Einführung in das Arbeitsrecht an Hand praktischer Beispiele

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 Präsentation transkript:

Einführung in das Arbeitsrecht an Hand praktischer Beispiele Rechtsanwälte Schupp & Partner Björn-M. Folgmann Rechtsanwalt An der Windmühle 80 52399 Merzenich Stand: 8. Juni 2010

Richtige Wahl? (E 1) V, Vorstandsvorsitzender der Reich-AG (R), erhält einen auf 5 Jahre befristeten Anstellungsvertrag (Abschluss: 1. 5. 2010). Der Aufsichtsrat der R bestellt zudem den V zum Vorstandsvorsitzenden. Es erfolgt die notwendige Eintragung in das Handelsregister. Bereits am 5. 7. 2010 überwirft sich der V mit dem Aufsichtsrat. Er wird als Vorstand abberufen und unwiderruflich freigestellt. Zeitgleich erfolgt eine Kündigung des Anstellungsvertrages. V klagt vor dem Arbeitsgericht auf Zahlung des rückständigen und künftigen Gehalts. Mit Erfolg?

Lösungsvorschlag E 1 Der Anstellungsvertrag des V lautet auf Beschäftigung als Vorstandsvorsitzender. In Ermangelung einer Fortbeschäftigungs- möglichkeit, mit Abberufung als Vorstand, wurde er auch freigestellt. Eine Aufkündigung des befristeten Anstellungsvertrages ist grundsätzlich nur außerordentlich fristlos möglich. Sie ist also ohne grobes Verschulden des V ausgeschlossen. V hat aufgrund Annahmeverzugs Ansprüche auf laufendes Entgelt. V hat also Ansprüche auf Gehaltszahlung. Er hat jedoch mit seiner Klage dennoch keinen Erfolg! Gemäß § 2 ArbGG sind die Arbeitsgerichte nicht zur Entscheidung in der Sache berufen. Der V ist kein Arbeitnehmer i. S. d. ArbGG, sondern Organ der Gesellschaft. Er ist auf den Rechtsweg der Zivilgerichte gem. §§ 23, 71 GVG verwiesen. Erhebliche Normen: - § 2 ArbGG - §§ 23, 71 GVG - § 84 AktG Erkenntnis: - befristete Arbeitsverträge können nur bei gesonderter schriftlicher Vereinbarung aufgekündigt werden; - Abgrenzung Arbeitsrecht zu Bürgerlichem Recht

Grundlagen des Arbeitsrechts Zweck des Arbeitsrechts Rechtsquellen des Arbeitsrechts Begrifflichkeiten Begründung des Arbeitsverhältnisses Der Arbeitsvertrag/das Arbeitsverhältnis (Übungsfälle 1 - 3)

Burger richtig braten (E 2) Die L (Mutter von 10 minderjährigen Kindern) bewirbt sich bei der Fastfoodkette BurgerDom (15 Beschäftigte im Betrieb) als Küchenhilfe. Man einigt sich mündlich auf die Eckdaten des Arbeitsvertrags. L beginnt gemäß Vereinbarung am 1. 6. 2010 Ihre Tätigkeit. Bereits am 2. 6. 2010 hat die BD genug von L und kündigt Ihr mündlich mit sofortiger Wirkung und schickt sie nach Hause. Ein Grund zur fristlosen Kündigung liegt nicht vor. Ansprüche der L!

Lösungsvorschlag (E 2) L und die BD haben mündlich einen Arbeitsvertrag geschlossen; Durch Arbeitsantritt am 1. 6. 2010 wurde ein Arbeitsverhältnis begründet; Die ausgesprochene Kündigung am 2. 6. 2010 ist formunwirksam (§ 623 BGB); L hat einen Anspruch auf Fortbeschäftigung und Entgeltzahlung; Eine erneute Kündigung kann nur schriftlich und nur mit 4- Wochen-Frist erfolgen (§ 622 Abs. 1 BGB), da eine Probezeit nicht vereinbart wurde; BD befindet sich in Annahmeverzug und schuldet Verzuglohn. Erhebliche Normen: - § 611 BGB - § 623 BGB (Schriftform der Kündigung) - § 622 Abs. 1 BGB (maßgebliche Kündigungsfrist) - §§ 293, 294 BGB (Annahmeverzug)

Abwandlung L verlangt nunmehr, nach den einschlägigen Erfahrungen mit BD, die Erstellung eines schriftlichen Arbeitsvertrages. Zu Recht?

