Ernährung & Psyche Mag. Sabine Dietrich

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Kreuze an: richtig oder falsch? 1.Peter isst zum Frühstück am liebsten Brötchen. 2.Milch und Tee mag er nicht. 3. In der Pause isst er meistens Schokoriegel.
Essen ist zu einem wichtigen Thema geworden. Sehr viel Werbung dreht sich ums Essen, immer größer wird das Angebot im Supermarkt, und immer mehr Bars.
Die Konditionierung.
 Präsentation transkript:

Ernährung & Psyche Mag. Sabine Dietrich Klinische Psychologin, Gesundheitspsychologin MUW, Abt. für Ernährungsmedizin

Ernährungspsychologie nutritional psychology 1975: Dahlem-Konferenz in Berlin 52 ForscherInnen aus aller Welt Why do we start eating? Why do we stop eating? Why do we eat, what we eat? Volker Pudel. 1998. Ernährungspsychologie. Göttingen: Hogrefe.

Ernährungspsychologie: Überblick Grundlegendes, Motive des Ernährungsverhaltens Erklärungsmechanismen für das Ernährungsverhalten Lebensmittelauswahl Essverhalten: adäquates / gestörtes Übergewicht /Adipositas im Kindes- & Jugendalter Was können Sie als ÄrztInnen tun?

Das legt sich mir auf den Magen Ein leerer Bauch studiert nicht gern Liebe geht durch den Magen Den Ärger hinunter essen Schmeckt daheim der Schmoan´, bleibt der Mann dahoam Wer auf Gott vertraut´, der braucht ka Kraut

Grundlegendes zur Ernährungspsychologie Ess- & Ernährungsverhalten hängen vom Nahrungsangebot ab Primäre Motive (werden beim NG durch Hunger/Sättigung reguliert, sind angeboren): 1. Wunsch nach angenehmen Geschmack (=hedonistisches Bedürfnis) ist ein stabiles Motiv für Essen 2. Beseitigung des Hungergefühls ist motivierende Kraft für die Ernährung Zahlreiche sekundäre Motive! Die Ausdifferenzierung von Sekundarbedürfnissen ist ein sozio-kultureller Lernprozess Zur Spekulation reizt der Gedanke, wie sich die M ernähren würden, wenn sie keinen Geschmacksinn hätten und daher das hedonistische Motiv nicht gilt Wie bei der Sprache: Sek.: Die Kompetenz zum Spracherwerb ist angeboren, nicht aber die Spzialisierung auf eine konkrete Sprache

Motive für unser Essverhalten „Pommes esse ich mit viel Ketchup“ „Ich habe Hunger.“ „Bei uns gibt es nachmittags Jause“ Von Oma bekommen wir 3Teller Weihnachtskeks „Ich trinke immer ein Glas Saft vor dem Essen“ „Vor einem Test esse ich einen Schokoriegel“ „Am Skikurs haben alle viele Süßigkeiten mit“ „Ich esse, was es in der Mensa gibt.“ „Mal sehen, wie das schmeckt.“ „Bei einer gute Note, gehen wir Eisessen“ „In diesem Zuckerl sind viele Vitamine“ Geschmacksanspruch Hungergefühl kulturelle Einflüsse traditionelle Einflüsse habituelle Bedingungen emotionale Wirkung soziale Statusbedingung Angebotslage Neugier Pädagogische Gründe Magische Zuweisungen .........

Überblick Grundlegendes, Motive des Ernährungsverhaltens Erklärungsmechanismen für das Ernährungsverhalten Lebensmittelauswahl Essverhalten: adäquates / gestörtes Übergewicht /Adipositas im Kindes- & Jugendalter Was können Sie als ÄrztInnen tun?

Erklärungsmechanismen: klassische Konditionierung Auslöser (=Nahrung, unkond. Stimulus:UCS)  Speichelfluss in der Lernphase: neutraler Reiz (Glocke) mehrmals vor UCS später genügt der Glockenton und Speichelfluss auszulösen Der neutrale Reiz wird zu einem kond. Stimulus (CS) best. Signale (kond. Stimuli, CS, z.B. körpereigene Signale oder Reize aus der Umwelt wie Geruch od. Aussehen) können ein bestimmtes Essverhalten hervorrufen Booth 77, Stunkard 75

Theorie des sozialen Lernens Beobachtungslernen von Bandura 1977 Kinder beobachten, was ihr Modell an Ernährungsweisen vorlebt. Kinder übernehmen Verhaltensmuster von anderen Personen.

