Riemenscheider-Gymnasium Würzburg

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 Präsentation transkript:

Riemenscheider-Gymnasium Würzburg Katholische Religionslehre Seminar 2014/16 am Riemenscheider-Gymnasium Würzburg 21. Fachsitzung am 23.02.2016

Organisatorisches: Termine im 3. Ausbildungsabschnitt: Colloquium (6.-7.3.) – Lehrproben (ab 11.3.) – Mündliche Prüfungen (6.-8.6.) Sonstiges

Die Hattie-Studie und ihre Auswirkungen auf den Unterricht Hattie (2009) et al. haben die Ergebnisse aus über 50.000 Studien aufgearbeitet (83. Mio. Schülerinnen und Schüler) Eine Meta-Analyse zur Zusammenfassung vieler Studien zu erfolgreichem Lernen Mittelung der Effektstärken d: Wie stark wirkt (im Mittel) eine Einflussgröße A auf das Ergebnis B?

(1) Ergebnisse der Hattie-Studie: (2009)

(1) Grundannahmen des pädagogischen Konstruktivismus Lernen ist ein aktiver Prozess des lernenden Subjekts. Der Verlauf von Lernprozessen ist nicht völlig vorhersagbar, sondern vielmehr von individuellen Konstruktionen geprägt. Individuelles Lernen geschieht auch dort, wo kollektive Lernprozesse stattfinden, etwa im Klassenzimmer. Lernen muss deshalb auf die Ausbildung je individueller Lernlandschaften abzielen. Dies gelingt, wenn Lernprozesse kontextuell (situativ, lebensnah, komplex, sinnerfüllt, dynamisch) angelegt sind und Vorerfahrungen und Emotionen einbezogen werden. Lerninhalte werden nicht bei beliebig vielen Lernenden identisch redupliziert, sie stellen lediglich Perturbationen („Verstörungen“) dar, Angebote für die eigenständige Konstruktion durch die Lernenden. Der kognitive Konstruktionsverlauf im Unterrichtsprozess geschieht durch das In-Beziehung-Setzen von sinnlichen Wahrnehmungen (neue Inhalte / Erfahrungen) mit Gedächtnisprozessen (d.h. das Aktivieren vorhandener Strukturen), beides verbunden mit emotionalen Färbungen. Wenn ein Austausch über individuelle Konstruktionen (z.B. Unterrichtsgespräch, Diskussion, Präsentation von Lernprozess-Ergebnissen) erfolgt, so stellen die je anderen Konstruktionen eine Bestätigung bzw. Verunsicherung (Perturbationen) des je eigenen Konstruktionsprozesses dar, wirken auf ihn ein und verändern ihn gegebenenfalls.

(2) Konstruktivistischer Unterricht Kennzeichen konstruktivistisch orientierten Unterrichts: Da „guter“ Unterricht längst nicht mehr einseitig instruktivistisch angelegt ist, fällt es schwer, pointiert zu beschreiben, wie gegenüber dieser bereits veränderten Praxis eine konstruktivistisch orientierte Unterrichtsstunde aussieht. Folgende Teilelemente (zeitlos!) guten Religionsunterrichts entsprechen der pädagogischen Lernkultur des Konstruktivismus, z.B. entdeckendes Lernen, weil anregende Lernumgebungen und eine Vielfalt des Angebots verbunden mit der Entwicklung einer Fragehaltung Konstruktionsprozesse motivieren; Individualisierung ermöglichendes Lernen (z.B. Freiarbeit, Lernzirkel), weil nur so Schülerinnen und Schüler Konstruieren reflektiert üben können; aktivierendes und produzierendes Lernen (z.B. kreatives Schreiben), bei dem die Auseinandersetzung mit Themen und entsprechenden individuellen Konstruktionen auch einen sinnenfälligen Ausdruck erhalten kann; biographischen Lernen, weil gerade im Religionsunterricht Schülerinnen und Schüler reflektierende Konstrukteure der eigenen Glaubensgeschichte werden sollen; dialogisches und diskursethisches Lernen – weil unterschiedliche Positionen gegenseitige „Perturbationen“ darstellen.

