Prof. Dr. Robert Esser Universität Passau

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 Präsentation transkript:

Prof. Dr. Robert Esser Universität Passau Die Vorgaben der Europäischen Menschenrechtskonvention für ein faires Strafverfahren Internationale Konferenz zum Thema „Die Rechte der Beteiligten im Strafprozess“ (Odessa, 16-18. Juni 2010) Prof. Dr. Robert Esser Universität Passau

Faires Verfahren (Art. 6 I EMRK) - Ziele - Vorbeugung jeder Willkür Bürger darf nicht zum bloßen Objekt der Ent- scheidungsfindung herabgewürdigt werden Ermöglichung von Rahmenbedingungen, damit die am Verfahren Beteiligten ihre Verfahrensinteressen wirksam vertreten können Gleichheit vor Gericht („equal before the courts and tribunals“); vgl. Art. 14 Abs. 1 Satz 1 IPBPR Wertungsmaßstab dafür, ob die effektive Rechts- wahrung im Prozess allen Prozessparteien gleichermaßen gesichert ist

Faires Verfahren (Art. 6 I EMRK) - Inhalt - „Fairness“ bestimmt das Verhältnis zwischen den Verfahrensbeteiligten und dem Gericht ebenso wie das Verhältnis zwischen den am Verfahren mit gegenläufigen Interessen teilnehmenden Personen übergeordnetes Prinzip der Verfahrensgerechtigkeit gerechtes, unparteiisches, justizförmiges Verfahren Leitgedanke der Billigkeit und Gerechtigkeit Rechtsprinzipien eines adversatorischen Strafver- fahrens („Waffengleichheit“) Kontradiktorisches Verfahren

Faires Verfahren (Art. 6 I EMRK) - Inhalt / Einzelprinzipien - Recht auf Stellungnahme zu allen relevanten Gesichtspunkten Recht auf effektive Einflussnahme auf Gang und Ergebnis des Verfahrens Möglichkeit der Auseinandersetzung mit dem verwendeten Beweismaterial Information über das ganze als entscheidungs- erheblich in Betracht zu ziehende Beweismaterial Akteneinsicht Recht auf Anwesenheit in der Hauptverhandlung

Faires Verfahren (Art. 6 I EMRK) - Inhalt / Einzelprinzipien - „Mindestrechte“ (Art. 6 III EMRK) als Einzel- aspekte des fairen Verfahrens Recht auf Information (lit. a) Recht auf angemessene Zeit zur Vorbereitung der Verteidigung (lit. b) Recht auf Verteidigung (lit. c) Konfrontationsrecht (lit. d) Recht auf Dolmetscherunterstützung (lit. e) Ungeschriebene Rechte Akteneinsicht Nemo tenetur

Faires Verfahren (Art. 6 I EMRK) - Inhalt / Verfahrensstadien - „Fair hearing“ – „Fair trial“ Hauptverhandlung Anwendungsbereich des Art. 6 EMRK „angeklagte Person“ EGMR („Imbrioscia“): auch Vorverfahren

Faires Verfahren (Art. 6 I EMRK) - Einzelrechte v. Gesamtwürdigung - Zusammenschau mehrerer Einzelprinzipien Vorrangig: Einzelregelungen des jeweiligen natio- nalen Verfahrensrechts für die Einzelausgestaltung des Verfahrens und die Tragweite einzelner Ver- fahrensbefugnisse Einzelne Verfahrensrechte v. zentrales Rechts- prinzip Heutiges Verständnis: gesamtes Verfahren Konsequenz: auch Mängel im Vorverfahren können Fairnessverstoß bedeuten (anders: Revision)

Faires Verfahren (Art. 6 I EMRK) - Einzelrechte v. Gesamtwürdigung - EGMR: Faires Verfahren „in seiner Gesamtheit“ Gesamtfairness = Gesamtwürdigung des konkreten Verfahrensverlaufs Auch: Gedanke der Subsidiarität des menschen- rechtlichen Kontrollsystems Möglichkeit der Kompensation von Mängeln bis zum Ende der ersten gerichtlichen Instanz Ausgleich mehrerer Einzelrechte („praktische Konkordanz“)

