Ernährung bei Morbus Crohn und Colitis Ulcerosa SMCCV-Tagung Murten 2009 Andrea Leisibach dipl. Ernährungsberaterin HF
Programm Einfluss der Ernährung bei CED Ernährung in der Remission Ernährung im akuten Schub Mögliche Probleme Mangelernährung Anreicherungsmöglichkeiten Neue Therapieansätze
Einfluss der Ernährung bei CED Margarine? Kuhmilch? Fette? COLITIS ULCEROSA MORBUS CROHN Zucker? Nahrungsfaserarme Ernährung?
Einfluss der Ernährung bei CED Vieles wird diskutiert, wenig ist bewiesen. Wichtig ist jedoch: Verhindern einer MANGELERNÄHRUNG! Eine ausgewogene Ernährung kann sich positiv auf den Krankheitsverlauf auswirken und eine Gewichtsabnahme vermindern.
Ernährung in der Remission Ausgewogene Ernährung nach den allgemeinen Empfehlungen mehrere kleinere Mahlzeiten pro Tag (5-6) Berücksichtigung individueller Unverträglichkeiten Vermeidung einseitiger Ernährungsformen Vorbeugung einer Mangelernährung, d.h. allfällige Unterernährung korrigieren
Ernährung in der Remission Mögliche Unverträglichkeiten: grob gemahlenes Getreide grob gemahlene Nüsse und Kerne Hülsenfrüchte in grösseren Mengen hartschalige Früchte blähendes Gemüse kohlensäurehaltige Getränke scharfe Gewürze sehr fettreiche, frittierte Speisen Süssstoffe und Zuckeraustauschstoffe in light-Produkten
Ausgewogene Ernährung (SGE 2005)
Ausgewogene Ernährung
Was ist eine ausgewogene Ernährung? Fette + Flüssigkeit Proteine Kohlenhydrate
Kohlenhydrate Stärkeprodukte: 3 Portionen pro Tag Vollkornprodukte bevorzugen, da sie viele Nahrungsfasern enthalten
Kohlenhydrate Früchte: 2 Portionen pro Tag (1 Portion = 1 Hand voll) enthalten viel Vitamine, Mineralstoffe und Nahrungsfasern Früchte oder Fruchtsäfte in grösseren Mengen können bei gewissen Menschen vermehrt Beschwer-den wie Blähungen, Durchfall auslösen (= Frucht-zuckermalabsorption)
Kohlenhydrate Gemüse: 2 Portionen pro Tag (1 Portion = 1 Hand voll) enthalten viel Vitamine, Mineralstoffe und Nahrungsfasern gewisse Gemüse können Blähungen verstärken (v.a. Kohlarten, Zwiebeln, Knoblauch)
Proteine Milchprodukte: 2-3 Portionen pro Tag (1 Portion = 1 Joghurt/2 dl Milch/30 g Käse) enthalten fettlösliche Vitamine und Calcium Milchprodukte können bei Vorliegen einer Lactoseintoleranz Verdauungsbeschwerden verstärken
Proteine weitere Proteine: 1-2 x pro Tag zu den Hauptmahlzeiten (auch Milchprodukte gehören dazu) Hülsenfrüchte wie Linsen, Bohnen, Kichererbsen können Verdauungsbeschwerden verstärken, da sie beim Abbau zu viel Gas führen
Fette mind. 2 Essl. hochwertige Öle pro Tag (Olivenöl, Rapsöl) enthalten fettlösliche Vitamine und essentielle Fettsäuren tierische Fette mit Mass geniessen Omega-3-Fettsäuren können einen entzündungs-hemmenden Effekt haben (v.a. in Baumnüssen und Fischen)
Flüssigkeit 1,5 - 2 Liter pro Tag (30 ml pro kg Körpergewicht) Koffeinhaltige und alkoholische Getränke sowie Light- getränke können Verdauungsbeschwerden verstärken Bei Durchfall ist der Flüssigkeitsbedarf deutlich erhöht
Vitamine, Mineralstoffe (speziell zu beachten bei CED) Vitamin B12: wird im letzten Teil des Dünndarms aufgenommen (terminales Ileum), dem Bereich, der am häufigsten bei MC befallen ist. Korrektur mit Depotspritzen. Folsäure: Mangel entsteht häufig mit der Einnahme gewisser Medikamente (Sulfasalazin, Methotrexat). Muss substituiert werden.
