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Examinatorium im SPB 8 WS 2017/2018

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Präsentation zum Thema: "Examinatorium im SPB 8 WS 2017/2018"—  Präsentation transkript:

1 Examinatorium im SPB 8 WS 2017/2018
Kartellverbot

2 Sachverhalt Das Unternehmen P stellt u. a. Kosmetika und Körperpflegeprodukte her. Zu den von P vertriebenen Marken gehören u. a. die Produkte Klorane, Ducray, Galénic und Avène. Sie werden im Rahmen eines selektiven Vertriebssystems hauptsächlich über Apotheken auf dem französischen und dem europäischen Markt vertrieben. Der Anteil von P am französischen Markt für diese Produkte beträgt 20 %. In den übrigen Mitgliedsstaaten, in denen P die genannten Produkte vertreibt, beträgt der Marktanteil zwischen 10 und 15 %. In den Vertriebsvereinbarungen für die genannten Produkte der Marken Klorane, Ducray, Galénic und Avène ist vorgesehen, dass der Verkauf ausschließlich in einem physischen Raum und in Anwesenheit eines diplomierten Pharmazeuten erfolgen darf. Für den Fall eines Verstoßes sieht die Vereinbarung eine Vertragsstrafe in Höhe von … vor, die P von dem jeweiligen Vertriebshändler verlangen kann. P begründet seine Vertriebsbedingungen mit der Art der betreffenden Produkte. Diese seien auf besondere Hautprobleme, wie z.B. überempfindliche Haut, abgestimmt, bei denen das Risiko einer allergischen Reaktion bestehe. Die physische Anwesenheit eines diplomierten Pharmazeuten gewährleiste, dass ein Kunde den auf einer direkten Untersuchung seiner Haut, Haare oder Kopfhaut fundierten Rat eines Fachmanns jederzeit einholen könne. Auch werde das Risiko des Trittbrettfahrens durch andere Apotheker vermindert.

3 Sachverhalt Der zugelassene Vertriebshändler V vertreibt die Kosmetika des P über das Internet. P sieht dies als Verstoß gegen seine Vertriebsbedingungen an und verlangt von V Zahlung einer Vertragsstrafe. V verweigert jedoch die Zahlung. Er ist der Ansicht, dass die Vertriebsbedingungen gegen europäisches Wettbewerbsrecht verstoßen und somit nichtig seien. Insbesondere handele es sich um eine Kernbeschränkung im Sinne des Art. 4 lit. c der Vertikal-GVO (Verordnung Nr. 330/2010), da Endverbrauchern die Möglichkeit genommen werde, die Produkte des P über das Internet zu erwerben. Auch sei die in Art. 4 lit. c enthaltene Ausnahme nicht einschlägig, da eine Internetseite nicht mit einer „nicht zugelassenen Niederlassung“ gleichzusetzen sei. Der Internetvertrieb sei nämlich kein Vertriebsort, sondern vielmehr ein alternativer Vertriebsweg. Vermerk für den Bearbeiter: Kann P von V Zahlung einer Vertragsstrafe verlangen?

4 Sachverhalt Fragen zum Sachverhalt: Was bedeutet eigentlich
„selektives Vetriebssystem“? „ausschließlich in einem physischen Raum und in Anwesenheit (…)“ „Vereinbarung einer Vertragsstrafe in Höhe von €€€“ „Kernbeschränkung im Sinne des Art. 4 lit. c der Vertikal-GVO“ „selektives Vetriebssystem“? -> Art. 1 I Lit e Vertikal-GVO „Anteil von P am französischen Markt für diese Produkte beträgt 20%“? Marktanteil innerhalb GVO „physischen Raum + Anwesenheit (…)“ -> kein Online „Vereinbarung einer Vertragsstrafe“ -> Vereinbarung iSd Art 101 AEUV „Kernbeschränkung im Sinne des Art. 4 lit. c der Vertikal-GVO“ nicht freistellungsfähig, Art. 4 GVO

