Forum Angehörigendienste 16. März 2005 KPP Herborn

Slides:



Advertisements
Ähnliche Präsentationen
Dr. Peter Dobmeier Lech-Mangfall-Kliniken gGmbH
Advertisements

AG Bewegungstherapie bei BPS DBT -Körpertherapie
angelehnt an das Konzept von Linehan: dialektisch-behaviorale Therapie
Dr. Katharina Alexandridis,
Sozialpsychologie = Beschreibt die Art, wie Menschen soziale Realität konstruieren, wie sich Einstellungen und Vorurteile bilden und verändert werden.
Die selbstunsichere Persönlichkeit
bei nahestehenden Menschen
Tagung des DNBGF-Forums
Kompetenzfeld Tod und Trauer
Borderline-Störung im System DSM IV
Bindung und die Entwicklung des Selbst
John Bowlby, Mary Ainsworth, Bindung.
Borderline-Persönlichkeitsstörung
Stabilisation: Was gehört alles dazu?
Lebensqualität erhalten Wissenswertes zum Thema Alkohol
Erfahrungsbericht EX-IN-Praktikum auf einer Beschützten Akutstation
Familiendynamik bei schwerer Erkrankung
7 d Ursachen und Behandlung Angst - Sozialisation
Stuktur der DBT-PTSD.
Stressverarbeitung in der Krisenintervention
Ursachen und Behandlung - Persönlichkeit
Diagnostik und Therapie der Borderline-Persönlichkeitsstörung
Dissoziation: Definition
Zum humanen Sinn autistischen Verhaltens – die vielfältigen Chancen des pädagogischen Blicks auf den Autismus.
Grundschulalter Dynamik zwischen Abgrenzung und Interesse am anderen Geschlecht. Sexuelle Exploration und Probehandeln am eigenen Geschlecht – mit und.
Die psychoanalytischen Konzepte
Psychoedukation Dr. Katja Salkow Bipolar-Tagesklinik am Vivantes Humboldt-Klinikum, Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik (Leiter:
Trauma und Bindung Auswirkungen erlebter Traumatisierung
Ein Gemeinschaftsprojekt der Univ. Klinik f
Psychische Störungen Schizophrenie Ralf Witzig Rolf Tröndle
©AHEAD executive consulting, 2007 STAY AHEAD! Auftragsorientierte Mitarbeiter- und Teamentwicklung für Mitarbeitende der Firma … AG.
WECHSELWIRKUNG GYNÄKOLOGISCHER SYMPTOME UND WEIBLICHER SEXUALITÄT
Persönlichkeitsstörungen
Dialektisch-Behaviorale Therapie der Borderline-Störung nach Marsha M
Herzlich Willkommen Angehörigenarbeit in der DBT-A
Initiative Frauenmedizin in Klinik und Praxis
Dipl. Sozialpädagogin Margit Bösen-Schieck
Selektive Sprachlosigkeit –
Achtsamkeit Was darunter zu verstehen ist!
Schutzauftrag Kindeswohlgefährdung
Borderline- Netzwerk und Trialog
Ethische Aspekte der Diagnostik und Therapie depressiver Störungen
Psychotherapie bei MS P. Calabrese.
Vorbild – Selbstbild – Autorität
„Traumatisierte Frauen“
Ehrenerklärung Schutzauftrag Kindeswohlgefährdung
Grundkonzepte Psychotherapien
Die Professionalität maximieren Modul 6. Inhalt Die Aufgaben Die Rollen Die Kollaboration zwischen Mitarbeitern Die Kommunikation zwischen den Mitarbeitern.
HAUSOTTERSTRASSE – stationäre Jugendhilfe und Therapie
Borderline –Persönlichkeitsstörung
Systemische Verhaltenstherapie in der Tagklinik Westend / München
Systemische Verhaltenstherapie in der Tagklinik Westend / München
DID – eine Herausforderung für alle Beteiligten
Motivierungs- strategien Methoden
Hinweise zur Gesprächsführung
Existenzieller Themen- / Lebensbereich 1. Verlust des Lebenssinns Die Patientin/der Patient:  thematisiert die Absurdität des Lebens und der menschlichen.
IST-Frankfurt Psychotherapie ohne Spiritualität? Eckhard Roediger
Die neue S3-Leitlinie Depression Antidepressiva Suizidalität
Jean-Christoph Schwager "Glücksspielsucht im Alter"
Prävention sexualisierter Gewalt
Übersicht Sitzung 2: Psychoedukation
Trialogische Arbeit mit Borderline - hilfreicher Ansatz für alle oder individuelle Hilfe im Einzelfall? ANJA LINK Dipl.-Sozialpädagogin (FH) Borderline-Trialog.
Kommunikation mit Patienten Rothenburg ob der Tauber 19. November 2004.
1 Systemische Beratung Clemens Finger – Martin Steinert Systemische Beratung
Wertschätzende Kommunikation in der Pflege
Psychologische und psychotherapeutische Behandlung bei Krebs Birgit Hladschik-Kermer Univ. Ass.,Mag.phil., Dr.rer.nat. Klinische und Gesundheitspsychologin/
01 Grundlagen der Psychiatrie
Die Bindungsmodelle John Bowlby ( ).
Trauerarbeit und Bewältigung
 Präsentation transkript:

Forum Angehörigendienste 16. März 2005 KPP Herborn Gesprächskreis für Angehörige von Patienten mit einer Borderline-Persönlichkeits-Störung Monika Schmitz Zentrum für Soziale Psychiatrie Ärztlicher Direktor: Dr. J. Becker

Das pathogentische Modell, auf das sich Linehan bezieht, postuliert für die Entstehung der Borderline-Störung zwei Faktorengruppen als biosoziale Theorie Ø   Dysfunktion des emotionsregulierenden Systems   emotionale Verletzbarkeit mit hoher Sensitivität gegenüber emotionalen Reizen, niedriger Schwelle für (heftige) emotionale Reaktionen, verlangsamter Rückgang zur emotionalen Baseline gestörte Steuerung von Emotionen mit Unterdrückung unangenehmer Emotionen wie z. B. Scham oder Schuld Ø Invalidierende (/entwertende) Umgebung – ungünstige Lernerfahrung        schlechte Übereinstimmung zwischen Kind und Umwelt        schmerzliche Gefühle werden ignoriert        Erfahrungen gelten als falsch        sexueller Mißbrauch und Misshandlung

Dialektische Dilemmas der Borderline-Patientin nach Linehan Emotionale Vulnerabilität versus Selbst-Invalidierung Aktive Passivität versus scheinbare Kompetenz Permanente Krise versus gehemmte Trauer

Problembereiche der BPS-Symptomatik auf klinischer Ebene: Affektregulation Selbstbild Psychosoziale Integration Kognitive Funktionsfähigkeit (u.a. dissoziative und pseudopsychotische Symptomatik Verhaltensebene (u.a. Selbstverletzungen, Hoch-risikoverhalten, Eßstörungen)

Therapie der BPS in Modulen Eingang Diagnostik Elemente der ITPP nach Fiedler Krankheitsmodell -PE Therapie-vertrag Info über Therapie-inhalte -PE Ziele für stationäre Therapie festlegen Therapie Elemente aus DBT in Gruppe Psycho-edukation Achtsamkeit Notfallkoffer Dairy Card Verhaltens-analysen Time – out Traumath. Kunst Ergo Bewegung Spannungsreg Evaluation -Überprüfung stationäre BB -Überprüfung der Therapieziele -Überprüfung Psychopatho-logie Entlassung Loslösung von Station Maßnahmen zur Ent-lassung vorbereitet Weiterer Weg geklärt und einge-leitet Krise Risiken minieren Therapie-bereitschaft -Medika-mente Stabili-sieren Ambulant: DBT – Gruppentherapie Einzeltherapie: Trauma nach H.Dörner

