Wechselwirkungen Bild: © contrastwerkstatt/fotolia.com
Gliederung Was ist eine Wechselwirkung? Welche Mechanismen stehen hinter den Wechselwirkungen? Übersicht über einige häufig vorkommende Wechselwirkungen Wechselwirkungen
Was ist eine Wechselwirkung? Eine Wechselwirkung (Interaktion) kann immer dann auftreten, wenn man mindestens zwei oder mehrere Medikamente gleichzeitig oder fast gleichzeitig einnimmt. Die Arzneimittel können sich dabei in ihrer Wirkung verstärken, abschwächen oder sogar aufheben. Darüber hinaus kann es auch Wechselwirkung zwischen Medikamenten und Nahrungsmitteln (z.B. Milch, Grapefruit) geben. Wechselwirkungen
Was ist der Unterschied zwischen Nebenwirkung und Wechselwirkung? Eine Nebenwirkung ist eine neben der beabsichtigten Hauptwirkung eines Arzneimittels auftretende Wirkung. Sie kann bereits bei der Einnahme eines einzelnen Medikamentes auftreten. Bei einer Wechselwirkung sind immer (mindestens) zwei Medikamente im Spiel, die sich gegenseitig in ihren Wirkungen beeinflussen können. Wechselwirkungen
Unerwünschte Arzneimittelwirkungen (UAW) durch Wechselwirkungen Keine Studie gibt eine klare Antwort zur Häufigkeit von UAW durch Wechselwirkung Etwa 5 % der Krankenhauseinweisungen sind bedingt durch UAW Bei arzneimittelbedingten Krankenhauseinweisungen ist bei ca. 20 % eine Wechselwirkung die Ursache, d.h. etwa jede 5. arzneimittelbedingte Krankenhauseinweisung wegen einer Wechselwirkung! Wechselwirkungen
Wer hat ein erhöhtes Risiko? Personen, … die mehrere Arzneimittel gleichzeitig einnehmen … die ein höheres Lebensalter aufweisen … mit eingeschränkter Nierenfunktion … mit eingeschränkter Leberfunktion … die rauchen … die regelmäßig Alkohol trinken … die Nahrungsergänzungsmittel (z.B. Multivitaminpräparate) einnehmen Wechselwirkungen
Lebensalter und Arzneimittelverträglichkeit Das Lebensalter beeinflusst die Arzneimittelverträglichkeit, weil im Alter häufig ein verminderter Blutfluss in Leber, Nieren und Magen-Darm-Trakt vorliegt der Wasseranteil im Körper sinkt der Fettanteil im Körper steigt häufig mehrere Erkrankungen vorliegen, die mit Arzneimitteln behandelt werden (Einnahme mehrerer Medikamente gleichzeitig) Wechselwirkungen
Arzneimittel mit erhöhtem Risiko Es gibt Arzneimittel, die eher zu einer Wechselwirkung führen als andere. Hierzu gehören Arzneimittel mit engem therapeutischen Bereich zum Beispiel: Phenprocoumon (Blutverdünnung) steiler Dosis-Wirkungs-Kurve zum Beispiel: Digoxin (Herzmittel) Abbau durch Enzyme in der Leber zum Beispiel: Statine (Cholesterinsenker) vielseitigen pharmakologischen Effekten zum Beispiel: Psychopharmaka Wechselwirkungen
Was passiert bei Wechselwirkungen? Welche Mechanismen stehen hinter den Wechselwirkungen? Bild: © Jürgen Priewe / Fotolia.com Wechselwirkungen
Wechselwirkungsmechanismen Bei den Mechanismen unterscheidet man zwei Arten: Pharmakodynamische Wechselwirkungen Pharmakodynamik: Was macht der Arzneistoff mit dem Körper? Pharmakokinetische Wechselwirkungen Pharmakokinetik: Was macht der Körper mit dem Arzneistoff Wechselwirkungen
Pharmakodynamische Wechselwirkungen Die Pharmakodynamik ist die Lehre von Arzneimittelwirkungen am Wirkort. Hierbei betrachtet man den Einfluss bzw. die Wirkung des Arzneimittels auf den Körper. Folgende Fragen sind dabei wichtig: Wie, wo und warum kommt die Wirkung zustande? Was macht der Arzneistoff mit dem Körper? Foto: ABDA Wechselwirkungen
Pharmakokinetische Wechselwirkungen Die Pharmakokinetik befasst sich mit der Aufnahme und der Verteilung des Arzneimittels im Körper in Abhängigkeit von der Zeit nach der Einnahme. Hierbei betrachtet man die verschiedenen Stadien, die der Arzneistoff auf seinem Weg durch den Körper durchläuft. Beim Durchlaufen dieser verschiedenen Stadien werden Arzneistoffe häufig umgebaut, bis sie dann wieder ausgeschieden werden. Das LADME-Modell dient hierbei zur Veranschaulichung dieses Prozesses Wechselwirkungen