Faires Verfahren (Art. 6 I EMRK) - Einzelrechte v. Gesamtwürdigung - EGMR: Faires Verfahren „in seiner Gesamtheit“ Variante 1: Verstoß gegen Einzelrecht führt nicht zwingend zur Unfairness Variante 2: eklatante Missachtung eines garantierten Einzelrechts = kein faires Verfahren Variante 3: Missachtung mehrer Einzelrechte führt (nur) insgesamt zur Unfairness des Verfahrens

Geltung der EMRK im deutschen Recht EMRK besitzt in der deutschen Rechtsordnung nicht den Status von Verfassungsrecht iSv Art. 25 GG sondern: einfaches Bundesgesetz (Art. 59 II GG) Bestimmungen der EMRK: unmittelbar geltendes deutsches Recht EMRK bindet sowohl die vollziehende Gewalt als auch die Rechtsprechung (Art. 20 III GG) EMRK ist in jedem Strafverfahren zu beachten

Rechtsprechung des EGMR - Bindungswirkung - Deutsche Gerichte sind nicht völkerrechtlich, wohl aber innerstaatlich an die gegen Deutschland ergehenden Urteile gebunden. Die gesamte Rechtsprechung des EGMR nimmt – über das Zustimmungsgesetz (Art. 59 II GG) – an der innerstaatlichen Verbindlichkeit der EMRK teil. Art. 1 EMRK: völkerrechtliche Bindung der BR Deutschland an den übertragungsfähigen Inhalt der gesamten Rechtsprechung des EGMR – nicht jedoch an die gegen andere Staaten ergehenden Urteile als solche (vgl. Art. 46 EMRK).

Rechtsprechung des EGMR - Bindungswirkung - BVerfG zieht Urteile des EGMR als Auslegungshilfe für die Bestimmung von Inhalt und Reichweite der vom GG geschützten Grundrechte und rechtsstaat- lichen Grundsätze heran. Nationale Gerichte müssen die in einem Strafver- fahren angewandten Vorschriften und Gesetze im Einklang mit den völkerrechtlichen Verpflichtungen der BR Deutschland auslegen (völkerrechtsfreund- liche Auslegung). EMRK und mittelbar der gesamten Rechtsprechung des EGMR kommt Klarstellungs-/Konkretisierungs- funktion für das deutsche Strafverfahrensrecht zu.

Wiederaufnahme, § 359 Nr. 6 StPO Die Wiederaufnahme eines durch rechtskräftiges Urteil abgeschlossenen Verfahrens zugunsten des Verurteilten ist zulässig, (…) 6. wenn der EGMR eine Verletzung der EMRK … festgestellt hat und das Urteil auf dieser Verletzung beruht. (P) Beruhensklausel (P) Anwendbarkeit auf (Mit-)Beschuldigte, deren rechtskräftige Verurteilung an dem gleichen vom EGMR festgestellten Mangel leidet (P) Ausweitung der Vorschrift auf andere rechts- kräftig Verurteilte, die selbst nicht den EGMR angerufen haben

Faires Verfahren - als Element der Verfassung (GG) - Innerstaatlich: Teil des Rechtsstaatsprinzips i.V.m. dem allgemeinen Freiheitsrecht, Art. 2 Abs. 1 GG, dem Recht auf Gleichbehandlung (Art. 3 GG) und dem Recht auf Gehör nach Art. 103 Abs. 1 GG Verfassungsrang Recht auf Gehör als Konkretisierung einer Anforderung des fairen Verfahrens

EGMR (Fall 1) Gäfgen / Deutschland (GK) 1.6.2010 Androhung von Folter = Folter oder („nur“) unmenschliche Behandlung? Wegfall der Opfereigenschaft: Feststellung des Verstoßes + ausreichende Wiedergutmachung (1) Verfolgung und Verurteilung der Verantwortlichen (auch Bestrafung?) und (2) Nichtverwertung der (unmittelbar) aus der Erhebung stammenden Beweise („Früchte“?) (3) Finanzielle Entschädigung (und/oder?) „Hartes“ Beweisverwertungsverbot (Art. 3 EMRK) oder „weiche“ Verwertungskriterien aus Verfahrensfairness (Art. 6 I EMRK)?