5 Schema zu Art. 101 AEUV Verstoß gegen Art. 101 I AEUV Freistellung
Vereinbarung zwischen Unternehmen/Unternehmensvereinigungen Wettbewerbsbeschränkung (bezweckt oder bewirkt) Zwischenstaatlichkeitskriterium (ungeschrieben) Erheblichkeitsschwelle (de minimis) Freistellung 1. Gruppenfreistellung Sachlicher Anwendungsbereich einer GVO (z.B. Art. 1 Abs. 1 lit. a) Vertikal-GVO) Marktanteilsschwellen, Art. 3 Abs. 1 GVO Keine Ausnahmebestimmung, Art 4, 5 Vertikal-GVO 2. Einzelfreistellung, Art. 101 Abs. 3 AEUV Verbesserung der Warenerzeugung oder –verteilung oder Förderung des technischen Fortschritts (vgl. „Geeignetheit) Unerlässlichkeit der den beteiligten Unternehmen auferlegten Beschränkungen für die Zielverwirklichung (vgl. „Erforderlichkeit“) Angemessene Beteiligung der Verbraucher am Gewinn (vgl. „Verhältnismäßigkeit“) Keine Ermöglichung der Ausschaltung des Wettbewerbs für einen wesentlichen Teil der betreffenden Waren

6 Anspruch auf Zahlung der Vertragsstrafe?
Nichtigkeit der Vereinbarung gemäß Art. 101 Abs. 2 AEUV? I. Verstoß gegen Art. 101 Abs. 1 AEUV? 1. Vereinbarung zwischen Unternehmen/Unternehmensvereinigungen Unternehmen = wirtschaftlich selbstständig tätige Einheit Vereinbarung = Vertrag oder Absprache (gentlement’s agreement), abgestimmte Verhaltensweise hier: (+) Vertrag = vertikale Vereinbarung Echte Vereinbarungen gibt es regelmäßig nicht Nur die dummen schreiben Mails Regelmäßig nur Indizien Zwecksetzung des Art. 101 AEUV: Mittel egal, das Verhalten an sich ist von Bedeutung Vereinbarung: mit Bindungswillen (muss aber nicht wirksam sein) Abgestimmte Verhaltensweise: willentliche Koordinierung Kein Problem: nicht abgestimmtes zufälliges gleiches Verhalten Aus Zufall -> Abstimmung, wenn Konferenz oä

7 Anspruch auf Zahlung der Vertragsstrafe?
I. Verstoß gegen Art. 101 Abs. 1 AEUV? 2. Wettbewerbsbeschränkung Beschränkung der Handlungsfreiheit der Apotheker (Einzelhändler) ? Vertriebsvereinbarung müsste eine „Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs“ bezwecken oder bewirken Bei Feststellung eines wettbewerbswidrigen Zwecks muss ein „Bewirken“ nicht mehr geprüft werden Maßgeblich sind Inhalt der Vereinbarung und deren objektive Ziele nicht die subjektiven Vorstellungen der Parteien Hier: Verbot sämtlicher Verkaufsformen über das Internet = erhebliche Einschränkung der wettbewerblichen Handlungsfreiheit der Vertriebshändler Bezwecken: aufgrund der äußeren Umstände ist die Vereinbarung auf eine Wettbewerbsbeschränkung gerichtet -> Nachweis des negativen Einflusses nicht nötig -> Bezweckt, wenn keine objektive Rechtfertigung möglich ist. Rechtfertigung ist z.B.: Aufrechterhaltung eines Fachhandels, der in der Lage ist, bestimmte Dienstleistungen für hochwertige und technisch hoch entwickelte Erzeugnisse zu erbringen -> mit 101 vereinbar ist: Wenn zugunsten eines anderen Faktors der Preiswettbewerb leidet. R: Hardcore-Kartelle: (Kartell über Preis/Angebotsbedingungen/Marktaufteilung) Variante des Bezweckens: Vereinbarungen, Beschlüsse bzw. Verhaltensabstimmungen, bei denen eine Beschränkung des Wettbewerbs ohne weiteres anzunehmen ist (Praxis verzichtet beim Vorliegen sog. Kernbeschränkungen (etwa im ‚Horizontalverhältnis‘, also unter Wettbewerbern erfolgende Festsetzung von Verkaufspreisen, Produktionsmengen oder Absatzgebieten durch Konkurrenten; im ‚Vertikalverhältnis‘, also zwischen Angehörigen unterschiedlicher Wirtschaftsstufen erfolgende Festsetzung von Wiederverkaufspreisen oder Gewährung „absoluten Gebietsschutzes“) grundsätzlich auf eine nähere Marktanalyse) Variante des Bewirkens: erst auf der Grundlage einer Würdigung der Umstände des Einzelfalles ist von einem wettbewerbsbeschränkenden Effekt auszugehen (Die Würdigung muss ergeben, dass Marktzutritt erschwert oder unmöglich gemacht ist). Bewirken: adäquat kausale Folge des Verhaltens Festzustellen durch einen Vergleich zwischen tatsächlicher und hypothetischer Marktlage. Auffangtatbestand. Kein Hardcore-Kartell. Negative Folgen auf dem Markt aber OBJEKTIV nachweisbar

