicht-DGB-Gewerkschaft Tarifverträge abschließt. Im Eintrittsjahr bei PATT war der Arbeitgeber gleichzeitig an BAT-O gebunden (Nachgeltung nach § 3 Absatz 3 TVG) und an PATT-Tarifverträge. Wie wirkt sich das auf die Bezugnahmeklausel aus? 3. STRALSUNDER ARBEITSRECHTSTAGE MAI 2011 BAG – 4 AZR 784/07 – Günstigkeitsprinzip oder Tarifkonkurrenz? Fundstellen: BAGE 128, 165 = AP Nr. 66 zu § 1 TVG Bezugnahme auf Tarifvertrag = NZA 2009, 151 = ZTR 2009, 139 Anmerkung: Der Fall ist bereits oben vorgestellt worden bei der Frage, ob wann eine dynamische Bezugnahmeklausel als Tarifwechselklausel angesehen werden kann. Sachverhalt: Arbeitgeber (Kindereinrichtung) war früher Mitglied im KAV. Im Arbeitsverhältnis zur Klägerin gibt es eine dynamische Bezugnahme auf den BAT. Später wechselt der Arbeitgeber zu einem Verband (PATT), der mit einer Nicht-DGB-Gewerkschaft Tarifverträge abschließt. Arbeitgeber rechnet jetzt nach PATT-Tarif ab. Arbeitnehmerin klagt die Differenz ein und gewinnt beim BAG. 3. STRALSUNDER ARBEITSRECHTSTAGE MAI 2011