Vitamine, Mineralstoffe (speziell zu beachten bei CED) Vitamin D: Bei Menschen mit CED besteht ein erhöhtes Risiko für Knochenschwund (Osteoporose). Vitamin D und Calcium muss bei regelmässiger Einnahme von Cortison substituiert werden. Eisen: Bei CU können leichte chronische Blutungen zu Eisenmangel führen. Substituieren mit Tabletten (Vorsicht, kann Verdauungsbeschwerden verstärken und wird schlecht aufgenommen) oder Infusionen. Zink: Zinkmangel entsteht v.a. bei chronischem Durchfall.
Ernährung im akuten Schub Bei mildem Verlauf: - Leichte Vollkost, individuelle Unverträglichkeiten berücksichtigen. - evtl. lactosearm - evtl. nahrungsfaserarm Bei schwerem Verlauf mit Gewichtsverlust: - Leichte Vollkost plus Zusatznahrung - lactosearm - nahrungsfaserarm - evtl. enterale (Sonde) oder parenterale (über Blutbahn) Ernährung
Mögliche Probleme Durchfall: Ursache muss immer abgeklärt werden (Lactoseintoleranz, Gallensäureverlustsyndrom, Fettmalabsorption oder schlechte Verwertung durch Entzündung der Schleimhaut = Maldigestion) Therapie: je nach Ausprägung 2-4 Liter trinken geeignete Getränke sind Bouillon, evtl. verdünnte Fruchtsäfte, gezuckerter Tee, Sportlergetränke wie Isostar
Mögliche Probleme Lactoseintoleranz: Ernährungsberatung von Vorteil, da Stärke der Intoleranz sehr individuell. Im akuten Schub verstärkte Intoleranz. evtl. Einnahme von Calcium und Vitamin D, da Gefahr eines Mangels Osteoporose. In der Remissionssphase nicht häufiger als bei Menschen ohne CED (ca. 15-20% der Bevölkerung in Westeuropa).
Mögliche Probleme Stenose (Verengungen im Darm): Einschränkungen nur bei starken Verengungen notwendig. Allgemein gilt: Alles was mit den Zähnen nicht gut gekaut werden kann meiden! Falls notwendig grobfasrige Nahrungsmittel meiden (siehe folgende Beispiele).
Mögliche Probleme Stenose: Eher ungünstige Nahrungsmittel Nüsse, Samen hartschalige Früchte und Gemüse (Bsp. Trauben, Peperoni, Tomaten etc.) langfasrige Gemüse wie Spargel, Blattspinat, Pilze, Rhabarber Hülsenfrüchte (Linsen, Bohnen, Kichererbsen) grobes Vollkornbrot Ballaststoffpräparate (Bsp. Kleie)
Mögliche Probleme Mangelernährung: führt häufig zu Schwäche, Leistungsvermin-derung, Verminderung der Lebensqualität kann sich negativ auf den Verlauf der Grunderkrankung auswirken führt zu Gewichtsverlust, Muskelabbau führt zu Vitamin- und Minerastoffmangel
Ursachen Mangelernährung vermindert Energie- und Nährstoffaufnahme Einseitige, unzu-reichende Ernährung gestörte Verwertung der Nährstoffe Verluste durch Durchfall erhöhter Energie- und Nährstoffbedarf erhöhter Bedarf in spez. Situationen (Bsp. Fieber) vermehrte Verluste über den Darm Medikamente (Einfluss auf die Verfügbarkeit bestimmter Nährstoffe)
Häufigkeit von Ernährungsmangelzuständen M. Crohn C. Ulcerosa Untergewicht 70% 18-55% Lactoseintoleranz 30-40% 25-65% Hypalbuminämie 25-80% 0-10% Anämie 25-85% 22-68% Folsäuremangel 50-79% 5-20% B12-Mangel 16-39% 8-30% Eisenmangel 10-44% 30-80%