8 Anspruch auf Zahlung der Vertragsstrafe?
I. Verstoß gegen Art. 101 Abs. 1 AEUV? 3. Zwischenstaatlichkeitskriterium Gemeinschaftsweites Vertriebsnetz, daher (+) 4. Erheblichkeitsschwelle (de minimis)/Spürbarkeit der Handelsbeeinträchtigung Ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal, vgl. De-Minimis-Bekanntmachung der Kommission Bagatellkartelle fallen so aus dem Anwendungsbereich des Art. 101 I AEUV -> nationales Recht anwendbar (!) Marktanteile können nur bestimmt werden, wenn vorher die relevanten Märkte abgegrenzt wurden. ZWISCHENSTAATLICHKEIT: Kollisionsnorm und materielles Tatbestandsmerkmal <> Unionskartellrecht/ nationales Kartellrecht - Begrenzung des von Beschränkungen, Missbräuchen einer mBStellung, die die Verwirklcihgung des Binnenmarktes verhindern. VSS Eignung: Warenverkehr muss mittelbar oder unmittelbar, tatsächlich oder potenziell in einer Weise beeinträchtigt sein, die mit den Zielen eines einheitlichen zwischenstaatlichen Marktes unvereinbar ist SPÜRBARKEIT Teleologische Reduktion der Geeignetheit: nur Verhaltensweisen, die abstrakt-generell geeignet sind, den Wettbewerb zu stören Auswirkungen auf Dritte gegeben sind Vergleichsmaßstab: wie wäre es ohne Beschränkung?

9 Anspruch auf Zahlung der Vertragsstrafe?
I. Verstoß gegen Art. 101 Abs. 1 AEUV? 4. Erheblichkeitsschwelle (de minimis) Spürbarkeitsgrenzen sind nicht überschritten bei Marktanteilen: Bei Horizontalvereinbarungen unter 10 % (d.h.: die Wettbewerber zusammen) Betrachtung der Markteinteile auf allen von der Vereinbarung betroffenen relevanten Märkten Bei Vertikalvereinbarungen: Marktanteil unter 15 % Betrachtung der Marktanteile der einzelnen Wettbewerber Bezweckte Wettbewerbsbeschränkungen (Kernbeschränkungen) sind ihrer Natur nach bereits erheblich; die Grenzwerte aus der De-minimis-Bekanntmachung finden keine Anwendung Bsp. Horizontal: Festsetzung der Preise; Beschränkung der Produktion oder des Absatzes und die Aufteilung von Märkten oder Kunden Bsp. vertikal: Preisbindungen; Beschränkungen der Abnehmer hinsichtlich des Verkaufsgebietes oder des Kundenkreises Hier: Vertikalvereinbarung, P mit Marktanteil von 20 % auf franz. Markt, daher Grenzwert überschritten (+) Erheblichkeitsschwellen ergeben sich aus der De-minimis-Bekanntmachung an die der EuGH nicht gebunden ist (schon bei 5%)

10 Anspruch auf Zahlung der Vertragsstrafe?
I. Verstoß gegen Art. 101 Abs. 1 AEUV? 5. Zwischenergebnis Verstoß gegen Art. 101 Abs. 1 AEUV (+)