(3) Weltwissen und Weltkonstruktion Konstruktivistisch angelegter Unterricht verzichtet nicht auf die systematische, didaktisch aufbereitete Präsentation von Weltwissen. Insofern sind auch in einem solchen Unterrichtskonzept instruktivistisch gehaltene Phasen und die Sicherung einer gemeinsamen Informationsbasis sinnvoll. Verzichtet wird lediglich auf die Fiktion, dass mit der Bündelung des kollektiv Erarbeiteten („zusammenfassender Hefteintrag“) die pädagogische Zielmarke bereits erreicht sei. Lernprozessplanung nach den Vorstellungen des pädagogischen Konstruktivismus führt wesentlich weiter! Innerhalb dieses Denkmodells stellen mögliche einführende instruktivistisch gehaltene erste Phasen lediglich Perturbationen der je individuell Lernenden dar; die pädagogische Verantwortlichkeit erstreckt sich auch auf den weiteren Horizont, wie diese Informationsbausteine in je individuelle Lernlandschaften eingepasst werden können bzw. diese verändern. In der Praxis wird ein systematisch reflektierter Wechsel zwischen instruktivistisch-übergreifenden und konstruktivistisch-individuellen Lernphasen die Normalität darstellen.   Lit.: Hans Mendl, Konstruktivismus und Religionspädagogik, in: Zeitschrift für Pädagogik und Theologie 54 (2002), 170-184; Horst Siebert, Pädagogischer Konstruktivismus. Eine Bilanz der Konstruktivismusdiskussion für die Bildungspraxis, Neuwied, Kriftel 1999.

(4) Performativer Religionsunterricht – Mut zur Inszenierung von Religion Der Beschluss der Würzburger Synode „Der Religionsunterricht in der Schule“ markierte als heilsames „Dokument einer Wende“ (W. Nastainczyk) den Übergang von einem missionarischen hin zu einem diakonischen Konzept religiösen Lernens im öffentlichen Schulwesen. Heute werden jedoch Grenzen und Einseitigkeiten dieses Modells deut­lich (kognitive Engführung religiösen Lernens, Skepsis gegen originäre Erfahrungen im Unterricht selbst, radikale Trennung der Lernorte). In einer postchristlichen Gesell­schaft und angesichts des garstigen Grabens zwischen religiösem Erfah­rungswissen und der Glaubenstradition erscheint ein Reflexionsmodell reli­giösen Lernens nicht mehr tragfähig, damit Kinder und Jugendliche reli­giös kompetent werden. Die Kompetenz zur Deutung von Religion muss deshalb ergänzt wer­den mit einer „Partizipationskompe­tenz“ (Dietrich Benner). Wissenschaftstheoretisch wird die veränderte Profilierung religiösen Lernens am angemessensten mit dem Konzept eines „performativen Reli­gionsunterrichts“ beschrieben, wel­ches als theoretischer Rahmen die oben beschriebenen Erfahrungsfelder zu bündeln vermag. Insofern bedarf es einer stärkeren Erfahrungsorientierung (Selbst-, Gemeinschafts-, Sozial-, Kirchen- und spirituelle Erfahrung) religiösen Lernens an allen Lernorten.

Der Verdacht, eine solches Plädoyer bedeute einen Rückfall in zu Recht kritisierte deduktionistische Phasen von Katechese, kann mit einem vielleicht paradox anmutenden Verweis auf die grundlegende Lerntheorie des Konstruktivismus ausgeräumt werden: Gerade der Respekt vor der Selbst-Konstruktion jeglicher Lernender, die aus einer postmodernen Palette von Sinndeutungen Leben und Glauben konstruieren, ermöglicht es, selbstbewusst und entschieden „den Glauben vorzuschlagen“ (Brief der französischen Bischöfe 1996) und zum Ausprobieren der Schätze christlicher Tradition einzuladen.

Ein solcher Paradigmenwechsel erfordert in weit höherem Maß die Positionalität und Partizipationskompetenz der pädagogischen Professionals an allen Handlungsorten. nicht nur „über“ Religion sprechen, sondern das Fach so konzipieren, dass Kinder und Jugendliche mit ihren Fragen und Bedürfnissen im Mittelpunkt stehen nicht nur „über“ Gemeinde und Gemeinschaft etc. sprechen, sondern Gemeinschaft auf jugendgemäße Weise inszenieren nicht nur „über“ Moral diskutieren, sondern ethisches Verhalten einüben nicht nur „über“ Kirchen nachdenken, sondern in Kirchen Haltungen, Lieder, Riten ausprobieren nicht nur „über“ Meditation reden, sondern meditative Elemente erproben nicht nur „über“ Gebet und Liturgie sprechen, sondern zum experimentellen Beten und liturgischen Handeln anleiten und diese Erfahrung auch reflektieren nicht nur „über“ biblische Texte sprechen, sondern sich von den biblischen Erzählern in Geschichten verwickeln lassen, sie zu Spiegelungsfolien und Resonanzräume für eigene Erfahrungen werden lassen nicht nur „über“ religiöse Kunstwerke reden, sondern selbst dem Glauben einen künstlerischen Ausdruck verleihen nicht nur etwas „über“ andere Religionen kennenlernen, sondern Menschen einer anderen Religion begegnen.