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Berthold Meyer Formen der Konfliktregelung

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Präsentation zum Thema: "Berthold Meyer Formen der Konfliktregelung"—  Präsentation transkript:

1 Berthold Meyer Formen der Konfliktregelung
Proseminar Universität Marburg

2 Formen der Konfliktregelung, Teil I
1. Was ist ein sozialer Konflikt? 2. Inhaltliche Differenzierung: Interessen-, Wert- und Machtkonflikte Probleme des ungeregelten Konfliktverlaufs 3.1 Eskalationsmodelle 3.2 Die Ambivalenz der Gewalt Worauf Konfliktbearbeitung zielt: Konfliktlösung oder Suche nach einem Modus vivendi? 5. Die Bedeutung von Kommunikations- und Beziehungsstörungen sowie (weiterer) psychologischer Hindernisse Strukturelle Probleme Die Bedeutung der Mediation als Konfliktregelungsmethode Andere Methoden © Berthold Meyer, HSFK/ PRIF

3 Formen der Konfliktregelung, Teil II
Konfliktregelung im demokratischen Rechtsstaat 1. Recht, Gesetze und Verfahren als Konfliktregelungsinstrumente 2. Rechtsstaat, Friedensbereitschaft und Konfliktkultur – ein Dreiecksverhältnis im zivilisatorischen Hexagon 3. Zum Verhältnis von Recht und Konflikt 4. Mediationsverfahren: Konflikregelung ohne Gericht © Berthold Meyer, HSFK/ PRIF

4 Formen der Konfliktregelung, Teil III
Konfliktregelung im internethnischen und interreligiösen Bereich Ethnizität und Religiosität – realitätsstiftende Konstrukte Probleme der Konfliktregelung bei Wert- und Identitätskonflikten Gewaltverminderung durch Sezession? Integration von Zuwanderern durch Partizipation © Berthold Meyer, HSFK/ PRIF

5 Formen der Konfliktregelung, Teil IV
IV. Konfliktregelung im internationalen Bereich 1. Die Suche nach dem globalen Dorfpolizisten – was soll und was kann die UNO leisten? 2. Gut gemeint oder gut? Wie humanitär sind „humanitäre Interventionen“? 3. Konfliktentscheidung durch Richterspruch und Gutachten des IGH 4. Konfliktmanagement auf Zeit durch internationale Regime © Berthold Meyer, HSFK/ PRIF

6 I. 1. Was ist ein sozialer Konflikt? (1)
Soziale Konflikte sind … Minimalkonsens nach Balint Balla : … Auseinandersetzungen zwischen zwei oder mehreren Individuen oder Gruppen (Organisationen, Staaten usw.) Ralf Zoll : … gesellschaftliche Tatbestände, die auf Unterschieden (oder Ernst Otto Czempiel: Positionsdifferenzen) in den sozialen Lagen und/oder in den Interessenkonstellationen der Konfliktparteien beruhen © Berthold Meyer, HSFK/ PRIF

7 I. 1. Was ist ein sozialer Konflikt? (3)
Eine gut gekleidete Person geht etwa drei Meter am Bettler vorüber. Sie bleibt stehen, geht zum Geldautomaten zurück, hebt Geld ab, steckt es ein, schlägt einen Bogen um den Pappbecher des Bettlers und will ihres Weges gehen. Als der Bettler ihr „Geizhals!“ nachruft, dreht sie sich kurz um, entgegnet „Faulpelz!“ und geht weiter. Positionsdifferenz ist anzunehmen, aber haben die beiden einander überhaupt wahrgenommen? Es gibt ein Wechselspiel von Wahrnehmung und Verhalten. Dadurch kommt es zum sozialen Tatbestand. Dieser lässt sich als latenter Konflikt deuten. Erst durch die wechselseitige Beschimpfung und Kommentierung ihrer Wahrnehmung wird der Konflikt manifest. © Berthold Meyer, HSFK/ PRIF