Pharmakokinetische Wechselwirkungen Erklärung der pharmkokinetischen Wechselwirkungen im LADME-Modell Liberation (Freisetzung) Absorption (Aufnahme) Distribution (Verteilung) Metabolismus (Ab- und Umbau) Elimination (Ausscheidung) Wechselwirkungen
Übersicht über einige häufig vorkommende Wechselwirkungen Bild: © Tom / Fotolia.com Wechselwirkungen
Ibuprofen - Acetylsalicylsäure (ASS) Gleichzeitige Einnahme von Ibuprofen als Schmerzmittel und ASS als Blutverdünnungsmittel (75 – 100 mg): Ibuprofen hemmt durch Abschirmung der Bindungsstelle das für die blutverdünnende Wirkung von ASS essentielle Anlagern dieses Wirkstoffes Verminderung der blutverdünnenden Wirkung von ASS Erhöhtes Risiko für Herzinfarkt oder Schlaganfall Wechselwirkungen
Ibuprofen - Acetylsalicylsäure (ASS) KEINE Maßnahmen nötig bei: Gelegentlicher oder kurzfristiger Einnahme (nicht länger als drei Tage am Stück und maximal an 10 Tagen pro Monat) Thrombozytenaggregationshemmende Wirkung von ASS hält länger als einen Tag an (Enzymblockade) Eine zeitliche Trennung der Einnahme von Ibuprofen und ASS erscheint trotzdem sinnvoll Wechselwirkungen
Ibuprofen – Acetylsalicylsäure (ASS) Maßnahmen nötig bei: Einnahme länger als drei Tage am Stück oder an mehr als 10 Tagen pro Monat Maßnahmen: zeitlich getrennte Einnahme beider Medikamente Einnahme von Ibuprofen 30 Minuten NACH Einnahme von ASS Einnahme von Ibuprofen 8 Stunden VOR Einnahme von ASS Auswahl eines anderen Schmerzmittels, z.B. Diclofenac oder Paracetamol Wechselwirkungen
Ibuprofen – Acetylsalicylsäure (ASS) ABER ACHTUNG: Die zeitliche Trennung der Einnahme kann die Wechselwirkung bei Einnahme magensaftresistenter Tabletten (z.B. Aspirin® protect o.ä.) NICHT verhindern Bei gleichzeitiger Einnahme von ASS zur Blutverdünnung und Schmerzmitteln Mögliche Maßnahme: Bei gleichzeitiger Einnahme an mehr als drei Tagen, Empfehlung eines Magenschutzes (z.B. Protonenpumpenhemmer wie Omeprazol) erhöhtes Risiko für Magengeschwüre Wechselwirkungen
Schmerzmittel - Bluthochdruckmittel Gleichzeitige Einnahme von Schmerzmittel und Bluthochdruckmittel: Erhöhung des mittleren arteriellen Blutdrucks um ca. 5 bis 6 mm Hg Höheres Wechselwirkungsrisiko bei Patienten mit Nierenfunktionsstörungen Patienten mit Herzschwäche Patienten mit höherem Lebensalter Beim Schmerzmittel sind Art der Anwendung (Tablette oder Gel/Creme/Salbe) und Dosis für Wechselwirkungsrisiko entscheidend Erhöhtes Risiko für Herzinfarkt oder Schlaganfall Wechselwirkungen
Schmerzmittel Acetylsalicylsäure Zu den von der Wechselwirkung betroffenen Schmerzmitteln gehören z.B.: Acetylsalicylsäure Ibuprofen Diclofenac Naproxen COX-2-Hemmer wie Celecoxib, Etoricoxib Kaum betroffen von der Wechselwirkung sind z.B.: - Paracetamol Wechselwirkungen
Bluthochdruckmittel Kaum betroffen von der Wechselwirkung sind z.B.: Zu den von der Wechselwirkung betroffenen Bluthochdruckmitteln gehören z.B.: ACE-Hemmer (z.B. Enalapril, Captopril) Beta-Blocker (z.B. Atenolol, Bisoprolol) Angiotensin-II-Antagonisten (z.B. Irbesatan, Losartan) Diuretika (z.B. Furosemid,Hydrochlorothiazid) Kaum betroffen von der Wechselwirkung sind z.B.: Calciumantagonisten (z.B. Diltiazem, Felodipin oder Verapamil) Wechselwirkungen
Schmerzmittel – Bluthochdruckmittel KEINE Maßnahmen bei gleichzeitiger Einnahme nötig, wenn: Schmerzmittel gelegentlich oder kurzfristig eingenommen wird (weniger als 10 bis 14 Tage) und KEINE Nierenfunktionsstörung oder Herzschwäche vorliegt Patienten Acetylsalicylsäure (ASS) zur Blutverdünnung (75-100 mg/Tag) einnehmen Schmerzmittel in Form von Salbe, Creme oder Gel (oberflächlich auf der Haut) angewendet werden Wechselwirkungen
