Ursachen von ADS neurologische, genetische und psychologische Ansätze Referentinnen: Katja Gayko und Maren Rottmann Seminar: Hyperaktivität Prof. Elke Wild SS 2003
Einleitung es gibt keine einzige und allgemeingültige Ursache ADS als Ergebnis des Zusammenwirkens verschiedener Faktoren auf unterschiedlichen Ebenen
Neurologische Ursachen genetische Faktoren Auffälligkeiten in den Neurotransmittersystemen Hirnschädigung mangelnde cerebrale Durchblutung
Neurologische Ursachen: Genetische Faktoren Hypothese: ADS-Symptomatik ist genetisch bedingt. Erklärungswert: Familienstudien Adoptionsstudien Zwillingsstudien
Neurologische Ursachen: Genetische Faktoren Familienstudien: Untersuchen den Grad der Ähnlichkeit zw. den Phänotypen (äußeres Erscheinungsbild) von genetisch verwandten Individuen Erklärungswert: Familienstudien zeigen eine familiäre Häufung der ADS-Symptomatik
Neurologische Ursachen: Genetische Faktoren Kritik: Familiäre Häufung lässt sich auch durch psychosoziale Faktoren erklären Zusammenhänge sind kein schlüssiger Beleg für die Wirkung genetischer Faktoren
Neurologische Ursachen: Genetische Faktoren Adoptionsstudien: Auflösung der Konfundierung von genetischen und Umwelteinflüssen: - Grad der Ähnlichkeit zw. biologischen Eltern und ihren wegadoptierten Kindern (Einfluss der Gene) - Grad der Ähnlichkeit zw. Adoptiveltern und ihren Adoptivkindern (Einfluss der Umwelt)
Neurologische Ursachen: Genetische Faktoren Erklärungswert: ADS-Kinder ähneln hinsichtlich der ADS-Symptomatik mehr ihren biologischen Eltern als den Adoptiveltern: (vgl. Biederman et al., 1994)
Neurologische Ursachen: Genetische Faktoren Zwillingsstudien Vergleich der Ähnlichkeit von eineiigen Zwillingen (EZ) und der von zweieiigen Zwillingen (ZZ) Untersuchung des Einflusses der Gene unter Annahme gleicher Umwelteinflüsse
Neurologische Ursachen: Genetische Faktoren Erklärungswert: Deutlich höhere Symptomkonkordanz bei eineiigen im Vergleich zu zweieiigen Zwillingen (vgl. Tannock, 1998: EZ: 66 % ; ZZ: 28 % )
Neurologische Ursachen: Genetische Faktoren Kritik: Höhere Ähnlichkeit bei EZ im Vergleich zu ZZ darf nicht unbedingt nur auf die größere Anlageunterschiedlichkeit bei ZZ zurückgeführt werden Möglicherweise größere Umweltdifferenz bei ZZ, deshalb geringere Symptomkonkordanz
Neurologische Ursachen: Genetische Faktoren Hypothese: Veränderungen in den Dopamin-Rezeptor-Genen sind verantwortlich für ADS. Erklärungswert: molekulargenetische Studien: Nachweis des Zusammenhangs: Defekt am Genabschnitt DRD-4 auf dem Chromosom 11 soll für die mangelnde Produktion von Dopamin verantwortlich sein (vgl. Cook et al., 1995)
Neurologische Ursachen: Genetische Faktoren Fazit: ADS ist nicht allein durch die genetische Veranlagung bestimmt Berücksichtigung weiterer Faktoren notwendig, die die Entstehung von ADS mitbegünstigen
Def. Neurotransmitter: Neurologische Ursachen: Auffälligkeiten in den Neurotransmittersystemen Def. Neurotransmitter: Botenstoffe, die im Gehirn für die Kommunikation zw. den Neuronen sorgen sind am Informationsaustausch innerhalb des gesamten NS beteiligt
Neurologische Ursachen: Auffälligkeiten in den Neurotransmittersystemen Hypothese: Bei ADS-Kindern scheint eine mangelnde Verfügbarkeit des Botenstoffs Dopamin zu bestehen Dopaminmangelhypothese
Neurologische Ursachen: Auffälligkeiten in den Neurotransmittersystemen Def. Dopamin: - gehört als Neurotransmitter zu der Gruppe der Katecholamine - ist zuständig für das neuronale Hemmen von Prozessen - entscheidend für die Steuerung von Bewegungsabläufen