11 Anspruch auf Zahlung der Vertragsstrafe?
II. Freistellung gem. Art. 101 Abs. 3 AEUV? 1. Gruppenfreistellung

12 Gruppenfreistellung – Prüfung
Prüfungsaufbau für die Gruppenfreistellung: Anwendungsbereich einer GVO eröffnet? Marktanteilsschwellen für eine Gruppenfreistellung eingehalten? Kein Ausschluss wegen „Kernbeschränkung“ in (irgendeiner) Klausel des Vertrags? Kein Ausschluss wegen einer „nicht-freigestellten Beschränkung“ in der konkret zu prüfenden (ganz bestimmten) Klausel des Vertrags? Kein Ausschluss aus sonstige Gründen? Was meint Gruppe? Kategorie von Absprachen, die nach allgemeinen Markmalen umschrieben sind und wegen der weitgehenden Gleichartigkeit - > Gleiche Beurteilung möglich 2. Welche Gruppen gibt’s noch? Vertikal-GVO TT-GVO (Technologietransfer-GVO) -> regelt Patentlizenzverträge F&E GVO

13 Gruppenfreistellung – Prüfung
Prüfungsaufbau für die Vertikal-GVO: Anwendungsbereich Vertikal-GVO eröffnet, Art. 2 GVO. Marktanteilsschwellen für eine Gruppenfreistellung eingehalten, Art. 3 GVO. Kein Ausschluss wegen „Kernbeschränkung“ in (irgendeiner) Klausel des Vertrags, Art. 4 GVO Kein Ausschluss wegen einer „nicht-freigestellten Beschränkung“ in der konkret zu prüfenden (ganz bestimmten) Klausel des Vertrags, Art. 5 GVO. Kein Ausschluss aus sonstige Gründen? Was meint Gruppe? Kategorie von Absprachen, die nach allgemeinen Markmalen umschrieben sind und wegen der weitgehenden Gleichartigkeit - > Gleiche Beurteilung möglich 2. Welche Gruppen gibt’s noch? Vertikal-GVO TT-GVO (Technologietransfer-GVO) -> regelt Patentlizenzverträge F&E GVO 3. Rechtsfolge einer Kernbeschränkung: -> vollständiges Entfallen der G („Alles-oder-Nichts-Prinzip“) 4. nicht-freigestellte Beschränkung: „graue Klauseln“ - einzelne Beschränkungen mittlerer Schwere, die aber nicht unter Art. 2 fallen

14 Anspruch auf Zahlung der Vertragsstrafe?
II. Freistellung gem. Art. 101 Abs. 3 AEUV? 1. Gruppenfreistellung Art. 2 Abs. 1 Vertikal-GVO? a. Sachlicher Anwendungsbereich, Art. 1 Abs. 1 lit. a) Vertikal-GVO Sämtliche Vereinbarungen im Vertikalverhältnis, Art. 1 Abs. 1 lit. a) Veritkal-GVO, hier (+) Vertikale Beschränkung i.S.d. Art. 1 Abs. 1 lit. a) Vertikal-GVO (+) Keine vorrangigen Verordnungen einschlägig, Art. 2 Abs. 5 GVO (+)

15 Anspruch auf Zahlung der Vertragsstrafe?
II. Freistellung gem. Art. 101 Abs. 3 AEUV? 1. Gruppenfreistellung b. Marktanteilsschwellen, Art. 3 Abs. 1 GVO

16 Anspruch auf Zahlung der Vertragsstrafe?
II. Freistellung gem. Art. 101 Abs. 3 AEUV? 1. Gruppenfreistellung b. Marktanteilsschwellen, Art. 3 Abs. 1 GVO Anteil des Anbieters und Abnehmers jeweils nicht größer als 30%, Art. 3 I GVO Hier: Anteil des P in Frankreich 20% auf den übrigen Märkten zwischen 10%-15% am relevanten Markt; keine Angaben zu den Abnehmern Daher grds. Freistellung (+) „Anteil von P am französischen Markt für diese Produkte beträgt 20%“? Marktanteil innerhalb GVO

17 Anspruch auf Zahlung der Vertragsstrafe?
II. Freistellung gem. Art. 101 Abs. 3 AEUV? 1. Gruppenfreistellung c. Keine Ausschluss, Art 4, 5 Vertikal-GVO?