8 I. 1. Was ist ein sozialer Konflikt? (4)
Weitere Definitionsmerkmale: Werner Link: … die Unvereinbarkeiten müssen den Handelnden bewusst sein und für sie handlungsbestimmend werden, und darüber hinaus eine kritische Spannung im Beziehungszusammenhang bilden. Ulrike Wasmuht: Konfliktgegenstand sind Ziele und/ oder Mittel. Die Parteien verfolgen unterschiedliche, vom Ausgangspunkt her unvereinbare Ziele oder streben dasselbe Ziel an, das aber nur eine Partei erreichen kann, und/oder wollen unterschiedliche, vom Ausgangspunkt her unvereinbare Mittel zur Erreichung eines bestimmten Zieles anwenden. © Berthold Meyer, HSFK/ PRIF

9 I. 2. Inhaltliche Differenzierung (1)
Competition Interessenkonflikt Verteilungskonflikt Dissensus (Aubert) Wertkonflikt (Röhl) Meinungskonflikt (Raiser) Identitätskonflikt (Senghaas) © Berthold Meyer, HSFK/ PRIF

10 I. 2. Inhaltliche Differenzierung (2)
Interessen- oder Verteilungskonflikte: Auseinandersetzungen um knappe Güter, die sich die Konfliktparteien aneignen oder von denen sie möglichst viel für sich er- oder behalten wollen. Regelung durch Marktmechanismus wahrscheinlich. Lösung durch Kompromiss möglich. © Berthold Meyer, HSFK/ PRIF

11 I. 2. Inhaltliche Differenzierung (3)
Werte- oder Identitätskonflikte: Auseinandersetzung – insbesondere zwischen Parteien mit starren religiösen, moralischen, politischen oder wissenschaftlichen Überzeugungen – darüber, was nach ihren jeweiligen Norm- oder Wertvorstellungen richtig oder falsch, zu tun oder zu lassen ist; Streit um die Zugehörigkeit zu einer Gemeinschaft (Gruppe, Ethnie, Volk etc.). Regelung durch Kompromissfindung kaum möglich. Lösung unter Umständen durch räumliche Trennung denkbar. © Berthold Meyer, HSFK/ PRIF

12 I. 2. Inhaltliche Differenzierung (4)
In der Wirklichkeit vermengen sich häufig Interessen- und Wertkonflikte. Um die eigene Position zu stärken und die dahinter stehenden Interessen zu verstecken, wird etwas als besonders werthaltig dargestellt oder als Bestandteil der eigenen (z.B. nationalen) Identität ausgegeben. © Berthold Meyer, HSFK/ PRIF

13 I. 2. Inhaltliche Differenzierung (5)
Beispiel Jugoslawien-Konflikt Nach Dieter Senghaas (1992) © Berthold Meyer, HSFK/ PRIF

14 I. 2. Inhaltliche Differenzierung (6)
Obwohl die Auseinandersetzungen von „kalkulierbaren Interessen“ durchsetzt waren, handelte es sich „auch – und oft zuallererst – um Identitätskonflikte. Es geht in ihnen um unterschiedliche Lebensentwürfe, die in ihrer verschiedenartigen Geschichte, in unterschiedlichem Brauchtum, einer eigenen Sprache und in widerstreitenden politischen Zielsetzungen begründet sind. Von außen erscheinen solche Konflikte oft als abgründig-irrational, … aber die Betroffenen finden in (ihnen) einen eigenen Lebenssinn, und sie sind deshalb bereit, für sich und ihre volksstämmigen Mitbürger … gegebenenfalls auch das eigene Leben zu investieren.“ (Senghaas 1992: 72) © Berthold Meyer, HSFK/ PRIF

15 I. 2. Inhaltliche Differenzierung (7)
Inwieweit geht es sowohl bei Interessen- als auch bei Wertkonflikten um die Durchsetzung von Macht? Und inwieweit ist Macht ein Medium, um derartige Konflikte zu steuern? Nach Ernst Otto Czempiel © Berthold Meyer, HSFK/ PRIF

