ArbeitsmigrantInnen und GrenzgängerInnen Ringvorlesung der politischen Hochschulgruppen SS 2008 (Gewerkschaftliche Hochschulgruppe)

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ArbeitsmigrantInnen und GrenzgängerInnen Ringvorlesung der politischen Hochschulgruppen SS 2008 (Gewerkschaftliche Hochschulgruppe)

Fragestellung Rechtliche Rahmenbedingungen und Auswirkungen von Arbeitsmigration auf dem Arbeitsmarkt. Die Rolle von Gewerkschaften und ihre Möglichkeiten in Bezug auf die Arbeitsmigration, besonders am Beispiel des deutsch-polnisch- tschechischen Dreiländereck.

Gliederung Definition und Vorgeschichte der Thematik Rechtliche Grundlagen von Arbeitsmigration in der EU Arbeitnehmermobilität in MOE-Ländern nach der EU-Osterweiterung Transnationale Arbeit von Gewerkschaften Gründung einer EURES Grenzpartnerschaft

Definition und Vorgeschichte der Thematik Unter Arbeitsmigration versteht man das Auswandern von Menschen zum Zweck der Arbeitsaufnahme in einem fremden Land. Die Migrationsrichtung geht vorwiegend von industriell weniger in weiter entwickelten Ländern Anwerbung von Gastarbeitern Kosten-Nutzen Perspektive Rotationsprinzip Zwischenstaatliche Anwerbeabkommen Vorübergehender Charakter/Bindung an den Arbeitgeber

Rechtliche Grundlagen von Arbeitsmigration in der EU Freizügigkeitsgesetz/EU Studium und Berufsausbildung Wohnen Selbständigkeit Dienstleistungsfreiheit Erwerbstätigkeit Arbeitssuche (3-6 Monate Aufenthaltrecht zur Arbeitssuche, sonst reguläres Aufenthaltsrecht – ausreichende Existenzmittel, Krankenversicherung)

Aufenthaltsgesetz Prüfung der Lage auf dem Arbeitsmarkt Prinzipieller Anwerbestopp für gering Qualifizierte

Zwischenstaatliche Abkommen Als Saisonarbeiter in Forstwirtschaft, Gastronomie, Obst- Gemüseanbau, hier kann die Arbeitserlaubnis bis zu 3 Monaten erteilt werden Als Gastarbeitnehmer bei Beschäftigungen, die der beruflichen und sprachlichen Weiterbildung dienen, bis zu einem Jahr + 6 Monaten erlaubt Als entsandte AN im Rahmen bilateraler Vereinbarungen (WerkvertragAN) Au-Pairs und IT-Kräfte Niederlassungsfreiheit für Selbständige (Beachtung berufs- gewerberechtlicher Bestimmungen)

Übergangsfristen für AN aus MOE-Ländern keine nachteilige Auswirkungen auf dem Arbeitsmarkt für die Beschäftigung keine dt. AN oder bevorrechtigte Ausländer zur Verfügung stehen nach Prüfung von Berufsgruppe und Wirtschaftszweig, wenn die Beschäftigung von Ausländern zu verantworten ist die ausländischen AN nicht zu ungünstigeren Arbeitsbedingungen als vergleichbare dt. AN arbeiten Arbeitserlaubnis EU befristet

Grenzgänger Der Betroffene kehrt täglich in seinen Heimatstaat zurück oder es handelt sich um eine auf längstens 2 Tage in der Woche begrenzte Beschäftigung Die Person bezieht keine Sozialleistungen in PL oder CZ Der Beschäftigungsort liegt in der Grenzzone Es dürfen sich keine nachteiligen Auswirkungen auf dem Arbeitsmarkt durch die Beschäftigung von Grenzgängern bzw. für die gleiche Stelle stehen keine dt. AN zur Verfügung Cz. und pl. AN werden nicht zu ungünstigeren Bedingungen als vergleichbare dt. AN beschäftigt Wenn der Grenzgänger nach 12 Monaten seinen Job verliert, so kann er laut einem Gerichtsurteil unter den Voraussetzungen der Verfügbarkeit für den dt. Arbeitsmarkt ALG aus D beziehen.

