Aktuelle Rechtsprechung im Arbeitsrecht

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Aktuelle Rechtsprechung im Arbeitsrecht Hamburg – 26. Februar 2018

1. Kündigungsrecht auch Änderungsvertrag, befristet Änderungen

a. Kündigungsformalien auch Änderungsvertrag, befristet Änderungen

Abgekürzte Kündigungsfrist in der Probezeit – BAG Urt. v. 23.03.2017 – 6 AZR 705/15 wirksame Probezeitvereinbarung setzt eindeutige Regelung im Arbeitsvertrag voraus Regelung zur Kündigungsfrist nach Ablauf der Probezeit ohne Klarstellung ist mehrdeutig und bezüglich der Probezeit unwirksam

Unbillige verlängerte Kündigungsfrist im Gleichschritt – BAG Urt. v. 26.10.2017 – 6 AZR 158/16 für den Arbeitnehmer verlängerte Kündigungsfrist kann auch dann unbillig sein, wenn Frist gleich lang wie Arbeitgeberfrist drei Jahre zum Monatsende zu lang trotz Gehalterhöhung von 1.400 auf 2.400 EUR brutto AN-Kündigung wegen Hintergrundüberwachung PC

b. verhaltensbedingte Kündigung auch Änderungsvertrag, befristet Änderungen

Kündigung wegen Nichtteilnahme an einem elektronischen Überwachungssystem – BAG Urt. v. 17.11.2016 – 2 AZR 730/15 außerordentliche Kündigung mit sozialer Auslauffrist zulässige Datenverarbeitung nach § 32 BDSG ist dies Erlaubnistatbestand nach § 4 Abs. 1 BDSG Nichtteilnahme an elektronischem Berichts- und Überwachungssystem rechtfertigt nach Abmahnung Kündigung

Überwachung mittels Keylogger - Verwertungsverbot – BAG Urt. v. 27.07.2017 – 2 AZR 681/16 AG setzt mit Kenntnis des AN sog. Keylogger ein AN geht während der Arbeitszeit in erheblichem Umfang privaten Tätigkeiten nach, wie die Auswertung der Keylogger-Daten ergibt schwerer Eingriff in allg. Persönlichkeitsrecht des AN  Sachverwertungsverbot

Beweisverwertungsverbot Sachverwertungsverbot setzt Bestreiten voraus sonst Sachvortrag unstreitig dann keine Beweiserhebung notwendig setzt kein Bestreiten voraus Gericht berücksichtigt von Amts wegen selbst wenn Vortrag eingebracht und nicht bestritten ist

Überwachung mittels Detektiveinsatz - § 32 BDSG – BAG Urt. v. 29.06.2017 – 2 AZR 597/16 auch Verstoß gg. § 60 HGB (Wettbewerbsverbot) kann Überwachung nach § 32 BDSG rechtfertigen Kontrolle der Arbeitnehmerpflichten stellt berechtigtes Interesse des AG dar Verhältnismäßigkeit zu beachten

Überwachung der E-Mail-Kommunikation des Arbeitnehmers– EGMR Urt. v. 05.09.2017 – 61496/08 (Barbulescu) AG muss Überwachung der – verbotenen – privaten E-Mail-Kommunikation und deren Umfang vorher ankündigen berechtigtes Arbeitgeberinteresse erforderlich kein milderes Mittel darf verfügbar sein Schutzmaßnahmen zugunsten des AN müssen bestehen

Kündigung einer „Geschäftsführerin“ wegen Illoyalität BAG Urt. v. 01.06.2017 – 6 AZR 720/15 Illoyales Verhalten kann fristlose Kündigung rechtfertigen hier: Aufforderung zur Abwahl eines Vorstandes

Kündigung wegen beharrlicher Weigerung des Minusstundenabbaus LAG Hamburg Urt. v. 02.11.2016 – 5 Sa 19/16 beharrliche Weigerung kann Kündigung wegen verweigertem Minusstundenabbau rechtfertigen Zuweisung von Pensen durch AG nicht erforderlich vorausgehende Abmahnungen erforderlich