47 13. Mai 2011 BAG – 4 AZR 784/07 – Die Lösung Gründe: BAG sagt, Vertrag verweist nach wie vor auf BAT-O, da die Bezugnahmeklausel keine Tarifwechselklausel sei (s.o.) – Im Verhältnis des schuldrechtlich geltenden BAT-O und des normativ geltenden PATT-TV wären auch nicht die Regeln der Tarifkonkurrenz anwendbar, sondern allein das Günstigkeitsprinzip aus § 4 Absatz 3 TVG. 3. STRALSUNDER ARBEITSRECHTSTAGE MAI 2011 Gründe: Anspruchsgrundlage ist die vertragliche Bezugnahme auf den BAT. – Im Verhältnis des schuldrechtlich geltenden BAT und des normativ geltenden PATT-TV wären auch nicht die Regeln der Tarifkonkurrenz anwendbar, sondern allein das Günstigkeitsprinzip. Lösung: Es wirkt sich gar nicht aus. Denn der alte TV gilt wegen der Bindungsklausel im Arbeitsverhältnis einzelvertraglich. Und im Verhältnis Einzelvertrag zu TV gelte das Günstigkeitsprinzip. – Soweit man die BAG-Rechtsprechung anders interpretieren könnte, wird sie aufgegeben. Wegen dieses Grundsatzes ist es egal, wie die Tarifpluralität auf kollektiver Ebene zu lösen ist. Würde der PATT-TV vorgehen, wäre der Arbeitsvertrag mit dem BAT eben günstiger, würde der BAT vorgehen, hätte die Arbeitnehemrin einfach zwei statt einer Anspruchsgrundlage. Textauszug zur Nebeneinandergeltung von PATT und BAT-O: „[33] c) Selbst wenn man zu Gunsten des Beklagten davon ausgeht, die Tarifverträge des PATT stellten sowohl räumlich als auch fachlich die speziellere Regelung dar, würde eine Verdrängung des BAT-O nach den dargestellten Grundsätzen der Tarifeinheit nicht zur Folge haben, dass dessen Bestimmungen auf das Arbeitsverhältnis der Klägerin nicht mehr anzuwenden wären. [34] Die individualvertragliche Inbezugnahme eines Tarifvertrages führt nicht zu dessen tarifrechtlicher Geltung mit der Folge, dass seine Bestimmungen im Wege der Auflösung einer Tarifpluralität nach dem tarifrechtlichen Spezialitätsprinzip verdrängt werden könnten. Es handelt sich vielmehr um eine einzelvertragliche Regelung von Arbeitsbedingungen (BAG 26. Januar AZR 611/92 - BAGE 75, 298, 308; Kraft RdA 1992, 161, 167; Wiedemann/Arnold ZTR 1994, 443, 446; Hanau/Kania Anm. AP TVG § 4 Tarifkonkurrenz Nr. 20; Oetker Anm. AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 6; ErfK/Franzen 8. Aufl. § 3 TVG Rn. 31; Kempen/Zachert/Stein TVG 4. Aufl. § 3 Rn. 153, 155; Wiedemann/Wank TVG 7. Aufl. § 4 Rn. 281; Wiedemann/Oetker § 3 Rn. 285, Fn. 55; aA Däubler/Lorenz § 3 Rn. 226) . Deshalb kann es aufgrund einer arbeitsvertraglichen Inbezugnahme eines Tarifvertrags nicht zu einer Tarifkonkurrenz kommen. Es geht nicht um die Konkurrenz zweier Normenverträge. Ist der Arbeitnehmer an einen Tarifvertrag gebunden, gilt im Verhältnis zu den vertraglich in Bezug genommenen Regelungen das tarifrechtliche Günstigkeitsprinzip gemäß § 4 Abs. 3 TVG (Senat 29. August AZR 767/06 - AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 61 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 37, unter Aufgabe von Senat 23. März AZR 203/04 - BAGE 114, 186) . Ebenso wenig kann die Auflösung einer Tarifpluralität dazu führen, dass die Bestimmungen eines individualvertraglich in Bezug genommenen Tarifvertrages verdrängt werden. Fehlt es - wie im vorliegenden Rechtsstreit - an einer Tarifgebundenheit des Arbeitnehmers, verbleibt es bei der arbeitsvertraglichen Regelung. Diese sieht hier die Anwendung des BAT-O einschließlich der diesen ergänzenden, ändernden und ersetzenden Tarifverträge vor. [35] Soweit der Senat in seiner Entscheidung vom 20. März 1991 (- 4 AZR 455/90 - BAGE 67, 330 ; s. dazu auch Senat - 4 AZR 663/95 - AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 6 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 8) angenommen hat, auch eine vertragliche Inbezugnahme eines Tarifvertrages könne zu einer Tarifkonkurrenz oder einer Tarifpluralität führen, weil sie „eine Geltung des in Bezug genommenen Tarifvertrages“ bewirke und der Ursprung der Tarifgeltung ohne Bedeutung sei (abl. BAG 22. September AZR 207/92 - BAGE 74, 238; 26. Januar AZR 611/92 - BAGE 75, 298; Merten BB 1993, 572, 577; Wiedemann/Wank § 4 Rn. 281; Wank Anm. EzA TVG § 4 Tarifkonkurrenz Nr. 9; Jacobs Tarifeinheit und Tarifkonkurrenz S. 462 f.; Fenn FS Kissel S. 213, 232 f.; Hanau/Kania Anm. AP TVG § 4 Tarifkonkurrenz Nr. 20; Schleusener SAE 1998, 5, 14; Reuter JuS 1992, 105, 109), wird diese Auffassung im Anschluss an das Senatsurteil vom 29. August 2007 (- 4 AZR 767/06 - AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 61 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 37) ausdrücklich aufgegeben.“ 3. STRALSUNDER ARBEITSRECHTSTAGE MAI 2011

48 Tarifsukzession (Folie 1 von 4)
13. Mai 2011 Tarifsukzession (Folie 1 von 4) Unter Tarifsukzession versteht man die Ablösung eines Tarifwerkes, das Tarifvertragspartner geschaffen haben durch ein neues Tarifwerk. Prominentestes Beispiel aus der jüngeren Vergangenheit ist die Ablösung des BAT / BAT-O durch die Tarifwerke TVöD und TV-L (2005 bzw. 2006). Die verschiedenen Bezugnahmeklauseln wirken sich im Falle einer Tarifsukzession unterschiedlich aus. 3. STRALSUNDER ARBEITSRECHTSTAGE MAI 2011 3. STRALSUNDER ARBEITSRECHTSTAGE MAI 2011