Dienstleistungsfreiheit Grundfreiheit vs. Schutznormen/Regelungen des allgemeinen zwingenden Interesses Bestimmungslandsprinzip vs. Herkunftslandsprinzip Bolkensteins Richtlinienentwurf (Daseinsvorsorge, lockere Normenprüfung, Vorrang vor Entsenderichtlinie) und Gegenwehr Für MOE-Länder stufenweise Beschränkung des Dienstleistungsmarktes

Entsenderichtlinie Anwendung bei entsandten Arbeitnehmern Bestimmungslandsprinzip für arbeitsrechtliche Regelungen Gestaltungsfreiheit der Mitgliedsländer im Arbeits- und teils im Sozialrecht (falls über 2 Jahre)

EuGH Entscheidungen Unternehmensfreiheit vs. Arbeitnehmerrechte? Es liegt in der Logik des marktbasierten Einigungsprojekts der EU, dass die expansive Funktion der wirtschaftlichen Grundfreiheiten nicht aufgehoben werden darf durch die Anerkennung von Koalitionsfreiheit und Streikrecht. Einerseits müssen sie zum Schutz der Arbeitnehmer geltend gemacht werden können; sie dürfen aber nach Maßgabe der wirtschaftlichen Grundfreiheiten weder dazu verwendet werden, eine Politik der Marktabschottung noch der Diskriminierung zu betreiben (Thomas Blanke – Staatsrechtler) Fall Viking Verhältnismäßigkeit des Streikrechts Fall Laval Nationale Umsetzung der Entsenderichtlinie Fall Rüffert Unternehmensfreiheit geht vor Tariftreue

Arbeitnehmermobilität in den MOE-Ländern nach der EU-Erweiterung Zuwanderer aus Osteuropa in GB bis 2006! Sonnenseite: Rückgang Arbeitslosigkeit Lohnsteigerung Schattenseite Unterbietungswettbewerb? / Unterlaufen der Entsenderichtlinie Illegale Beschäftigung Fachkräftemangel

Transnationale Arbeit von Gewerkschaften Schulungsprogramme für Funktionäre Gegenmachtbildung gegenüber Multi-Konzernen (Lidl und Plus Kampagnen) (Informationsaustausch mit den Belegschaften im Konzern) Internationaler Lobbysmus gegenüber zwischenstaatlichen Organisationen (Dienstleistungs-RL) Grenzenüberschreitende Gewerkschaftsmitgliedschaft (ver.di und Unison) *IG BAU und die Gewerkschaft der Wanderarbeitnehmer Spagat zwischen Standortnationalismus und Internationaler Solidarität?

Gründung einer EURES Grenzpartnerschaft Machbarkeitsstudie für die Gründung einer EURES Partnerschaft Bevölkerungsrückgang in Sachsen, Jugendabwanderung und Veralterung Sekundäre Sektor im Teilraum in CZ dominant Automobil- und Zuliefererindustrie, Maschinen- und Anlagebau und die Textilindustrie (Potential für grenzenüberschreitenden Wirtschafts- Ausbildungsraum) Die Einkommensunterschiede bleiben beträchtlich: DT-PL 1:3-1:6 DT-CZ 1:3-1:5 Erwerbstätig sind insgesamt 2,4 Mio, sie sanken in PL von 1999 bis 2005 um 41%! Arbeitslosigkeit ist im Grenzraum von 1999 bis 2005 um gestiegen auf insgesamt Personen, wobei in CZ hingegen zurückgegangen ist Grenzgänger besonders in CZ tätig und aus PL kommend, in DT nur 225 Wenn man die Ziele der Lissabon-Strategie diesen Zahlen zugrunde legt, so sind alle Regionen von der Zielstellung, eine allgemeine Beschäftigungsquote von 70%, 60% bei Frauen, 50% bei älteren AN, weit entfernt.

Informations- Beratungsmangel Arbeitsaufnahme im Nachbarland und rechtliche Rahmenbedingungen Vermittlungs- Beratungsangebote der Arbeitsverwaltungen Offene Stellen /Stellengesuchen Verdienstmöglichkeiten (bei internationalen Konzernen andere Möglichkeiten) Infos über Versteuerung und Sozialbeiträge (Ort der Versteuerung, Anrechnung Versicherungszeiten) Anerkennung von Berufsabschlüssen Sprachbarriere überwinden Informationsaustausch unter Pendlern über Pendlerbörse Grenzüberschreitende Qualifikationsanalyse/ Arbeits- und Ausbildungsraum: Arbeitnehmernetzwerke nutzen (Textilregion), Vernetzung der Bildungsträger Hochschule und Forschung: KMU/AN-Netzwerke und Hochschulen (Materialforschung), grenzüberschreitende Forschung im Bereich Arbeitsmarkt und Qualifizierung, grenzüberschreitende Studiengänge Austausch der Arbeitsverwaltungen über die Nutzung von ESF-Mitteln Qualifikationsdefizite und –überhänge abbauen, Angebot und NAchfrage aufeinander abstimmen Zielkonflikt Vermittlung vs. Informations- Beratungskonzepte? Prioritätssetzung bei der Vergabe von ESF Mitteln schafft Anreize