Kompetenzfeld Tod und Trauer

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 Präsentation transkript:

Kompetenzfeld Tod und Trauer Trauer und Bindungsprozesse

Trauer und Bindungsprozesse Phänomenologie: Was ist Trauer? Erkennung: Trauerausdruck Exkurs: Trauer und Bindung Relevanz: Trauer in der Klinik

Trauer und Bindungsprozesse Phänomenologie: Was ist Trauer? Erkennung: Trauerausdruck Exkurs: Trauer und Bindung Relevanz: Trauer in der Klinik

Was ist Trauer? Trauer ist eine Emotion, die bei bedeutsamen Verlusten entsteht: von engen Bezugspersonen (Eltern, Geschwistern, Kindern, Partnern, Freunden) durch Tod oder Trennung von körperlicher Integrität (z.B. durch chronische Krankheit, Amputation): Verlust der gewohnten Funktion, der Lebensperspektive, der Attraktivität, der Kommunikationsfähigkeit (sensorische/kognitive Funktionen), der personalen Identität von Idealen (z.B. Lebensziele, Beruf, während der ärztlichen Tätigkeit) von materiellen Werten (z.B. finanzielle Sicherheit) ....

Was ist Trauer? Beispiel: Trauer des Sterbenden Der sterbende Patient betrauert mit Fortschreiten seiner Krankheit den Verlust von Kontrolle Unabhängigkeit Identität Hoffnung  Familie und Freunden Arbeitsfähigkeit Geborgenheit Körperfunktionen sozialer Funktionen Perspektiven der vertrauten Umgebung Integrität

Was ist Trauer? Ein Phänomen, das in allen Kulturkreisen vorkommt ab dem Alter von 3-4 Monaten nachweisbar Etymologisch altes (<9.Jh) Wort abgeleitet von ahd. truren „die Augen niederschlagen“ abgeleitet von der Bezeichnung einer Trauergebärde (den Kopf senken etc.) (Kluge, 1999)

Was ist Trauer? Eine Emotion („Gemütsbewegung“) die ausgelöst wird durch ein bedeutsames Verlustereignis (2) die zu Handlungsbereitschaften (readiness to act) und Handlungsplänen führt (3) die gewöhnlich als ein bestimmter mentaler Zustand erlebt wird, der meist von körperlichen Veränderungen, Ausdruckserscheinungen und Handlungen begleitet wird. Oatley & Jenkins (1996), Frijda (1986)

Was ist Trauer? Trauerzeichen: deprimierte Stimmung Gereiztheit kognitive Störungen (Konzentrationsstörungen, Verwirrtheit) sozialer Rückzug, Inaktivität Verzweiflung, Schock Gefühle von Einsamkeit, Schuld, Wut somatische Symptome

Was ist Trauer? Ist Trauer eine Form von Depression? “So würde uns nahe gelegt, die Melancholie irgendwie auf einen dem Bewußtsein entzogenen Objektverlust zu beziehen, zum Unterschied von der Trauer, bei welcher nichts an dem Verluste unbewußt ist.” „Der Melancholiker zeigt uns noch eines, was bei der Trauer entfällt, eine außerordentliche Herabsetzung seines Ichgefühls, eine großartige Ichverarmung. Bei der Trauer ist die Welt arm und leer geworden, bei der Melancholie ist es das Ich selbst.“ (Freud, 1916, Trauer und Melancholie, 431)

Ist Trauer eine Form von Depression? Was ist Trauer? Ist Trauer eine Form von Depression? Häufig bei Trauer Hinweise auf Depression Verleugnung Nicht-Glauben-Wollen Trauergefühl Verzweiflung Sehnsucht Wut Schock Schuldgefühl Gefühl der Wertlosigkeit mangelnde Selbstfürsorge Suizidgedanken erhebliche Einschränkung bei Alltagsanforderungen anhaltende Schuldgefühle psychomotorische Hemmung Apathie Gewichtsverlust (psychotische Symptome) nach Lantz (2003)

Was ist Trauer? Trauer ist eine adäquate emotionale Reaktion auf ein Verlustereignis und nicht eine behandlungsbedürftige Erkrankung.