49 Tarifsukzession (Folie 2 von 4)
13. Mai 2011 Tarifsukzession (Folie 2 von 4) Liegt eine statische Bezugnahme vor, hat die Tarifsukzession keine Auswirkungen, es gilt weiter der konkret in Bezug genommene Tarifvertrag (und zwar auch dann, wenn er untergegangen ist). Die Gleichstellungsabrede und sogar die Tarifwechselklausel verweisen unproblematisch auf das neue Tarifwerk Allein die „unbedingte“ dynamische Verweisung auf ein Tarifwerk könnte Probleme bereiten, da eben BAT nicht gleich TVöD 3. STRALSUNDER ARBEITSRECHTSTAGE MAI 2011 3. STRALSUNDER ARBEITSRECHTSTAGE MAI 2011

50 Tarifsukzession (Folie 3 von 4)
13. Mai 2011 Tarifsukzession (Folie 3 von 4) Im Falle der Tarifsukzession kommt aber eine ergänzende Vertragsauslegung in Betracht, wenn es wegen des Untergangs des alten Tarifwerks an einer weiteren lebendigen Entwicklung des Arbeitsverhältnisses auf Basis der Bezugnahmeklausel fehlt. So inzwischen ständige Rechtsprechung des BAG für die Ablösung des BAT durch die Folgetarifwerke. Grundlegend: BAG 19. Mai – 4 AZR 796/08 3. STRALSUNDER ARBEITSRECHTSTAGE MAI 2011 BAG 19. Mai – 4 AZR 796/08 Fundstellen: NZA 2010, 1183 = DB 2010, 1888 = AP Nr. 76 zu § 1 TVG Bezugnahme auf Tarifvertrag = BAGE xxx, xxx Sachverhalt: Bezugnahmeklausel lautete nur: „Soweit nachstehend nichts anderes vereinbart ist, gelten für das Arbeitsverhältnis die Bestimmungen des Bundes-Angestelltentarifvertrages (BAT) in der jeweils gültigen Fassung und die dazu abgeschlossenen Zusatzverträge.“ 3. STRALSUNDER ARBEITSRECHTSTAGE MAI 2011

51 Tarifsukzession (Folie 4 von 4)
13. Mai 2011 Tarifsukzession (Folie 4 von 4) Ungeklärt ist aber nach wie vor das Problem, wie ermittelt werden soll, welches von verschiedenen neuen Tarifwerken jetzt von der Bezugnahmeklausel erfasst werden soll. Konflikte bereiten insbesondere die Ärzte, denn der BAT ist nicht nur durch den TV-L und den TVöD abgelöst worden, sondern auch durch die Tarifverträge, die der Marburger Bund für die Ärzte abgeschlossen hat (TV Ärzte Uni-Kliniken und TV Ärzte VkA). Das BAG hat mal beiläufig gesagt, wegen des Zwecks Bezugnahme, die Arbeitsbedingungen zu vereinheitlichen, spreche viel dafür, dass im Rahmen der ergänzenden Vertragsauslegung beim umfassenden TRV-L oder TVöD lande (zweifelhaft). BAG – 4 AZR 14/09 3. STRALSUNDER ARBEITSRECHTSTAGE MAI 2011 BAG – 4 AZR 14/09 Fundstellen: ZTR 2011, 152 Sachverhalt: Bezugnahmeklausel lautete nur: „nach dem Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) vom 23. Februar und den diesen ergänzenden oder ändernden Tarifverträgen.“ 3. STRALSUNDER ARBEITSRECHTSTAGE MAI 2011

52 Die Kunst der richtigen Formulierung
13. Mai 2011 Die Kunst der richtigen Formulierung Da die hauptsächliche Änderung in der Rechtsprechung die Auslegung üblicher Bezugnahme-Klauseln betrifft, besteht die Chance, durch genaue Formulierung der Bezugnahme sicherzustellen, dass auch nur das eintritt, was man damit gewollt hat. Dazu gibt es reichlich Anschaungsmaterial in der Literatur. Das Thema kann und soll hier nicht erschöpfend behandelt werden. Alle Formulierungsversuche haben eine Gemeinsamkeit: Die Formulierungen werden länger und – für Nicht-Juristen – deutlich schwerer zu verstehen. 3. STRALSUNDER ARBEITSRECHTSTAGE MAI 2011 3. STRALSUNDER ARBEITSRECHTSTAGE MAI 2011

