Sprachgeschichte des Deutschen-I

Slides:



Advertisements
Ähnliche Präsentationen
Märchen Wortbedeutung Ursprung und Entstehung Blütezeit
Advertisements

Die Geschichte der deutschen Sprache
Die Lage ist ernst... „Plattdüütsch“ Die Lage ist ernst...
Mediation.
Die Germanische Sprachen
Mittelständische Beteiligungsgesellschaft Sachsen mbH Beteiligungen als Instrument der Wirtschaftsförderung 20.Januar 2010 Referent: Klaus.
FU Berlin Constanze Donner / Ludwig Pohlmann 2010
Einführung in die romanische Sprachwissenschaft VI
Latein Die Besonderheiten des Mittellateins.
Aus der Geschichte der Schrift
Prosodie unterhalb des Wortes
Endsilbenabschwächung und Analytischer Sprachbau
Prof. Dr. Hans-Jochen Schiewer V Sprachwandel in der Vormoderne 26
SPR 301 Modulbaustein 3-1: Wissen über Sprache
Delegiertenversammlung 23. September 2010
Sprachverstehenstest in germanischen Sprachen
Webbasierte Arbeitszeiterfassung Zwischenpräsentation
Europäischer Tag der Sprachen QUIZ
Wer wird Sprachgeschichtler Start © Presenters Net.
Antwort 3: a) Es ist oft schwer zu entscheiden, ob es sich bei einer bestimmten Sprache um einen Dialekt oder eine eigenständige Sprache handelt. b) Für.
Ablauf der Präsentation
Pragmatik der Entschuldigung
Online-Literatursammlungen Judith Brand EDV für A/A SS 2010.
Unser Thema heißt „ Die deutsche Sprache
Germanische Sprachen und Kulturen-II
3.1. Die Sprachwissenschaft
1) BEVÖLKERUNG UND SPRACHE Bewohner: (Nr. 1 in der EU) F: Sp: : Dt. gehört zu den Ländern mit der niedrigsten Geburtenrate.
Familienausflug ins Künische Gebirge
Lern- und Denkstrategien I
Die Südgermanen Niederländisch, Afrikaans, Niederdeutsch, Deutsch, Langobardisch, Pennsilfaanisch, Jiddisch.
Qualität der Ausbildung 15. März 2010.
Sprachgeschichte des Deutschen
Webbasierte Arbeitszeiterfassung Abschlusspräsentation
H. Rösch 03. Okt. 2010Familienausflug H. Rösch 03. Okt. 2010Familienausflug Leider legte der goldene Oktober gerade eine Pause ein, als am.
Doc.dr. Alja Lipavic Oštir Oddelek za germanistiko
I. Einleitendes. „Ein Verständnis der Gegenwart gibt es nicht ohne Kenntnis der Vergangenheit der früheren Zeiten“ Leopold v. Ranke ( ).
Barbara von Escher BENEVOL Biel und Umgebung
Ursprünge des deutschen Nationalmythos
Die 2. Herren des TV Langen 1908 e.V. 2. Kreisklasse Kreis Cuxhaven Saison 2009 – 2010 Abschlussfeier
Germanische Sprachen und Kulturen/3.
Germanische Sprachen und Kulturen/5.
Germanische Sprachen und Kulturen/4.
Informationen zu Ablauf und Durchführung der LBA - Sprachtests
LITERATUR- UND KULTURGESCHICHTLICHE MODELLE
Hintergründe Zusammenhänge Zurechtfinden Verstehen
Dr. h.c. Rolf-Peter Pack Die Zukunft des Kinder- und Jugendsports
1) BEVÖLKERUNG UND SPRACHE Bewohner: (Nr. 1 in der EU) F: Sp: : Dt. gehört zu den Ländern mit der niedrigsten Geburtenziffer.
IHR PLANUNGSBÜRO – PLANUNGSDIENSTLEISTUNGEN IM BAU- UND UMWELTBEREICH Kulturlandschaft erleben Ferien und Erlebnispädagogik in der Mecklenburgischen.
Geschichte der Deutschen Sprache
Die Länder, die Deutschen leben. Die Länder, die man Deutsch als Offiziell spricht. Außer den West-Europa spricht man Deutsch in der USA, Südafrika, Asian,
Guten Morgen! Dienstag den Hausaufgabe bis Mittwoch den IA 5.2 and printout.
Guten Morgn! Montag den LB 5.1E,G
Der Roman Ein Referat von ….
Die Benrather Linie Die zweite Lautverschiebung und ihre Auswirkungen auf die deutsche Sprache und ihre Varietäten.
Die Grundschule. Die Realschule- Hier lernt man alle Faecher fuer einen Job im Buero.
Die Entwicklung der deutschen Sprache
SPRACHGESCHICHTE Wie aus einer fremden Sprache das Deutsche wurde …. „Tiudisc“  „Deutsch“
Oxana Chira  Als Germanen wird eine Anzahl von ehemaligen Stämmen in Mitteleuropa und im südlichen Skandinavien bezeichnet, deren ethnische.
Thema 2: Der deutsche Wortschatz in historischer Sicht Teil 1.
Clasificarea limbilor Anexa 1 Oxana Chira. Clasificarea limbilor din lume Klassifizierung der Sprachen aller Welt Typologische Klassifizierung Genealogische.
Prof. Dr. Hans-Jochen Schiewer V Sprachwandel in der Vormoderne
DEUTSCHE SPRACHGESCHICHTE. INDOGERMANISCH INDOGERMANISCHE.
Geschichte der deutschen Sprache
Lingua e linguistica tedesca
Lingua e linguistica tedesca
Europäischer Tag der Sprachen QUIZ
Europäischer Tag der Sprachen QUIZ
zur Einführung in die Linguistik
 Präsentation transkript:

