Depression.

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Depression und Suizidalität
Depressionen Erstellt von: Prim.a MR.in Dr.in Margot Peters, PLL.M.
 Präsentation transkript:

Depression

Was ist die gesundheitspolitische Herausforderung von Depression, Angst und Sucht? Angst-, depressive und Abhängigkeitserkrankungen haben eine sehr hohe Verbreitung in der Allgemeinbevölkerung in einer Lebenszeitperspektive besteht das Risiko für Depression Angst A - Abhängigkeit/Sucht 17 % 16% riskant: 17%/9% 11%/23% 17% /9% schädlich: 4% abhängig: 2,5% wichtig: häufige Störungen gehen häufig miteinander einher Angst, Depression und Abhängigkeit erhöhen das Risiko eines gemeinsamen oder aufeinanderfolgenden Auftretens

Was sind gesundheitspolitisch relevante Krankheitskosten? Lebensjahre mit Behinderung infolge Krankheit / Störung

Was sind gesundheitspolitisch relevante Krankheitskosten? Gesundheitskosten in Milliarden US-Dollar / Jahr

Depressives Syndrom Affektive Symptome Kognitive Symptome Somatische Symptome Bedrücktheit Verlangsamung – Hemmung psychomotorische Gehemmtheit - Traurigkeit Einengung psychomotorische Agitiertheit Affektlabilität Konzentrationsstörung verminderte Reagibilität „negative Trias“ Ein-, Durchschlafstörungen ziellose Angst Schuld - Sünde frühmorgendliches Erwachen Scham, Dysphorie Krankheit - Hypochondrie Schuldgefühle Verarmung Tagesschwankung Selbstwertverlust Tod – Nihilismus Inappetenz, Gewichtsverlust Interesse-, Freudlosigkeit Libidoverlust Entfremdung Suizidalität Vitalitätsverlust – Müdigkeit Erschöpfbarkeit leibliche Missempfindungen lokalisierte Schmerzen

Diagnostische Kriterien einer depressiven Episode nach ICD-10 Major Depression

Depression kann in sehr unterschiedlichen klinischen Zustandsbildern auftreten

Depressive Syndrome im Verlauf Rezidivierende Depression bipolar affektive Störung affektiver Mischzustand Rapid cycling (4 Episoden/Jahr) rezidivierende Depression + RS Dysthymie ( > 2 Jahre) F S H W Zyklothymia siasonal-abhängige Depression rezidivierend kurze depressive Störung (1 Woche/Monat > 1J)

Screening – Fragen nach Depression Relevanz in der allgemeinärztlichen Praxis

Depression – klinische Ausgangslage – biologische und psychosoziale Konsequenzen breites heterogenes Spektrum klinische Syndrome Schweregrad Polarität: uni-, bipolar Spektrum-Störungen weibliche – männliche Depression multifaktorielle Genese Epidemiologie Frauen: ca. 20% Männer ca. 12% Verlauf hohe Rezidivneigung, ca. 20% chronisch Suizidalität, Komorbidität (Angst, Sucht) somatische Krankheitsrisiken (KHK, D. m.) Kosten psychologische, psychosoziale sozioökonomische Kosten

Depression - Epidemiologie Depressive Episode Lebenszeitprävalenz: 4 – 18 % (Major Depression) Punktprävalenz: 1.5 – 5 % Hausarztpraxen: ca. 10 % Dysthymie Lebenszeitprävalenz: 3 – 6 % Punktprävalenz: 1 – 4 % Bipolar affektive Störung ca. 1 %

Depression – Epidemiologische Grunddaten USA Edmonton Puerto Paris BRD Florenz Beirut Korea New Rico Zealand Frauen Männer [Weissman et al. 1994] 25 % 20 % 15 % 10 % 5 % 0 %

Theorien zur Erklärung der Geschlechtsunterschiede depressiver Störungen Artefakt Biologisch Hilfesuchverhalten Gehirnstruktur Symptombericht Gehirnfunktion Diagnostischer Bias Genetische Transmission Reproduktive Funktion   Psychosozial Sozialer Status Rollenstreß/life events Viktimisierung Coping Stile