Persönlichkeitsstile und Persönlichkeitsstörungen im Polaritätenraum  Widerständig Dominierend aktiv Autonomie schizoid paranoid dissozial Unabhängig, lenkend einzelgängerisch misstrauisch abenteuerlich Negativistisch histrionisch Kritisch – zögerlich expressiv Konflikt zwanghaft narzisstisch Borderline Gewissenhaft sich selbst bewusst spontan - sprunghaft Anhängig, anhänglich Abhängig selbstunsicher schizotypisch Bindung anhänglich-loyal selbstkritisch-sensibel ahnungsvoll-sensibel Unterwürfig Nachgiebig Passiv Normorientiert Ambivalenz Stimmungsabhängig Rigide labil,unkontrolliert selbstsicher, wachsam erfahrungsoffen, fühlsorientiert Selbstkontrolle Selbstaktualisierung aktiv passiv Mod.n. Fiedler

BPS-Angehörigengruppe „offener Gesprächskreis für zentrale Bezugspersonen von Borderline-Patientinnen“ Vier aufeinander aufbauende Module im zweiwöchentlichen Abstand 50 % Theorie / 50 % Zeit zum Erfahrungsaustausch über den Alltag als BPS-Angehöriger Beschreibung der Störung Grundprinzipien dialektisch-behavioraler Therapie (DBT) Gruppentherapie im Rahmen der DBT Erfahrungen aus dem Therapiealltag und dem „normalen“ Leben

Wünsche von Betroffenen an eine Angehörigengruppe Akzeptanz der Krankheit Dysfunktionale Verhaltensmuster sind keine „böse“ Absicht (z.B. Lügen) Keine übertriebene Rücksichtnahme Ernst genommen werden Nicht zur Schau gestellt werden Geduld auch auf seiten der Angehörigen Wege aus der Hilf- und Sprachlosigkeit Offener Umgang mit Scham- und Schuldgefühlen Akzeptanz möglicher Veränderungen des Patienten durch die Therapie

Gruppe für Angehörige von Menschen mit BPS Modul 1: Beschreibung der Störung Allgemeine Kriterien einer Persönlichkeitsstörung Diagosekriterien nach ICD 10 und DSM 4 Klinische Symptomatik: Affektregulation (niedrige Reizschwelle, hohes Erregungsniveau, verzögerte Rückbildung, intensive aversive Spannungszustände, „emotionale Taubheit“), Selbstbild (Unsicherheit bezüglicher eigener Identität und Integrität), psychosoziale Integration (Gefühl, anders zu sein als alle anderen), Schwierigkeiten in der Regulation von Nähe-Distanz), kognitive Funktionsfähigkeit (dissoziative Symptomatik, Intrusionen, pseudopsychotische Symptomatik, keine generelle kognitive Leistungsminderung), Verhaltensebene (Selbstverletzungen, Hochrisikoverhalten, Eß- und Trinkstörungen, usw.). Epidemiologie (Prävalenz 1,2%, 80 % aller Personen mit BPS suchen therapeutische Hilfe, ca. 15 % Gesamtbudget psych. Erkrankungen), Verlauf und Prognose (Suizidrate 7-10%, geringe Spontanremission). Das neurobehaviorale Störungsmodell: Lerntheorie (klassische und instrumentelle Konditionierung), kognitive Theorie (betont die Bedeutung individueller Schemata und Bewertungsprozesse z. B. für die Entwicklung traumaassoziierter Symptome und deren Chronifizierung) und Neurobiologie (genet. Faktoren, somatische Folgen traumatischer Erfahrungen) Psychosoziale Risikofaktoren: weiblich, frühe sexuelle Gewalt, köperliche Vernachlässigung, fehlende zweite Bezugsperson Genetische Komponenten: Zwillingsstudie zeigt auch für BPS genetische Bedeutung. Raum für Erfahrungsberichte der Angehörigen. Ein wesentlicher Punkt ist hierbei das Wiedererkennen des eigenen Erlebens in den theoretischen Schilderungen.

