Der Hippokratische Eid – ist er noch aktuell?

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 Präsentation transkript:

Der Hippokratische Eid – ist er noch aktuell? G. Sandvoß Geschäftsführer des Neurochirurgischen Berufsverbandes BDNC Chefarzt i.R. Akademischer Vortrag anläßlich der GOÄ / KV Abrechnungsfortbildung in Hannover am 19.1.2008 sandvossgerddr@t-online.de , www.sandvoss-neurochirurg.de www.bdnc.de

Eidesformel z.B. bei Vereidigung vor Gericht, bei der Kanzlerwahl (bindende Verpflichtung!) Die Ärztliche Berufsordnung nimmt ausdrücklich Bezug auf den Hippokratischen Eid und das „Genfer Gelöbnis“

Ärztliche Verpflichtung zur kostenlosen Lehrtätigkeit Forderung: keine Studiengebühren für Medizinstudenten ! Kein „Lehrgeld“ für die Facharztweiterbildung: Weiterbildungsermächtigung zur kostenlosen Lehrtätigkeit (vergl.: kostenpflichtige Weiterbildung zum Fachanwalt!) Keine Berücksichtigung Kosten für Lehre und Forschung in den Fallpauschalen (DRGs) Verpflichtung (§95d SGB V) aber keine Kostenerstattung für die Weiterbildung in der GKV, PKV

Andere Länder: andere Sitten Anno 1830 Guys Hospital London*: 50 Pfund hatte ein angehender Arzt als „Dresser“ für kleine Operationen zu zahlen 25 Pfund als „Walker“ für das Zuschauen bei Operationen

Historische Entwicklung: Vor dem 1.1.1989: Beteiligung der Chefärzte an der kassenärztlichen Versorgung nach § 368a Abs. 8 RVO i.V.m. §§ 29 und 30 ZO-Ärzte mit Gleichbehandlung von Chefärzten und Kassenärzten Mit dem neuen GRG ab 1.1.1989: Streichung des Abschnitts VIII und der ZO-Ärzte mit Einführung der „Ermächtigung“ gem. § 116 SGB V. Sie wurde mit Aufnahme der §§ 31 und 31a in die Ärzte-ZV geregelt (Art. 18 Nr. 18 GRG) § 32 für Kassenärzte („genehmigte Assistenten“) wurde unverändert aus der alten ZO-Ärzte übernommen, neu der § 32a in die Ärzte-ZV für „Ermächtigte“ eingefügt, der a) die persönliche Leistungserbringung (KV Auslegung: „höchstpersönliche“ Leistungserbringung) und b) die Vertretung bis zur Dauer von drei Monaten festschreibt (kein Antrag auf Genehmigung eines Vertreters/Assistenten bei der KV erforderlich!) Dadurch Verlust er Gleichstellung der ermächtigten Chefärzte mit den Kassenärzten (ab 1.1.1993 Namensänderung: Vertragsärzten)

Neu: Der neue § 32a Ärzte-ZV = stellt eine nur für ermächtigte Ärzte betreffende „Spezialnorm“ dar, weil der alte § 32 Ärzte-ZV unverändert geblieben ist und – wie schon der Wortlaut nahelegt – nur noch für Kassenärzte gilt Wegfall der Gleichstellungsklausel (ggf. mit dem neuen AGG nicht vereinbar)

Strafmaßnahmen auf Vorschlag des Plausibilitätsausschusses gem Strafmaßnahmen auf Vorschlag des Plausibilitätsausschusses gem. der PlausiVO § 10(7) aus 2001 Honorarkorrektur = Honorarrückforderung (Kein Rechtsschutz für Verwaltungsverfahren/Sozialgerichtsverfahren vorhanden) Antrag auf Einleitung eines Disziplinarverfahrens (Kein Rechtsschutz vorhanden) Einleitung eines berufsgerichtlichen Verfahrens (Rechtsschutz nie vorhanden nur für BDNC Mitglieder vor dem Berufsgerichte!) Verfahren zur Entziehung der Zulassung (kein Rechtsschutz im Verwaltungsverfahren) Mitteilung an die Staatsanwaltschaft (Strafrechtsschutzversicherung in der Regel vorhanden z.B. ARAG, ROLAND, BDNC!) Mitteilung an den Beauftragten zur Bekämpfung von Fehlverhalten im Gesundheitswesen Mitteilung an die für den Entzug der Approbation zuständigen Behörde

Honorarrückforderungen / Strafmaßnahmen : (fachübergreifend: Chirurgie, Kinderchirurgie, Pädiatrie, Neurochirurgie, Onkologie, Augenheilkunde, Anästhesie) Rothenburg/Wümme: 500.000 € abgewehrt! Karlsruhe 60.000 € Günzburg 125.000 € gezahlt Meppen a) 29000 € anhängig nachgeschoben 17000 € anhängig b) 40.000 € anhängig c) Generalabsolution Osnabrück 206.000 € anhängig LSG Urteil: 200.798 € rechtskräftig mehrere 100.000 € anhängig unter 100.000 € anhängig unter 100.000 € anhängig Belegärzte Auslauffristen gewährt Entzug der Ermächtigung ? Verzicht auf angedrohtes Strafverfahren Sozialgerichtsverfahren ist anhängig Rüge durch Disziplinarausschuß, „0-Diät“ aus unbekannten Gründen eingestellt Strafverfahren gegen Auflagen eingestellt „Generalabsolution“ erteilt

