Kardioanästhesie Malte Book Klinik für Anästhesiologie und Schmerztherapie
Inhaltsübersicht Präoperative Evaluation Pharmakologie Invasivitäten und Monitoring Weaning von der ECC Hybrid Operationen
Ziele der präoperativen Evaluation Ängste abbauen, Vertrauen schaffen Risikoevaluierung Antizipation von Komplikationen Optimale Organisation Aufklärung und Einwilligung
ASA Klassifikation (American Society of Anesthesiologists) ASA 1 normal healthy patient ASA 2 patient with mild systemic disease ASA 3 patient with severe systemic disease ASA 4 patient with severe systemic disease that is a constant threat to life ASA 5 moribund patient who is not expected to survive without the operation ASA 6 declared brain-dead patient whose organs are being removed for donor purposes http://www.asahq.org/For-Members/Clinical-Information/ASA-Physical-Status-Classification-System.aspx
Häufigkeiten 2009 (D) 45.548 isolierte Koronareingriffe Durchschnittsalter 67,5 Jahre 11.180 isolierte Aortenklappeneingriffe Durchschnittsalter 70,2 Jahre http://www.bqs-outcome.de/2009
Hypotheken der Patienten > 85 % NYHA II oder mehr > 75% Angina pectoris bei mittlerer Belastung (CCS II oder höher) ~ 33% Diabetes mellitus > 33% mittel- bis hochgradig reduzierte LVEF > 75% ASA III, IV oder V http://www.bqs-outcome.de/2009
Operatives Risiko Cardiac surgery Boersma E. et al., Am J Med 2005;118:1134–1141
Präoperative Befunde Anamnese/Untersuchung Körperliche Leistungsfähigkeit (METs) EKG (Rhythmus, Ischämiezeichen) Labor (Hb, Thr, E`lyte, aPTT, INR, Krea, BZ) Thorax Röntgen Koronarangiographie Echokardiographie Carotisdoppler
Präoperative Risikoreduktion durch Statine Collard et al., J Thorac Cardiovasc Surg 2006;132:392-400
…und Betablocker?
…Überlebensvorteil…? Mangano et al., N Engl J Med. 1996 Dec 5;335(23):1713-20
Aktuelle Studienlage Poldermans et al., European Journal of Anaesthesiology 2010, 27:92–137
Narkoseinduktion intravenös (Methode der Wahl) per inhalationem (Kinder, unkooperativer Patient) intraossär (schwierige Venenverhältnisse) intramuskulär/rektal (schlecht vorhersehbarer Kinetik)
Narkoseaufrechterhaltung Schmerzausschaltung Bewusstseinsausschaltung ggf. Muskelrelaxation Intravenös oder kombiniert inhalativ/intravenös möglich
Narkoseaufrechterhaltung zuverlässige Analgesie zuverlässige Hypnose keine interindividuelle Varianz der Wirkung keine hämodynamischen NW keine Kumulation kurze Anschlagszeit Myokardprotektion
Barbiturate (Pentothal®) zuverlässiges Hypnotikum schneller Wirkungseintritt kurze Wirkdauer durch Umverteilung ICP ↓ cerebraler O2 Verbrauch ↓ GABA Hemmung ↑ Histaminfreisetzung kontraindiziert bei Porphyrie Thiopental stark basisch, cave paravasale Injektion Vasodilatation negativ inotrop
Benzodiazepine (Dormicum®) geringe Kreislauf-nebenwirkungen anterograde Amnesie zentral Muskelrelaxierend große therap. Breite kurze Wirkdauer GABA Hemmung ↑ interindividuelle Varianz der Wirkung hohe Proteinbindung paradoxe Reaktion möglich
Propofol (Disoprivan®) kurzwirksam zuverlässiges Hypnotikum kurze Wirkdauer antiemetisch „angenehmes Einschlafen“ GABA Hemmung ↑ Vasodilatation negativ inotrop Injektionsschmerz Laktatazidose, Leberversagen (Propofol Infusiossyndrom)
Etomidat günstigste Hämodynamik sehr kurz wirksam Koronardilatation Myoklonien Hemmung der Kortisolsynthese
Volatile (dampfförmige) Anästhetika gute Steuerbarkeit schneller Wirkungseintritt Kardioprotektion inert, wenig Verstoffwechselung Arbeitsplatz- Umwelt-Kontamination Maligne Hyperthermie Trigger Vasodilatation negativ inotrop
