Ist der Verband Wohnungseigentümergemein-schaft Verbraucher

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 Präsentation transkript:

Ist der Verband Wohnungseigentümergemein-schaft Verbraucher Ist der Verband Wohnungseigentümergemein-schaft Verbraucher? Konsequenzen für das Verwalterhandeln RiKG Dr. Oliver Elzer, Berlin

Überblick 1. Was ist ein Verbraucher? 2. Ist der Verband Wohnungseigentümergemein-schaft (= Gemeinschaft der Wohnungseigentümer) Verbraucher? 3. Was sind die Folgen einer rechtlichen Qualifikation? 3.1 Für Verwalter 3.2 Für Dritte 3.2.1 Kaufrecht 3.2.2 Darlehen 3.2.3 VVG

1.1 Ausgangspunkt: § 13 BGB Verbraucher ist: jede natürliche Person, die ein Rechtsgeschäft zu einem Zwecke abschließt, der weder ihrer gewerblichen noch ihrer selbständigen beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden kann. 

1.1.1 Auslegung Zweifelhaft kann nach der gesetzlichen Definition allein sein, ob der Verband Wohnungseigentümergemeinschaft eine „natürliche“ Person i.S.v. § 13 BGB ist.

1.1.2 BGHZ 149, 80 zur GbR Unter „natürliche Person“ ist auch eine gesellschafts-rechtlich verbundene Gruppe von natürlichen Personen zu verstehen. An der Schutzwürdigkeit … ändert sich … nichts, wenn [Personen] auf gesellschaftsvertraglicher Grundlage einen gemeinsamen Zweck verfolgen. Auf die rechts-dogmatisch richtige Einordnung … kann es nicht an-kommen.

2. Der Verband: ein Verbraucher?

2.1 OLG München v. 25.9.2008 - 32 Wx 118/08, NJW 2008, 3574 Eine Wohnungseigentümergemeinschaft ist jedenfalls dann ein Verbraucher i.S.d. § 13 BGB, wenn an dieser nicht ausschließlich Unternehmer beteiligt sind. Unter natürlicher Person i. S. des § 13 BGB ist auch eine gesellschaftsrechtlich verbundene Gruppe von natürlichen Personen zu verstehen. Eine Wohnungseigentümergemeinschaft ist ebenso wenig eine juristische Person wie eine GbR. Es kommt auf den Schutzzweck des § 310 BGB an. Die Vorschrift will alle Personen schützen, die mit dem Vertrag nicht bereits eine ausgeübte gewerbliche oder selbstständige berufliche Tätigkeit fördern.

2.2 LG Nürnberg-Fürth v. 23.6.2008 – 14 T 1462/08, ZMR 2008, 831 Bei der Antragstellerin handelt es sich nicht um einen Unternehmer. Maßgeblicher Gesichtspunkt muss die Prüfung der Schutzwürdigkeit sein. Von daher gesehen ist darauf abzustellen, ob die Mitglieder der Wohnungseigentümergemeinschaft in eben dieser Funktion eine selbstständige bzw. gewerbliche Tätigkeit ausüben oder nicht. Dies entspricht der am Schutzzweck der verbraucherschützenden Normen orientierten Sichtweise, wie sie der BGH etwa in der Entscheidung NJW 2002, 368 zum Ausdruck bringt. Die in dieser Entscheidung anhand einer GbR entwickelte Argumentation ist ohne weiteres auf die WEG übertragbar.

2.3 LG Rostock v. 16.2.2007 - 4 O 322/06, NZM 2007, 370 Wohnungseigentümergemeinschaften sind keine Verbraucher i.S. des § 13 BGB. Sind die Eigentümer selbst an dem Abschluss des Rechts-geschäfts nicht beteiligt, sind sie als vertragsfremde Dritte nicht in den Schutzbereich des § 13 BGB zu integrieren. Eine analoge Anwendung der materiellen Verbraucherschutz-norm auf andere als natürliche Personen ist nicht eröffnet und würde zu einer unzulässigen Rechtsfortbildung contra legen führen.

2.4 Schrifttum Verband ist Verbraucher: Abramenko, IMR 2008, 379; Armbrüster, GE 2007, 420, 424; Elzer, in: Riecke/Schmid, WEG, 2. Aufl. 2008, § 10 Rz. 432 Verband ist Unternehmer: Prütting, in: PWW, BGB, 3. Aufl. 2008, § 14 Rz. 6; Grziwotz/Jennißen in Jennißen, WEG, 2008, § 10 Rz. 59

2.5 Zwischenergebnis Da die Rechtsprechung des BGH von den Gesellschaften kommt, der Verband aber körperschaftlich organisiert ist, könnte man den Verband auch als Unternehmer ansehen. Es ist zurzeit aber davon auszugehen, dass der Verband Verbraucher sein kann, jedenfalls dann, wenn ihm nicht nur Unternehmer angehören. Diesem Standpunkt fehlt zwar der Segen des BGH. Verwalter sollten sich bis auf weiteres aber auf diese Rechtslage der Vorsicht halber einstellen.