Gruppe für Angehörige von Menschen mit BPS Modul 2: Grundprinzip DBT Therapeutische Grundannahmen Zu Therapiebeginn werden die Therapieziele besprochen und ein Therapievertrag mit Aufnahme eben dieser Ziele erstellt. Zudem Non-Suizid-Vertrag und Gegenzeichnen der Stationsregeln. Im Gegenzug bekommt der/die Pat. Die Zusicherung, dass das Team der Station mit am Erreichen der genannten Therapieziele arbeitet. Behandlung setzt sich zusammen aus Einzelgesprächen mit Therapeut und Bezugspflege sowie regelmäßiger Teilnahme an Basis- und Achtsamkeitsgruppe. Einzeltherapie (1-2x/Woche) beschäftigt sich mit den Herausarbeiten von biographischen Daten, immer wiederkehrenden Verhaltensmustern und diesen zugrunde liegenden häufig widersprüchlichen Beziehungsmustern. Zusammen mit der Bezugspflege erfolgt das Besprechen von Therapiezielen, Wochenprotokoll und persönlichen Skills. Erstellen eines Notfallkoffers.

Gruppe für Angehörige von Menschen mit BPS, Modul 3: Gruppentherapie im Rahmen der DBT c. Achtsamkeitsgruppe (2x/Wo): „Leben im Hier und Jetzt“. Lauf nicht der Vergangenheit nach, verliere Dich nicht in der Zukunft. Ziel ist es, mehr Bewusstsein im Alltag und mehr Steuerungsmöglichkeiten über sich zu erlangen. Gefühl und Verstand sollen ins Gleichgewicht gebracht werden. Strategien: sich seiner Selbst gewahr werden, sogenannte „Was-Fertigkeiten“ (Wahrnehmen, Beschreiben, Teilnehmen) und „Wie-Fertigkeiten“ (nicht bewertend, konzentriert, wirkungsvoll). Im Rahmen der Angehörigengruppe einzelne Achtsamkeitsprüfungen ausprobieren. d. Basisgruppe (5x/Woche): Beschäftigt sich mit dem Umgang mit Gefühlen, z. B. Gefühlsmodulation durch „entgegengesetztes Handeln“ usw. Ein weiteres Thema beschäftigt sich mit zwischenmenschlichen Situationen (Ziel, Beziehung, Selbstachtung) oder dem Erkennen von ungünstigen Einstellungen/Mythen („Ich bin es nicht wert zu bekommen, was ich möchte oder brauche.“).

Gruppe für Angehörige von Menschen mit BPS, Modul 4: Erfahrungen aus dem Therapiealltag eines Menschen mit BPS Wünschenswert wäre nun, dass eine/ein Betroffene/r über den Alltag in der Therapie berichtet. Hierbei erscheint es sinnvoll, jemanden auszuwählen, der keinen direkten Bezug zu den Angehörigen hat, die an der Angehörigengruppe teilzunehmen. Er/sie sollte bereits relativ weit in der Therapie fortgeschritten sein.

Mitarbeiter der Herborner Schwerpunktstation u.a. Dr. Matthias Bender – Oberarzt des Behandlungsschwerpunktes Dipl-Psych. Horst Dörner (Vt, Traumatherapie) – Implementierung des DBT-Konzeptes, Basisgruppe, Modulentwicklung und Arbeitsblätter, Einzeltherapie, QM Monika Schmitz (Stationsärztin) – u.a. Angehörigengruppe, Basisgruppe, Einzeltherapie Anita Klingelhöfer (Fachkrankenschwester) –u.a. skills-Training, Achtsamkeitsgruppe Conny Georg, Annetraut Tielsch – Stationsleitung Martin Schwarz, Fachergotherapeut Karolin Bender, Kunsttherapeutin Barbara Langensteiner, Motologin – Sport- und Bewegungstherapie Dieter Krumm, Sozialpädagoge

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!