Lösungsvorschlag Der Anspruch auf nachträgliche Erstellung eines schriftlichen Arbeitsvertrages besteht grundsätzlich nicht. Jedoch unterliegt die BD als Arbeitgeberin den Regelungen des Nachweisgesetzes (insbesondere § 2 NachweisG).

Der Wahnsinn geht weiter! BD hat es endlich geschafft. Sie hat am 14. 7. 2010 der L (Zugang mit gleichem Tage) eine schriftliche Kündigung, über ihren Bevollmächtigten, Herrn Rechtsanwalt Schlau zum 14. 8. 2010 ausgesprochen. Schlau fügt der Kündigung – wie für ihn üblich – eine Vollmachtsurkunde in Kopie bei. Die L begibt sich zu Rechtsanwalt Stinkfaul und fragt nach Rechtsrat. Was wird Stinkfaul Ihr anraten?

Lösungsvorschlag Stinkfaul wird L anraten für sie tätig werden zu dürfen – L hat nämlich insbesondere auch eine RSV. Er wird sodann die Kündigung noch am selben Tage, unter Beifügung einer Originalvollmacht, gemäß § 174 ff. BGB zurückweisen. Zeitgleich wird der die Erhebung einer Feststellungsklage androhen, verbunden mit der Aufforderung, die Kündigung für gegenstandslos zu erklären und L fortzubeschäftigen. Erhebliche Normen: - § 611 BGB - § 622 BGB - § 174 BGB

Und immer noch keine Lösung! Schlau und die BD sind sich nunmehr nach langem Hin und Her einig. Die L muss weg. Schlau kündigt Ihr nun im Auftrage der BD mit Schreiben vom 3. Januar 2011 (Zugang am gleichen Tag) schriftlich, unter Beifügung einer Originalvollmacht, zum 31. Januar 2011. L – die sich immer wohler bei der BD fühlt – begibt sich wieder zu Stinkfaul. Stinkfaul blättert kurz in seiner dtv-Ausgabe „Arbeitsrecht“ und findet sogleich eine Lösung. Welche zündende Idee hat Stinkfaul?

Lösungsvorschlag Der Stinkfaul wird spätestens binnen 3 Wochen (§ 4 KSchG) Kündigungsschutzklage vor dem zuständigen Arbeitsgericht ausbringen und Erfolg haben. Rechtsgrundlagen: § 1 Abs. 1, 2 KSchG i. V. m. § 23 Abs. 1 Satz 3 KSchG. mehr als 10 Arbeitnehmer; länger als 6 Monate beschäftigt; kein Kündigungsgrund i. S. d. § 1 KSchG.

Arbeit ohne Wert BD behauptet zudem, die Arbeit der L sei ohne Wert. Man halte maximal eine Stundenvergütung in Höhe von 1,50 € für angemessen. Der Stinkfaul fordert für L die übliche Vergütung, welche bei 6,50 €/Stunde liegt. Zu Recht?

Lösungsvorschlag Gemäß § 612 Abs. 2 Alt. 2 BGB ist die übliche Vergütung, in Ermangelung anderweitiger Vereinbarungen, geschuldet. Die Üblichkeit kann sich nach allgemeinverbindlichen Tarifverträgen, branchenüblichen Lohn etc. bestimmen. Der Stinkfaul hat Recht. Die L hat einen Anspruch auf die übliche Vergütung.

Zweck des Arbeitsrecht „Arbeitsrecht ist das Recht des Arbeitsverhältnisses. Ursprünglich bildet es nur ein Unterfall des allgemeinen Dienstvertragsrechts (§ 611 BGB). Es ist in beachtlichem Umfange ungesetztes Recht. Das Arbeitsrecht ist teilweise Privatrecht, teilweise Öffentliches Recht.“ Es gliedert sich in: Individualarbeitsrecht; Kollektivarbeitsrecht; Arbeitsschutzrecht.