Depression - Geschlechtsdifferenzen stressvolle Lebensereignisse Saisonalität Menstruationszyklus Schwangerschaft Depression Wochenbett Menopause Exogene Hormontherapie

Depression und die Folgen Rezidivneigung – Chronizität Suizidrisiko Psychische Komorbidität Somatische Komorbidität Soziale Folgen

Unipolare Depression - Prognose im allgemeinen günstig jedoch: - 15% Suizide (aus der Gesamtmortalität) - erhöhte Mortalität durch Herz- und Kreislauferkrankungen - 15 - 30% Chronifizierung - erhebliche Rezidivneigung mit Tendenz zur Intervallverkürzung - psychosoziale Beeinträchtigungen Prädiktion schwierig - Alter, Frauen, untere soz. Schicht, ledig - soziale Unterstützung, soziales Netz - Persönlichkeit - Alter bei Beginn der Erkrankung, Anzahl bisheriger Episoden, - psychotische Zeichen, sekundäre Depressionen, Substanzmissbrauch

Depression - Komorbidität Major Depression Panikstörung [40-80%] Major Depression Generalisierte Angststörung [ > 50%] Major Depression Zwangsstörung [3 - 30%] Major Depression Alkohol-/ Medikamentenmissbrauch [ > 30 %]

Grunddaten zur Suizidalität WHO – Schätzung: ca. 500 000 Suizidtote / Jahr Europäische Union: > 45.000 Suizidtote / Jahr Deutschland: 13 000 – 15 000 Suizidtote / Jahr Österreich (2004): 1.418 Suizidtote (1.073 Männer und 345 Frauen) Suizidversuche: ca. 10-fache Anzahl der Suizide

Europäische Suizid-Statistik

Suizidrate in Abhängigkeit von Geschlecht und Alter

Suizidrate in Österreich / Steiermark Suizidrate in Österreich im europäischen Vergleich - Frauen: 13.2 (SR) - Männer: 38.0 (SR) Steiermark: signifikant über österreichischem Durchschnitt 1999: 280 Suizidtote 2000: 273 Suizidtote höhere Mortalität durch Suizide als durch Verkehrsunfälle

Suizidalität – Begrifflichkeit Suizidversuch - eng gefasst - parasuizidale Geste (Appell) - parasuizidale Pause (Ruhe) Suizidgedanken, -phantasien Todeswunsch

Demographische Daten zu Suizidalität Suizidversuche Suizide Alter 20 – 30 J. > 40 J. Geschlecht F : M = 2 – 3 : 1 M : F = 2 : 1 – 7 : 1 Zivilstatus geschieden geschieden, verwitwet, Single Beruf arbeitslos, v.a. Männer Gesundheitswesen Geographisch Stadt Großstadtbereich Methode Tablettenintoxikation Erschießen, Erhängen > Vergiften

Abschätzung von Suizidalität Risikogruppen Krisen, Krisenanfälligkeit   Suizidale Entwicklung Präsuizidales Syndrom

Suizid - Risikogruppen Hohes Risiko: 50-500mal höher als in Normalbevölkerung Depressive aller Art Alkohol-,Medikamenten-, Drogenabhängige 25% aller SV (60-120mal höheres Risiko) 3. Alte und Vereinsamte 4. Personen, die Suizidankündigungen machen: 80% unternehmen einen SV (Pöldinger 1989) Personen, die bereits einen SV gemacht haben (Wiederholungsgefahr bei Depressiven: 21,2%;Wedler1992) 20-30% neuerlicher SV innerhalb von 10 J.: 10% tödlicher Ausgang Suizidrisiko im ersten halben Jahr nach SV am höchsten

Suizidalität und psychische Erkrankung Suizid psychische Krankheit

Psychologische Autopsie-Studien: Diagnosen [aus: Bronisch u. Hegerl 2010]

Suizidalität – Krisen, Krisenanfälligkeit Krise: individuell nicht mehr sinnvoll / erfolgreich zu bewältigende Erlebnisse oder Ereignisse   Krisen aus Lebensveränderungen: Verlassen des Elternhauses Heirat, Geburt eines Kindes Wohnungswechsel Arbeitslosigkeit „Lebensmitte“ Pensionierung Tod einer nahen Person Krankheit, Invalidität Soziale, persönliche Niederlagen Äußere Katastrophen Individuelle Persönlichkeit + Lerngeschichte Krisenanfälligkeit: + soziales Netz