Sprachgeschichte des Deutschen-I Einführung in die Germanistische Sprachwissenschaft Sprachgeschichte des Deutschen-I Arak 2010

Vorgeschichte des Deutschen Basis: die indogermanische bzw. indoeuropäische Sprache Deutsch gehört zu der großen indoeurop. Sprachfamilie Grober Überblick: - um 6.000 v.C. Indogermanisch - ab 2.000 v.C. Ur- + Gemeingermanisch - ab 750 n.C. Deutsch Arak 2010

Wichtigste Sprachgruppen Indoiranisch Indisch (Sanskrit, Hindi, Bengali…) Iranisch (Neupersisch, Kurdisch, Paschtu in Afghanistan) Griechisch Alt- und Neugriechisch Italische Spr. Verdrängt vom Lateinischen der Römer, später: romanische Sprachen aus dem Vulgärlateinischen (Italienisch, Spanisch...) Keltische Spr. z.B. Gallisch, heute zurückgedrängt auf: Irland, Wales, Bretagne Baltische und slawische Spr. Russisch, Polnisch, Slowakisch… Lettisch, Litauisch, Sorbisch Arak 2010

Wichtigste Sprachgruppen 2 Germanische Sprachen Englisch, Deutsch, Niederländisch, Damisch, Schwedisch, Norwegisch, Isländisch, Färöisch, Friesisch Albanisch, Armenisch Ausgestorbene Sprachen Hethitisch, Illyrisch, Tocharisch, Thrakisch, Phrygisch Arak 2010

Forschungsergebnisse Die indoeuropäische Sprache ist nicht aus Quellen, sondern nur aus der Rekonstruktion von wahrscheinlichen Wortstämmen bekannt, ebenso das Germanische. Zeichen: * Zum Beispiel: Vater, Mutter, Sohn, Bruder sind sog. Erbwörter aus Indogermanisch, aus dem Germanisch gibt es viel mehr Erbwörter. Verbreitungsgebiet: ursprünglich südlich des Kaukasus, vor ca. 6.000 Jahren. Arak 2010

