Klassifikation.

Slides:



Advertisements
Ähnliche Präsentationen
11. BAG – Bundesfachtagung: „Sind wir die besseren Eltern?“
Advertisements

Die Diagnosesysteme ICD, DSM und OPD: Nutzen und Kritik
„Netzwerk Medizin und Geschlecht“ an der Medizinischen Hochschule Hannover Projektleitung: Dr. phil. Bärbel Miemietz Projektkoordination: Larissa Burruano,
Zwanghafte Persönlichkeitsstörung
Persönlichkeit und Persönlichkeitsstörungen
Borderline-Störung im System DSM IV
Kapitel 4 Geometrische Abbildungen
Diagnostik und Klassifikation psychischer Störungen
Diagnostik in der Kinder-
Unzureichende Wahrnehmung / Diagnostik
1. Effektivitätsstudien zum Bereich Affektiver Störungen
Alkoholabhängigkeit und Alkoholmissbrauch nach ICD-10 und DSM-IV
Bereich psychosomatischer Erkrankungen und/oder Störungen
Vorlesung Rehabilitation
VL Diagnostische Kompetenz 9. Essstörungen
Errungenschaften der letzten 200 Jahre
FH Düsseldorf Psychologie Johanna Hartung Torsten Ziebertz
Kleine psychiatrische Krankheitslehre
Ucht / bhängigkeit lkohol, asch & o..
Dissoziation: Definition
Kapitel 1 Einleitung Originale (englisch) von Iordanis Petsas
Von Maria Leisring und Hannah Bornschein
Referat im Rahmen der Fachtagung
Psychiatrie Sem 3.
Schizophrenie Reichenbach.
Wegweiser psychische Gesundheit Kanton Bern
Besondere Bedürfnisse, Störungen, Erschwerungen, Behinderungen, sind relativ. Kann ein Klassifikationssystem Objektivität und Gerechtigkeit sicherstellen?
 Videoverweis: Referat Trauma  Videoverweis:
Sucht Nikotin Alkohol Drogen Magersucht Tablettensucht.
Psychiatrie Vor 16.
S S Störungen Nach: Sabine Wolff FU Berlin - Klinische Psychologie und Psychotherapie.
Selektive Sprachlosigkeit –
ADHS und aggressive Verhaltensstörungen
Psychosen By Kevin und Oliver.
Angst, Essstörungen und Sucht im Kindes- und Jugendalter
Keine Panik auf der Titanic
Vorstellungstheorie: Bedeutung als mentale Struktur.
Ein herzliches Willkommen zum Vortrag „Dyskalkulie bzw. Rechenschwäche
1. Vorlesung Begriff und Geschichte der Psychiatrie
Psychotherapie bei MS P. Calabrese.
Prüfungskonsultation
Sigmund Freud Filmmaterial Freud schaut
geistig behinderter Erwachsener
HAUSOTTERSTRASSE – stationäre Jugendhilfe und Therapie
11. Vorlesung Neurosenlehre II.
Modellieren mit Mathe in Jg. 8
Das Münchhausen-Syndrom
Dick, Dünn und dazwischen
Ein herzliches Willkommen zum Vortrag „Dyskalkulie bzw. Rechenschwäche
Psychische Gesundheit von Heimkindern
Angst- und Zwangserkrankungen
Dissoziative Störungen, Konversionsstörungen
Vorlesung SoSe 2011 Mo Uhr, Raum J101
Psychiatrische Krankheitsmodelle
Klassifikationssysteme
Gesundheitliche Folgen von h ä uslicher Gewalt. Was interessiert wen? Beispiel ÄrztInnen  22% aller Frauen erleiden im Laufe ihres Lebens Gewalt in einer.
Was ist Pharmakovigilanz?
Critical Incidents Verlauf der Stress-Reaktionen (= akute Belastungs-Reaktion) massive Stress-Reaktionen / -Symptome individuelle Bewältigungs- und Abwehrmechanismen.
Definition/Merkmale psychischer Störungen
Psychische Abweichung: Krankheit oder Störung? Vorlesung „Psychische Störungen“ Prof. Dr. Ralph Viehhauser.
Kom verder. Saxion. SE Verhaltensbilder 04 Demenz - Delir.
ALBERT-LUDWIGS- UNIVERSITÄT FREIBURG Einführung „Klinische Psychologie“ Tobias Stächele - Vertiefendes Seminar zur Vorlesung Klinische Psychologie - Institut.
Evangelische Akademie Tutzing, 11. September 2005 "Nein, meine Suppe ess' ich nicht!" – Ess-Störungen Monika Gerlinghoff Therapie-Centrum für Ess-Störungen,
Kom verder. Saxion. SE Verhaltensbilder 11 ADHS, Störungen des Sozialverhaltens.
Deutsch Für die Prüfungsarbeit Zur Thema “Ess-Störungen” Gymnasium № 6 Klasse 9 “A” Von Mitkowa Irina und Larionowa Wiktoria.
Zwangserkrankung Behandlung.
01 Grundlagen der Psychiatrie
„Einem Depressiven zu sagen, dass er seine Probleme einfach vergessen soll, ist wie einem Blinden zu sagen, dass er genauer hinsehen soll.“ Affektive Störungen:
Klausurtermine Vorlesung Klinische Psychologie (BSc) WS08/09 Prof. Dr
 Präsentation transkript:

Klassifikation

Was versteht man unter Klassifikation? Versuch, die Vielfalt an Einzelerscheinungen in übergeordnete Einheiten zu ordnen Vorgang der Zuordnung eines Elements zu einer vorgegebenen Klasse

