Tanken ohne Bezahlung NStZ 2009, 694 Jura 2010, A tankte am 12.8.2008 gegen 0:23 an einer Tankstelle Dieselkraftstoff im Wert von 102. Dann fuhr er – wie.

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Tanken ohne Bezahlung NStZ 2009, 694 Jura 2010, A tankte am gegen 0:23 an einer Tankstelle Dieselkraftstoff im Wert von 102. Dann fuhr er – wie geplant –davon, ohne bezahlt zu haben. Zwei Tage später wurde dasselbe Kfz an einer anderen Tankstelle von E betankt, während A im Verkaufsraum versuchte, den Kassierer abzulenken. Als dieser misstrauisch wurde, rannte A zum Fahrzeug und fuhr mit E entsprechend ihrem vorgefassten Tatplan davon, ohne Bezahlung. Wie haben sich A und E strafbar gemacht? Prof. Dr. Henning Rosenau Lehrstuhl für Deutsches, Europäisches und Internationales Straf- und Strafprozessrecht, Medizin- und Biorecht Universität Augsburg

Tanken ohne Bezahlung JA 1980, 385 JR 1982, 343 A) Tanken am A könnte sich gem. § 242 I StGB strafbar gemacht haben. I.obj. TBm 1. Fremde, bewegliche Sache (P): Fraglich ist, ob die Sache (Kraftstoff) im Zeitpunkt der Tathandlung dem A fremd war. Prof. Dr. Henning Rosenau Lehrstuhl für Deutsches, Europäisches und Internationales Straf- und Strafprozessrecht, Medizin- und Biorecht Universität Augsburg

Tanken ohne Bezahlung JA 1980, 385 JR 1982, 343 Relevante Zeitpunkt: Einfüllung des Kraftstoffs, denn A hat dadurch Gewahrsam erlangt. -> Aufstellung einer betriebsbereiten Zapfsäule invitatio ad offerendum kein Angebot - Es wäre eine kaum vertretbare Verletzung der Interessen des Tankstellenbetreibers. Es muss ihm gewährleistet werden: - selber zu bestimmen, wer und wie viel tanken darf - Vorgang ggf. abzubrechen Prof. Dr. Henning Rosenau Lehrstuhl für Deutsches, Europäisches und Internationales Straf- und Strafprozessrecht, Medizin- und Biorecht Universität Augsburg

Tanken ohne Bezahlung JR -> Einfüllung des Kraftstoffs Angebot des Kunden -> Zulassen des Tankens, Freischalten der Säule erster möglicher Zeitpunkt der Annahme Dafür: Wenn wir aus einem späteren Zeitpunkt der Annahme ausgehen würden, das wäre dem Kunden ungünstig, denn der Betreiber könnte nach Abschluss des Tankvorganges willkürlich die Annahme verweigern, und die Herausgabe des Kraftstoffs verlangen. Prof. Dr. Henning Rosenau Lehrstuhl für Deutsches, Europäisches und Internationales Straf- und Strafprozessrecht, Medizin- und Biorecht Universität Augsburg

Tanken ohne Bezahlung JA 1980, 385 JR 1982, 343 -> Entgegennahme des Geldes zweiter möglicher Zeitpunkt der Annahme Dafür: Früherer Zeitpunkt wäre gegen den Interessen des Betreibers: - denn er hätte keine Zahlungssicherheit - wenn der Täter nur nach dem Tanken auf die Idee kommen würde nicht zu zahlen, wäre er straflos. Diebstahl, Unterschlagung (-) -> Sache war ihm nicht mehr fremd Betrug (-) -> Kein Täuschungssvorsatz Prof. Dr. Henning Rosenau Lehrstuhl für Deutsches, Europäisches und Internationales Straf- und Strafprozessrecht, Medizin- und Biorecht Universität Augsburg