53 Hebe das Ziel und nicht das Mittel hervor
13. Mai 2011 Hebe das Ziel und nicht das Mittel hervor Schon bei der Begriffsbildung sollte man darauf achten, dass das Ziel (Bindung) und das Mittel (Bezugnahme) hervorgehoben wird. Sofern man Einschränkungen zur Bindung vereinbaren will, sollte man von Vorbehalten reden. Dadurch erreicht man eine Begriffswelt, die in sich konsistent ist und das Gewollte klar zum Ausdruck bringt. 3. STRALSUNDER ARBEITSRECHTSTAGE MAI 2011 3. STRALSUNDER ARBEITSRECHTSTAGE MAI 2011

54 Statische Bindung an einen Tarifvertrag
13. Mai 2011 Statische Bindung an einen Tarifvertrag Am wenigsten Sorge bereiten statische Verweisungen („statische Bindungsklausel“). Die bisherigen Standards können beibehalten werden. Beispiele: „Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet ergänzend der Entgelttarifvertrag für den Einzelhandel in Mecklenburg-Vorpommern in der Fassung vom [Datum] Anwendung.“ „Die Vergütung richtet sich nach dem Tarifvertrag Metallgewerbe Mecklenburg-Vorpommern mit Stand April 2011.“ 3. STRALSUNDER ARBEITSRECHTSTAGE MAI 2011 3. STRALSUNDER ARBEITSRECHTSTAGE MAI 2011

55 Bindung an bestimmte Tarifwerke
13. Mai 2011 Bindung an bestimmte Tarifwerke Auch der Klausel-Typ der echten („unbedingten“) dynamischen Verweisung – ich würde ihn „Klausel zur Bindung an ein Tarifwerk“ nennen – ist nicht problematisch, es kann bei den alten eingeführten Formulierungen verbleiben. Beispiele: „Es gilt der Tarifvertrag XY in seiner jeweiligen Fassung“ „Auf das Arbeitsverhältnis wird der TVöD in seiner jeweils gültigen Fassung einschließlich der dazu gehörenden Entgelttarifverträge und der sonstigen diesen Tarifvertrag ergänzenden Tarifverträge angewendet.“ „Im übrigen gilt das Tarifwerk, das der Arbeitgeberverband X und die Gewerkschaft Y für die A-Branche der Tarifregion C verabredet haben in der jeweils aktuellen Fassung.“ 3. STRALSUNDER ARBEITSRECHTSTAGE MAI 2011 3. STRALSUNDER ARBEITSRECHTSTAGE MAI 2011

56 Bindung an Tarifwerk einschließlich „ersetzender Tarifverträge“
13. Mai 2011 Bindung an Tarifwerk einschließlich „ersetzender Tarifverträge“ Bei echten dynamischen Verweisungen (Bindungen an bestimmte Tarifwerke) besteht aus Arbeitnehmersicht gelegentlich auch noch der Wunsch, sich für den Fall abzusichern, dass ein Tarifwerk untergeht und durch ein neues ersetzt wird (Beispiel: Ablösung des BAT durch den TVöD bzw. den TV-L) „Auf das Arbeitsverhältnis wird der TVöD in seiner jeweils gültigen Fassung einschließlich der dazu gehörenden Entgelttarifverträge und der sonstigen diesen Tarifvertrag ergänzenden Tarifverträge angewendet sowie die Tarifverträge, die zukünftig einmal den TVöD und die weiteren hier in Bezug genommenen Tarifverträge ersetzen werden.“ 3. STRALSUNDER ARBEITSRECHTSTAGE MAI 2011 3. STRALSUNDER ARBEITSRECHTSTAGE MAI 2011