Klassifikation: Erste Versuche Die Ägypter und Sumerer unterschieden bereits zwischen zwei Störungsbildern, die später als Melancholie und Hysterie bezeichnet wurden Die alten Griechen beschrieben Kategorien wie Senilität, Alkoholismus, Manie, Melancholie und Paranoia Im Mittelalter hingegen galt die Auffassung, dass psychische Störungen von Geistern versursacht werden, worauf ein eigenes Klassifikationssystem dämonischer Diagnosen entstand Hippokrates (460 – 375 v.Chr.) unterschied 4 Menschentypen

Hippokrates: 4 Menschentypen Choleriker Melancholiker Phlegmatiker Sanguiniker Bilder aus: Samy Molcho – Körpersprache: mvg-Verlag

Wie kann man psychische Störungen sinnvoll klassifizieren? Fragestellung: Wir wollen erfassen, wieviele Primarschulkinder im Kanton Fribourg gemobbt werden (Ziel: Angabe in Prozent). Es folgt ein Entscheidungsproblem: Welche Kinder wollen wir der Klasse „gemobbt“ zuweisen? Das Entscheidungsproblem führt zur Bildung eines Klassifikationssystems mit mindestens zwei Klassen und Zuordnungsregeln.

Ansätze zur Klassifikation Ätiologisch / Nosologisch: Klassifikation nach der Entstehungsgeschichte / Krankheitslehre Beispiele: Psychoanalytische und lerntheoretische Konzepte Klassifikation der Depressionstypen nach Kielholz Das System von Hippokrates Phänomenologisch (= beschreibend): Klassifikation nach dem Erscheinungsbild ICD-10 DSM-4-TR

ICD-10 und DSM-4-TR: Die bedeutendsten modernen Diagnosesysteme ICD-10 steht für International Classification of Diseases – 10. Revision und wird von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) herausgegeben. Die psychischen Störungen werden im Kapitel V (F) klassifiziert. DSM-4-TR steht für Diagnostik and Statistical Manual of Mental Disorders - 4. Revision – Textrevision. Es wird von der American Psychiatric Association (APA) herausgegeben.

ICD-10 und DSM-4-TR Favorisieren den phänomenologischen Ansatz Erlauben Komorbidität Erlauben eine multiaxiale Beschreibung (insbesondere DSM) Verwenden eine operationale Diagnostik Symptom/e müssen vorhanden sein Symptom/e dürfen nicht vorhanden sein Von den Symptomen müssen mindestens x vorhanden sein

Achsen des DSM-4-TR Achse I: Klinische Störungen, andere klinisch relevante Probleme (z.B. Scheidung) Achse II: Persönlichkeitsstörungen, geistige Behinderung Achse III: Medizinische Krankheitsfaktoren Achse IV: Psychosoziale und umgebungsbedingte Probleme (9 Hauptbereiche) Achse V: Globale Erfassung des Funktionsniveaus (Skala mit 10 Abstufungen)

Beispiel Achse I: Anorexia Nervosa Weigerung ein Körpergewicht aufrecht zu erhalten, das für das Alter und die Grösse der Betroffenen der untersten Grenze des Normalbereichs entspricht oder darüber liegt Intensive Angst vor einer Gewichtszunahme oder dem Dickwerden, obwohl Untergewicht besteht Störung in der Art, in der das eigene Gewicht oder die eigene Figur erlebt werden, übertrieben starke Orientierung der Selbstbewertung an Figur und Gewicht oder Leugnung der schwerwiegenden Bedeutung des niedrigen aktuellen Gewichts Bei Frauen nach der Menarche: Amenorrhoe (mindestens dreimal nacheinander Ausbleiben der Regelblutung)

Zwangsstörung Entweder Zwangsgedanken oder Zwangshandlungen Zu irgendeinem Zeitpunkt im Verlauf der Störung hat die Person erkannt, dass die Zwangsgedanken oder Zwangshandlungen übertrieben oder unbegründet sind (Ausnahme: Kinder) Falls eine andere Störung vorliegt, so ist der Inhalt der Zwangsgedanken nicht auf diese beschränkt Das Störungsbild geht nicht auf die direkte körperliche Wirkung einer Substanz (Droge, Medikament) oder eines medizinischen Krankheitsfaktors zurück

Definition Zwangsgedanken Wiederkehrende und anhaltende Gedanken, Impulse oder Vorstellungen, die zeitweise während der Störung als unangemessen empfunden werden und die ausgeprägte Angst oder grosses Unbehagen hervorrufen Die Gedanken, Impulse oder Vorstellungen sind nicht nur übertriebene Sorgen über reale Lebensprobleme Die Person versucht, diese Gedanken, Impulse oder Vorstellungen zu ignorieren oder zu unterdrücken oder sie mit Hilfe anderer Gedanken oder Tätigkeiten zu neutralisieren Die Person erkennt, dass die Zwangsgedanken, -impulse oder Vorstellungen ein Produkt des eigenen Geistes sind (nicht von aussen auferlegt)

Pro und Contra Klassifikation psychischer Störungen Informationsverlust Stigmatisierung (Etikettierung / Labeling) Verwechslung von Beschreibung und Erklärung Reifikation künstlicher Einheiten Braucht Zeit und Geld Pro Sinnvolle Informationsreduktion Ökonomische Informationsvermittlung Wissensakkumulation Handlungsanweisung Verbesserung der Kommunikation