Situativ steigendes Suizidrisiko Die situativen Anforderungen übersteigen die Bewältigungsfähigkeiten einer Person. Subjektive Einschätzung: -         aktuelle Lage, -         grundlegende Wertvorstellungen -         subjektive Einschätzung der Ressourcen Zentraler Prädiktor: - Hoffnungslosigkeit „ich will nicht mehr kämpfen“ - wenig Vertrauen, in eigene Problemlösungsfähigkeit

Suizidalität – suizidale Entwicklung – präsuizidales Syndrom Subjektiv nicht mehr lösbare Krise Selbstmord als Lösungsmöglichkeit Vorstellbar - Suggestive Momente - „Hilferufe“ - „Ruhe vor - Kontaktsuche dem Sturm“ Entschluss Ambivalenzstadium Suizidphantasie Suizidhandlung Einengung Hoffnungslosigkeit Aggressionsumkehr nach: Pöldinger, Ringel

Nosologische Einordnung der Depressionszustände   Organische Depressionen Somatogene Symptomatische Depressionen Depressionen s Schizophrene Depressionen o Zyklische Depressionen Endogene m Periodische Depressionen Depressionen a Involutionsdepressionen t Neurotische Depressionen o Erschöpfungsdepressionen Psychogene g Reaktive Depressionen Depressionen e n p s y c h o g e n

Multifaktorielle Ätiopathogenese depressiver Erkrankungen Aktuelle Stressoren in sozialen/ Genetische Persönlichkeitsfaktoren interpersonalen Beziehungen Prädisposition z.B. Neurotizismus fehlende soziale Unterstützung Angstneigung Disharmonie in Partnerschaft u. negativer Attributionsstil Familienkonflikte gelernte Hilflosigkeit Rollenkonflikte Typus melancholicus   Psychodynamik   Neurobiologische Vermittlung Neurotransmitter-Hypothese Genetische-Hypothese Neuroendokrinologische Hypothese   Neurotoxische Hypothese Neuroinflammatorische Hypothese Physikalische Einwirkungen Stressoren / Traumata z.B. Lichtentzug z.B. Verlusterlebnisse, z.B. somatische Erkrankungen, frühkindlicher Missbrauch chronischer Schmerzen negative life events, daily hassles D e p r e s s i o n

Entwicklung einer Depression

Depression, eine rezidivierende Erkrankung Kendler et al. (2001) Genetic risk, number of depressive episodes, and stressful events in predicting the onset of major depression. Am J Psychiatry 158: 582-586

Depression in lerntheoretischer Perspektive Lerntheoretische Prinzipien treffen sowohl für normales als auch für psychopathologisches Erleben und Verhalten zu Psychopathologisches Erleben und Verhalten: - Exzess - Defizit Modelle: gelernte Hilflosigkeit (Seligman) - kognitionstheoretisch kognitive Trias (Beck) Selbstregulation (Kanfer) - verstärkungstheoretisch Verstärkerverlust (Lewinsohn) - interaktionstheoretisch mangelnde soziale Kompetenz beeinträchtigte Beziehungsfähigkeit (Bellack)

Kognitive Triade Modell von A. Beck (1974) zentraler Stellenwert negativer Urteile über Selbst, Welt im Allgemeinen, Zukunft im Besonderen - kognitive Störungen - Verhaltensebene: verringerte Selbstwirksamkeit, reduzierte Initiative zu positiv verstärkenden Handlungen - symptomatologisch: emotionale Dysregulation, Impulskontrollstörung Bedeutung einer entwicklungspsychopathologischen Dimension: zentrale Schemata in Selbstorganisation u. Beziehungsfähigkeit - Soziotropie / interpersonale Dependenz - Autonomie / interpersonale Unabhängigkeit automatischer innerer Monolog Kognitive Dysfunktionen Schemata