18 Anspruch auf Zahlung der Vertragsstrafe?
II. Freistellung gem. Art. 101 Abs. 3 AEUV? 1. Gruppenfreistellung c. Keine Ausschluss, Art 4, 5 Vertikal-GVO? Sog. Kernbeschränkungen/„Schwarze Klauseln“  nicht freistellungsfähig Art. 4 lit. c) Vertikal-GVO: Beschränkungen des aktiven oder passiven Verkaufs an Endverbraucher durch auf der Einzelhandelsstufe tätige Mitglieder eines selektiven Vertriebssystems Hier: Verbot des Internetvertriebs als Beschränkung Ausnahme d. Art. 4 lit. c) Hs. 2 Vertikal-GVO ? Ohne die Klausel wären selektive Vertriebssysteme kaum möglich. Hier: (-) Arg für Art. 4: Auch bei doppelter Unterschreitung der Marktanteilsschwelle sind Schwarze Klauseln geeignet, den Interbrandwettbewerb nachteilig zu beeinflussen. Kernbeschränkungen: Wettbewerbsbeschränkung „as their object“ jeder systemangehörige Einzelhändler muss jeden Endverbraucher beliefern dürfen Verbot des Internetvertriebs = Beschränkung des passiven Verkaufs an Endverbraucher Passiver Verkauf heißt: Erledigung unaufgeforderter Bestellungen einzelner Kunden, d.h ohne gezielte Ansprache dieser Kunden -> faktisches Verbot des Internetvertriebs beschränkt diesen passiven Verkauf und Verbraucher außerhalb des Einzugsgebiets des Vertriebsnetzes können Produkt nicht erwerben HS. 2: soll verhindern, dass alle selektiven Verbriebsmöglichkeiten verboten sind. Er sagt: Die Möglichkeit dazu bleibt erhalten. HIER: Internetvertriebsverbot ist nicht mit dem Verbot, Geschäfte nicht von einer nicht zugelassenen Niederlassung aus zu betreiben

19 Anspruch auf Zahlung der Vertragsstrafe?
II. Freistellung gem. Art. 101 Abs. 3 AEUV? 1. Gruppenfreistellung d. Zwischenergebnis Ausschluss Art. 4 c Vertikal-GVO (+)  Keine Gruppenfreistellung nach Vertikal-GVO

20 Anspruch auf Zahlung der Vertragsstrafe?
II. Freistellung gem. Art. 101 Abs. 3 AEUV? 1. Gruppenfreistellung 2. Einzelfreistellung, Art. 101 Abs. 3 AEUV Str.: (Einzel-)Freistellungsfähigkeit von Kernbeschränkungen? h.M.: (+), sonst würde die GruppenfreistellungsVO zu einer GruppenverbotsVO, die das EU-Recht nicht kennt Vss. d. Art. 103 Abs. 3 AEUV müssen kumulativ erfüllt sein

21 Einzelfreistellung - Prüfung
Prüfungsaufbau für Einzelfreistellung (Art. 101 Abs. 3 AEUV / §2 Abs. 1 GWB) -> Zwei positive und zwei negative kumulative Voraussetzungen: Beitrag zur Verbesserung der Warenerzeugung oder -verteilung oder zur Förderung des technischen oder wirtschaftlichen Fortschritts („Effizienzgewinne“) und Angemessene Beteiligung der Verbraucher an dem entstehenden Gewinn und kein milderes Mittel als auferlegte Wettbewerbsbeschränkung („Unerlässlichkeit der Wettbewerbsbeschränkung“) und keine Möglichkeit, durch die betreffende Vereinbarung den Wettbewerb für einen wesentlichen Teil der betreffenden Waren auszuschalten („keine Ausschaltung des Restwettbewerbs“)

