Säurekapazität in der Belebung einer Kläranlage

Slides:



Advertisements
Ähnliche Präsentationen
was sind Säuren und Basen ?
Advertisements

Formeln für die Klausurlimnochemie
pH < 7 saure Lösung pH > 7 alkalischen Lösung
Biologische Abwasserreinigung
Abwassercharakterisierung
Versuch 3.9: Bestimmung des biologischen Sauerstoffbedarfs
Chemie Referat von Muhammad Kezze und Minh Vuong Dung
Messwerte: Was sagen sie eigentlich aus?
Säuren Konzentrierte Säuren Verdünnte Säuren.
Kohlensäure und ihre Salze
Stoffwechsel.
Ammoniaksynthese (NH3)
Trinkwasser von Julia und Alex.
Reaktion von NH3 mit HCl d- d+ d- d+ d+ d+ NH3 HCl NH4+ Cl- + -
Chemische Reaktion und Zeichensprache
Inhalt Wasserhärte Wasserhärtebestimmung Probleme Lösungen.
Säure-Base-Gleichgewichte II
Chemische Vorgänge in Klärwerken am Beispiel der Kläranlage Bayreuth
Arbeitshilfe des DWA-Landesverbandes Baden Württemberg für die Treffen der Kläranlagen-Nachbarschaften zum Thema Funktionsstörungen auf Kläranlagen Kap.
Arbeitshilfe des DWA-Landesverbandes Baden Württemberg für die Treffen der Kläranlagen-Nachbarschaften zum Thema Funktionsstörungen auf Kläranlagen Kap.
Deutsche Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall e.V. 1 Sauerstoffeintrag beim Belebungsverfahren September 2012 Einführungsvortrag zum Fortbildungsmodul.
LV Bayern, Besprechung der Lehrer Kläranlagen-Nachbarschaft 2014 Säurekapazität in der Belebung einer Kläranlage Besprechung der Lehrer der bayerischen.
1 Schlammbehandlung – von der Eindickung über die Entwässerung zur Trocknung September 2013/Januar 2014 Dipl.-Ing. Annette Schlicher,
Bad Radkersburg, Final Meeting ETZ-Projekt “KUTSCHENIZA” Projektdarstellung Anton Schabl.
Gruppe A: Primärproduktion Halbritter Aud, Urs Bitterlin.
DWA Kläranlagen-Nachbarschaften Gestaltung von Nachbarschaftstagen Stoffvermittlung und Anregungen N-Bilanz im kommunalen Abwasser Gerhard Spatzierer.
Mineralstoffwechsel physiologische und ökologische Aspekte Theorie im Rahmen der 3st. Übung: „Wachstum und Stoffwechsel der Pflanzen“ (3 SWSt, 4 ECTS,
DWA Abteilung Bildung und Internationale Zusammenarbeit
Mineralstoffwechsel physiologische und ökologische Aspekte Theorie im Rahmen der 3st. Übung: „Wachstum und Stoffwechsel der Pflanzen“ (3 SWSt, 4 ECTS,
Gutes Ozon – böses Ozon zon Stratosphäre Tropopause zon Troposphäre.
Gruppenarbeit zur Bestimmung des
Funktionsstörungen auf Kläranlagen
Schweflige Säure (H2SO3) Von Christof schernich
Massenwirkungsgesetz & Chemisches Gleichgewicht
Trinkwasser Cornelia Schadler.
Wasserquiz Zu wie viel Prozent besteht ein Mensch aus Wasser? 10 %
Mineralstoffwechsel physiologische und ökologische Aspekte
Anorganisch-chemisches Praktikum
Kohlenstoffkreislauf
Säurekonstante Mareike Damm
Kinetik: Mechanismusaufklärung
Sauerstoffgehalt.
Chiara, Maximilian, Mareike
POINT POWER Um ohne lange Umschweife zu erklären, was eine POWERPOINT-Präsentation ist, werde ich die folgende Einführung in das Thema Präsentationen bereits.
Ein sicherer Weg zur Berechnung von Titrationen
Experiment Nr. 3 Titration mit Puffer
Entwicklung der Chemieproduktion in Deutschland
Bromierung von Heptan (1) Lösung von Brom in Heptan (1) (3) (2)
Experiment Nr. 1 Standardlösungen
Moleküle-Viergewinnt
Wiederholung Säuren und Basen
Verbandskläranlage: - Inbetriebnahme Ausbaugröße EW
Das neue Arbeitsblatt DWA-A 131 Kein Thema für die Nachbarschaften?
DWA-Landesverbandes Baden-Württemberg
18 UE Präsenz - Selbststudium 1,3 ECTS
Kofermentation bei kommunalen Kläranlagen
Minimal Titration Eine Pasteurpipette oder Plastikpipette ohne Skala
L AC2 A. Soi.
L5&L AC2 A. Soi.
DWA Abteilung Bildung und Internationale Zusammenarbeit
Funktionsstörungen auf Kläranlagen Reinigungsziel Nitrifikation
Klimaänderung Klima: Gesamtheit der meteorologischen Vorgänge für den Durchschnitt der Erdatmosphäre am einem Ort Klimaänderung: Veränderung des Klimas.
O3 O2 + O: SO2 H2O H2SO3 O: + H2O 2 .OH SO2 H2SO4 Niederschlag .OH NO2
Chemische und mikrobiologische Grundlagen der Wassertechnologie
Klimawirkungen: betrachtete Sektoren
Letter of Intent von Sophie Wolfram Management von Projekten
DWA Lehrerbesprechung
Ergebnisse der Auswertungen zur Reduzierung von Phosphoreinträgen in
Grenzwert Trinkwasserverordnung
Phosphorrückgewinnung aus Klärschlammasche – Das REMONDIS TetraPhos®-Verfahren Timm Albrecht // DWA Bayern // Lehrerbesprechung der bayerischen.
 Präsentation transkript:

