Bürgerliches Vermögensrecht I Übungsfall 2

Slides:



Advertisements
Ähnliche Präsentationen
Fall 1 D hat gerade ein Beratungsbüro eröffnet und benötigt noch eine Menge Büromaterialien. Er bestellt beim Händler H die per Sonderangebot angebotenen.
Advertisements

Probeklausur Z I vom Prof. Dr. Christoph Paulus
Gott wird antworten! Lukas-Evangelium 18,1-8.
Auslegung der Willenserklärung
Fall 1: Schnelles Fahren
Vorlesung BGB II - Übungsteil Übung im Bürgerlichen Recht für Anfänger
Vorlesung BGB II - Übungsteil Übung im Bürgerlichen Recht für Anfänger
Vorlesung Wirtschaftsprivatrecht
Unmöglichkeit Unterschied zwischen Stück- und Gattungsschuld
Wiederholung Felix M. Horbach 10/20/2009.
Mängel des Vertragsschlusses
Tutorium Privatrecht I + II
§ 3 Gefahrtragung bei Unmöglichkeit der Leistung
Mängel in der Geschäftsfähigkeit Mängel im rechtsgeschäftlichen Willen
Aufbaumuster für vertragliche Erfüllungsansprüche
Beendigung des Arbeitsverhältnisses
Mängel des Vertragsschlusses
Fall 2: Caroline von H., eine monegassische Prinzessin
H ä ndler Hansmann verlangt von Michael Schadenersatz f ü r das besch ä digte Fahrrad. ( Wer will was von wem ) Eine m ö gliche Anspruchsgrundlage k ö
AG GesR AG 2 Die Expressreinigung.
Relationstechnik Dr. jur. Dipl.-Fin (FH) Evelyn Henning
Anfechtung von Willenserklärungen nach §§ 119 ff BGB
Das neue Schuldrecht in Anspruchsgrundlagen
Das neue Schuldrecht in Anspruchsgrundlagen
Das neue Schuldrecht in Anspruchsgrundlagen
Der Online-Kauf und seine Abwicklung Saarbrücken, 28. Oktober 2008
§ 1 Das Bürgerliche Gesetzbuch
Anfrage 1. Über Adressen potenzieller Geschäftspartner
Anspruchsprüfung © sl 2002.
Hausarbeit im Bürgerlichen Recht
Probeklausur Lösungsvorschlag.
Prof. Dr. iur Ulrike Babusiaux
Das neue Schuldrecht in Anspruchsgrundlagen
Vertragsschluss und Vertragsauslegung
1 Prof. Dr. Justus Meyer, Juristenfakultät BGB II - SS 2013 Übungsfall 1 (Truhe)
EINHEIT 4 – Vertragliche Schuldverhältnisse II
Nehm dir Zeit, um die Botschaft zu lesen.
In welchem Satz ist jeweils die Rechtschreibung fehlerfrei?
Kaufvertrag unter Eigentumsvorbehalt (§ 449 Abs. 1 BGB)
Kaufvertrag - Werkvertrag - Dienstvertrag
4 Zimmersuche Student/in sucht Zimmer:
Gutachten zu Fall 1 Zustandekommen eines Kaufvertrages zwischen A und W Entscheidungsspielraum Antrag der F Eigene Willenserklärung der F Im Namen des.
Willenserklärungen sog. Rechtsbindungswille erkennbares Verhalten
Anspruch aus § 812 I 1 Alt. 1 (sog. Leistungskondiktion)
Vorgehen in der Klausur insb. Anspruchsgrundlagen
Auslegung Selbstbestimmung Vertrauensschutz Rechtssicherheit.
Vertretung - Konstellation
VERWALTUNGSAKTE / RECHTSPRECHUNGSAKTE
Prof. Dr. Justus Meyer, Juristenfakultät
≠ Anfechtung Rechtsgeschäft Anfechtung [angefochteN] Gewolltes
Gutachten zu Fall 1 A. Anspruch des V gegen K auf Zahlung von 125 Euro aus Kaufvertrag gem. § 433 II Anspruch entstanden Zustandekommen eines Kaufvertrages.
Mittelstandsrecht SoSe 2015 ra-freimuth.de Vorlesung vom , – Uhr 1.
Prof. Dr. Burkhard Boemke Übung im Bürgerlichen Recht für Fortgeschrittene 1. Klausur „Der (vermeintliche) Spieler“ Übung im Bürgerlichen Recht für Fortgeschrittene.
Prof. Dr. Burkhard Boemke Übung im Bürgerlichen Recht für Fortgeschrittene 1. Klausur „Der (vermeintliche) Spieler“ Übung im Bürgerlichen Recht für Fortgeschrittene.
Für die Mängelhaftung relevante Zeitpunkte
Reversion einer Leistung - § 812 I 1 Alt. 1. Einheit 22 – Fall 2 (Frage 1) A. Ansprüche des V gegen K B. Ansprüche des K gegen V I.Auf Zahlung des Kaufpreises.
Vertragsrecht IV Anfechtung
Grußwort zum 23. Kongress der IVBV München - Mai 2010 Dr. Helmut Goersch - Berlin.
Übung im Bürgerlichen Recht für Fortgeschrittene
Besonderheiten des Handelsgeschäfts
4. Thema: VERTRAGLICHE SCHULDVERHÄLTNISSE VERTRAGANFECHTUNG WEGEN IRRTUMS zu Stande kommen (ein Vertrag kommt zu Stande) die Willenserklärung (Angebot.
Besprechung Klausur im Zivilrecht für Fortgeschrittene im Wintersemester 2015/ Prof. Dr. Martina Benecke Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, Handels-,
Examinatorium Schuldrecht Fall 15 – Geschäftsführung ohne Auftrag.
Propädeutische Übung im Bürgerlichen Recht Dr. Georgios Zagouras Wintersemester 2008/2009.
Unmöglichkeit im gegenseitigen Vertrag Prof. Dr. Michael Beurskens, Universität Bonn.
Jana Bonß-Wolf, Louisa Hohmann, Nina Holmer
SchuldR AT 1 7. Woche.
TEAMWORK 2000 Suchmaschine
LÖSUNGSMUSTER X fragt telefonisch bei Buchhändler B nach einem guten Krimi und bittet um einen Vorschlag. B schickt dem X daraufhin einen Liebesroman mit.
 Präsentation transkript:

Bürgerliches Vermögensrecht I Übungsfall 2 Prof. Dr. Markus Würdinger Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, Europäisches und Internationales Privatrecht sowie Zivilprozessrecht

Sachverhalt – Teil 1 Rechtsanwalt R benötigt einen besonders konstruierten Aktenordner, der von der Büromaterial herstellenden Firma Leitz unter der Bezeichnung Typ 1080 angeboten wird. R pflegt seinen Bürobedarf durch Bestellung bei dem Schreibwarenhändler A. Huber zu decken. Deshalb diktiert er einen Brief folgenden Inhalts: „Lieber Herr Huber, ich benötige einen Leitz Typ 1080 und bitte um rasche Lieferung. Mit freundlichen Grüßen Rechtsanwalt R“.

Relevante Informationen: Bestellung Aktenordner (Name: Leitz Typ 1080) bei Schreibwarenhändler A. Huber = ständiger Geschäftspartner Brief als Angebot? essentialia negotii?

Sachverhalt – Teil 2 Den Brief schreibt die Sekretärin S, die noch nicht lange bei R beschäftigt ist und deshalb die Anschrift des Schreibwarenhändlers Huber nicht auswendig kennt. Sie sucht diese Adresse aus dem Telefonbuch heraus und gerät dabei versehentlich in eine falsche Zeile, so dass sie die Anschrift des Fotohändlers A. Huber in den Brief einfügt. Bei der Unterzeichnung des Schreibens bemerkt R diesen Fehler nicht.

Relevante Informationen: Sekretärin S unterläuft bei der Adressierung ein Fehler (Stellung der Sekretärin  Bote, Stellvertreter, weder noch?) R bemerkt den Fehler nicht deswegen Anfechtung möglich?  § 119 Abs. 1 Alt. 2 BGB?  § 119 Abs. 1 Alt. 1 BGB?