Kognitive Perspektive Dichotomes Denken typisches Schwarz-Weiß-Denken Übergeneralisierung aus einem besonderen Ereignis auf das Leben insgesamt verallgemeinert Selektive Abstraktion ausschließliche Konzentration auf einen speziellen Aspekt in einer Situation in einer bestimmten Situation anstatt auf die Komplexität aller vorhandenen Aspekte Schlechtmachen positive Aspekte, die einer negativen Gesamtsicht widersprechen würden, übergehen und die negativen überbetonen Gedankenlesen Annahme, man wisse bereits, was andere Personen denken oder wie sie sich verhalten Zukunftsdeutung Reaktionsweisen, als ob Erwartungen über Zukunft bereits ausgemachte Fakten Katastrophisierung tatsächliche oder antizipierte Ereignisse als unerträgliche Katastrophen zu behandeln, statt sie in einer realistischen Perspektive zu bewerten Maximierung / Aspekte in einer Situation unabhängig von ihrer realen Bedeutung entweder als sehr Minimierung wichtig oder aber als banal anzusehen Emotionales Urteilen Annahme, die verspürten Emotionen würden eine Situation notwendig wahr reflektieren Soll-Sätze „Soll“- und „Muss“-Sätze selten eine echte Motivation für realitätsorientiertes Handeln Selbst-Labeling sich mit einem globalen Urteil versehen („ich bin ein Versager“) Personalisierung sich die Schuld an einer bestimmten Situation geben, auch wenn real andere Faktoren dafür verantwortlich sind

Attributionsverhalten und „erlernte Hilflosigkeit“ Misserfolg, Nicht-Kontrollerfahrung, aversive Bedingung Kognitiver Stil aktuelle Erwartungshaltung: Symptome (stabiles Ursachen- Hilflosigkeit Beschwerden: Verarbeitungs- zuschreibung: Hoffnungslosigkeit Depressionen u. Attributionsmuster) Ängste internal-external Resignation global-spezifisch Apathie stabil-variabel Antriebsmangel Attributionstheoretische Reformulierung des Modells der „erlernten Hilflosigkeit“ [nach: Abramson, Seligman, Teasdale 1978]

Verstärkerverlust Modell nach Lewinsohn et al. (1979) potentiell verstärkende Ereignisse Depression - quantitativ: wie viel, wie intensiv - qualitativ: wie belohnend verbales, nonverbales Verhalten Erreichbarkeit von Verstärkung niedrige Rate Zuwendung - Trennung an positiver somatische Entlastung - Armut Verstärkung emotionale - soziale Isolation kognitive motivationale Symptome erlerntes instrumentelles Verhalten der Person Interaktionen soziale Vermeidung

Psychodynamische Konzeptualisierung der Depression frühe biographische Erfahrungsbasis Objekterfahrungen Selbsterfahrungen  Versorgungswünsche, emotionale Nähe ich bin geliebt, geachtet, vollwertig Fürsorge, Sicherheit, Wohlbefinden, ich kann mir etwas zutrauen, Vertrauen, Tröstung, Zuversicht, bin effizient, kann mir aktiv holen, Optimismus, Wertschätzung was ich für Wohlbefinden/Sicherheit brauche bin gut und liebevoll  

Psychodynamik - modellhafte Voraussetzungen bei depressiven Störungen triebpsychologisch ichpsychologisch passives Anklammern schwache Eigenidentität bei Sehnsucht / Gier / Neid übermäßiger Außenorientierung Liebe/ Fürsorge/ Bestätigung aggressionsverzerrte Introjekte, rigides Über-Ich ungelöste Aggressionsproblematik unrealistisches Ich-Ideal aus Enttäuschungswut reale Entfaltungsmöglichkeiten unterentwickelte Ich-Fertigkeiten   objektpsychologisch selbstpsychologisch unverzichtbare Angewiesenheit auf unrealistische Größenvorstellungen Realpräsenz eines „guten“ Objekts unrealistische Ohnmachtsgefühle Abhängigkeit – Trennung – idealisierte „Selbstobjekte“ Eigenständigkeit, Objektambivalenz: „idealisiert“ „feindselig“ „Alles-oder-Nichts“