Was ist Trauer? Trauer dämpft Verlangen nach Vergnügen und Abwechslung macht fähig, unsere Aufmerksamkeit der Vergangenheit zuzuwenden Verarbeitung des Verlustes Nachdenklichkeit „Frieden machen“ neue Pläne für die Zukunft

Was ist Trauer? Trauer gehört zu den Primäremotionen Überraschung, Angst, Freude, Wut, Ekel und Ärger. Paul Ekman: prototypische mimische Ausdrucksmuster, die teils kulturspezifisch, teils kulturübergreifend sind. Treten diese Ausdrucksmuster auf, so kann auf die dahinter stehende Emotion geschlossen werden.

Was ist Trauer? Ekman (1988): kulturspezifisch: mimischer Ausdruck von Gefühlen aufgrund von Unterschieden bezüglich Auslösern, Darbietungsregeln und Konsequenzen kulturübergreifend: angeborene Formen des Gesichtsausdrucks der Primäremotionen (Freude, Überraschung, Trauer, Wut, Ekel, Verachtung und Angst).

Trauer und Bindungsprozesse Phänomenologie: Was ist Trauer? Erkennung: Trauerausdruck Exkurs: Trauer und Bindung Relevanz: Trauer in der Klinik

Trauerausdruck Emotionale Ausdrucksmuster zeigen sich nicht nur verbal, sondern besonders in der Körpersprache (Mimik, Haltung, Bewegungsmuster) und im Tonfall. Trauer zeigt sich: in der gebeugten Position des Rumpfes; im Weinen und einer besonderen Lippenstellung („Schnute“); im Wenden des Blicks nach unten; in der vornüber gebeugten („zusammengesunkenen“) Stellung der Schultern; im Schlucken; im Seufzen.

Trauerausdruck Die Mimik ist das wichtigste nonverbale Ausdrucksmittel von Emotionen. Das menschliche Gesicht ist in der Lage, bis zu 7.000 verschiedene Gesichtsausdrücke zu erzeugen (Bates & Cleese, 2001), was ein enormes Potential für die menschliche Kommunikation darstellt.

Die Mimik wird vermittelt über die Gesichtsmuskulatur:

In Gesichtern lesen: schnell und schematisch Mimik In Gesichtern lesen: schnell und schematisch

Mimik

Mimik

Mimik

Mimik

Mimik

Mimik

Mimik

Mimik

Mimik

Trauer

Trauer

Trauer

Trauerausdruck (Rogier van der Weyden: Lamentation, ca. 1465)

Trauerausdruck (Michelangelo: Pietá, ca. 1499)

Trauerausdruck (Egon Schiele: Trauernde Frau, ca. 1910)

Trauer und sozialer Kontext Die ursprüngliche Konkordanz von Gefühl und Ausdruck wird von den jeweiligen kulturellen Anforderungen überformt. Trauer wird oft anderen gegenüber verborgen. Trotzdem „sickert“ der mimische Ausdruck mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit „durch“. Der Beobachter kann dann auf die versteckte Emotion schließen.

Trauerausdruck Selbstporträt eines 9jährigen Mädchens 2 Wochen nach Verlust eines Familienmitglieds

Trauerausdruck

Trauerausdruck Friedhof auf Madeira

Trauerausdruck Trauernde Witwe um 1910

Trauerausdruck Trauernder Mann um 1910

Trauerausdruck Staatsbegräbnis mit militärischen Ehren

Trauerausdruck Kondolenzbekundungen nach dem Tod von Princess Diana

Trauerausdruck Traditionelles koreanisches Begräbnis

Trauer Trauerrituale universell auftretende Handlungsmuster, d.h. in allen beobachteten Kulturen im Trauerfall nachweisbare Verhaltensweisen wie: Trauerweinen und Wehklagen Klagemimik und –gestik (Haare- und Bartraufen, am Boden wälzen, Beschmieren mit Asche oder Lehm etc.) Trauerkleidung Trostbekundungen Der gemeinsame Bezug dieser Verhaltensmuster scheint die gemeinsame Verarbeitung von Verlusten zu sein, die regelmäßig in Form spezieller Rituale ihren Ausdruck findet.

Trauer Trauer hat eine wichtige kommunikative Funktion. Das Zeigen und Verbergen von Trauer verweist auf Beziehung und Kontext.