Tanken ohne Bezahlung JR Wir folgen die zweite Möglichkeit => Kraftstoff war dem A im Zeitpunkt der Tathandlung fremd => Diebstahl bleibt möglich 2. Wegnahme (P): Fraglich ist, ob der Betreiber einverstanden war. Die Meinungen: a) Aufstellung der Zapfsäule ist ein generelles Einverständnis b) Betreiber bemerkt den Kunden, und will gerade, dass er tankt c) Äußeres Erscheinungsbild ist entscheidend, und es spricht für ein Einverständnis Prof. Dr. Henning Rosenau Lehrstuhl für Deutsches, Europäisches und Internationales Straf- und Strafprozessrecht, Medizin- und Biorecht Universität Augsburg

Tanken ohne Bezahlung JR : Betreiber war einverstanden => kein Gewahrsamsbruch => kein Diebstahl A könnte sich gem. § 263 I StGB strafbar gemacht haben. I.obj. TBm 1. Täuschung über Tatsachen (+) Konkludente Täuschung über die Zahlungs- bereitschaft. Wenn ein Kunde ordnungsgemäß tankt, damit bringt er zum Ausdruck, dass er zahlungswillig ist. Prof. Dr. Henning Rosenau Lehrstuhl für Deutsches, Europäisches und Internationales Straf- und Strafprozessrecht, Medizin- und Biorecht Universität Augsburg

Tanken ohne Bezahlung JR 2. Irrtum Ein Irrtum setzt voraus, dass die betroffene Person (der Kassierer) die konkludente Täuschung (das ordnungsmäßige Tanken von A) wahrgenommen hat. Es muss eindeutig sein. Spezielle Umstände: es war Nacht und A war der einzige Kunde -> sie lassen nur vermuten, dass A vom Kassierer bemerkt wurde, aber machen es nicht eindeutig. =>kein Irrtum =>kein vollendeter Betrug Prof. Dr. Henning Rosenau Lehrstuhl für Deutsches, Europäisches und Internationales Straf- und Strafprozessrecht, Medizin- und Biorecht Universität Augsburg

Tanken ohne Bezahlung JR Beleibt also A straflos? Nein! Täter geht typischerweise davon aus, jederzeit bemerkt werden zu können. => Es besteht ein Täuschungsvorsatz. => Versuch ist zu prüfen. A könnte sich gem. §§ 263 I, II, 22, 23 I StGB strafbar gemacht haben. I.Vorprüfung (+) Prof. Dr. Henning Rosenau Lehrstuhl für Deutsches, Europäisches und Internationales Straf- und Strafprozessrecht, Medizin- und Biorecht Universität Augsburg

Tanken ohne Bezahlung JR II.Tatentschluss (+) Es liegt zumindest ein dolus eventualis vor, A rechnet jederzeit damit, bemerkt zu werden, und für diesen Fall will er den Kassierer mit einer gezielten Täuschung irreführen. III.Unmittelbares Ansetzen (+) IV.RWK (+) V.Schuld (+) Spez.:Es liegt ausnahmsweise kein Versuch vor (Täuschungsvorsatz fehlt), wenn der Täter sicher ist, dass er nicht bemerkt wird und unbeobachtet bleibt. Prof. Dr. Henning Rosenau Lehrstuhl für Deutsches, Europäisches und Internationales Straf- und Strafprozessrecht, Medizin- und Biorecht Universität Augsburg

Tanken ohne Bezahlung JR B) Tanken am A und E könnten sich gem. §§ 263 I, 25 II in Mittäterschaft strafbar gemacht haben. Mittäterschaft gem. § 25 II (+) Gemeinsamer Tatplan (+) Gemeinsame Tatausführung (+) (P):Das gleiche wie vorher: das Irrtum des Kassierers setzt voraus, dass er die Täter zumindest wahrgenommen hat. Aber ein fehlgeschlagenes Ablenkungsmanöver lässt auch nicht zwingend darauf schließen. Prof. Dr. Henning Rosenau Lehrstuhl für Deutsches, Europäisches und Internationales Straf- und Strafprozessrecht, Medizin- und Biorecht Universität Augsburg

Tanken ohne Bezahlung JR : keine Strafbarkeit wegen vollendetem Betrug Strafbarkeit wegen versuchten Betrug ist zu bejahen (Argumenten sind die gleiche wie vorher). Prof. Dr. Henning Rosenau Lehrstuhl für Deutsches, Europäisches und Internationales Straf- und Strafprozessrecht, Medizin- und Biorecht Universität Augsburg