Psychodynamik – zentrale Konfliktthemen bei depressiven Störungen Narzisstische Vulnerabilität Konflikthafter Ärger / Wut Frühe Erfahrungen / Wahrnehmungen von Verlust, Ärger, Wut auf mangelnde emotionale Reagibilität Zurückweisung, Ineffektivität anderer auf eigene Wünsche / Bedürfnisse Sensitivität gegenüber realen / subjektiv angenommenen Ärger / Wut aus der Anschuldigung anderer für eigene Verlusten, Zurückweisungen Verletzlichkeit, Neid Andere: unempathisch, feindselig, bedrohlich, vernichtend Schuld / Scham (Über-Ich / Ich-Ideal) Idealisierung/ Entwertung von Selbst / Andere Wendung gegen die eigene Person / Selbst, Bestreben, niedrigen Selbstwert zu mildern: verinnerlichte „strafende“ Elternbilder, hohe Selbstansprüche, andere idealisiert in der Wünsche: Ärger, Neid, Gier: „falsch, böse“ von ihnen erwarteten Bedürfnisbefriedigung Negatives Selbstbild, Selbstkritik, niedriger Selbstwert Entwertung anderer, um eigenen Selbstwert zu heben hohe Enttäuschung- / Kränkungsempfindlichkeit charakteristische innerseelische Mechanismen - Verleugnung - Projektion - passive Aggression - Reaktionsbildung

Depressionstypologie - psychodynamische Verarbeitungsstile Altruistische Verarbeitungsform des depressiven Grundkonflikts lebensgeschichtlich frühe kompensatorische Übernahme von Verpflichtung, Verantwortung, Fürsorglichkeit für andere, bei gleichzeitiger Selbstverleugnung, Überangepasstheit, Unterordnung Aggressionshemmung, starke Leugnung eigener Wünsche, Bedürfnisse anderen gegenüber Narzisstische Verarbeitungsform des depressiven Grundkonflikts Leugnung von Abhängigkeit, Bedürftigkeit, kompensatorische Überbetonung von Ansehen, Geltung, Leistung, körperlicher Erscheinung, Attraktivität, Wissen, Macht, Kontrolle, persönliche Grandiosität, Exklusivität; Erwartung uneingeschränkter / unbedingter Bewunderung; durch habituelle Entwertung, Kritik anderer auch hohe Distanz Oral-regressive Erledigung des depressiven Grundkonflikts durchdringendes, vorwürflich, dysphorisches Gefühl, ungeliebt, unversorgt, verlassen, unerwüncht, wertlos zu sein; kaum aktive Bewältigungsmechanismen entwickelt, häufig selbstdestruktive Reaktionsstile

Depression: Psychopathologische Phänotypen Major Depression Depressive Stimmung Negative Emotionen Anhedonie gestörte Belohnung Kognitiv: Psychomotorik Lernen/Gedächtnis Hemmung / Stresssensitivität Exekutiv-F. Agitiertheit Neurovegetative / Tagesschwankungen somatoforme Biorhythmusstörungen Störungen

Zufallsentdeckung antidepressiver Wirkprinzipien Imipramin Wirkung eines Pharmakons Verständnis/Konzeptualisierung einer psychischen Störung Entwicklung differenzieller differenzierte neurobiologische pharmakologischer Wirkprinzipien Untersuchungsebenen

Neurotransmitter-Dysbalance-Hypothese der Depression Noradrenalin - 3-Methoxy-4-hydroxyphenylglycol - α2-Bindung in Thrombozyten - Blunted Response von HGH auf Clonidin - β-adrenerge Rezeptoren (Suizidopfer) β-Downregulation unter Antidepressiva Katecholamindepletion unter α-Methylparatyrosin Serotonin - Tryptophan im Plasma / TD-Test - 5-Hydroxyindolessigsäure (5-HIAA) im CSF - Postsynaptische 5-HT2-Rezeptoren - [3H] Imipramin / Paroxetin-Bindung - Bluntetd Response von Prolaktin auf Fenfluramin - SERT-Bindung im Mittelhirn bei [123I]- β-CIT

Die Bedeutung des Dopamins für die Affekt- und Stimmungsregulation

Neurotransmission von Serotonin, Noradrenalin und Dopamin

Molekulare Hypothese der Depression Pittenger, Duman (2008)