Erklärungsmechanismen für das Essverhalten nach H. Bruch (1973) Unwohlfühlen (z.B. nasse Windel), Kind schreit Bezugspersonen handelt Nicht allen Müttern gelingt es die Signale des Säuglings richtig zu deuten (Mutter gibt Fläschchen), einige Kinder lernen nicht ihren Hunger-Sättigungsmechanismus adäquat wahrzunehmen

Überblick Grundlegendes, Motive des Ernährungsverhaltens Erklärungsmechanismen für das Ernährungsverhalten Lebensmittelauswahl Essverhalten: adäquates / gestörtes, Übergewicht /Adipositas im Kindes- & Jugendalter Was können Sie als ÄrztInnen tun?

Wovon dürfte der Einkauf abhängen? Peer group Marken Werbung Spontanität sozialer Druck EINKAUF ... Erwartungen Fernsehen Verfügbarkeit Gewohnheit Geld Prestige Vorbilder

Essverhalten wird beeinflusst durch Bedingungen Situationen Erwartungen Motive Gewohn- heiten Vermeidung Verstärkung Kollektive Norm Belohnung

Wie entsteht unser Essverhalten ? Einstellung zum Essverhalten subj. Norm (z.B. Essensvorschriften) Theorie nach Ajzen und Fishbein (1980), adaptiert

Überblick Grundlegendes, Motive des Ernährungsverhaltens Erklärungsmechanismen für das Ernährungsverhalten Lebensmittelauswahl Essverhalten: adäquates / gestörtes, Übergewicht /Adipositas im Kindes- & Jugendalter Was können Sie als ÄrztInnen tun?

Essverhalten gestörtes Essverhalten 2. adäquates Essverhalten

gestörtes Essverhalten Anorexie Bulimie Binge Eating Disorder Night Eating Syndrom Emotional eating

BMI-Zuteilung und Essensmengen Dietrich et al. 2005. PRESTO-Projekt. (in Vorbereitung)

BMI-Zuteilung und TV-Konsum Dietrich et al. 2005 PRESTO-Projekt (In Vorbereitung)

Haben Mütter Einfluss auf das Essverhalten? bei Anwesenheit der Mutter während des Essens Bissensgröße: ... war bei Adipösen größer als bei nicht Adipösen Essgeschwindigkeit: adipöse Kinder aßen schneller als nonobese adipöse Kinder aßen am Ende immer schneller „die Mutter kann Auslöser sein, das Essverhalten zu ändern“ Laessle 2001. Int J Eat disorder 30

Depressive Symptomatik N = 90 (m:44%, f:56%) Alter: 10a-18a (Ø13a) BMI > 97. Perz., Ø32 DIKJ (Depressionsinventar für Kinder/Jugendliche) Exploration 53% haben massive depressive Symptome Dietrich. 2005. Int J Obes.

Probleme in der Familie N=74 (m:45%, f:55%) Alter: 10a-18a (Ø13a) BMI > 97. Perz., Ø34 Exploration proj. Verfahren 40 von 74 (56%) haben massive familiäre Probleme

Was macht die Betreuung von PatientInnen mit Essproblemen so schwer? alltägliche Verlockung Abstinenz nicht möglich ! ständig neue snacks Werbung Fernsehsendungen Merkmale der Familie, oft: Multiproblemfamilien,

Was können Sie als ÄrztInnen tun? Sich informieren Die psychische Lage des Menschen beachten Aktives Identifizieren der Risikokinder Früherkennung Früherfassen diese PatientInnen über Jahre begleiten Motivieren Elterngespräche Vernetzen

Literatur Volker Pudel. 1998. Ernährungspsychologie. Göttingen: Hogrefe Laessle, R., Lehrke, S., Wurmser, H. & Pirke, K. (2001). Adipositas im Kindes- und Jugendalter. Berlin: Springer. Wolf, Doris (1997). Übergewicht und seine seelischen Ursachen. Mannheim: PAL.