Trauer und Bindungsprozesse Phänomenologie: Was ist Trauer? Erkennung: Trauerausdruck Exkurs: Trauer und Bindung Relevanz: Trauer in der Klinik

Trauer und Bindung Hat die Trauer eine Funktion, einen evolutionsbiologischen „Sinn“? Bedeutung zwischenmenschlicher Bindungen: Bedürfnis nach Bindung ist ein eigenständiges menschliches Motiv: das Streben nach engen emotionalen Beziehungen ist evolutionsbiologisch sinnvoll vor allem im Hinblick auf die Schutzbedürftigkeit des Säuglings vor dem Hintergrund der für ein Überleben als Einzelwesen relativ dürftigen biologischen Ausstattung des Menschen. Unser Motivationssystem besetzt Bindungen positiv und die Auflösung von Bindungen mit negativen Emotionen. Trauerreaktion: Spezialfall der Separation.

Trauer und Bindung Die individuelle Trauerreaktion wird durch den Verlauf und die Erfahrungen, die im Laufe der Lebensgeschichte mit Bindungen gemacht wurden, beeinflusst.

Bindung Bindung (John Bowlby) bezeichnet ein Motivationssystem, das in Situationen der Gefahr Bindungsverhalten auslöst: Suche nach Schutz und Sicherheit (bei älteren Artgenossen), meist den Eltern (die darauf im allgemeinen mit Fürsorge und Pflege reagieren).

Bindungstheorie (John Bowlby) Interaktion des Kleinkinds mit seinen frühen Bezugspersonen ↓ „inneres Arbeitsmodell“ von Bindungen Erwartungen und Emotionen für das eigene Bindungsverhalten Bindungserfahrungen

Trauer und Bindung Die frühen Bindungserfahrungen haben entscheidenden Einfluss auf das Bindungsverhalten im weiteren Verlauf des Lebens. Sie beeinflussen nicht nur die Art und Weise der Beziehungsgestaltung (Gefühl des Vertrauens, der Sicherheit etc.), sondern auch, wie eine Person Verluste erlebt.

Trauer und Bindung In der Verarbeitung eines Verlusts sind bindungstheoretisch 4 Faktoren bedeutend: Beziehungsqualität zur Person, die verloren wurde frühe Bindungserfahrungen des den Verlust erleidenden Subjekts subjektive Abwehrmechanismen gegen Verlust Vorhandensein sozialer Unterstützung für die Person, die den Verlust erlitten hat

Trauer und Bindung 1. Beziehungsqualität zur verlorenen Person wird bereits von den frühen Bindungserfahrungen geprägt gab die Beziehung ein Gefühl von Sicherheit und Vertrauen? gab es Ambivalenzen oder Belastungen in der Beziehung?

Trauer und Bindung 2. Frühe Bindungserfahrungen - 1 Säugling / Kleinkind lernt in der frühen Mutterbindung die für die spätere Persönlichkeit notwendige Balance zwischen Schutzbedürfnis und Geborgenheit (»sichere Bindung«) einerseits und dem Erkunden der Umwelt, des Neuen und Fremden andererseits. → Grundgerüst eines sicheren emotionalen Umgangs mit der Welt

Trauer und Bindung 2. Frühe Bindungserfahrungen - 2 Abhängig von den frühen Beziehungserlebnissen entwickelt sich eine sichere unsicher-vermeidende unsicher-ambivalente desorganisierte / desorientierte Bindung.

Trauer und Bindung 3. Abwehrmechanismen kann der Verlust vollständig erlebt werden? wird er verleugnet? geht die betroffene Person schnell „zur Tagesordnung über“?

Trauer und Bindung 4. Soziale Unterstützung bleibt der Trauernde allein mit seinem Schmerz? erlebt er emotionale Anteilnahme?

Trauer und Bindung Die psychische Wiederherstellung nach einem Verlust wird von Menschen mit sicherer Bindung leichter erreicht als von Menschen mit unsicher-vermeidender oder unsicher-ambivalenter Bindung (Sable, 1989).

Trauer und Bindung Menschen mit unsicher-vermeidender oder unsicher-ambivalenter Bindung haben häufig eine konflikthaft verstrickte Beziehung zur verlorenen Person und entwickeln andauernde Gefühle von Zorn, Angst oder Schuld. Bei nicht vorhandener oder desorganisierter Bindung kann nicht getrauert werden (Bowlby, 1979).