Präkonditionierung, experimentelle Studie Müllenheim et al., Anesthesiology 2003; 99:624–31
Aktuelle Studienlage, N = 10.535 Jacobsen et al., J Cardiothorac Vasc Anesth. Vol 21, No 5 (October), 2007: pp 664-671
Aktuelle Studienlage, N = 414 De Hert et al., Anaesthesia. 2009 Sep;64(9):953-60
Analgesie Kessler P et al., Anasthesiol Intensivmed Notfallmed Schmerzther 2008 ; 1: 38–43
Monitoring EKG Blutdruck (invasiv, nichtinvasiv) O2 Sättigung Atemfrequenz Pex CO2 Urinausscheidung Temperatur Neuromuskuläre Funktion
Peripherer Venenzugang einfach wenig Komplikationen nicht zugänglich (Arme angelagert) weiterer Weg zum Erfolgsorgan Osmolarität begrenzt (max. 900mosmol/l, G20% hat 1110 mosmol/l)
Zentraler Venenkatheter obere oder untere Hohlvene sicherer Gefässzugang jede Osmolarität applizierbar ZVD Monitoring Medikamente schnell am Herz
Seldinger Technik
Was wollen wir zusätzlich monitoren? Volumenstatus Sauerstoffangebot Herzfunktion
Lage des zentralen Venenkatheters
Zentraler Venendruck, (ZVD) a Vorhofkontraktion c Vorwölbung der TK in re. Vorhof x Tiefertreten der Klappenebene v Vorhoffüllung y Beginn der schellen diast. Ventrikelfüllung Normwert ZVD 4-10 cmH2O ZVD kann monitoren: Füllungszustand „Stau“ vor dem rechten Herzen Trikuspidalinsuffizienz
Pulmonalarterienkatheter
Herzzeitvolumen Herzzeitvolumen (CCO) = Schlagvolumen x Herzfrequenz Herzindex (CI) = Schlagvolumen x Herzfrequenz/Körperoberfläche
Sauerstoffversorgung O2 Gehalt = Hb x 1,39 x SaO2 + (PaO2 x 0,003) [ml/100ml Blut] 18 – 20 ml/100ml Blut O2 Angebot = Hb x 1,39 x SaO2 x 10 x HZV [ml/min] 800 – 1000 ml/min O2 Verbrauch = Hb x 1,39 x (SaO2 – SvO2) x 10 x HZV [ml/min] 220 ml/min ≈ 2 – 3 ml/min
Periphere Widerstände = Periphere Widerstände SVR = PVR =
Abschätzung des linken Vorhofsdrucks
Transösophageale Echokardiographie
Aktuelle Studienlage
Aktuelle Studienlage
Transösophageale Echokardiographie
Aktuelle Studienlage
Monitoring mit der transösophagealen Echokardiographie systolische/diastolische Funktion Klappenfunktionen Druckgradienten/intrakardiale Drücke Schlagvolumen/Herzzeitvolumen
Zusammenfassung Ältere häufig multimorbide Patienten Hochrisikooperationen Anästhesie kann zu stabilem Verlauf beitragen Invasives Monitoring ermöglicht umfassende hämodynamische Beurteilung
Aktuelle Studienlage Flier et al., Br J Anaesth. 2010 Aug;105(2):122-30
Aktuelle Studienlage Flier et al., Br J Anaesth. 2010 Aug;105(2):122-30
Blutgruppensysteme, AB0 System Antikörper ohne Antigenkontakt
Blutgruppensysteme, AB0 System Antikörper ohne Antigenkontakt
Blutgruppensysteme, AB0 System Antikörper ohne Antigenkontakt
Blutgruppensysteme, AB0 System Antikörper ohne Antigenkontakt
Blutgruppensysteme, Rhesus System Keine Antikörper ohne Antigenkontakt
Blutgruppensysteme, AB0 System Insel-Blutbank testet routinemässig 9 verschiedene Blutgruppensysteme vor Transfusionen 29 Blutgruppensysteme sind von der Internationalen Gesellschaft für Bluttransfusion beschrieben Auf der Erythrozytenmembran wurden bis heute mehrere Hundert verschiedene Antigene beschrieben
Transfusionskompatibilitäten Erythrozyten Frischplasma Patient Blutprodukt A, B, 0, AB A, AB A A, 0 B, AB B B, 0 AB A, B, AB, 0 Bei Erythrozyten ist Blutgruppe “0” der Universal-Spender, Patienten mit “AB” sind die universalen Empfänger. Bei Plasma ist die Blutgruppe “AB” der Universal-Spender, Patienten mit “0” sind die universalen Empfänger
Blutgruppensysteme Warum liegen 2 Erythrozytenkonzentrate der Blutgruppe „0“ Rh negativ im Notfallzentrum im Kühlschrank?