Vom Germanischen … ab 2000 v.C.: Anfänge der germanischen Sprache (Urgermanisch) Gemeingermanisch: historisch die sog. Eisenzeit (ca. 7.- 1. Jh. vor Chr.) Kennzeichen: Veränderungen im Sprach-rhythmus, im Akzent, neue Laute Lange Phase allmählicher „ Lautverschiebung“ erst ca. 500 v. Chr. Abschluss der ersten germanischen LV (nach Jakob Grimm) Arak 2010

Erste german. Lautverschiebung Betroffen sind besonders die konsonantischen Verschlusslaute b/d/g und p/t/k. Ein gutes Beispiel ist das indogermanische Wort [pakh], aus dem sich unser heutiges Wort „Fach“, lautschriftlich [faҳ] entwickelte. Auch das im Lateinischen als „pater“ vorhandene indoeuropäische Wort wurde im Anlaut verschoben zu /f/; es kam zum gotischen „fadar“, althochdeutsch „fater“; das deutsche Wort wird geschrieben „Vater“. Arak 2010

Erste german. Lautverschiebung Das lateinische Wort „cornu“ geht auf ein indogermanisches Wort mit /k/-Anlaut zurück; im Deutschen wurde daraus „Horn“. Jacob Grimm erkannte die Tragweite eines solchen Wandels, in dem eine Sprache ein anderes Konsonantensystem erhielt. Arak 2010

Weitere Veränderungen musikalischer bzw. dynamischer Akzent: Wortakzent „wandert“ nicht mehr, wird fest; heutiger Rest: Musik, musikalisch, Musiker; Das hat Konsequenzen für unregelmäßige Verben, Kasusendungen und viele Endsilben: Tendenz Abschwächung außerdem Entstehung des Umlauts (vom germanischen zum deutschen Umlaut) Arak 2010

Bildung der germanischen Völker bzw. Stämme Bildung von 5 germanischen Sprach- und Kulturgruppen, im Zeitraum: 2 Jh. v. Chr. bis ca. 2.-3. Jh. n.C. - Nordseegermanen, - Nordgermanen, - Weser-Rhein-Germanen (später Franken), - Elbgermanen (später Alemannen, Thüringer), - Oder-Weichsel-Germanen (später aufgelöst) - Ostgermanen: Arak 2010

Weiterentwicklung Bedingung: Ende der Völkerwanderung, Sesshaftigkeit, neue Organisationsformen der Stammesverbände in Richtung Staatlichkeit Aus der germanischen Sprache entstehen verschiedene Territorialdialekte der Aleman-nen, Franken, Baiern, Sachsen, Thüringer, Friesen … Die großräumigen Dialekte differenzieren sich aus: Regionaldialekte, Ortsmundarten … Sprachliche Ausgleichsprozesse durch Handel und Sprachkontakt Arak 2010

Vom Germanischen zu den heutigen Sprachen nordgermanische  skandinavische Sprachen westgermanische:  Englisch, Friesisch,  Deutsch, Jiddisch, Niederländisch bzw. Holländisch (incl. Flämisch), in Südafrika:  heutige Bez. „Afrikaans“ Westfränkisch: Französisch, Italienisch Lateinisch: der römische Stadtdialekt Stammesnamen sind Basis für Sprachbezeich-nungen: Allemand, Alemán, saksa, German Arak 2010

Beispiel für die Entwicklung eines germanischen Wortes bis heute: germ. ƥinga erste Bedeutung: Volksversammlung ahd. thing: 1. Gericht, Gerichtsbarkeit, Gerichts-verhandlung 2. Sache im Sinne von Streitsache, Rechts-sache, Sachverhalt Später: vielfältig verwendbar im Sinne von Sache, Gegenstand, Angelegenheit, Verhältnis, Lage, Stellung, Grund, Art und Weise … deutsch Ding: eingeschränkt in der Bedeutung Arak 2010