22 Anspruch auf Zahlung der Vertragsstrafe?
II. Freistellung gem. Art. 101 Abs. 3 AEUV? 2. Einzelfreistellung, Art. 101 Abs. 3 AEUV a. Verbesserung der Warenerzeugung oder -verteilung oder Förderung des technischen Fortschritts (vgl. „Geeignetheit) spürbare objektive Vorteile, die geeignet sind, die mit der Vereinbarung verbundenen Nachteile für den Wettbewerb auszugleichen (Vergleich/Abwägung nötig) Notwendigkeit fachlicher Beratung wg. Gefahr von Hautproblemen Dadurch besser auf die Bedürfnisse des Kunden abgestimmter Verkauf der jeweiligen Produkte, Steigerung des Serviceniveaus = typischer Effizienzvorteil, vgl. Leitlinien zur Anwendung von Art. 81 Abs. 3 EG-Vertrag (jetzt: Art. 101 Abs. 3 AEUV), Rn. 72 Demnach: Vereinbarung geeignet Warenerzeugung zu verbessern (+) Nötig sind: spürbare objektive Vorteile, die geeignet sind, die mit der Vereinbarung verbundenen Nachteile für den Wettbewerb auszugleichen (Langense/Iglo).

23 Anspruch auf Zahlung der Vertragsstrafe?
II. Freistellung gem. Art. 101 Abs. 3 AEUV? 2. Einzelfreistellung der Vereinbarung, Art. 101 Abs. 3 AEUV a. Verbesserung der Warenerzeugung oder -verteilung oder Förderung des technischen Fortschritts (vgl. „Geeignetheit) Problem des Trittbrettfahrers: ohne die Vereinbarung geminderter Anreiz, in die Qualität der Waren zu investieren, weil sich die Kunden von Apothekern beraten lassen, dann aber günstiger im Internet kaufen e.A.: Trittbrettfahrer führt zur Verringerung des Serviceniveaus  preisorientierte Anbieter profitieren von serviceorientierten Anbietern  serviceorientierte Anbieter müssen ggf. ihr Serviceniveau verschlechtern  ggf. allgemeine Verschlechterung des Serviceniveaus

24 Anspruch auf Zahlung der Vertragsstrafe?
II. Freistellung gem. Art. 101 Abs. 3 AEUV? 2. Einzelfreistellung, Art. 101 Abs. 3 AEUV a. Verbesserung der Warenerzeugung oder -verteilung oder Förderung des technischen Fortschritts (vgl. „Geeignetheit) Problem des Trittbrettfahrers a.A.: Trittbrettfahrerproblem führt nicht zwingend zur Verschlechterung des Serviceniveaus arg (+):Apotheker wird auch weiterhin umfassende Beratung liefern (müssen) arg (+): Differenzierung zwischen einzelnen Produkten innerhalb der Apotheke unwahrscheinlich arg (-): Möglicherweise nimmt Apotheker Produkt mangels Umsätzen aus Sortiment  dann kompletter Wegfall der Beratung und damit Verschlechterung

25 Anspruch auf Zahlung der Vertragsstrafe?
II. Freistellung gem. Art. 101 Abs. 3 AEUV? 2. Einzelfreistellung, Art. 101 Abs. 3 AEUV a. Verbesserung der Warenerzeugung oder –verteilung oder Förderung des technischen Fortschritts (vgl. „Geeignetheit“) Zwischenergebnis: Vereinbarung dient der Verbesserung der Warenerzeugung oder -verteilung oder Förderung des technischen Fortschritts (+)

26 Anspruch auf Zahlung der Vertragsstrafe?
II. Freistellung gem. Art. 101 Abs. 3 AEUV? 2. Einzelfreistellung, Art. 101 Abs. 3 AEUV b. Unerlässlichkeit der den beteiligten Unternehmen auferlegten Beschränkungen für die Zielverwirklichung (vgl. „Erforderlichkeit“ für Effizienzgewinne) Beratung durch Internet genauso gut möglich? Z.B. detaillierte Kundeninformationen in Form von Texten, Bildern, interaktiven Elementen Aber keine Gleichwertigkeit mit konkret auf den einzelnen Kunden zugeschnittener und unmittelbarer Beratung eines Apothekers Alternative vertragliche Lösung? Verpflichtung der Apotheker in Servicevertrag zum Erbringen von Beratungsleistungen und Entlohnung durch Rabatte o.ä. Dadurch Gewährleistung eines entsprechenden Serviceniveaus Aber gleich effektiv? Mehrere Ansichten vertretbar