3. Folgen

3. Allgemein: Phänomen Verbraucher Informationspflichten Widerrufsrecht(e) besondere Formvorschriften teilweise zwingendes Recht

3.0 Aufklärungspflichten des Verbandes? These: Der Vertragspartner der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer kann nicht wissen, dass die Rechtsprechung die Gemeinschaft als Verbraucher ansieht. Kann aus dem Wissensvorsprung der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer als Obliegenheit ausnahmsweise eine Aufklärungspflicht ggü. einem Unternehmer folgen? Kann sich die Gemeinschaft in besonders gelagerten Einzelfällen als Folge der Obliegenheitsverletzung nicht auf die Verbraucher schützenden Vorschriften berufen?

3.1 Verwalter Der Verwalter (= Unternehmer) tritt als Vertragspartner dem Verband als Verbraucher ggü. AGB gelten damit als gestellt, es sei denn, dass sie durch den Verband in den Vertrag eingeführt wurden; Bestimmte Vorschriften der §§ 305 ff. BGB finden auf auch dann Anwendung, wenn diese nur zur einmaligen Verwendung bestimmt sind und soweit der Verband auf Grund der Vorformulierung auf ihren Inhalt keinen Einfluss nehmen konnte. Bei der Beurteilung der unangemessenen Benachteiligung nach § 307 Abs. 1 und 2 BGB sind auch die den Vertragsschluss begleitenden Umstände zu berücksichtigen.

3.1.1 Beispiel Z.B. die Klausel „Die vom Verwalter erstellte Jahresabrechnung gilt gegenüber dem Verwalter als genehmigt, wenn die Wohnungseigentümergemeinschaft nicht innerhalb von vier Wochen nach Vorlage Einwendungen erhebt“ verstößt gegen § 307 BGB. OLG München v. 25.9.2008 - 32 Wx 118/08, NJW 2008, 3574

3.1.2 Umsatzsteuer ausweisen? Ggf. ja. Das ist dann der Fall, wenn der Verband Vorsteuerabzug begehrt. Das setzt allerdings eine Option des Verbandes (§ 9 Abs. 1 UStG) voraus. Diese müssten die Wohnungseigentümer beschließen. Hierzu dürfte in der Regel kein Anlass bestehen. m

3.2 Dritte 3.2.1 Was gilt bei Kaufverträgen? 3.2.2 Was gilt bei Werkverträgen? 3.2.3 Was gilt bei Krediten? 3.2.4 Was gilt bei Versicherungen?

3.2.0 Grundsatz, der für alle gilt! AGB des Vertragspartners unterliegen einer strengen Kontrolle.

3.2.1 Kaufrecht Der Verband besitzt nach § 355 BGB für bestimmte Geschäfte ein besonderes Widerrufsrecht. Das ist der Fall in: § 312 BGB: Widerrufsrecht bei Haustürgeschäften § 312d BGB: Widerrufs- und Rückgaberecht bei Fernabsatzverträgen § 485 BGB: Widerrufsrecht bei Teilzeit-Wohnrechteverträgen § 505 BGB: Widerrufsrecht bei Ratenlieferungsverträgen § 4 FernUSG: Widerrufsrecht bei Fernunterrichtsverträgen

3.2.1.1 Verbrauchsgüterkauf § 474 BGB: Verbraucher kauft vom Unternehmer eine bewegliche, nicht gebrauchte Sache (Verbrauchsgüterkauf) § 475 BGB: Einschränkung Privatautonomie Unternehmer § 476 BGB: Beweislastumkehr zugunsten Verbraucher § 477 BGB: Sonderbestimmungen für Garantien § 478 BGB: Rückgriff des Unternehmers gegen Unternehmer § 479 BGB: Verjährung von Rückgriffsansprüchen

3.2.2 Darlehen §§ 492, 494 BGB: Formvorschriften, nicht für Überziehungskredit § 492a BGB: Unterrichtungspflichten während des Vertragsverhältnisses § 495 BGB: Widerrufsrecht § 496 BGB: Einwendungsverzicht, Wechsel- und Scheckverbot § 497 BGB: Behandlung der Verzugszinsen, Anrechnung von Teilleistungen § 498 BGB: Gesamtfälligstellung bei Teilzahlungsdarlehen

3.2.3 Versicherungsrecht Erleichterungen des VVG für Versicherung eines Großrisikos greifen nicht. § 4 Abs. 1 der Verordnung über Informationspflichten bei Versicherungsverträgen (VVG-Informationspflichtenverordnung - VVG-InfoV): Ist der Versicherungsnehmer ein Verbraucher, so hat der Versicherer ihm ein Produktinformationsblatt zur Verfügung zu stellen, das diejenigen Informationen enthält, die für den Abschluss oder die Erfüllung des Versicherungsvertrages von besonderer Bedeutung sind. § 8 VVG Widerrufsrecht des Versicherungsnehmers

3.2.4 Im Übrigen Verzugszinsen, §§ 286, 288 BGB …