16 I. 2. Inhaltliche Differenzierung (8)
Die Erringung, Bewahrung und Vergrößerung von Macht, verstanden als Fähigkeit zur Zuteilung (Allokation) von Werten oder von Entscheidungs- und Durchsetzungskompetenz stellt „das wichtigste Konfliktobjekt dar, und zwar sowohl in den Beziehungen zwischen dem politischen System und seinem gesellschaftlichen Umfeld wie zwischen ihnen und ihrer internationalen Umwelt“ (Czempiel 1981: 204) © Berthold Meyer, HSFK/ PRIF

17 I. 2. Inhaltliche Differenzierung (9)
Drei Typen von Macht nach Czempiel (1999): Die klassische Machtpolitik, die Gewalt androht oder anwendet, und die er „Beziehungsmacht“ nennt, bringt Machtkonflikte mit sich. Eine viel effizientere Machtpolitik ergibt sich aus der Interdependenz der Staaten z.B. in der EU. Sie findet sich in Politikformen, für die die Begriffe „Governance“ und „Soft Power“ stehen. Hier vergrößern sich Einflusssphären durch die Verlagerung von Kompetenzen in gemeinsame Gremien. Die „zukunftsreichste“ Form der Machtausübung, die „Meta-Power“ oder „Strukturelle Macht“ besitzt derjenige, „der in der Lage ist, die ablaufenden Interaktionen über Zeit so zu steuern, dass die daraus erwachsenden Strukturen seinen Zielen dienen.“ © Berthold Meyer, HSFK/ PRIF

18 Exkurs: Themen der Simulationsgruppen (1)
Angst vor Überfremdung (Toleranzgrenze ggü. Minderheiten sinkt) Neuer Generationenkonflikt Innergesellschaftlicher Konflikt arm-reich Nahrungsmittelversorgung Ressourcenkonflikt Afrika Ethnische Unruhen, Religionskonflikte, Zivilisationskonflikt Afrikanische Union Fluchtpunkt vs. Festung Europa (Migration) Zentrale Frage: Auf welcher Ebene soll der Konflikt in der Simulation abgebildet werden? Anschlussfrage: Wer sind die Konfliktparteien? © Berthold Meyer, HSFK/ PRIF

19 Exkurs: Themen der Simulationsgruppen (2)
Beispiel: Angst vor Überfremdung - Persönliche Ebene: Schicken wir unser Kind in eine Schule, in der der Ausländeranteil sehr groß ist? - Kommunale Ebene: Streit um einen Moscheebau - Bundesebene: Die Islam-Konferenzen - internationale Ebene: Das unterschiedliche Integrations- und Assimilisationsverständnis deutscher und türkischer Politiker Konfliktparteien: Eltern unterschiedlicher Herkunft, Schüler, Lehrer, Schulleitung Stadtverwaltung, politische Parteien, Kirchen, muslimische Verbände Bundesregierung, Integrationsbeauftragte, muslimische Verbände, andere Muslime Bundesregierung, türkische Regierung, dt. und türk. Abgeordnete © Berthold Meyer, HSFK/ PRIF

20 Exkurs: Themen der Simulationsgruppen (3)
Beispiel: Nahrungsmittelversorgung - Persönliche Ebene: Wie versorge ich als Hartz-IV-Empfänger meine Familie? - Landwirtschaftspolitische Ebene: Fördern wir den Anbau von Getreide zur Ernährung oder von Raps für Biodiesel? - EU-Ebene: Muss die Richtlinie zur Förderung der Bioenergie angesichts der Hungersnöte in Dritte-Welt-Ländern zurückgenommen werden? Konfliktparteien: Familie X, kommunale Behörden, Arbeitsagentur Bundesregierung, insbes. Landwirtschafts- und Verbraucherminister, Bauernverband, Verbraucherzentrale EU-Kommission, Ministerrat, EU-Parlament, Vertreter der FAO © Berthold Meyer, HSFK/ PRIF