Säurekapazität in der Belebung einer Kläranlage Dipl.-Ing. Annette Schlicher, Struktur- und Genehmigungsdirektion Süd, Regionalstelle Wasserwirtschaft, Abfallwirtschaft, Bodenschutz, Neustadt a. d. Weinstraße Besprechung der Lehrer der bayerischen Kanal- und Kläranlagen-Nachbarschaften, 12./13. 02. 2014 Landshut

Säurekapazität ? Karbonathärte ? Säurebindungsvermögen ? pH- Wert ?

Definitionen und Bestimmung

Definitionen und Bestimmung pH-Wert pH = - log [ H+ Konzentration] pH = 8 bedeutet 10-8 = 0,00000001 mol/L H + Ionen pH = 2 bedeutet 10-2 = 0,01 mol/l H + Ionen

Bestimmung der Säurekapazität durch Titrieren

Beschreibung aus dem Grundkurs

Bestimmung der Säurekapazität KS 4,3 Probenahme  Belebung (Nitrifikation) filtriert mit Faltenfilter Durchführung  100 ml Abwasserprobe werden mit 0,1-molarer Salzsäure (HCl) bis zu einem pH-Wert von 4,3 titriert. Dieser Wert muss länger als 2 Minuten bestehen.  Der Verbrauch an HCl entspricht der Säurekapazität in mmol/l. Folie aus : „Das Kalk-Kohlensäure-Gleichgewicht in der biologischen Abwasserreinigung“, Fa. KRONOS

Bestimmung durch Schnelltest LCK362 Säurekapazität Ks 4,3 Küvetten-Test Messbereich 0,5 - 8 mmol/l                   

Was bewirkt die Säurekapazität im Abwasserreinigungsprozess?

Säurekapazität Ks = Puffer Was ist ein Puffer? Woraus besteht der Puffer im Abwasser?

Säurekapazität Ks = Puffer Puffer: Bestreben einer Lösung bei Zugabe von Säure oder Lauge den pH-Wert konstant zuhalten. Im Abwasser wesentlich: Kohlensäure – Puffer

Kohlensäure kommt im Abwasser in verschiedenen Formen vor: Kohlensäure-Puffer Kohlensäure kommt im Abwasser in verschiedenen Formen vor: CO2 (aq) + H2O Û H+ + HCO3- HCO3- Û H+ + CO32-

Abhängigkeit der Kohlensäure-Ionenkonzentration vom pH-Wert Stoffmengenanteil [%] Danke an Fa. kronos pH-Wert Folie aus : „Das Kalk-Kohlensäure-Gleichgewicht in der biologischen Abwasserreinigung“, Fa. KRONOS 13

Beispiel der Unterschiedlichkeit der Säurekapazität im Abwasser (Spens, Vedewa, Stuttgart 1992)

Einheiten Parameter Dimension Umrechnung Säurekapazität KS mmol/l 1 Hydrogencarbonat HCO3 mg/l 61 Deutsche Härte o dH 2,8

Säurekapazität in der Kläranlage Wie kommt der Puffer/die Säurekapazität im Abwasser zustande ? Welche biologischen und chemischen Vorgänge beeinflussen ihn?