Häufigkeit von Ernährungsmangelzuständen M. Crohn C. Ulcerosa Osteopathien 24-39% 0-15% Calciummangel 20-60% 0-46% Magnesiummangel 30-68% 2-55% Zinkmangel 42-92% 12-52% Fettsäuremangel- 2-5% 0-2% Syndrom
Ziele einer Ernährungsberatung Beschwerden reduzieren Ängste abbauen Mangelernährung verhindern individuelle Anpassung! Lebensqualität verbessern
Ernährungszustand bestimmen Befragung: Grösse, aktuelles Gewicht, Gewichtsverlauf aktuelle Nahrungsaufnahme (wieviel, was, etc.) Magen-Darm-Bescherden (Durchfall, Übelkeit, Völlegefühl etc.) Ort der Entzündungen und Ausprägung Labor: Albumin (zeigt Zustand der Proteinversorgung) Vitamine (B12, Folsäure, fettlösliche Vitamine) Mineralstoffe (Kalium, Kalzium, Magnesium, Zink, Eisen)
Ernährungszustand bestimmen Ernährungs- und Beschwerdeprotokoll führen lassen und auswerten Energiezufuhr Proteinzufuhr Deckung mit Vitaminen und Mineralstoffen Mögliche Unverträglichkeiten
Trinknahrungen
Trinknahrungen Vorteile: Nachteile: viel Kalorien und Proteine mit wenig Volumen verschiedene Aromen praktisch zum Mitnehmen Nachteile: bei Abneigung gegen Süsses ungeeignet „chemischer“ Geschmack dickflüssig
Anreicherungsmöglichkeiten
Neue Therapieansätze Zur Zeit in Studien getestet: Omega-3-Fettsäuren Probiotika TGF-b-2 Butyrat Glutamin
Neue Therapieansätze Omega-3-Fettsäuren bei CED: nebst anderen positiven Effekten wie Senkung des Blutdrucks, Verdünnung des Blutes etc. wirken diese Fettsäuren entzündungshemmend. haben bis jetzt in Studien begrenzte Wirksamkeit gezeigt, konnten jedoch z.T. Dosisreduktion anderer Medikamente (Cortison) ermöglichen. können für Erhaltungstherapie (Remission) bei MC von Vorteil sein. Dosierung: 1-1,5g/Tag (Fischöl- oder Algenkapseln) Deckung des Tagesbedarfs: 2 x Fisch/Woche oder: 2-3 Baumnüsse/Tag oder: 1 Essl. Rapsöl/Tag
Neue Therapieansätze Probiotika: = lebende Mikroorganismen, die nach Einnahme v.a. im Dickdarm wirken und die Gesundheit positiv beeinflussen. Stärkung der mikrobiellen Barrierefunktion Verdrängung schädigender Keime Stärkung der Immunlage und Stimulation der Abwehrleistungen der Schleimhaut Verbesserung der Nährstoffversorgung der Schleimhaut Präparate: VSL3, Mutaflor
Fazit MC geht häufig mit einer Mangelernährung einher. Ernährungsmängel verschlechtern das Gesamtbild der Erkrankung. Individuelle und symptombezogene Ernährungs-beratung zur Vermeidung von Ernährungsmangel-zuständen. Neue ernährungstherapeutische Ansätze werden untersucht, bisher jedoch keine Therapieempfehlungen.
So wenig Einschränkungen wie nötig Zum Schluss So wenig Einschränkungen wie nötig so viel Lebensqualität wie möglich!!
Referentin: Andrea Leisibach dipl. Ernährugsberaterin HF Universitätsspital Basel 4031 Basel Tel. 061 328 75 42 oder 061 690 91 11 (Praxis)