Trauer und Bindung Pathologische Trauerreaktionen: Ausbleiben der letzten Phase des Trauerprozesses 4 Formen aus Sicht der Bindungstheorie: unerwartete Trauer verzögert auftretende Trauer chronische (prolongierte) Trauer konflikthafte (ambivalente) Trauer

Pathologische Trauer unerwartete Trauer Plötzlicher Verlust: Ungläubigkeit, Schock, Überzeugung, dass die tote Person noch lebt (Parkes 1991): alle sicher gebundenen Personen mit pathologischer Trauerreaktion hatten plötzliche Verluste erlitten verzögert auftretende Trauer chronische (prolongierte) Trauer konflikthafte (ambivalente) Trauer

Pathologische Trauer verzögert auftretende Trauer unerwartete Trauer verzögert auftretende Trauer vor allem bei unsicher-vermeidendem Bindungsstil: fehlende emotionale Reaktion, Unfähigkeit zu weinen, keine Beruhigung und Befriedigung in anderen Beziehungen chronische (prolongierte) Trauer konflikthafte (ambivalente) Trauer

Pathologische Trauer unerwartete Trauer verzögert auftretende Trauer chronische (prolongierte) Trauer häufig bei exzessiver Abhängigkeitsbeziehung, z.B. bei unsicher-ambivalenter Bindung: Folge von Verzweiflungszuständen, aus denen es kein Entkommen zu geben scheint konflikthafte (ambivalente) Trauer

Pathologische Trauer konflikthafte (ambivalente) Trauer unerwartete Trauer verzögert auftretende Trauer chronische (prolongierte) Trauer konflikthafte (ambivalente) Trauer Bei vorbestehenden konflikthaften Beziehungen: z.B. zunächst Gefühl von Entlastung, später heftige Selbstvorwürfe

Trauer und Bindung Ein unverarbeiteter Verlust vor dem Alter von 14 führt signifikant häufiger zu einem desorientierten Bindungsstil.

Trauer und Bindungsprozesse Phänomenologie: Was ist Trauer? Erkennung: Trauerausdruck Exkurs: Trauer und Bindung Relevanz: Trauer in der Klinik

Trauer in der Klinik Von ca. 900.000 jährlichen Todesfällen in Deutschland ereignet sich jeder zweite in einem Krankenhaus. Sterben ist ein prägender Teil der alltäglichen medizinischen Realität.

Trauer in der Klinik Im Krankenhaus und in der Arztpraxis können sich zahlreiche Situationen ergeben, die einen Verlust zur Folge haben, der vielleicht als solcher nicht auf den ersten Blick im Vordergrund steht. Die daraus resultierende Trauerreaktion bleibt dann möglicherweise unverstanden und kann nicht angemessen wahrgenommen werden.

Trauer in der Klinik Der Arzt sollte empathisch auf Ver-luste und Trauer-reaktionen eingehen.

Trauer: Verlauf Trauerprozess 3-4 Phasen: Schock: Verzweiflung: Betäubung, Inaktivität, Panik, Wut, Suchen Verzweiflung: Reaktionsphase, Erinnerungen, Schuld, Ärger, phantasierte Dialoge „Auflösung“: Wiedergewinn von Interessen, neue Bindungen, Schmerz

Trauer: Verlauf Auch psychisch Gesunde trauern deutlich länger als früher angenommen (>6 Monate).

Trauer: Verlauf Jeder Trauernde zeigt individuelle Reaktionen auf das Verlustereignis. Ein Patient kann sich lange in der Verzweiflungsphase aufhalten, um dann wieder zum Verhalten der Schockphase zurückzukehren. Viele wechseln jahrelang zwischen den Stadien hin und zurück (Lamerton 1991).

Trauer: Verlauf

Trauer: Klinische Relevanz In der Folge eines Verlusts treten häufig Krankheiten und Komplikationen auf. Der Verlust eines nahen Angehörigen bedeutet ein erhöhtes Risiko für somatische und psychische Morbidität (Rosenzweig et al., 1997). Im Jahr nach dem Verlust des Ehepartners erfüllen 15 - 25% der Betroffenen die Kriterien einer „major depression“ (Turvey et al., 1999). 24-30 Monate nach Verlust: doppelt so hohe Rate an depressiven Störungen wie in Vergleichsgruppe ohne Verlust (Fraley & Shaver, 1999).

Trauer: Klinische Relevanz Verlusterlebnisse und Trauerreaktionen sind ein psychosozialer Risikofaktor (Hartmann et al., 2003). In einer vertrauensvollen Arzt-Patienten-Beziehung kann man der Hilf- und Hoffnungslosigkeit des Patienten entgegenwirken und so einen wichtigen Beitrag zur Prävention von Erkrankung leisten.