dgdg Grundsicherung für Arbeitssuchende – Licht und Schatten 10. März 2008 Grundsicherung für Arbeitssuchende aus der Sicht der Evaluationsforschung Gesprächskreis Arbeit und Qualifizierung der Friedrich-Ebert-Stiftung, Berlin Dr. Susanne Koch dgdg
Grundsicherung für Arbeitssuchende aus der Sicht der Evaluationsforschung Was wissen wir? Was wissen wir (noch) nicht? Fazit
Was wissen wir?
Leistungsbezieher sind heterogen Arbeitsmarktnähe nur knapp 50% Langzeitarbeitslose unter den SGB-II-Arbeits-losen Immerhin 44% mit Lehre, 8% mit Hochschulabschluss rd. 2,1 Mill. der eHb (2005) mit zumindest zeitweiligem Kontakt zum Arbeitsmarkt („Aufstocker“) Konzessionsbereitschaft hinsichtlich Lohn und regionaler Mobilität gering
Konzessionsbereitschaft Quelle: IAB-Befragung „Lebenssituation und soziale Sicherung 2005“
Leistungsbezieher sind heterogen Aktivierungsbedarf „Vermittlungsorientierte“ mit hoher Motivation und Eigenaktivitäten „Vermittlungsgehemmte“ – Problemdruck verhindert Eigen-aktivitäten oder deren Erfolg „Resignierte“ mit Aktivierungsdefizit aufgrund langer Arbeitslosigkeit Häufig keine Übereinstimmung mit Zuordnung zu Fallmanagement Wahrnehmung der Betreuung als Chance Zwangsmaßnahme einzig verbliebene Teilhabechance gerechte Gegenleistung (Workfare)
Die Instrumente wirken wie bekannt, aber selektiver Zugang Deutlich positive Wirkungen auf die Eingliederungschancen bei Maßnahmen, die direkt auf reguläre Beschäftigung zielen: betriebliche Trainingsmaßnahmen und Eingliederungszuschüsse steigern die Anteile in ungeförderter Beschäftigung dauerhaft um mehr als 20% Dauerhafte Wirkung auch hinsichtlich der Vermeidung von ALG-II-Bezug Nur schwach positive oder insignifikante Wirkungen bei nicht-betrieb-lichen Trainingsmaßnahmen und Beauftragung Dritter (§37): beide erhöhen die Beschäftigungschancen nur wenig und führen nur selten zum Ende des ALG-II-Bezugs
Die Instrumente wirken wie bekannt, aber selektiver Zugang Zusatzjobs wirken für die meisten Gruppen negativ hinsichtlich Integration in Beschäftigung und Verbleib im ALG-II-Bezug aber positive Tendenz bei allen Gruppen am Ende des Beobachtungszeitraums und tendenziell positive Wirkungen, wenn letzte Beschäftigung länger zurückliegt Indizien für innerbetriebliche Substitution und Verdrängung
Zusatzjobs: Teilnahmeeffekte auf ungeförderte reguläre Beschäftigung dd Quelle: Berechnungen des IAB
Zusatzjobs: Teilnahmeeffekte auf Vermeidung von ALG-II-Bezug dd Quelle: Berechnungen des IAB
Die Instrumente wirken wie bekannt, aber selektiver Zugang Alle Maßnahmen selektiv eingesetzt, d.h. nur Jugendliche überproportional gefördert Ältere, gering Qualifizierte, Migranten unterproportional gefördert
Eine neue Dienstleistung entsteht „Leistungen aus einer Hand“ wird im Regelfall nicht umgesetzt Leistungsgewährungsgewährung und Integrationsleistungen in aller Regel getrennt (Spezialisierungsvorteile) Spezialisierter Fallmanagementansatz mit Trennung von Ver-mittlung und Fallmanagement dominiert in ARGEn und gT weiterer Trend zur Spezialisierung Zusammenarbeit vor Ort unterschiedlich ausgeprägt Arbeitgeberservice Wirtschaftsförderung Jugendhilfe
Eine neue Dienstleistung entsteht Herausbildung einer spezifischen „SGB-II-Dienstleistung“ unab- hängig vom Modell der Aufgabenwahrnehmung Häufig aber spezialisierte Teilleistungen mit geringer Verzahnung (passive Leistung, Vermittlung, Fallmanagement, sozialintegrative Leistungen, Leistungen Dritter) Unsicherheit über die Reichweite des Auftrags (insb. bei psycho- sozialen Problemen, Aktivierung von Partnerinnen) Grundsätzlicher Widerspruch zwischen Beratungsauftrag und hierarchischer Rollenverteilung
Was wissen wir (noch) nicht?
Offene Forschungsfragen Wie nachhaltig sind die gemessenen Integrationen? Trägt das Gesetz individuell zur sozialen Integration bei? Gibt es ein überlegenes Organisationsmodell? Welche „Makrowirkungen“ auf Arbeitsmarkt und Gesellschaft gibt es? Wie hart ist der „harte Kern“ wirklich?
SGB-II-Anteil unter den Arbeitslosen und Gesamt-Arbeitslosenquote, Arbeitsagenturbezirke, 2007 Quelle: Statistik der BA
Fazit Die Leistungsbezieher im SGB II sind in vielerlei Hinsicht sehr heterogen Viele sind überraschend arbeitsmarktnah die herkömmlichen Instrumente der aktiven Arbeitsmarktpolitik erzielen ähnliche Wirkung wie im SGB III (bei vergleichsweise geringen Förderzahlen) Arbeitsgelegenheiten sind besser als ihr Ruf, bergen aber Verdrängungsrisiken Heterogene Organisation und Prozesse mit teilweise widersprüch- lichem Auftrag Weitere Forschung ist nötig
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