Sachverhalt – Teil 3 Der Zufall will es, dass es einen Dia-Projektor eines Herstellers ebenfalls mit dem Namen Leitz gibt, der die Typenbezeichnung 1080 trägt. Fotohändler Huber nimmt deshalb an, R wolle diesen Projektor bei ihm bestellen. Er besorgt sich sofort bei einem Großhändler ein solches Gerät und bringt es persönlich zu R. Dort klärt sich das Missverständnis auf. R weigert sich, den Projektor abzunehmen. Huber besteht auf Zahlung des Ladenpreises für den Projektor.

Relevante Informationen: Fotohändler Huber verkauft ein Produkt des gleichen Namens (Leitz Typ 1080) Fotohändler Huber hält sich für den richtigen Adressaten => Auslegung des Angebots von R Annahmeerklärung?

Fallfrage Mit Recht?

I. Ausgangssachverhalt (1) H könnte gegen R einen Anspruch auf Zahlung des Kaufpreises für den Dia-Projektor aus § 433 Abs. 2 BGB haben. 1. Wirksamer Vertragsschluss a) Angebot des R Problem: Kaufpreis nicht enthalten Problem: R wollte keinen Dia-Projektor kaufen, allerdings Auslegung nach objektivem Empfängerhorizont (§§ 133, 157 BGB) Problem: Sekretärin als technische Hilfe

I. Ausgangssachverhalt (2) 10 I. Ausgangssachverhalt (2)    b) Annahme durch H Möglichkeit 1: konkludent durch Besorgung des Projektors beim Großhändler; Zugang dieser Annahme- erklärung gem. § 151 Abs. 1 S. 1 Var. 2 BGB entbehrlich (SV  Bitte um rasche Lieferung) Möglichkeit 2: konkludent durch Lieferung; Zugang bei der versuchten Übergabe des Projektors

I. Ausgangssachverhalt (3) 11 I. Ausgangssachverhalt (3)    2. Zwischenergebnis: Vertragsschluss (+)

I. Ausgangssachverhalt (4) 12 I. Ausgangssachverhalt (4)    3. Anfechtung nach § 142 Abs. 1 BGB? a) Anfechtungsgrund Erklärungsirrtum nach § 119 Abs. 1 Alt. 2 BGB (-) Inhaltsirrtum nach § 119 Abs. 1 Alt. 1 BGB (+)

I. Ausgangssachverhalt (5) 13 I. Ausgangssachverhalt (5)    b) Anfechtungserklärung Konkludent in der Verweigerung der Abnahme und Kaufpreiszahlung, § 143 Abs. 1 BGB c) Gegenüber Anfechtungsgegner H nach § 143 Abs. 2 BGB(+) d) Ohne schuldhaftes Zögern gemäß § 121 Abs. 1 BGB (+)

I. Ausgangssachverhalt (6) 14 I. Ausgangssachverhalt (6)    4. Anfechtung wirksam erfolgt 5. Ergebnis: H hat gegen R keinen Anspruch auf Kaufpreiszahlung aus § 433 Abs. 2 BGB

II. Abwandlung (1) Wie wäre die Rechtslage, wenn R diktiert hätte: „Lieber Herr Huber, ich benötige wieder einmal von Ihnen etwas, nämlich einen Leitz Typ 1080. Für rasche Lieferung wäre ich dankbar. Mit freundlichem Gruß. Rechtsanwalt R.“

II. Abwandlung (2) Relevante Informationen bzw. Änderung zum Ausgangsfall: Auslegung des Angebots von R

II. Abwandlung (3) 1. Wirksamer Vertragsschluss a) Angebot des R Allerdings ist hier für den Empfänger klar ersichtlich, dass sich das Angebot nicht an ihn richtet. b) Daher Angebot (-) 2. Zwischenergebnis: Vertrag (-) 3. Ergebnis: H hat gegen R keinen Anspruch auf Kaufpreiszahlung aus § 433 Abs. 2 BGB

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!