EGMR (Fall 2) Ramanauskas v. Litauen (Tatprovokation) 5.2.2008 (P) Verstoß gegen die Verfahrensfairness (Art. 6 I EMRK) Kriterien für ein „provozierendes Verhalten“ (P) Rechtsfolge Verwertungsverbot / Verfahrenshindernis (EGMR) vs. Strafzumessungslösung (BGH) EGMR, Ramanauskas v. Litauen (5.2.2008) EGMR, Pyrgiotakis v. Griechenland (21.2.2008) EGMR, Milanese v. Litauen (24.6.2008) EGMR, Malininas v. Litauen (1.7.2008)

EGMR (Fall 3) – Bykov v. Russl. (GK) Nemo tenetur / Beweisverwertung 10.3.2009 BGH: Schutz vor Zwang – nicht vor Täuschung ! EGMR – Allan v. UK (2002) U-Haft / Wille zu schweigen bereits geäußert / „Zellspitzel“ – Form von Zwang und Druck (+); unklar: enthält nemo tenetur (auch) Täuschungsverbot? BGH, 26.7.2007 – 3 StR 104/07 (VE) BGH, 27.1.2009 – 4 StR 296/08 (VE) BGH, 29.4.2009 – 1 StR 701/08 (akustische Überwachung / U-Haft): Fairnessverstoß

EGMR (Fall 3) – Bykov v. Russl. (GK) Nemo tenetur / Beweisverwertung 10.3.2009 Art. 8 EMRK Gesetzliche Grundlage für Einsatz von V- Person + technischem Mittel (Funksender) Art. 6 EMRK – Faires Verfahren Verwertbarkeit der selbstbelastenden Äußerun- gen gegenüber V-Person?

EGMR (Fall 3) – Bykov v. Russl. (GK) Nemo tenetur / Beweisverwertung 10.3.2009 Art. 6 I EMRK 1. Stufe: Verwertbarkeit unter dem Gesichtspunkt der Zuverlässigkeit des Beweismittels Zulassung(sverfahren) des Beweises muss Fairness garantieren Bf. muss Zuverlässigkeit des Beweises effektiv in Frage stellen können EGMR: gerichtliches Verfahren + Rechtsmittel / begründete gerichtliche Entscheidung zur Frage der Verwertbarkeit / „nicht das einzige Beweismittel“ 2. Stufe: Verstoß gegen das Schweigerecht – nemo tenetur – Täuschungsverbot?

EGMR (Fall 3) – Bykov v. Russl. (GK) Nemo tenetur / Beweisverwertung 10.3.2009 Vorwurf: Verurteilung beruht auf „List und Tücke“ EGMR Empfang der V-Person auf privatem Grund; persönliches Verhältnis vermittelte keinerlei Aussagedruck kein „Zwang oder Druck“ zum Gespräch (insb. keine U-Haft-Situation) keine „direkte“ Verwertung des Gesprächs (z.B. als Geständnis) sondern als Teil einer komplexen Reihe an Beweisen i.E. kein Verstoß gegen Art. 6 I EMRK

EGMR (Fall 3) – Bykov v. Russl. (GK) Nemo tenetur / Beweisverwertung 10.3.2009 Sondervoten: Tendenz zu strengeren Beweisver- wertungsregeln im Rahmen des Art. 6 EMRK Vgl. auch: EGMR, Lee Davies v. Belgien (21.7.2009) rechtswidrige Durchsuchung – kein Fairness- verstoß bei Verwertung

EGMR (Fall 4) Kari-Pekka Pietiläinen v. Finnland 22.9.2009 Wahrnehmung der Verteidigungsrechte durch den Verteidiger für den in der Hauptverhandlung (trotz Ladung) nicht erschienenen Angeklagten Entschuldigungsgrund nicht erforderlich Einzige denkbare Ausnahme: Verfahrensabschnitt, für den eine Anwesenheit des Bf. absolut notwendig ist Konventionswidrigkeit des § 329 StPO? – vgl. hierzu auch: BVerfG, Beschl. v. 27.12.2006 – 2 BvR 1872-03

EGMR (Fall 5) – Salduz v. Türkei Zugang zum Verteidiger 27.11.2008 Grundsatz: Zugang zu einem Verteidiger schon bei der ersten Vernehmung (i.d.R. durch die Polizei) Ausnahme: zwingende Gründe für Beschränkung Grenze: unangemessene Beschränkung der Verteidigungsrechte hier speziell: Alter des Bf. (Jugendlicher) Verzicht auf dieses Recht? – strenge Anforderungen EGMR, Dayanan v. Türkei (13.10.2009) Verstoß Art. 6 III lit. c EMRK, obwohl Bf. während der polizeilichen Vernehmung vom Schweigerecht Gebrauch gemacht hatte