Säurekapazität in der Kläranlage DeNi NI RS ÜS Ks4,3 KA-Zulauf Belebung Nachklärung Ablauf Fällmittel

Säurekapazität im Kläranlagenzulauf: Ks4,3 des Trinkwassers (1 – 5 mmol/L) Reinigungsmittel Haushalt (≈ 2 mmol/L) Hydrolyse von org. Stickstoff org. geb.N → NH4++ HCO3- (50 mg/l NH4+ umgew. ergeben 3,5 mmol Ks4,3 )

Trinkwassergewinnung in der Südpfalz

Säurekapazität im Kläranlagenzulauf - Trinkwasser Wasserwerk Kuhardt 15,5°dH = 5,5 mmol/L, hart, pH 7,47 Wasserwerk Germersheim 14,8°dH = 5,2 mmol/L, hart, pH 7,76 Wasserwerk Kaiserslautern: 4,21°dH = 0,75 mmol/L, weich Trinkwasser Landshut Ges.härte 20,2°dH = 7,2 mmol/L, hart, pH 7,24 Aus den Homepages der Verbandsgemeinden bzw. Städte

Säurekapazität im Kläranlagenzulauf: Ks4,3 des Trinkwassers (1 – 5 mmol/L) Reinigungsmittel Haushalt (≈ 2 mmol/L) Hydrolyse von org. Stickstoff org.geb.N → NH4++ HCO3- (50 mg/l NH4-N umgewandelt  3,5 mmol Ks4,3 )1) 1) Karl Svardal, Institut für Wassergüte und Abfallwirtschaft, Technische Universität Wien; Chemische-physikalische Gleichgewichte und ihre praktische Bedeutung für den Betrieb von Abwasserreinigungsanlagen

Säurekapazität Kläranlagenzulauf – Hydrolyse von org. N org. geb. N → NH4++ HCO3- (50 mg/l NH4 umgew.  3,5 mmol/L Ks4,3 ) GKA Rülzheim : NH4-N Zulauf: 34 mg/L  2,4 mmol/L KA Germersheim: NH4-N Zulauf: 43 mg/L  3,0 mmol/L NH4-N aus Eigenüberwachung

Säurekapazität Kläranlagenzulauf KA-Zulauf Säurekapazität [mmol/L] Trink-wasser Hydrolyse N org. (rechn.) Reinigungsmittel (Literatur.) Summe (rechn.) gemessen im KA-Zulauf Rülzheim 5,5 2,4 2 9,9 10,7 Germersheim 5,2 3,0 10,2 12,6

Säurekapazität in der Kläranlage DeNi Nitri RS ÜS Nachklärung Ablauf Fällmittel Ks4,3 Ks4,3

Änderung Säurekapazität durch Denitrifikation NO3- + CO2 + 0,5 H2O → 0,5 N2 + 2,5 O + HCO3- Aufbau Säurekapazität Stoffmengenanteil [%] OH- OH- Abnahme CO2 Bei der Denitrifikation wird zwar CO2 produziert, aber gleichzeitig auch der pH angehoben. Dem Gleichgewicht entsprechend wird CO2 sofort wieder in Hydrogencarbonat (Säurekapazität) umgewandelt. Nettoumsatz: Das bei der Nitrifikation verbrauchte Hydrogencarbonat kann durch die Denitrifikation nur zu ca. 50 % wieder gebildet werden. 4 NO3- + 5 C(H2O)  2 N2 + 5 CO2 + 4 OH- + 3 H2O Nitrat + Substrat  Stickstoff + Kohlensäure + Lauge 4 HCO3- + CO2 + 2 H2O pH-Wert Folie aus : „Das Kalk-Kohlensäure-Gleichgewicht in der biologischen Abwasserreinigung“, Fa. KRONOS 25

Änderung Säurekapazität durch Nitrifikation NH4++ 2 O2 + 2 HCO3- → NO3- + 2 CO2 + 3 H2O H+ Abbau Säurekapazität Stoffmengenanteil [%] Zunahme CO2 Die Nitrifikation benötigt keine organischen Kohlenstoffverbindungen zum Aufbau von Biomasse. Es wird primär kein anorganischer Kohlenstoff produziert, sondern im Gegenteil geringe Mengen zur Biomasseproduktion aufgenommen. Nitrifikation bewirkt also keine CO2-Produktion aufgrund der Stoffwechselvorgänge, es wird jedoch durch pH-Absenkung das Kohlensäure-Gleichgewicht verschoben, wodurch Hydrogencarbonat - ausgedrückt als Säurekapazität - verschwindet und daraus CO2 entsteht. Ist die Säurekapazität zu gering, um zusätzliches CO2 (aus dem Kohlenstoffabbau) abzupuffern, entsteht überschüssige Kohlensäure. NH4+ + 2 O2  NO3- + 2 H+ + H2O Ammonium + Sauerstoff  Nitrat + Säure + Wasser Bei der Nitrifikation entsteht Säure, die den pH-Wert absenkt. Damit verschiebt sich das Kohlensäure-Gleichgewicht in Richtung CO2 und Säurekapazität (Hydrogencarbonat) wird verbraucht. H+ pH-Wert Folie aus : „Das Kalk-Kohlensäure-Gleichgewicht in der biologischen Abwasserreinigung“, Fa. KRONOS 26