21 I. 3. Probleme des ungeregelten Konfliktverlaufs (1)
Konflikte sind eine unvermeidbare Begleiterscheinung menschlichen Zusammenlebens. Ihre Austragung kann zu produktiven Ergebnissen führen. Allerdings rechtfertigt das für eine Gruppe, eine Gesellschaft oder gar die ganze Menschheit von einer der Konfliktparteien erwartete produktive Ergebnis nicht den Einsatz jeden Mittels, um es zu erreichen. Darum ist es notwendig, über Austragungsformen nachzudenken und Wege zu suchen, wie menschliches Leid während einer Auseinandersetzung oder durch das von ihr erreichte Ergebnis vermieden oder minimiert werden kann. © Berthold Meyer, HSFK/ PRIF

22 I. 3. Probleme des ungeregelten Konfliktverlaufs (2)
Konfliktverläufe 1. Konfliktpotenzial: Konfliktparteien (noch ruhend) Konfliktanlass: Konfliktobjekt(e) Positionsdifferenz in Bezug auf das Objekt / die Objekte 2. Konfliktdynamik: Eskalation De-Eskalation 3. Regelungs- und Beilegungsbemühungen: durch die Parteien selbst (Dyade) durch Dritte (Triade) Regelungs-/Beilegungsvereinbarung und deren Akzeptanz © Berthold Meyer, HSFK/ PRIF

23 Die Risiken der Konflikteskalation – zwei Modelle
Herman Kahn „On Escalation“ (1965) © Berthold Meyer, HSFK/ PRIF

24 Kahns Eskalationsmodell (1)
Eine Leiter mit 44 Sprossen zunehmender zwischenstaatlicher Spannung und Gewalt: 1 – 7 noch unterhalb der Gewaltschwelle 12: großer konventioneller Krieg 15: Überschreiten der Schwelle zur Nuklearkriegsführung 30: „Zeitlupen-Städtevernichtungskrieg“ 44: „Spasmuskrieg“ mit globaler Zerstörungswirkung © Berthold Meyer, HSFK/ PRIF

25 Kahns Eskalationsmodell (2)
Anatol Rapoport (1970) über Herman Kahn: „enthusiastischer Choreograph des Todestanzes“ © Berthold Meyer, HSFK/ PRIF

26 Die Risiken der Konflikteskalation – zwei Modelle
Friedrich Glasl: Konfliktmanagement Kaskadenmodell der Konflikteskalation © Berthold Meyer, HSFK/ PRIF

27 Glasls Kaskadenmodell
© Berthold Meyer, HSFK/ PRIF

28 Glasls Kaskadenmodell (1)
Verhärtung: Die Standpunkte verhärten sich und prallen aufeinander, aber es besteht noch die Überzeugung, dass die Spannungen durch Gespräche lösbar sind. Noch gibt es keine starren Parteien oder Lager. © Berthold Meyer, HSFK/ PRIF

29 Glasls Kaskadenmodell (2)
Debatte: Polarisation im Denken, Fühlen und Wollen. Schwarz-Weiß-Denken. Sichtweise von Überlegenheit und Unterlegenheit. © Berthold Meyer, HSFK/ PRIF

30 Glasls Kaskadenmodell (3)
Taten: „Reden hilft nichts mehr“. Strategie der vollendeten Tatsachen. Die Empathie geht verloren. Gefahr der Fehlinterpretation. © Berthold Meyer, HSFK/ PRIF

31 Glasls Kaskadenmodell (4)
Images, Koalitionen: Die Parteien manövrieren sich gegenseitig in negative Rollen und bekämpfen sich. Werbung um Anhänger. © Berthold Meyer, HSFK/ PRIF