Verfügbare Blutprodukte, Erythrozytenkonzentrat Haltbarkeit: 35 bis 42 Tage Inhalt: Ca. 46g Hb pro EK Hb Anstieg um 8 – 12 g/l Leukozytendepletiert, Leuko‘s < 106/Einheit Extrazelluläres Kalium steigt mit Lagerungsalter (50mmol/l am Ende der Lagerungsperiode) Transfusion über Leukozytenfilter max. 230 µm Poren
Verfügbare Blutprodukte, Erythrozytenkonzentrat Lagerung bei 4°C in der Blutbank, rüttelfrei Grundsätzlich keine Lagerung von Blutprodukten auf der Abteilung Kurzfristige Aufbewahrung (max. 3 h) im Kühlschrank (2-6°C) möglich, jedoch keine Rückkühlung schon erwärmter EK‘s Transfusion der kühlen EK‘s möglich (Achtung: Patiententemperatur und Transfusionsmenge) Kosten: 233,90 CHF
Verfügbare Blutprodukte, Erythrozytenkonzentrat Indikationen Anämie = Mangelhafter Sauerstofftransport im Blut durch zu geringen Hämoglobinwert
Verfügbare Blutprodukte, Blutplasma (FFP, Fresh Frozen Plasma) Haltbarkeit: 4 Monate Quarantäne, dann 2 Jahre zur Anwendung am Menschen Lagerung bei -40°C Nach Auftauen bei 24 Stunden lagerungsfähig bei 4°C (nur in Temperaturüberwachten Kühlschränken: OP und ICU) In dieser Zeitspanne Rückgabe zur Blutbank möglich (nur von OP und ICU)
Verfügbare Blutprodukte, Blutplasma (FFP, Fresh Frozen Plasma) Inhalt: Pro- und Antikoagulatorische Faktoren, Eiweiss, Immunglobuline FFP Transfusion schnellstmöglich beginnen, Lagerung verringert Inhalt der Gerinnungsfaktoren Transfusion der kühlen FFP‘s möglich (Achtung: Patiententemperatur und Transfusionsmenge) Transfusionsfilter wie EK 1ml FFP/kg KG hebt die Gerinnungsfaktoren um 1 – 2%
Aktuelle Studienlage
Verfügbare Blutprodukte, Blutplasma (FFP, Fresh Frozen Plasma) Indikationen Ersatz von Gerinnungsfaktoren/Eiweiss (Verbessern der Gerinnung prä-, intra- oder postoperativ) Bedingt: Volumenersatz bei hämorrhagischem Schock
Verfügbare Blutprodukte, Thrombozyten Haltbarkeit: 5 Tage Lagerung bei 22 ± 2°C auf Rotator, ohne Rotator max. 4 – 5 Stunden Keine Kühlung Transfusion durch mitgeliefertes Transfusionsbesteck mit integriertem Filter über 30 Minuten 1 h nach Transfusion Thrombozyten Wert Bestimmung zur Erfolgskontrolle
Verfügbare Blutprodukte, Thrombozyten Indikationen Ersatz von Thrombozyten Grenzwert situationsabhängig, für OP‘s oft >50.000/µl, für Schreibtischarbeit >2.000/µl
Risiken: Verwechslung 95% der Transfusionsassoziierten Todesfälle durch Verwechslung von - Testblut - Blutkonserve - Patient
Risiken: Hämolytische Transfusionsreaktion Pathomechanismus Antikörper im Serum des Empfängers gegen transfundierte Erythrozyten Zerstörung der transfundierten Erythrozyten Intravasale Hämolyse: Während Transfusion Extravasale Hämolyse: Verzögert
Risiken: Hämolytische Transfusionsreaktion Klinik Intravasale Hämolyse (sofort) Rücken-, Thorax- oder Flankenschmerz Unwohlsein Atemnot Temperaturanstieg Blutdruckabfall bis zum Schock Verbrauchskoagulopathie mit hämorrhagischer Diathese
Risiken: Hämolytische Transfusionsreaktion Klinik Extravasale Hämolyse (verzögert) Hämoglobinabfall Ikterus Schwere Formen mit Schocksymptomatik möglich
Risiken: Hämolytische Transfusionsreaktion Therapie Transfusion stoppen, asservieren und Arzt informieren Patient nicht allein lassen Engmaschige Kreislaufüberwachung Steroide nach Verordnung (bis zu 1000mg Prednisolon) Ggf. Diuresesteigerung Ggf. Schockbehandlung Ggf. Beatmung Ggf. Hämofiltration/Hämodialyse
Risiken: Hämolytische Transfusionsreaktion Gründe Testversagen bei Tests der Blutgruppensysteme Menschliches Versagen bei Auswertung dieser Test Transfusionsreaktion durch extrem seltenes Blutgruppenantigen, das nicht zum Testpanel gehört Verwechselungen
Risiken: Nicht-Hämolytische Transfusionsreaktion Pathomechanismus Antikörper im Empfängerserum gegen Spenderleukozyten in Blutprodukt Vermehrt pro-entzündliche Botenstoffe in älteren Blutprodukten