Zweck des Arbeitsrecht (II) „Arbeitsrecht ist den Arbeitsgerichten als besonderer Bestandteil der Zivilgerichtsbarkeit zugeordnet. Das prozessuale Recht wird sowohl durch die Vorschriften des Arbeitsgerichtsgesetzes, als auch der Zivilprozessordnung bestimmt.“ „Arbeitsrecht normiert demnach das Verhältnis zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern im schuldrechtlichen Austauschverhältnis des Arbeitsvertrages, mithin des Arbeitsverhältnisses als Dauerschuldverhältnis.“ Es ist im wesentlichen Arbeitnehmerschutzrecht!

Rechtsquellen des Arbeitsrechts Europäisches Recht Grundgesetz (Art. 3, 9, 12 und 14 GG) Allgemeinen Gesetze (insbes. §§ 611 ff. BGB und §§ 325 ff. BGB; AGB-Kontrolle) Tarifverträge (insbes. TvÖD/BAT) Betriebsvereinbarungen Individualvereinbarungen (Arbeitsverträge) Gewohnheitsrecht und betriebliche Übung

Rechtsnormen (Grundrechte) Grundrechte entfalten grundsätzlich keine unmittelbare, sondern nur mittelbare Drittwirkung auf das Arbeitsverhältnis über die sog. Generalkauseln (dort: Staat – Bürger; hier: Bürger – Bürger) Art. 3 GG (1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich. (2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin. (3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden. Neben der ursprünglichen Bedeutung hat das Grundrecht des Art. 3 GG eine besondere Ausprägung im Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz erfahren (AGG).

Rechtsnormen (Grundrechte II) Art. 12 GG (1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden. (2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht. (3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig. Art. 14 GG (1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt. (2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen. (3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.

Rechtsnormen (BGB) § 611 BGB Vertragstypische Pflichten beim Dienstvertrag (1) Durch den Dienstvertrag wird derjenige, welcher Dienste zusagt, zur Leistung der versprochenen Dienste, der andere Teil zur Gewährung der vereinbarten Vergütung verpflichtet. (2) Gegenstand des Dienstvertrags können Dienste jeder Art sein. Das Arbeitsverhältnis wird bestimmt durch die Rechtsordnung insgesamt, insbesondere vorgenannte Normen und die individualrechtliche Vereinbarung des Arbeitsvertrages ergänzt durch die kollektivrechtlichen Regelungen, die dem Zugang des jeweiligen Vertragsparteien offen stehen (z. B. Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen). Für den Arbeitnehmer streitet zu Weilen in Zweifelsfällen auch das Günstigkeitsprinzip und die sog. Betriebliche Übung!

Wichtige Begriffe Arbeitgeber Arbeitnehmer Arbeitsverhältnis „Arbeitgeber ist jede Person, die mindestens eine anderen in einem Arbeitsverhältnis als Arbeitnehmer beschäftigt.“ Arbeitnehmer „Arbeitnehmer ist jeder Mensch, der in einem Arbeitsverhältnis unselbständige, fremdbestimmte Arbeit leistet.“ Arbeitsverhältnis „Arbeitsverhältnis ist das durch den Arbeitsvertrag begründete Schuldverhältnis zwischen dem Arbeitgeber und dem Arbeitnehmer. Das Arbeitsverhältnis ist ein auf den Austausch von Arbeitsleistung und Arbeitslohn gerichtetes Dauerschuldverhältnis.“

Der Eismann kommt! (E 3) Der E ist für ein großes Unternehmen der Frischenwarenbelieferungsbranche (M) als Lkw-Fahrer tätig. Am 1. 1. 2010 meldet er, auf Veranlassung der M, ein Gewerbe an. Er ist auch künftig ausschließlich für die M tätig. Als E erkrankt, verlangt er von M Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall. Mit Erfolg?