32 Glasls Kaskadenmodell (5)
Gesichtsverlust: Öffentliche und direkte Angriffe, die auf den Gesichtsverlust des Gegners zielen. © Berthold Meyer, HSFK/ PRIF

33 Glasls Kaskadenmodell (6)
Drohstrategien: Drohung und Gegendrohung. Konfliktbeschleunigung durch Ultimaten © Berthold Meyer, HSFK/ PRIF

34 Glasls Kaskadenmodell (7)
Begrenzte Vernichtungsschläge: Der Gegner wird nicht mehr als Mensch gesehen. Begrenzte Vernichtungsschläge als „passende“ Antwort. Umkehrung der Werte. Ein kleiner eigener Schaden wird bereits als Gewinn bewertet. © Berthold Meyer, HSFK/ PRIF

35 Glasls Kaskadenmodell (8)
Zersplitterung: Zerstörung und Auflösung des feindlichen Systems als Ziel. © Berthold Meyer, HSFK/ PRIF

36 Glasls Kaskadenmodell (9)
Gemeinsam in den Abgrund: Totale Konfrontation ohne einen Weg zurück. Die Vernichtung des Gegners zum Preis der Selbstvernichtung wird in Kauf genommen. © Berthold Meyer, HSFK/ PRIF

37 I. 3.2 Die Ambivalenz von Gewalt (1)
Was bedeutet es, zu verhindern, dass ein Konflikt die Gewaltschwelle überspringt? - … dass kein Blut fließt? - … dass niemandem psychisches Leid angetan wird? - … dass keine Mauer die Bewegungsfreiheit einengt? - … dass …? © Berthold Meyer, HSFK/ PRIF

38 I. 3.2 Die Ambivalenz von Gewalt (2)
Johan Galtung erweiterte den Blick der Friedens- und Konfliktforschung vom Gegensatzpaar Krieg und Frieden in Richtung auf Gewalt und Frieden © Berthold Meyer, HSFK/ PRIF

39 I. 3.2 Die Ambivalenz von Gewalt (3)
Galtungs Definitionen von Gewalt: Gewalt liegt dann vor, „wenn Menschen so beeinflusst werden, dass ihre aktuelle somatische und geistige Verwirklichung geringer ist als ihre potenzielle Verwirklichung“. Gewalt ist „die Ursache für den Unterschied zwischen dem Potenziellen und dem Aktuellen, zwischen dem, was hätte sein können, und dem was ist… Gewalt ist das, was den Abstand zwischen dem Potenziellen und dem Aktuellen vergrößert oder die Verringerung dieses Abstands erschwert.“ (Galtung 1971: 57ff.) © Berthold Meyer, HSFK/ PRIF

40 Schaubild: Eine Typologie der Gewalt (Galtung 1971: 66)
© Berthold Meyer, HSFK/ PRIF

41 I. 3.2 Die Ambivalenz von Gewalt (5)
Die Entdeckung der „strukturellen Gewalt“: Galtung definierte „strukturelle Gewalt“ als in das System eingebaut. Sie äußere sich „in ungleichen Machtverhältnissen und folglich in ungleichen Lebenschancen“. Deshalb könne sie auch als „soziale Ungerechtigkeit“ bezeichnet werden. (Galtung 1971: 62) Die Folge: ein erweiterter Friedensbegriff: Galtung definierte Frieden „als Abwesenheit von personaler und Abwesenheit von struktureller Gewalt. Wir bezeichnen diese beiden Formen als negativen Frieden bzw. positiven Frieden.“ (Galtung 1971: 86) © Berthold Meyer, HSFK/ PRIF

42 © Berthold Meyer, HSFK/ PRIF
Schaubild: Die erweiterten Begriffe von Gewalt und Frieden (Galtung 1971: 88) © Berthold Meyer, HSFK/ PRIF

