Verfassungs- und Gesetzesbestimmungen über die Forschung am Menschen“

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Verfassungs- und Gesetzesbestimmungen über die Forschung am Menschen“

Forschung am Menschen 2. Geltungsbereich 3. Übersicht Regelungsinhalte Dr. Andrea Arz de Falco Leiterin Sektion Forschung am Menschen und Ethik Projektleiterin Regelung der Forschung am Menschen 1. Ausgangslage und Ziel der Regelung 2. Geltungsbereich 3. Übersicht Regelungsinhalte

Forschung am Menschen Ausgangslage: Gesetzgebung „Forschung am Menschen“ ist zur Zeit uneinheitlich und unvollständig Auf Bundesebene geregelt: Klinische Versuche mit Heilmitteln Klinische Versuche mit Transplantaten Verwendung der persönlichen Daten von Patientinnen oder Patienten für die medizinische Forschung Gewinnung von und Forschung mit humanen embryonalen Stammzellen Ausserhalb dieser Bereiche: Zuständigkeit und Verantwortung der Kantone

Forschung am Menschen Ziel des Humanforschungsgesetzes: Schutz der psychischen und physischen Integrität und der Privatsphäre von betroffenen Personen in Forschungsvorhaben Achtung der Wissenschaftsfreiheit und der Bedeutung der medizinischen Forschung für die Gesellschaft Sicherung der Konkurrenz- und Kooperationsfähigkeit des Forschungsplatzes Schweiz durch: Einheitliche Grundsätze und Bedingungen für die gesamte Schweiz Gewährleistung von Übersicht und Transparenz Orientierung an internationalen Vorgaben

Forschung am Menschen Neu: Art. 118a Bundesverfassung: Forschung am Menschen Ziel: - Schutz der Menschenwürde und der Persönlichkeit unter Beachtung der Forschungsfreiheit  Grundsätze: Informed consent Unabhängige Überprüfung zum Schutz der teilnehmenden Personen Erhöhter Schutz für urteilsunfähige Personen Kein Zwang zur Teilnahme Kommerzialisierungsverbot Ansprüche: - Einsatz für Qualität und Transparenz

Forschung am Menschen Alle Forschungsprojekte aus dem Gesundheitsbereich: mit Personen (insbesondere mit besonders verletzbaren Personen) an Embryonen und Föten in vivo mit Biologischem Material menschlichen Ursprungs und Personendaten an verstorbenen Personen an Embryonen und Föten aus Schwangerschaftsabbrüchen und Spontanaborten sowie Totgeburten

Forschung am Menschen Die wesentlichen Grundsätze der Forschung am Menschen: freiwillige und aufgeklärte Einwilligung Ausnahmen: irreführende/unvollständige Aufklärung wenn methodisch notwendig Notfallsituation (Zeitdruck/Ansprechbarkeit/…) Einwilligung unmöglich oder unzumutbar (Patientendaten) Risiko-Nutzen-Abwägung direkter Nutzen: erwartbare, unmittelbar mit dem Forschungsprojekt in Verbindung stehende Verbesserung der Gesundheit der betroffenen Person Prinzip der Subsidiarität Urteilsunfähige, urteilsfähige unmündige und entmündigte Personen schwangere Frauen, Embryonen und Föten Notfallsituationen, Gefangenschaft Künstlich beatmete Verstorbene Unverschlüsselte Materialien und Daten

Forschung am Menschen Rechte von PatientInnen und ProbandInnen nicht-Diskriminierung Datenschutz Verweigerung und Widerruf der Einwilligung Recht auf Information und Nicht-Wissen Schadensdeckung Massnahmen zum Schutz

Forschung am Menschen Verletzbarkeit (Schutzbedürftigkeit) Grundsätzlich alle Personen, mit denen geforscht wird Besondere Verletzbarkeit (Schutzbedürftigkeit) Urteilsunfähige Personen Urteilsfähige, unmündige oder entmündigte Personen Personen in Notfallsituationen Schwangere Frauen und Embryonen / Föten in vivo Personen in Unfreiheit

Forschung am Menschen Bei allen besonders verletzbaren Personen zu beachten: Subsidiarität Art. 17 Subsidiarität Ein Forschungsprojekt mit urteilsunfähigen Personen darf nur durchgeführt werden, wenn gleichwertige Erkenntnisse nicht ohne ihren Einbezug gewonnen werden können. Unterscheidung Forschung mit direktem / ohne direkten Nutzen für die Person „minimal risk“ bei der Forschung ohne direkten Nutzen

Forschung am Menschen Wichtigste Bestimmungen zur Verwendung von biologischen Materialien: Entnahme von Materialien resp. Erhebung von Daten zu Forschungszwecken bedarf der ausdrücklichen Einwilligung (informed consent) der betroffenen Person Weiterverwendung richtet sich nach dem Grad der Anonymisierung von Materialien und Personendaten - Forschungsprojekte mit anonymisierten Materialien: Widerspruch - Forschungsprojekte mit verschlüsselten Materialien: (General-)Einwilligung - Forschungsprojekte mit unverschlüsselten Materialien: Einwilligung - Forschungsprojekte mit bereits vorhandenem Materialien, für deren Weiterverwendung keine Einwilligung vorliegt: Einwilligungssubstitut Recht auf Wissen/Nicht-Wissen

Forschung am Menschen Ethikkommission überprüfen, ob der Schutz der Versuchspersonen in Forschungsprojekten gewährleistet ist. Forschungsprojekte sind bewilligungspflichtig; die EK überprüfen: Aufklärung und Einwilligung Nutzen–Risiko – Verhältnis Wissenschaftliche Qualität betriebliche und fachliche Voraussetzungen weitere gesetzliche Anforderungen zum Schutz der Versuchspersonen Die EK beaufsichtigen die Durchführung von Forschungsprojekten, insbesondere betr. Beurteilung von Vorfällen (unexpected adverse events) Änderungen / Amendements möglich: z.B. Anordnung von Massnahmen; Durchführung von Inspektionen

Forschung am Menschen „Kantonsvariante“: Fortführung der aktuellen Situation gemäss HMG Kantone setzen EK ein und wählen deren Mitglieder (Möglichkeit der interkantonalen Zusammenarbeit ist gegeben) kantonale Regelung von Verfahren, Organisation und Geschäftsreglement Bundesrechtliche Vorgaben nur soweit, als es international anerkannte Richtlinien und Normen vorschreiben „Bundesvariante“: regional zuständige und ansässige Bundeskommissionen Bund setzt nach Rücksprache mit Kantonen regional zuständige EK an den hauptsächlichen Forschungsstandorten ein Bundesweit einheitliche Regelung von Organisation und Verfahren Für beide Varianten gilt u.a.: unabhängige Milizkommissionen mit wissenschaftlichem Sekretariat Pflicht zur Aus- und Weiterbildung der EK-Mitglieder Regelung des Verfahrens von Multizenterstudien