Neuroendokrine Hypothese der Depression Dysfunktion der HPA-Achse grundlegende biologische Mobilisierung mit Noradrenalin synergistisch bei emotionaler Gedächtnisbildung, aber hemmend auf Wiedererinnerung reguliert und beendet Stress-Kaskade - erhöhtes ACTH und Cortisol - mangelnde Suppression nach Dexamethason - erhöhtes ACTH + Cortisol im DEX/CRH-Test - erhöhte CRH- + Vasopressin = - Subsensitivität des Kortikosteroid-Rezeptors - Cortisol bindet an MR und GR: Transkriptionsfaktoren: Kodierung von Neuropeptiden + Wachstumsfaktorn reguliert [nach: Yehuda 2001 Holsboer, Ising 2010]

Hypothese der Neurotoxizität der Depression Pittenger, Duman (2008)

Dysfunktion in der Neurogenese limbischer Strukturen bei der Depression Stress reduziert die Expression von neurotrophen Wachstumsfaktoren (BDNF) in limbischen Strukturen der Stimmungsregulation: Atrophiezeichen in der Hippocampusformation u. reduzierte Neurogenese (Gyrus dentatus) Duman u. Monteggia (2006)

Interaktion von HPA-Achse, SNS und inflammatorischem System

Inflammatorische Hypothese der Depression

Inflammatorische Hypothese der Depression McNally et al. (2008)

Inflammatorische und oxydativer Stress –Hypothese der Depression Maes et al. (2009)

Depression – eine Störung der Biorhythmen? Thalamus 3. Ventrikel Epiphyse charakteristisch für Lebewesen Suprachiasmatische nuclei (SCN): “ Master clock ” Modulation von biologischen, physiologischen und Verhaltens-Parametern: Körpertemperatur Blutdruck Hormon-Sekretion (Kortisol, TSH, etc) Immunantwort Motorische Aktivität, Kognitive Leistung Schlaf-Wach Rhythmus Stimmung, … Licht PVN Chiasma opticum SCN Hypophyse Medulla Linked to the light-dark cycle, circadian functions are expressed in daily functions (sleep-wake cycle, etc): they are ubiquitous among living organisms. In mammals, this timekeeping system or “master clock” is located in the suprachiasmatic nucleus (SCN), a cluster of thousands of neurons located in the anterior hypothalamus. This “master clock” acts on neural and endocrine pathways to regulate the timing of most, if not all, circadian rhythms, and influences biological, physiological, and behavioral parameters, such as core body temperature, blood pressure, hormone secretion (cortisol, TSH, etc), immune response, motor activity, cognitive performance, and, the most prominent and visible of all, the sleep-wake rhythms. SCN: suprachiasmatischer Nucleus PVN: paraventriculärer Nucleus Mignot E, et al. Nat Neurosci . 2002 Turek FE, et al. Arch Neurol. 2001.

Nucleus suprachiasmaticus – “Master clock” in der Regulation der zirkadianen Rhythmen Corpus callosum Cingulärer Cortex Frontaler Cortex Fornix Chiasma opticum Thalamus Nucleus suprachiasmaticus MT1 MT2 Amygdala 5-HT2C Hypophyse Hippocampus Mammillarkörper Cerebellum Two subtypes of melatonergic receptors, the MT1 receptors and MT2 receptors, are located in this specific region of the SCN. Their role is to regulate the biological circadian rhythms. A high density of 5-HT2c receptors is also reported in the SCN. Zwei Subtypen von melatonergen Rezeptoren im SCN : MT1 und MT2 regulieren zirkadiane Rhythmen Unter anderem findet sich eine hohe Dichte von 5-HT2c Rezeptoren im SCN induzieren Tiefschlaf (slow wave sleep) Mignot E. et al. Nat Neurosci. 2002; Turek FE, et al. Arch Neurol. 2001. Agomelatin

Schlafarchitektur in Depression und Euthymie Nutt (2008)