Lösungsvorschlag (E 3) Der E ist zwar nicht Arbeitnehmer im klassischen Sinne, aber arbeitnehmerähnliche Person (vgl. § 5 Abs. 1 Satz 2 a. E. ArbGG). Seine Anliegen werden, je nach Schutzfunktion der Norm, grundsätzlich vor den Arbeitsgerichten verhandelt. Der E dürfte im Ergebnis einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung haben gem. § 3 EFZG haben. Sozialversicherungsrechtlich ist er jedenfalls als Arbeitnehmer zu behandeln. Erhebliche Norm: - § 3 EFZG - § 5 ArbGG

Der Begriff des Arbeitnehmers Die inhaltliche Bestimmung des Begriffs Arbeitnehmer begründet bereits erhebliche Schwierigkeiten: Beispiele: - Leitende Angestellte und Organe der Gesellschaften (z. B. Geschäftsführer); - Scheinselbständigkeit (hier: freie Mitarbeiter und so „Eismann-Fälle“; - bloße Gefälligkeiten (z. B. zwischen Nachbarn); - Schwarzarbeit; - Abgrenzung zwischen Sozial- und Arbeitsrecht. Je nach Zuordnung bestimmt sich der Rechtsweg!

Der Begriff des Arbeitgebers Arbeitnehmerüberlassung; Betriebsübergang (§ 613 a BGB); Gemeinsame Betriebe mehrerer Arbeitgeber.

Der Arbeitsvertrag/Das Arbeitsverhältnis „Der Arbeitsvertrag ist Bestandteil und Grundlage eines jeden Arbeitsverhältnisses. Er kann formlos geschlossen werden. Die Kündigung muss schriftlich erfolgen (§ 623 BGB). Auch konkludente Erklärungen sind ausreichend. Eine zunächst fehlende Entgeltabrede ist unschädlich (vgl. § 612 BGB). Der Arbeitnehmer hat zumindest den Anspruch auf Nachweis der Arbeitsbedingungen durch schriftliche Erklärung (vgl. § 2 Nachweisgesetz). Eine Befristung des Arbeitsverhältnisses ist nur möglich, soweit der Arbeitnehmer und der Arbeitgeber die Befristung vor Arbeitsaufnahme schriftlich vereinbart haben (§ 14 TzBfG), sonst ist bereits ein unbefristetes Arbeitsverhältnis begründet worden.“

Zwischenergebnis „Juristendeutsch nennt man jenes Sprachverbrechen, mit dem sich Juristen unentbehrlich machen (zit. Falk van Helsing).“

P A U S E

Einzelnormen (I) § 14 TzBfG ... (2) Die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrages ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes ist bis zur Dauer von zwei Jahren zulässig; bis zu dieser Gesamtdauer von zwei Jahren ist auch die höchstens dreimalige Verlängerung eines kalendermäßig befristeten Arbeitsvertrages zulässig. Eine Befristung nach Satz 1 ist nicht zulässig, wenn mit demselben Arbeitgeber bereits zuvor ein befristetes oder unbefristetes Arbeitsverhältnis bestanden hat. … (4) Die Befristung eines Arbeitsvertrages bedarf zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform.

Begründung des Arbeitsverhältnisses Übungsfall 1: „A bewirbt sich aufgrund einer Stellenanzeige der B-GmbH (ohne Betriebsrat). Die B-GmbH verfügt in Ihrem Betrieb über 100 Arbeitnehmer. A wird zum Vorstellungsgespräch eingeladen. Man einigt sich darauf, dass A ab dem 3. Mai 2010 bei der B-GmbH seine Tätigkeit zu einem Brutto-Entgelt in Höhe von 1500,00 € monatlich aufnehmen solle. Das Arbeitsverhältnis soll zunächst befristet (ohne Sachgrund) auf ein Jahr abgeschlossen werden. Der leitende Angestellte L teilt dem A zudem mit, dieser solle am 3. Mai 2010 bei dem Personalbüro der B-GmbH vorstellig werden und dort die notwendigen Lohnunterlagen (Steuerkarte etc.) abgeben. Das Notwendige werde sodann veranlasst. B erscheint am 3. Mai 2010 auf dem Personalbüro der B-GmbH und überreicht die Lohnunterlagen. Er nimmt sodann auf Weisung des Prokuristen P sofort seine Tätigkeit auf. Der Arbeitsvertrag wird erst 10 Tage nach der Arbeitsaufnahme unterzeichnet, nachdem die Personalleiterin P aus ihrem Jahresurlaub zurückgekehrt ist. Nach Ablauf der Befristung macht A unbefristete Fortbeschäftigung geltend. Zu recht?