Schmerzmittel - Bluthochdruckmittel Gleichzeitiger Einnahme von mehr als 10 bis 14 Tagen Gleichzeitiger Einnahme bei Nierenfunktionsstörung oder Herzschwäche Maßnahmen nötig bei: Regelmäßiges Messen des Blutdrucks in ersten drei Wochen gleichzeitiger Einnahme Wenn Blutdruck erhöht Dosis Blutdruckmittel erhöhen Schmerzmittel wechseln (z.B. Paracetamol) Maßnahmen: ABER: Änderungen bei der Medikation immer in Absprache mit Apotheke und/oder Arzt Wechselwirkungen
Schilddrüsenhormon - Kationen Das betroffene Schilddrüsenhormon ist: Zu den betroffenen Kationen gehören z.B.: L-Thyroxin oder Levothyroxin Calcium Mineralstoffpräparate („Knochengesundheit“), Antazida Mittel gegen Sodbrennen oder Milchprodukten Magnesium Mineralstoffpräparate gegen „Muskelkrämpfe, Muskelkater“ Aluminium Antazida Eisen Tabletten gegen „Blutarmut“ Zink Mineralstoffpräparate, Immunstimulanzien Wechselwirkungen
Schilddrüsenhormon - Kationen Gleichzeitige Einnahme von Schilddrüsenhormon und Kationen: Bildung schwerlöslicher Komplexe, die nur vermindert aus dem Magen-Darm-Trakt aufgenommen werden können Verminderung der Wirkung des Schilddrüsenhormons Levothyroxin Zeichen einer Unterfunktion der Schilddrüse können auftreten (z.B. Müdigkeit, Gewichtszunahme) Wechselwirkungen
Schilddrüsenhormon - Kationen Maßnahmen: Zwischen Einnahme von Schilddrüsenhormon und Kation einen Abstand von zwei, besser vier Stunden; Einnahme zu verschiedenen Mahlzeiten ABER: Problem - spezielle Einnahmezeiten: Levothyroxin: 30 Minuten vor dem Frühstück Eisenpräparate: 30 Minuten vor dem Frühstück oder zwischen den Mahlzeiten (evtl. mit Vitamin-C-haltigen Fruchtsäften) Antazida: ein bis zwei Stunden nach den Mahlzeiten Wechselwirkungen
Schilddrüsenhormon - Kationen Schilddrüsenhormon und Antazida: die Kombination ist in der Regel unproblematisch, man kann maximale Zeitabstände einhalten Schilddrüsenhormon und Eisenpräparat: Schilddrüsenhormon 30 Minuten vor dem Frühstück einnehmen und das Eisenpräparat 30 Minuten vor oder zu dem Mittag- bzw. Abendessen einnehmen (evtl. mit einem Glas Orangensaft) Schilddrüsenhormon und Mineralstoffpräparat: Schilddrüsenhormon 30 Minuten vor dem Frühstück einnehmen, Mineralstoffpräparat mittags- und/oder abends Wechselwirkungen
Bisphosphonate - Kationen Gleichzeitige Einnahme von Bisphosphonat (Osteoporosemedikament) und Kationen: Verminderung der Wirkung des Bisphosphonats Fortschreiten der Osteoporose Abnahme der Knochendichte erhöhtes Risiko für Knochenbrüche Wechselwirkungen
Bisphosphonat - Kationen Bisphosphonate, die zum Beispiel von der Wechselwirkung betroffen sind: Alendronat Ibandronat Risedronat Kationen, die zu der Wechselwirkung führen können, sind enthalten in: Calciumhaltigen Nahrungsmitteln (auch Mineralwasser) Antazida (Magenmitteln) Mineralstoffpräparaten Wechselwirkungen
Einnahmehinweis Bisphosphonate Einnahmehinweise für Bisphosphonate: Morgens nüchtern nach dem Aufstehen in aufrechter Haltung Mit einem vollen (240 ml) Glas Leitungswasser Mindestens 30 Minuten vor dem ersten Essen oder Trinken, anderen Getränken oder Medikamenten Nach der Einnahme innerhalb der nächsten 30 Minuten nicht wieder hinlegen Wechselwirkungen
Bisphosphonat - Kationen Mögliche Maßnahmen: Mindestens 2 Stunden Abstand zu calciumhaltigen Nahrungsmitteln (dazu gehört auch Mineralwasser) sowie Arzneimitteln mit Kationen Einnahme von Antazida frühestens zwei Stunden nach der Mahlzeit Einnahme von Mineralstoffpräparaten zu Mittag und/oder Abendessen Eisenpräparate 30 Minuten vor Mittag- oder Abendessen (evtl. mit einem Glas Orangensaft) Wechselwirkungen
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