Die 2. Lautverschiebung, Beispiele (Grimm: althochdeutsche LV) Germ. [ɓ] wie in thinga entwickelt sich in hochdt. Dialekten zu [d] wie in Ding. Germ. [p] wird zu [f] nach Vokalen und nach [r] oder [l]; es wird zu [pf] am Wortanfang oder nach anderen Konsonanten, bleibt erhalten nach [s] Germ. [t] wird zu [s] nach Vokal, zu [ts] am Wortanfang oder nach Konsonanten, bleibt aber z.T. auch [t], z.B. vor [r] Germ. [k] wird nach Vokal zu ch, bleibt sonst [k] Arak 2010

Beispiele für die 2. LV Germanisch Althochdt. Deutsch pund (got.) pfunt (ahd.) Pfund tiuhan ziohan ziehen Hilpan helpfan helfen swart (altsächs.) swarz schwarz appel (ags.) apful Apfel opan offan offen Dohter tohter Tochter Skip skif Schiff Arak 2010

Veränderungen bei Vokalen mhd. riten nhd. reiten mhd. hiute nhd. heute Mhd. hus nhd. Haus mhd. guot nhd. gut Liebe nhd. Liebe helfan nhd. helfen gast, gesti nhd. Gast, Gäste Die rot markierten Wortteile sind phonetisch Diphthonge (vokalische Zwielaute); blau markiert: althochdt. und heutiger Umlaut Arak 2010

Latein und Deutsch Existenzform der germanischen Dialekte war die Mündlichkeit Übernahme der römischen Verwaltungsinstitu-tionen, der lateinischen Sprache und Schrift, auch für Kirche und Wissenschaft Latein bleibt Amtssprache, Kirchensprache und Wissenschaftssprache bis in das 18./19. Jh. hinein! Germanische Texte: ab 8. Jh. durch die Missionierung der Germanen durch die Regierung des Frankenreichs („Karl der Große“) Arak 2010

Perioden der Sprachgeschichte Periodenbezeichnungen nach Joachim Schildt und nach Hans Eggers (kursiv): 500-1050 frühmittelalterliches Deutsch oder: Althochdeutsch (ahd.) 750 - 1050 1050-1250 hochmittelalterliches Deutsch oder: Mittelhochdeutsch (mhd.) 1050-1350 1250-1500 spätmittelalterliches Deutsch, auch: Spätmittelhochdeutsch oder: Frühneuhochdeutsch (1350-1650) 1500-1800 frühneuzeitliches Deutsch 1800-1950 neuzeitliches Deutsch oder: Neuhochdeutsch (nhd) (1650-1900) 1950 – heute gegenwärtiges Deutsch Arak 2010

Entstehung des Wortes deutsch Zunächst Stammesnamen als Bezeichnung: fränkisch, bairisch, welsch (romanisch Sprechende) lat. „theodiskus“ = volks-, volksprachlich (8. Jh. ) zugrundeliegendes germanisches Wort: thiot = Volksstamm (siehe auch die Bezeichnung Teutonen) Übernahme in das Althochdeutsche: diutisk (erster Beleg 10. Jh.) zunächst für verschiedene germanische Stämme verwendet, später für das ostfränkische Reich Kaiserchronik (1150): "in diutisk lant" → diutisch → deutsch fest im Gebrauch erst im Hochmittelalter Arak 2010

Althoch-deutsch: zuuei Norwegisch: to Neuhoch- deutsch: zwei Ostgerma-nisch Gotisch: twai Englisch: two Gemein- germ. *twai Westger-manisch Niederdeutsch: twee Althoch-deutsch: zuuei Norwegisch: to Neuhoch- deutsch: zwei Nordgerm. Dänisch: to Arak 2010

Literaturhinweis Graefen, Gabriele/Liedke, Martina (2008): Germanistische Sprachwissenschaft. Deutsch als Erst-, Zweit- oder Fremdsprache. Tübingen: Francke/UTB, Kap. 1 Arak 2010