Änderung der Säurekapazität durch biologische Reaktionen Prozess Säurekapazität Nitrifikation pro 1 kg Nnitrifiziert - 0,14 mmol/L Denitrifikation von 1 kg Ndenitrifiziert + 0,07 mmol/L

Säurekapazität im Verlauf der Abwasserreinigung DeNi Nitri RS ÜS Nachklärung Ablauf Fällmittel Ks4,3

Änderung der Säurekapazität in der Belebung durch chemische Fällung Me3+ + H2PO4-  MePO4 +2 H+ Me3+ + HPO42-  MePO4 + H+ Durch Überdosierung des Fällmittels Me3+ + H20  Me (OH)3 + 3 H+ Sichere Abschätzung: 1 mmol Metallionen  3 mmol H+ Ionen

Änderung Säurekapazität durch saure Fällmittel Me3+ + H2PO4-  MePO4 +2 H+ 2 H+ + 2 HCO3-  H2O + CO2 H+ Abbau Säurekapazität Stoffmengenanteil [%] Zunahme CO2 H+ pH-Wert Folie aus : „Das Kalk-Kohlensäure-Gleichgewicht in der biologischen Abwasserreinigung“, Fa. KRONOS

Änderung der Säurekapazität in der Belebung durch chemische Fällung Kalk oder auch alkalische Fällmittel heben die Säurekapazität an.

Einfluss der P- Elimination auf die Säurekapazität 0,36 -0,29 -0,36 -0,35 -5 -4 -3 -2 -1 1 2 3 K S4,3 [mmol/l] Fe3+ für 5 mg P/l Al3+ für 5 mg P/l PAC für 5 mg P/l NaAl(OH)4 für 5 mg P/l Größe der Veränderung durch Fällmittel Quelle: Vortrag FA. Kronos Folie aus : „Das Kalk-Kohlensäure-Gleichgewicht in der biologischen Abwasserreinigung“, Fa. KRONOS

Einfluss der P- und Nitrifikation auf die Säurekapazität 0,36 -0,29 -0,36 -0,35 -4,29 -5 -4 -3 -2 -1 1 2 3 K S4,3 [mmol/l] Nitri von 30 mg NH4-N/l Fe3+ für 5 mg P/l Al3+ für 5 mg P/l PAC für 5 mg P/l NaAl(OH)4 für 5 mg P/l Folie aus : „Das Kalk-Kohlensäure-Gleichgewicht in der biologischen Abwasserreinigung“, Fa. KRONOS

Einfluss der P- und N-Elimination auf die Säurekapazität 0,36 -0,29 -0,36 -0,35 2,2 -4,29 -5 -4 -3 -2 -1 1 2 3 K S4,3 [mmol/l] NI von 30 mg NH4-N/l DN von 30 mg NO3-N/l Fe3+ für 5 mg P/l Al3+ für 5 mg P/l PAC für 5 mg P/l NaAl(OH)4 für 5 mg P/l Folie aus : „Das Kalk-Kohlensäure-Gleichgewicht in der biologischen Abwasserreinigung“, Fa. KRONOS

Wie viel Säurekapazität muss sein? Kritisch: Säurekapazität < 2 mmol/L

Folgen zu geringer Säurekapazität Schädigung der Flocke Wachstumsvorteile für Fadenbakterien Reduzierung von Reaktionsgeschwindigkeiten Betonkorrosion

Folgen zu geringer Säurekapazität – Schädigung der Flocke (aus „Zur Nitrifikation von Abwässern mit geringer Säurekapazität“, Teichgräber, Essen, KA 2,91)

Säurekapazität und NH4-Abbau (aus „Einfluss der Säurekapazität auf die Abbauleistung biol. Abwasserreinigungsanlagen“, Schönherr et. al , Universität der Bundeswehr München, 2007)

Betonkorrosion

Maßnahmen bei zu geringer Säurekapazität Denitrifikation erhöhen Dosierung von Alkalien Wahl des Fällmittels

Fotos aus dem praktischen Teil der NB-Veranstaltung

Danke für ihre Aufmerksamkeit Dipl.-Ing. Annette Schlicher Regionalstelle Wasserwirtschaft, Abfallwirtschaft, Bodenschutz STRUKTUR- UND GENEHMIGUNGSDIREKTION SÜD   Karl-Helfferich-Straße 22; 67433 Neustadt Telefon 06321 99-4104; Telefax 06321 99-4222 Annette.Schlicher@sgdsued.rlp.de