Zirkadiane Rhythmen sind bei Depressiven abgeflacht und verschoben PLASMA KORTISOL (ng/mL) 20 70 120 170 220 6 9 12 15 18 21 24 3 20 40 60 80 100 Schlaf PLASMA MELATONIN (pg/mL) 6 9 12 15 18 21 24 3 KÖRPERTEMPERATUR (°C) 7 11 15 19 23 3 37.2 37.0 36.8 36.6 36.4 36.2 36.0 37.4 Schlaf Schlaf Resynchronizing circadian rhythms in depressed patients represents a new approach to the treatment of depression. Why? The depressed mood of your patients often follows a rhythm, the mood being worse in the morning and improving throughout the day. Besides mood, other biological parameters in depressed patients are also associated with circadian rhythm alterations. For example, plasma cortisol levels, plasma melatonin levels, and core body temperature appear to be flattened and disrupted in depressed patients. A treatment that could reset these disturbed circadian rhythms might therefore be a new approach to depression treatment. Melatonin is the hormone that regulates the body’s internal clock and circadian rhythms. The MT1 and MT2 receptors, and also 5-HT2c receptors, are located in the suprachiasmatic nucleus, which can be defined as the endogenous clock. As initial attempts to demonstrate a direct antidepressant activity for melatonin were not successful, the idea was generated that melatonin receptor agonists could prove helpful for depressed patients. Von E. Souetre et al (1988) Zeit Kontrolle Depression

Neuroanales Netzwerkmodell der Depression Phillips et al. (2008)

Genetische Hypothese der Depression Zwillings- / Familienstudien: hohe Heritabilität der uni- / bipolaren Depression 50% - Konkordanzrate bei monozygoten Zwillingen 2.5-fach erhöhtes Erkrankungsrisiko bei Verwandten 1. Grades Assoziationsstudien: Kandidatengene mit Einfluss auf monoaminerge Funktionen Polymorphismen im Glucocorticoid-Rezeptor-Gen NR3C1, Monoaminoxydase A-Gen, Glycogensynthase-Kinase-Gen-3ß, Gruppe 2-metabotrope Glutamat-Rezeptor-Gen GRM-3 Assoziationsstudien: Kandidatengene mit Einfluss auf Therapie-Response 5-HTTLPR-Gen: SLC6A4_ lange Allel-Variante: bessere Response auf SSRI, geringere NW _ kurze Allel-Variante: erhöhte Paroxetin-, aber verringerte Mirtazapin-induzierte NW glutamaterge Gene (z.B. GRIK 4): Citalopram-Response, -Verträglichkeit; Met-Variante im Val-/Met-Polymorphismus: BDNF, SSRI-Response, COMT-Gen: AD-Response; FKBP5: Chaperone-Bindung von Cortisol an GR: AD-Response

Genetische und Umweltfaktoren tragen zum affektiven und PTSD-Risiko nach Traumaexposition bei Mahan & Ressler (2012)

[Pezawas et al. 2005 Nature Neuroscience 8: 828-834] Serotonin-Transporter-Genpolymorphismus Interaktion von Amygdala – ACC: genetischer Vulnerabilitätsmechanismus für Depression Träger des s-Allels in funktionellem 5´ Promotor Polymorphismus des Serotonin-Transporter-Gens: erhöhtes ängstliches Temperament, verstärkte Reaktivität der Amygdala, erhöhtes Depressionsrisiko morphometrisch: verringertes Volumen von Amygdala und Cingulum perigenuale (ACC) Funktionsanalyse: Entkoppelung des Amygdala-Cingulum-Regelkreises in der Verarbeitung von Angststimuli [Pezawas et al. 2005 Nature Neuroscience 8: 828-834]

Serotonin-Transporter-Genpolymorphismus Serotonin-Transporter-Genpolymorphismus Interaktion von Amygdala – ACC: genetischer Vulnerabilitätsmechanismus für Depression dieser Serotonin-Transporter-Gen-Polymorphismus funktionell relevant nur unter stressvollen Umweltbedingungen, möglicherweise auch nur in einem kritischen Zeitfenster der frühen Entwicklung

Früh erworbener Reaktionsstil der HPA-Achse auf Stressoren Heim et al. (2008)

Yehuda, Flory, Pratchett, Buxbaum, Ising, Holsboer [2010] Genetische und frühe Gen x Umwelt-Interaktionen in der Prägung der HPA-Achse Yehuda, Flory, Pratchett, Buxbaum, Ising, Holsboer [2010]