Lösungsvorschlag Übungsfall 1 Es wurde ein unbefristetes Arbeitsverhältnis zu einem monatlichen Brutto-Arbeitsentgelt in Höhe von 1.500,00 € begründet; B fällt unter den Kündigungsschutz des Kündigungs- schutzgesetzes (Problem: Sozialauswahl bei Kündigung). Praxistipp: Arbeitsaufnahme erst nach Abschluss des schriftlichen Arbeitsvertrages erlauben!

Begründung des Arbeitsverhältnisses Übungsfall 2 A (Chemiker) bewirbt sich aufgrund einer Stellenanzeige bei der B-AG (Chemie-Gigant). Man einigt sich darauf, dass der A ab dem 1. Mai 2010 bei der B-AG (5000 Arbeitnehmer) zu einem Entgelt in Höhe von monatlich brutto 6.500,00 € ohne Sachgrund befristet bis zum 31. Dezember 2010 beschäftigt wird. A macht auch nach dem 31. Dezember 2010 Fortbeschäftigung geltend. Er weist darauf hin, dass er während seines Studiums für 1 Monat in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis die Toiletten bei der B-AG geputzt hat. Fortbeschäftigungsanspruch?

Lösungsvorschlag Übungsfall 2 Es wurde ein unbefristetes Arbeitsverhältnis zu den vereinbarten Bedingungen begründet; Der A verfügt über Kündigungsschutz gemäß Kündigungsschutzgesetz. Praxistipp: Es ist unbedingt erforderlich, dass die Personalabteilung jedwede Art von Vorbeschäftigung des künftigen Arbeitnehmers vermerkt, bevor ein befristetes Arbeitsverhältnis begründet wird. Aufgrund der Datenschutzbestimmungen stets entsprechende Zustimmungserklärungen unter-schreiben lassen und zur Personalakte nehmen.

Einzelnormen (II) § 626 BGB Fristlose Kündigung aus wichtigem Grund (1) Das Dienstverhältnis kann von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann. (2) Die Kündigung kann nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Der Kündigende muss dem anderen Teil auf Verlangen den Kündigungsgrund unverzüglich schriftlich mitteilen.

Einzelnormen (III) § 1 Sozial ungerechtfertigte Kündigungen (1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist. (2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. ...

Überleitung zu Modul 2 (Inhalt des Arbeitsverhältnisses) Übungsfall 3: Arbeitnehmer A ist seit 30 Jahren bei Arbeitgeber S beschäftigt. S verfügt in seinem Betrieb über 15 Arbeitnehmer. S erlaubt A bei bestimmten Gelegenheiten auch firmeneigene Fahrzeuge zum Transport von Waren zu verwenden. Diese Waren setzt A zum Betrieb eines Nebengewerbes ein, welches in Konkurrenz mit S steht. Auch die nebengewerbliche Tätigkeit duldet S. S spricht nach einigen Jahren A wiederholt darauf an, dieser möge nunmehr seine nebengewerbliche Tätigkeit einstellen. Abmahnungen erfolgen während des bestehenden Arbeitsverhältnisses nicht. Als S erfährt, dass A während der Arbeitszeit Einkäufe mit einem firmeneigenen Fahrzeug zu Gunsten seines Nebengewerbes, mit dem ihm unterstellten Arbeitnehmer B tätigt, ohne S um Erlaubnis zu fragen, kündigt er dem A außerordentlich fristlos. Zu recht?

Lösungsvorschlag Übungsfall 3 Die Kündigung erfolge nach Maßgabe des § 626 BGB als fristlose Kündigung zu zu unrecht. Auch eine verhaltensbedingte fristgerechte Kündigung dürfte im Lichte des § 1 Kündigungsschutzgesetz unwirksam sein, da zuvor Abmahnungen nicht erfolgten und der Arbeitgeber im wesentlichen das Verhalten des Arbeitnehmers duldete. Praxistipp: Abmahnungen müssen rechtzeitig und unmißverständlich ausgesprochen werden. Erhebliches Fehlverhalten darf nicht geduldet werden.

Ende Danke für die Mitarbeit!