Anforderungen an eine vorweggenommene Abmahnung LAG Schleswig-H. Urt. v. 29.06.2017 – 5 Sa /17 konkrete Mitteilung unerwünschten Verhaltens kann vorweggenommene Abmahnung darstellen weitere Abmahnungen nach einschlägigen Pflichtenverstößen dann entbehrlich bloße Verpflichtungserklärung (hier: Unterlassung der Privatnutzung von Dienstfahrzeugen) hierfür nicht ausreichend

c. betriebsbedingte Kündigung auch Änderungsvertrag, befristet Änderungen

Kündigung wegen eines geänderten Anforderungsprofils – BAG Urt. v. 02.03.2017 – 2 AZR 546/16 Gestaltung des Anforderungsprofils für einen Arbeitsplatz unterliegt der freien unternehmerischen Disposition problematisch, wenn Organisationsentscheidung und Kündigungsentschluss deckungsgleich dann betrieblicher Anlass für Änderungsbedarf darzulegen

Rentenberechtigung und Sozialauswahl – BAG Urt. v. 27.04.2017 – 2 AZR 67/16 regelaltersrentenberechtigte Arbeitnehmer sind in der Sozialauswahl beim Merkmal „Lebensalter“ deutlich weniger schutzbedürftig als nicht bezugsberechtige Arbeitnehmer

2. AGB- und Vertragsrecht auch Änderungsvertrag, befristet Änderungen

Befolgungspflicht unbilliger Weisungen – BAG Urt. v. 22.02.2012 – 5 AZR 249/11 Arbeitnehmer ist an unbillige Weisung gleichwohl solange gebunden, bis Unbilligkeit rechtskräftig feststeht bis dorthin Befolgungspflicht es darf keine Unwirksamkeit aus sonstigen Gründen vorliegen

Befolgungspflicht unbilliger Weisungen – BAG Urt. v. 18.10.2017 – 10 AZR 330/16 Arbeitnehmer ist an unbillige Weisung solange nicht gebunden, bis Unbilligkeit rechtskräftig feststeht bis dorthin keine Befolgungspflicht

BEM keine Voraussetzung der Direktionsrechtsausübung – BAG Urt. v. 18.10.2017 – 10 AZR 47/17 BEM keine formelle Voraussetzung einer rechtmäßigen Ausübung des Weisungsrecht etwaige gesundheitliche Beeinträchtigung ist Frage der Gesamtabwägung

Wettbewerbsverbot und fehlende Karenzentschädigung – BAG Urt. v. 22.03.2017 – 10 AZR 448/15 fehlende Vereinbarung einer Karenzentschädigung beim nachvertraglichen Wettbewerbsverbot führt zur Nichtigkeit der Vereinbarung keine Heilung durch salvatorische Klausel

Pfändungsschutz für Zulagen – BAG Urt. v. 23.08.2017 – 10 AZR 859/16 Zulagen für Sonn-, Feiertags- und Nachtarbeit unterliegen als Erschwerniszulagen i.S.v. § 850a Nr. 3 ZPO dem besonderen Pfändungsschutz Zulagen für Schicht-, Samstags- oder Vorfestarbeit dagegen nicht

3. Entgelt und Arbeitszeit auch Änderungsvertrag, befristet Änderungen

Betriebsratstätigkeit als Arbeitszeit i.S.d. ArbZG – BAG Urt. v. 18.01.2017 – 7 AZR 224/15 Verpflichtung des Arbeitgebers, BR-Mitglied bei anstehender BR-Tätigkeit aus Schichten zu nehmen, sofern Ruhezeit nach § 5 Abs. 1 ArbZG nicht eingehalten werden kann offen, ob BR-Tätigkeit Arbeitszeit i.S.d. ArbZG ist