27 II. Freistellung gem. Art. 101 Abs. 3 AEUV?
Anspruch auf Zahlung der Vertragsstrafe? II. Freistellung gem. Art. 101 Abs. 3 AEUV? 2. Einzelfreistellung, Art. 101 Abs. 3 AEUV c. Angemessene Beteiligung der Verbraucher am Gewinn (vgl. „Verhältnismäßigkeit“) Angemessen = Weitergabe der Vorteile muss die tatsächlichen oder voraussichtlichen negativen Auswirkungen mindestens ausgleichen, die durch die Wettbewerbsbeschränkung entstehen  Abwägung von Vorteilen und Nachteilen

28 Anspruch auf Zahlung der Vertragsstrafe?
II. Freistellung gem. Art. 101 Abs. 3 AEUV? 2. Einzelfreistellung, Art. 101 Abs. 3 AEUV c. Angemessene Beteiligung der Verbraucher am Gewinn (vgl. „Verhältnismäßigkeit“) Angemessen = Weitergabe der Vorteile muss die tatsächlichen oder voraussichtlichen negativen Auswirkungen mindestens ausgleichen, die durch die Wettbewerbsbeschränkung entstehen  Abwägung von Vorteilen und Nachteilen Vorteil: Anstieg/Gewährleistung der Beratungsqualität Nachteil: Verpflichtung zur physischen Anwesenheit eines Apothekers führt de facto zu einem Verbot des Internetvertriebes Denn: Internetvertrieb heißt, dass das Bestellen von Produkten von zu Hause aus möglich ist, Möglichkeit des Vertriebs von Produkten außerhalb des Tätigkeitsbereichs der jeweiligen Händler Verschiedene Ansichten vertretbar. Wohl aber Unangemessen und damit keine Freistellung nach Art Abs. 3.

29 Anspruch auf Zahlung der Vertragsstrafe?
II. Freistellung gem. Art. 101 Abs. 3 AEUV? 2. Einzelfreistellung, Art. 101 Abs. 3 AEUV d. Keine Ermöglichung der Ausschaltung des Wettbewerbs für einen wesentlichen Teil der betreffenden Waren Arg Pro Ausschaltung: Ausschaltung eines kompletten Vertriebsweges Arg Contra Ausschaltung: P hat lediglich einen geringen Marktanteil Hoher inter-brand-Wettbewerb auf relevantem Kosmetik-Markt Hier: eher keine Ausschaltung

30 Anspruch auf Zahlung der Vertragsstrafe?
III. Ergebnis Die in der Vertriebsvereinbarung enthaltene Klausel ist gem. Art. 101 Abs. 2 AEUV nichtig. P hat gegen V somit keinen Anspruch auf Zahlung einer Vertragsstrafe.

31 Verfügungen der Kartellbehörden
Abstellungsverfügungen, Art. 7 VO 1/2003 bzw. § 32 GWB Bußgeldentscheidungen, Art. 23 VO 1/2003 bzw. §§ 81 f. GWB Verpflichtungszusagenentscheidungen Art. 9 VO 1/2003 bzw. § 32 b GWB Einstweilige Maßnahmen Art. 8 VO 1/2003 bzw. § 32a GWB Feststellung der Nichtanwendbarkeit Art. 10 VO 1/2003/ Kein Anlass zum Tätig werden § 32c GWB

32 Verpflichtungszusagen und Verhältnismäßigkeit
Die Alrosa-Rechtsprechung Verfahrensgang EuG, Urteil v , T-170/06 – Alrosa, WuW EU-R S. 1284, 1291 EuGH, Urteil v , C-441/07 P - Alrosa, Slg. I-2010, S. 6012, 6033 Problem: Verhältnismäßigkeitsmaßstab bei Zusagenentscheidungen EuG: Gleicher Umfang wie Abstellungsverfügungen nach Art. 7 VO 1/2003 EuGH: Deutlich großzügigerer Maßstab als bei Abstellungsverfügungen nach Art. 7 VO 1/2003 Arg.: Freiwilligkeit der Verpflichtungszusagen CONTRA: Erpressungspotential, Rechtsstaatlichkeit, Drittinteressen


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