57 Bindung an Tarifwerk, solange Arbeitgeber daran gebunden ist
13. Mai 2011 Bindung an Tarifwerk, solange Arbeitgeber daran gebunden ist Das ist das, was man landläufig als Gleichstellungsabrede bezeichnet. Hier ist auch eine Bindung an ein bestimmtes Tarifwerk gewollt, sie steht aber unter dem Vorbehalt der weiteren Tarifbindung des Arbeitgebers. Hierzu gibt es jede Menge Formulierungsvorschläge in der Literatur. Ich greif nur mal exemplarisch ein paar wenige heraus. 3. STRALSUNDER ARBEITSRECHTSTAGE MAI 2011 3. STRALSUNDER ARBEITSRECHTSTAGE MAI 2011

58 Gleichstellungsabrede (Bauer / Günther)
13. Mai 2011 Gleichstellungsabrede (Bauer / Günther) Jobst-Hubertus Bauer und Jens Günther schlagen vor (NZA 2008, 6, 7): „ Im Übrigen gilt der Tarifvertrag XY, an den der Arbeitgeber derzeit gebunden ist, in seiner jeweils gültigen Fassung. Diese Abrede gilt, weil und solange der Arbeitgeber tarifgebunden ist. Sie bezweckt die Gleichstellung nicht organisierter mit organisierten Mitarbeitern. Endet oder entfällt die Tarifbindung des Arbeitgebers, gelten die in Bezug genommenen Tarifverträge mit dem Inhalt, den sie bei Ende der Tarifbindung des Arbeitgebers hatten; der Arbeitnehmer hat [dann] keinen Anspruch auf Weitergabe künftiger Tarifentwicklungen [mehr].“ 3. STRALSUNDER ARBEITSRECHTSTAGE MAI 2011 3. STRALSUNDER ARBEITSRECHTSTAGE MAI 2011

59 Gleichstellungsabrede (Greiner, NZA 2006, 625)
13. Mai 2011 Gleichstellungsabrede (Greiner, NZA 2006, 625) „Das Arbeitsverhältnis bestimmt sich nach den im Betrieb oder Betriebsteil geltenden Tarifverträgen in ihrer jeweiligen Fassung. Das sind nach Kenntnis des Arbeitgebers die Tarifverträge XY. Kommen nach dieser Regelung unterschiedliche Tarifverträge in Betracht, so ist die Auswahl des anzuwendenden Tarifvertrags nach den Regeln zur Tarifkonkurrenz zu bestimmen. Im Fall der Beendigung der Tarifbindung des Arbeitgebers sind für ihn nicht gültige Tarifvertragsänderungen oder Ablösungen von Tarifverträgen nicht zu berücksichtigen.“ 3. STRALSUNDER ARBEITSRECHTSTAGE MAI 2011 3. STRALSUNDER ARBEITSRECHTSTAGE MAI 2011