Depression und metabolisches Syndrom Hypercortisolämie Sympatho-vagale Dysbalance OR:2.0 Kinder et al, Psychosom.Med.,2004 Metabolisches Syndrom OR:1.6 Wannamethee et al, Arch.Inter.Med.,2005 OR:3.6 Wannamethee et al, Arch.Intern.Med,2005 Diabetes mellitus II Morbidität bei Depression OR:2.0 Eaton et al, Diabetes Care, 1996 Koronare Herzerkrankung Morbidität bei Depression OR:2.7 Mortalität bei Depression OR:2.6 Rugulies et al, Psychosom.Med., 2004 van Melle et al, Psychsom.Med., 2004

Herzinfarkt und Depression – psychobiologische Vermittlungsmechanismen Verringerte Herzratenvariabilität sympathisches, parasympathisches, R-A-System - HRV bei koronaren KHK reduziert,Risiko plötzlichen Herztodes signifikant erhöht; analog bei Depression, prädisponiert für ventrikuläre Arrhythmien, sekundär zu Exzessmortalität SAA-Dysfunktionalität CRF stimuliert sympathische Aktvität = Adrenalin und Noradrenalin - koronare Ischämie / Herzinsuffizienz: ebenfalls sympthikoadrenale Hyperaktivität: Herzrate, orthostatische Regulation, Gefäßreaktionen, Thrombozytenfunktionen HPA-Dysfunktionalität CRF, ACTH, Cortisol - kardiale Risikofaktoren: Hypercholesterinämie, Hypertriglyceridämie, Hypertonus, Atherosklerose-induzierende Effekte, verzögerte Wundheilung. Thrombozytenfunktionen Hämostase, Thrombosenbildung, Atherosklerose, IA mit subendothelialen Gefäßkomponenten / Gerinnungsfaktoren im Plasma (Thrombin) T: adrenerge, serotonerge, dopaminerge Rezeptoren Depression u. KHK: Thrombozytenaktivierung , vermehrte Plättchenfaktor 4 /  -Thromboglobulin Serotonin: Aktivierung / Sekretion von T Myokardiale Ischämie – ventrikuläre Instabilität, Kammerflimmern: wahrscheinlicher Mechanismus für plötzlichen Herztod Psychologischer Stress: Senkung der Schwelle der Vulnerabilitätsperiode des Ventrikels; PVC Risiko plötzlichen Herztods Kardiotoxizität Inflammatorisches System MD u. Myokardinfarkt: Aktivierung proinflammatorischer Zytokine: Immunkomplexe (Extravasation) – „Hypercortisolismus“, erhöhtes SNS, verringerte HVR - aktivierte IDO: Tryptophan - vermehrte Quinolinsäure, verringerte Serotoninsynthese: depressive Symptome, Verschlussereignisse reduzierte vielfach-ungesättigte Fettsäuren (PUFA, z.B. Omega-3-FS)

Depression – Versorgungssituation durch Internisten / Allgemeinmediziner Versorgungsrealität – spezifische Therapie von Depressionen (n = 732)   Behandlungsstatus behandelt unerkannt unerkannt/unbehandelt [n = 211] [n = 196] [n = 521] 14 – 24 Jahre 12.9 % 34.1 % 87.1 % 24 – 44 40.2 % 21.1 % 59.8 % 45 + 46.6 % 19.1 % 53.4 % gesamt 28.8 % 26.8 % 71.1 % Männer 11.7 % 43.0 % 88.3 % Frauen 34.4 % 21.5 % 65.5 % Wittchen et al. (1999)

Depressionsbehandlung - multimodal Depressionstherapie Psychologische Therapieverfahren        Kognitive Verhaltenstherapie        Interpersonelle Psychotherapie Psychodynamisch-tiefenpsychologisch Therapie        Partner- / Familientherapie        Psychosoziale Interventionen (Angehörige, Hilfen)   Biologische Therapieverfahren        Pharmakotherapie (Antidepressiva)        Schlafentzugsbehandlung        Lichttherapie        Elektrokonvulsionstherapie Psychotherapeutisches Basisverhalten Stützendes ärztliches Gespräch