Neurologische Ursachen: Auffälligkeiten in den Neurotransmittersystemen Erklärungswert: Auffälligkeiten im dopaminergen System spielt entscheidende Rolle für die Entstehung von ADS Tierversuch: Gabe eines Neurotoxins, das dopaminerge Neuronen zerstört und die intrasynaptische Dopamin- Konzentration vermindert, löst ADS-Symptomatik aus
Neurologische Ursachen: Auffälligkeiten in den Neurotransmittersystemen Gabe von Ritalin: Dopaminverfügbarkeit wird erhöht und ADS- Symptomatik gemindert
Neurologische Ursachen: Auffälligkeiten in den Neurotransmittersystemen Hypothese: Ein Mangel an Noradrenalin begünstigt die Entstehung von ADS. Noradrenalinmangelhypothese
Neurologische Ursachen: Auffälligkeiten in den Neurotransmittersystemen Def. Noradrenalin: gehört wie Dopamin zur Gruppe der Katecholamine Ist für die Steigerung des Aufmerksamkeitsniveaus zuständig
Neurologische Ursachen: Auffälligkeiten in den Neurotransmittersystemen Erklärungswert: erfolgreiche Behandlung von ADS-Patienten mit Antidepressiva: Noradrenalin-Wiederaufnahme-Hemmer und Medikamente , die die Monoaminoxidase (Abbauprozess der Katecholamine) vermindern, kamen zum Einsatz
Neurologische Ursachen: Auffälligkeiten in den Neurotransmittersystemen Tierversuch: Noradrenalinmangel ruft Aufmerksamkeitdefizite hervor ADS-Symptomatik
Neurologische Ursachen: Hirnschädigung Hypothese: Einige Kliniker vermuten einen ursächlichen Zusammenhang zw. einer strukturell bedingten Störung der Hirnfunktion und ADS. Diese Schädigung betrifft vorwiegend das Frontalhirn Der Begriff der minimalen cerebralen Dysfunktion (MCD) wurde dafür gewählt
Neurologische Ursachen: Hirnschädigung Exkurs: Funktion des Frontalhirns das Frontalhirn ist zuständig für... Planung von Handlungen Steuerung der Hemmung von Prozessen Umgang mit und Einsatz von Gefühlen Ausfiltern von Wichtigem und Unwichtigem Treffen von Entscheidungen
Neurologische Ursachen: Hirnschädigung Die MCD äußert sich auf verschiedenen Ebenen: - neurophysiologisch: auffällige EEG-Muster - neuropsychologisch: visumotorische Koordinationsstörungen und mangelnde Reaktionskontrolle; kognitive Defizite
Neurologische Ursachen: Hirnschädigung Ursache für die MCD: prä-, peri- und postnatale Komplikationen bewirken eine Verzögerung der frühkindlichen Entwicklung
Neurologische Ursachen: Hirnschädigung pränatale Schädigungen: Fehlentwicklungen und Zerstörungen von Bereichen des Gehirns vor der Geburt Ursachen: schädliche Substanzen, die die Mutter über Nahrung oder Atmung zu sich nimmt physische Einwirkungen
Neurologische Ursachen: Hirnschädigung perinatale Schädigungen: Zerstörungen der Hirnstruktur, die im zeitlichen Umfeld der Geburt des Kindes entstehen Ursachen: oft Sauerstoffmangel physische Einwirkungen
Neurologische Ursachen: Hirnschädigung postnatale Schädigungen: treten erst im späteren Leben auf Ursachen: meist Unfälle Substanzmissbrauch Stottwechselerkrankungen
Neurologische Ursachen: Hirnschädigung Erklärungswert: Viele Studien lassen Hypothese als nicht haltbar erscheinen: MCD ist nicht bei allen ADS-Kindern nachweisbar Lediglich 5 % der betroffenen Kinder zeigen eine MCD
Neurologische Ursachen: mangelnde cerebrale Durchblutung Hypothese: Hyperkinetisch auffällige Kinder weisen eine verminderte cerebrale Durchblutung v. a. im Frontalhirn auf. Erklärungswert: Studien mit funktionellen Verfahren (z. B. PET): Bestätigung der Hypothese
Neurologische Ursachen: Geringes Geburtsgewicht Hypothese: Ein geringes Geburtsgewicht erhöht das Risiko für Veränderungen der weißen Hirnsubstanz mit Ventrikelerweiterung Erklärungswert: Empirie zeigt, dass Kinder mit geringem Geburtsgewicht öfter ADS entwickeln als normalgewichtige Kinder