60 Gleichstellungsabrede (Preis / Greiner)
13. Mai 2011 Gleichstellungsabrede (Preis / Greiner) Preis / Greiner (NZA 2007, 1073, 1079f) schlagen vor: „(1) Ist der Arbeitnehmer an bei dem Arbeitgeber geltende Tarifverträge normativ gebunden (§ 3 I TVG), finden auf das Arbeitsverhältnis ausschließlich diese Tarifverträge Anwendung. Abs. 2-5 gelten in diesem Fall nicht. (2) Ist keine Tarifbindung des Arbeitnehmers an einen beim Arbeitgeber geltenden Tarifvertrag gegeben, finden auf das Arbeitsverhältnis die jeweils für eine relative Mehrheit der im jeweiligen Beschäftigungsbetrieb tätigen tarifgebundenen Arbeitnehmer geltenden Tarifverträge in ihrer jeweils gültigen Fassung Anwendung. Das sind nach Kenntnis des Arbeitgebers derzeit die Tarifverträge der XY-Branche im Tarifgebiet Z, abgeschlossen zwischen dem Arbeitgeber/AGV X und der Gewerkschaft Y. …“ 3. STRALSUNDER ARBEITSRECHTSTAGE MAI 2011 Die ganze Klausel lautet: Preis / Greiner (NZA 2007, 1073, 1079f) schlagen vor: (1) Ist der Arbeitnehmer an bei dem Arbeitgeber geltende Tarifverträge normativ gebunden (§ 3 I TVG), finden auf das Arbeitsverhältnis ausschließlich diese Tarifverträge Anwendung. Abs. 2-5 gelten in diesem Fall nicht. (2) Ist keine Tarifbindung des Arbeitnehmers an einen beim Arbeitgeber geltenden Tarifvertrag gegeben, finden auf das Arbeitsverhältnis die jeweils für eine relative Mehrheit der im jeweiligen Beschäftigungsbetrieb tätigen tarifgebundenen Arbeitnehmer geltenden Tarifverträge in ihrer jeweils gültigen Fassung Anwendung. Das sind nach Kenntnis des Arbeitgebers derzeit die Tarifverträge der XY-Branche im Tarifgebiet Z, abgeschlossen zwischen dem Arbeitgeber/AGV X und der Gewerkschaft Y. (3) Der Arbeitgeber kann aus wirtschaftlichen Gründen durch schriftliche Erklärung für die Zukunft die Anwendung der nach Abs. 2 geltenden Tarifverträge auf die im Zeitpunkt der Erklärung geltende Fassung beschränken. (4) Entfällt jegliche Tarifbindung des Arbeitgebers, gelten die zu diesem Zeitpunkt gemäß Abs. 2 anwendbaren Tarifverträge statisch in der zuletzt gültigen Fassung fort, soweit sie nicht durch andere Abmachungen ersetzt werden. (5) Abs. 4 gilt entsprechend im Falle eines Betriebsübergangs, wenn der neue Arbeitgeber nicht tarifgebunden ist. Für den Fall, dass der neue Arbeitgeber tarifgebunden ist, finden die jeweils für die Mehrheit der bei dem neuen Arbeitgeber78 beschäftigten Arbeitnehmer geltenden Tarifverträge Anwendung. 3. STRALSUNDER ARBEITSRECHTSTAGE MAI 2011

61 Gleichstellungsabrede (Eigener Vorschlag 1)
13. Mai 2011 Gleichstellungsabrede (Eigener Vorschlag 1) „Der Arbeitgeber ist Mitglied im [Name des Arbeitgeberverbandes], der Tarifverträge mit der Gewerkschaft [Name der Gewerkschaft] abschließt, die ihrem fachlichen Geltungsbereich nach auf den Betrieb Anwendung finden. Die Parteien des Arbeitsvertrages vereinbaren, dass der Arbeitnehmer in jeder Beziehung und zu jedem Zeitpunkt wie die Arbeitnehmer des Betriebes behandelt wird, die Mitlieder in der erwähnten Gewerkschaft sind (Gleichstellungsabrede).“ 3. STRALSUNDER ARBEITSRECHTSTAGE MAI 2011 Bewertung: Der Regelungsgehalt ist vollständig. Die Klausel ist aber nicht sehr transparent, denn es wird gerade nicht erwähnt, dass die Gleichstellung mit den Gewerkschaftsmitgliedern beim Verbandsaustritt auch Nachteile haben kann. 3. STRALSUNDER ARBEITSRECHTSTAGE MAI 2011

62 Gleichstellungsabrede (Eigener Vorschlag 2)
13. Mai 2011 Gleichstellungsabrede (Eigener Vorschlag 2) „Das Arbeitsverhältnis wird an das geltende Tarifwerk gebunden, das der Arbeitgeberverband X und die Gewerkschaft Y für die A-Branche der Tarifregion B geschaffen haben. Dazu zählen auch die Tarifverträge, die der Arbeitgeber selbst mit der erwähnten Gewerkschaft abgeschlossen hat. Zukünftige Tarifverträge aus diesem Tarifwerk werden von dieser Bindung nur erfasst, wenn es sich um Tarifverträge handelt, auf die der Arbeitgeber kraft seiner Mitgliedschaft im Arbeitgeberverband X noch Einfluss nehmen konnte, oder wenn er sie selbst mit der Gewerkschaft Y abgeschlossen hat.“ 3. STRALSUNDER ARBEITSRECHTSTAGE MAI 2011 Das wäre eine Gleichstellungsabrede, die auch für Unternehmen funktionieren könnte, die in mehreren Tarifgebieten Betriebe habe, ihre Arbeitsbedingungen aber einheitlich nach dem TV am Stammsitz gestalten wollen. 3. STRALSUNDER ARBEITSRECHTSTAGE MAI 2011