Risiken: Nicht-Hämolytische Transfusionsreaktion Klinik Temperaturanstieg Schüttelfrost Oft Blutdruckanstieg Angstgefühl
Risiken: Nicht-Hämolytische Transfusionsreaktion Therapie Transfusion stoppen, asservieren und Arzt informieren Engmaschige Überwachung Ggf. Pethidin gegen Schüttelfrost Leukozytendepletion aller Blutprodukte ist heute Standard und senkt die Häufigkeit dieser Komplikation deutlich
Risiken: Anaphylaktische Transfusionsreaktion Pathomechanismus Meist Antikörper des Empfängers gegen Plasmabestandteile der Spenderkonserve
Risiken: Anaphylaktische Transfusionsreaktion Klinik Meist unmittelbar nach Transfusionsbeginn Alle Ausprägungen der allergischen Sofortreaktion von Juckreiz über Atemnot bis zum Kreislaufversagen
Risiken: Anaphylaktische Transfusionsreaktion Therapie Transfusion stoppen, asservieren und Arzt informieren Steroide und Antihistaminika nach Verordnung Symptomatische Therapie Bei pos. Anamnese: Gewaschene EK‘s (noch weniger Plasmabestandteile als nur leukozytendepletiertes EK)
Risiken: Graft versus Host Disease Pathomechanismus Reaktion vermehrungsfähiger Spenderleukozyten auf Empfänger Erkennen des Empfängers als „fremd“ Immunreaktion gegen Empfängergewebe
Risiken: Graft versus Host Disease Klinik, Therapie, Prophylaxe Ca. 10 Tage nach Transfusion Hohes Fieber sonst unspezifisch, fast regelhaft tödlich Keine spez. Therapie Bestrahlung der Blutkomponenten beendet Vermehrungsfähigkeit der Leukozyten Anwenden bei Immun-inkompetenten Empfängern
Aktuelle Studienlage
Risiken: Bakterielle und virale Infektionen Übertragung von Hepatitis, HIV Bakterielle Kontamination der Blutprodukte, besonders Thrombozytenkonzentrat (1:2000, wegen Lagerung bei Raumtemperatur)
Durchführung: Testblut Person die Blut abnimmt beschriftet/etikettiert das Röhrchen Nicht korrekt beschriftetes Testblut wird in keinem Fall genutzt Vorgedruckte Formulare mit Röhrchen zum Patienten nehmen, bekleben der Röhrchen direkt nach Abnahme Patientenidentität aktiv nennen lassen Testblut max. 72 Stunden gültig
Durchführung: Bestellung, Kontrolle Bestellung über Tel. 23307, 24h/Tag 2 medizinische Fachpersonen Erfragen Identität des Patienten Kontrollieren Empfängeridentität auf Patientenkleber Kontrollieren Spender- und Produktcode auf Konserve und Empfänger-Etikette, beide Codes müssen übereinstimmen Kontrollieren des Labors Visums auf Empfänger-Etikette Kontrollieren das Verfalldatum auf der Konserve
Durchführung: Kontrolle Kontrolle auf Unversehrtheit des Beutels Kontrolle der Farbe Kontrolle ob Koagel vorliegen Bei Unsicherheit: Immer Rücksprache mit Transfusionslabor: 23307
Durchführung: Transfusion Blutprodukte dürfen aus dem Kühlschrank direkt transfundiert werden, Ausnahme: Kälteagglutinine Polytrauma Patienten Mehr als 50ml/kgKG/h Filter komplett und Tropfenkammer ¾ befüllen Transfusion über blaues Venflon oder grösser Keine Infusion von Medikamenten am selben Lumen
Durchführung: Überwachung Vor der Transfusion: BD, Puls, Temperatur Befinden Nach ersten 10-15 Minuten: BD, Puls Während der Transfusion: Je nach Befinden 1 Stunde nach Transfusion: Diese Kontrollen gelten für jeden Beutel neu! Grenzwerte durch den Arzt festlegen lassen!
Durchführung: Dokumentation Im Pflegebericht: Art des Blutproduktes Zeit Transfusionsbeginn/-ende Vitalzeichen, Befinden Auf Dokumentationsbogen: Teil der Etikette, inkl. Datum, Zeit und Visum
Durchführung: Transfusion beenden Venösen Zugang nach der Transfusion mit minimal 10 ml NaCl 0.9% nachspülen Leere Beutel inklusive Besteck in blauen Abfalleimer mit gelben Deckel entsorgen
Intranet Einloggen IWW Infonet des Inselspitals Spitalleitung Kommissionen der Spitalleitung Transfusion