Toxische Substanzen Def. Intoxikation: Vergiftungen durch Substanzen, die dem Körper von außen zugeführt oder von ihm in schädlicher Weise hergestellt wird
Toxische Substanzen: erhöhter Bleigehalt Hypothese: Ein erhöhter Bleigehalt steht in Zusammenhang mit der Entstehung von ADS. Erklärungswert: Erklärungsbeitrag eines erhöhten Bleigehalts für ADS liegt nur bei ca. 4 %
Toxische Substanzen: Alkoholkonsum Hypothese: Alkoholkonsum der Mutter während der Schwangerschaft führt zu einem fetalen Alkoholsyndrom des Kindes, welches das Auftreten von ADS begünstigen soll Erklärungswert: Studien zeigen, dass ADS bei diesen Kindern vermehrt auftritt
Allergische Reaktionen: Störungen des Immunsystems Hypothese (Feingold, 1973): ADS wird durch Unverträglichkeit versch. Farb- und Konservierungszusätze bei Nahrungsmitteln hervorgerufen. spezifische Diät müsste Symptomatik nachhaltig vermindern
Allergische Reaktionen: Störungen des Immunsystems Erklärungswert: Empirie zeigt, dass Nahrungsmittelallergien selten von zentraler Bedeutung sind nur ein geringer Teil der betroffenen Kinder zeigte Verbesserungen der ADS-Symptomatik nach Diät
Kognitive Ursachen Reizüberflutung und Übererregung Aktivierungsmangel Störung der Selbstregulation Mangelnde Hemmung von Impulsen
Kognitive Ursachen: Reizüberflutung u. Übererregung Hypothese: ADS-Kinder besitzen ausgeprägte Wahrnehmungsmängel ADS soll auf einer Reizüberflutung und einer mangelnden Fähigkeit, Störreize auszublenden, basieren
Kognitive Ursachen: Reizüberflutung u. Übererregung Erklärungswert: Übererregungshypothese konnte nicht bestätigt werden
Kognitive Ursachen: Aktivierungsmangel Hypothese: ADS-Kinder leiden an einer chronischen corticalen Untererregung Folgen: vermehrte Reizsuche unzureichende zentralnervöse Hemmungskontrolle mangelnde Fähigkeit zw. relevanten und irrelevanten Reizen zu diskriminieren
Kognitive Ursachen: Aktivierungsmangel Erklärungswert: Elektrocorticale Befunde bestätigen die Hypothesen
Kognitive Ursachen: Störung der Selbstregulation Hypothese (Douglas, 1980): Kernproblem liegt in der Störung der Selbstregulation: dem Kind gelingt es auf versch. Ebenen nicht, sich situativen Anforderungen anzupassen
Kognitive Ursachen: Störung der Selbstregulation ADS-Kinder... besitzen verminderte Fähigkeit, andauernd Aufmerksamkeit und Mühe in Aufg. zu investieren sind weitgehend unfähig, impulsives Reagieren zu hemmen schaffen es nicht, Aktivierung und Wachheit den situativen Anforderungen anzupassen neigen dazu, ständig nach Stimulierung und unmittelbarer Belohnung zu suchen
Kognitive Ursachen: Mangelnde Hemmung von Impulsen Hypothese (Barkley, 1997): Inhibitorische Prozesse bilden die Grundlage für vier exekutive Funktionen: Arbeitsgedächtnis Selbstregulation Internalisierung und Automation von Sprache Entwicklung von Handlungssequenzen
Kognitive Ursachen: Mangelnde Hemmung von Impulsen Erklärungswert: Defizite in den exekutiven Funktionen zeigen sich v. a. in Streßsituationen komplexe, schwer zu durchschauende Aufgaben
Integratives Modell Integratives Modell zur Entstehung und Aufrechterhaltung von ADS: Darstellung des Zusammenwirkens versch. Faktoren, die letztendlich zur Manifestation von ADS führen Biologischen Faktoren wird der höchste Stellenwert eingeräumt Psychosoziale Faktoren beeinflussen Verlauf und Schweregrad von ADS
Integratives Modell Biopsychosoziales Modell zur Entstehung von ADS nach Döpfner