63 13. Mai 2011 Bindungsklauseln mit Ausstiegsvorbehalten für den Arbeitgeber (Tarifwechselklausel) Jenseits der Bindungsklauseln mit dem Vorbehalt der fortdauernden Bindung des Arbeitgebers an das Tarifwerk (= Gleichstellungsklauseln) gibt es noch weitreichendere Klauseln, mit denen der Arbeitgeber umfassend das Ziel verfolgt, seine arbeitsvertragliche Bindung unter keinen Umständen weiter reichen zu lassen als seine kollektivrechtlichen Bindungen (einschließlich der seiner potentiellen Rechtsnachfolger). Das wird alles unter dem Begriff Tarifwechselklausel erfasst. Das ist ein weites Feld für Kautelarjuristen. Um zu ermessen, wie weit das gehen kann, hier nur ein Beispiel mit einer relativ knappen Formulierung. 3. STRALSUNDER ARBEITSRECHTSTAGE MAI 2011 3. STRALSUNDER ARBEITSRECHTSTAGE MAI 2011

64 13. Mai 2011 Bauer / Günter (NZA 2008, 6, 7) schlagen vor: „Im Übrigen gelten unabhängig von der Gewerkschaftszugehörigkeit des Arbeitnehmers die jeweils für den Arbeitgeber kraft eigenen Abschlusses, kraft Mitgliedschaft im Arbeitgeberverband oder kraft Allgemeinverbindlichkeit anwendbaren Tarifverträge in ihrer jeweils gültigen Fassung, so als wäre der Arbeitnehmer Mitglied der tarifschließenden Gewerkschaft. Derzeit sind dies die Tarifverträge der XY-Industrie. Endet die Tarifbindung des Arbeitgebers, so finden in der Folgezeit die Bestimmungen der Tarifverträge in ihrer zum Zeitpunkt des Endes der Tarifbindung geltenden Fassung Anwendung; der Arbeitnehmer hat keinen Anspruch auf Weitergabe zukünftiger Tarifänderungen. Diese Regelung gilt jeweils solange, bis für den Arbeitgeber wieder kraft eigenen Abschlusses, Mitgliedschaft im Arbeitgeberverband oder Allgemeinverbindlichkeit ein Tarifvertrag gemäß Satz 1 Anwendung findet. Das bedeutet, dass insbesondere im Fall eines Verbandswechsels des Arbeitgebers, eines Betriebsübergangs oder eines Wechsels der Branche der dann für den Arbeitgeber kraft eigenen Abschlusses, Mitgliedschaft im Arbeitgeberverband oder Allgemeinverbindlichkeit anwendbare Tarifvertrag in seiner jeweils gültigen Fassung Anwendung findet.” 3. STRALSUNDER ARBEITSRECHTSTAGE MAI 2011 Im letzten Absatz (von mir kursiv hervorgehoben) ist die Wechselklausel eingebaut. Ich persönlich halte den Text insoweit für schwer lesbar und für Nicht-Juristen wohl nur sehr schwer verständlich. – Bei mir würde das zu einem unbestimmten Misstrauen führen, das im schlimmsten Falle mich ganz davon abhalten würde, den Vertrag zu unterzeichnen. 3. STRALSUNDER ARBEITSRECHTSTAGE MAI 2011

65 Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit
13. Mai 2011 Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit 3. STRALSUNDER ARBEITSRECHTSTAGE MAI 2011 3. STRALSUNDER ARBEITSRECHTSTAGE MAI 2011


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