43 I. 3.2 Die Ambivalenz von Gewalt (7)
Die Folgen von Galtungs „Entgrenzung des Gewaltbegriffs“(1): Wenn Abwesenheit von Krieg und direkter Gewalt „bloß“ negativer Frieden ist und positiver Frieden erst durch Abwesenheit von struktureller Gewalt = sozialer Ungerechtigkeit erreicht wird, dann gibt es keine Lebensverhältnisse, die nicht durch direkte oder strukturelle Gewalt gekennzeichnet sind; dann reduziert sich die für Konfliktregelung bedeutsame Frage nach der Überwindung der Gewaltschwelle auf die Unterscheidung zwischen verschiedenen Gewaltniveaus. © Berthold Meyer, HSFK/ PRIF

44 I. 3.2 Die Ambivalenz von Gewalt (8)
Die Folgen von Galtungs „Entgrenzung des Gewaltbegriffs“(2): Positiver Frieden entspräche einer quasi paradiesischen Welt-Gesellschaft. Demgegenüber werden alle Bemühungen um einen irdischen = negativen Frieden und um konstruktive Konfliktbearbeitung als Sysiphusarbeit denunziert. Die Schwierigkeiten, den Begriff der Strukturellen Gewalt zu operationalisieren, brachten es mit sich, dass er in der empirischen Friedens- und Konfliktforschung relativ bedeutungslos blieb. © Berthold Meyer, HSFK/ PRIF

45 I. 3.2 Die Ambivalenz von Gewalt (9)
Totale und psychische Gewalt Totale Gewalt nach Heinrich Popitz Glorifizierung ausgeübter Gewalt bei gleichzeitiger Indifferenz gegenüber den Leiden der Opfer. Psychische Gewalt: Einflussnahme, die sich auf Worte, Gebärden, Bilder und Symbole stützt (vom Aufbau von Feindbildern bis zur Androhung von Folter) und versucht, Menschen einzuschüchtern und zu ängstigen. © Berthold Meyer, HSFK/ PRIF

46 I. 3.2 Die Ambivalenz von Gewalt (10)
Kulturelle und symbolische Gewalt Kulturelle Gewalt umfasst nach Galtung jene Aspekte von Kultur, die dazu benutzt werden können, direkte oder strukturelle Gewalt zu legitimieren. Symbolische Gewalt zielt nach Pierre Bourdieu darauf, nicht offen eingestandene Herrschaftsverhältnisse zu „verlarven“, zu verklären und zu beschönigen. Der Unterschied besteht darin, dass Bourdieu denjenigen, der der Herrschaft unterworfen ist, aufgrund des „Mechanismus der Verkennung“ als „Mittäter“ bezeichnet. © Berthold Meyer, HSFK/ PRIF

47 I. 3.2 Die Ambivalenz von Gewalt (10)
Lothar Brock (1996): In der Friedensforschung und Friedenspolitik kommt es darauf an, zwischen beiden Gewaltbegriffen potestas und violentia zu unterscheiden. „Zu fragen ist nach der Gewalt, die zerstört, indem sie ordnet, und nach der Gewalt, die befreit, indem sie zerstört“ Es geht um die praktische Aufgabe, „die violentia zu überwinden und die potestas zu demokratisieren“. © Berthold Meyer, HSFK/ PRIF

48 I. 3.2 Die Ambivalenz von Gewalt (11)
Staatliches Gewaltmonopol und privatisierte Gewalt Norbert Elias: Staatl. Gewaltmonopol kennzeichnet in Europa den Übergang von den Feudalgesellschaften zum modernen Staat und schuf eine „eigentümliche Form von Sicherheit“ gegenüber früheren Zivilisationsphasen. Dieter Senghaas: Staatl. Gewaltmonopol ohne rechtsstaatliche Kontrolle ist „nicht erträglich“. Erhard Eppler beschreibt die Entwicklung „vom Gewaltmonopol zum Gewaltmarkt“ und bezeichnet die kommerzialisierte Gewalt, die das beansprucht, was dem Staat zusteht als „privatisierte Gewalt“. © Berthold Meyer, HSFK/ PRIF


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