(KBV)Kassenärztliche Bundesvereinigung im EBM 1996, 1999 u (KBV)Kassenärztliche Bundesvereinigung im EBM 1996, 1999 u. 2001 (geändert erst 2003)

Fazit: Der Chefarzt, der in der Ermächtigungsambulanz /ambulanten Chirurgie (§ 115b Abs .1 SGB V) nachgeordnete Ärzte einsetzt, weiterbildet oder promoviert: muß seit 2000 mit Strafanzeige wegen Abrechnungsbetruges nach § 263 StGB und Honorarrückforderungen rechnen = Aushebelung des Lehrverpflichtung nach Abs. 2 des Hippokratischen Eides durch das GRG mit Bestrafung der Weiterbilder Frage: ist eine Promotion auch dann anzuerkennen, wenn ambulante Nachuntersuchungen „rechtswidrig“ von den Doktoranten vorgenommen wurden?

Verordnung ( = Medikation) ohne ärztliche Indikation d. h Verordnung ( = Medikation) ohne ärztliche Indikation d.h. bei Gesunden: Botox Injektionen aus kosmetischen Gründen, Contergan/Noctamid bei banalen Schlafstörungen „Schädlicher Gebrauch“ von Laxantien (F55.-) Abgabe von Hypnotika wie Opium, Morphin/Heroin/Amphetamin ohne medizinische Indikation Doping mit Epo, Eigenblutkonserven („Unrecht“, da verboten): es fehlt die medizinische Indikation!

Tod auf Verlangen: nein ! „Dignitas“: Suizidbegleitung in der Schweiz = ebenfalls ein Verstoß gegen den Hippokratischen Eid Sterbebegleitung/Palliativmedizin/Hospizbewegung: Ja ! Therapieverzicht bei erhaltener Grundpflege: ja = Spontanverlauf akzeptieren = passive Sterbehilfe

§ 218a Abs. 2 StGB Abbruch aus medizinischer Indikation (Schwangerschaftskonfliktgesetz/SchKG) Abbruch aus kriminologischer Indikation Statistisches Bundesamt für 2006:

Spätfolgen: Verschiebung der Alterspyramide Sterilität durch Infektion/Perforation Zwangsgedanken/Grübelzwang (F42.0) Posttraumatische Belastungsstörung (F43.1) mit „Nachhallerinnerungen“ = Flashbacks, Alpträumen, Depression und Suizidgedanken Lebenslange Schuldgefühle bei mißlungener oder erfolgter „Spätabtreibung“

Facharztkompetenz = Fachspezialist BGH Urteil vom 10.3.1992 - VI ZR 64/91: der Arzt schuldet dem Patienten eine Behandlung nach dem Standard seines Fachgebietes BGH, NJW 1987, 2300 = LM § 402 ZPO Nr. 31 zit.nach NJW 1999 Heft 24 S. 1803: Eine erfolgreiche Rüge – der BGH nennt in der angeführten Entscheidung u.a. fehlende Vertrautheit der Gutachter mit dem neuesten Stand der medizinischen Wissenschaft oder fehlende Ausbildung der Gutachter für das zu beurteilende Fachgebiet – kann aber nur erhoben werden, wenn die Gutachter namentlich bekannt sind. BSG-Urteil vom 29.09.1999 – B6 KA 38/98 R zur Einhaltung der Fachgebietsgrenzen. „Die Gründe, die in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Senats unter verfassungsrechtlichen Aspekten für die Aufgliederung der ärztlichen Tätigkeit in verschiedene Fachdisziplinen und die Notwendigkeit der Beschränkung des für ein Fachgebiet zugelassenen Arztes auf die Tätigkeit in diesem Fachgebiet angeführt worden sind, haben weiterhin Gültigkeit.“

Genfer Gelöbnis (1948) versus GG Art Genfer Gelöbnis (1948) versus GG Art. 3 (1949): Verbot der Diskriminierung

Mammographiescreening: Verstoß gegen den Hippokratischen Eid Ausgrenzung junger Frauen!

Die „Schweigepflicht“: Schutzschild und Waffe der Ärzteschaft § 203 StGB „Verletzung von Privatgeheimnissen“ Deklaration von Lissabon:

„Sammelwut“ mit rechtswidrigem Ausspähen von Privatgeheimnissen: Indiskretion der Kostenträger: Sammlung von persönlichen Daten zur Abwehr von Ansprüchen aus der Pflegeversicherung Indiskretion der Ärztlichen Körperschaften im Plausibilitätsverfahren: Erzwingung der Einsichtnahme in Krankenakten „im Original“ ohne Löschung der Fremdanamnese und Fremdbefunde unbeteiligter Dritter Mißachtung des Richterrechts (BGH/BSG): „Verhältnismäßigkeit“ muß gewahrt sein!

Bei Verstoß: Gewissensbisse Zwangsgedanken Krankmachende Schuldgefühle VIRGIL: „Bist Du im Zweifel, tue es nicht !“

Literatur und Quellen *Thorwald J (1956) Das Jahrhundert der Chirurgen. Steingrübenverlag Stuttgart, p. 37