Darlegungslast bei Überstundenvergütung – BAG Urt. v. 21.12.2016 – 5 AZR 362/16 AN genügt seiner Darlegungslast, wenn er vorträgt, an welchen Tagen er von wann bis wann Arbeit geleistet oder sich auf Weisung bereitgehalten hat Auswertung der Fahrerkarte hilfreich AG kann nicht mit Nichtwissen bestreiten, sofern er organisatorisch die Zeiten nachvollziehen kann (z.B. durch Zuteilung von Touren)

Umkleidezeit als Arbeitszeit – BAG Urt. v. 06.09.2017 – 5 AZR 382/16 vom AG angeordnetes Umkleiden im Betrieb ist vergütungspflichtige Arbeitszeit Erkennbarkeit als einem bestimmten Betrieb zugehörig kann ebenso Voraussetzung einer daran anknüpfenden Vergütungspflicht sein wie Erkennbarkeit der bloßen Branchenzugehörigkeit

Schätzung von Umkleidezeiten – BAG Urt. v. 13.12.2016 – 9 AZR 574/15 vom AG angeordnetes Umkleiden im Betrieb ist vergütungspflichtige Arbeitszeit tariflicher Ausschluss der Vergütungspflicht von Umkleidezeiten ist zulässig gerichtliche Schätzung von Umkleidezeiten zulässig

4. Entschädigung und Schadensersatz auch Änderungsvertrag, befristet Änderungen

Drittes bzw. neutrales Geschlecht – BVerfG Beschl. v. 08.11.2017 – 1 BvR 2019/16 eigener Eintrag für intersexuelle Menschen im Geburtenregister gefordert arbeitsrechtliche Folgeprobleme an zahlreichen Stellen

Benachteiligung bei Erhöhung der Wochenarbeitszeit – BAG Urt. v. 26.01.2017 – 8 AZR 736/15 Indizien wegen AGG-Benachteiligung müssen mit „überwiegender Wahrscheinlichkeit“ vorliegen Nichtberücksichtigung bei Erhöhung der Arbeitszeit vorliegend kein hinreichendes Indiz für eine Benachteiligung

Stellenanzeige für Berufsanfänger – BAG Urt. v. 15.12.2016 – 8 AZR 454/15 Stellenanzeige an „frisch gebackene“, aus Ausbildung kommende Bewerber ist altersdiskriminierend mittelbare Diskriminierung wegen des Alters nur Interesse an Gewinnung jüngerer Personen

5. Urlaubs- und Befristungsrecht auch Änderungsvertrag, befristet Änderungen

Eigenart der Arbeitsleistung als Befristungsgrund – BAG Urt. v. 16.01.2018 – 7 AZR 312/16 Befristung mit Fußball-Lizenzspielern aufgrund der Eigenarbeit der Arbeitsleistung gerechtfertigt kommerzialisierter und öffentlichkeitsgeprägter Spitzensport verlangt Spieler auf höchstem Leistungsniveau

Befristung wegen vorübergehenden Bedarfs – BAG Urt. v. 14.12.2016 – 7 AZR 688/14 prognostizierter Mehrbedarf kann auch über das Vertragsende hinausgehen befristet beschäftigter Mitarbeiter muss nicht in dem Bereich eingesetzt werden, in dem der Mehrbedarf entstanden ist plausibles Gesamtkonzept ist darzustellen

Befristung auf Wunsch des Arbeitnehmers– BAG Urt. v. 18.01.2017 – 7 AZR 236/15 zwei Jahre nach Angebot erklärte Annahme einer nachträglichen Befristung des Arbeitsverhältnisses erfolgt nicht (mehr) auf Wunsch des Arbeitnehmers gilt trotz vereinbarter Einmalzahlung für vorzeitiges Ausscheiden i.H.v. EUR 108.000 Verkürzung auf 60. Lebensjahr

Schadensersatz wegen nicht gewährtem Urlaub – BAG Urt. v. 16.05.2017 – 9 AZR 572/16 kein Anspruch auf Schadensersatz in Geld wegen nicht gewährtem Urlaub im laufenden Arbeitsverhältnis nur Anspruch auf Ersatzurlaub gilt auch bei Freistellung in Altersteilzeit