Psychiatrische Aspekte der Substitutionstherapie

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 Präsentation transkript:

Psychiatrische Aspekte der Substitutionstherapie DGS- Jahrestagung 2013, Berlin Dr. med. John Koc, Bremen

Agenda - 1 1. Einführung und Begriffsklärungen 2. Hauptteil: - 2.1. Allgemeine Aspekte (Komorbidität, gesellschaftliche und psychosoziale Aspekte) - 2.2. Psychiatrische Diagnostik - 2.3. Klassifikation und Diagnostik psychiatrischer Erkrankungen (angelehnt an die ICD-10) - 2.4. Psychiatrische Behandlungsmöglichkeiten (Pharmako-, Psycho-, Sozio- und Somatotherapie)

Agenda - 2 - 2.5. Konsequenzen und Zukunftsperspektiven (Kooperationen, Vernetzung, Aus-, Weiter- und Fortbildung, Konsil- und Liaisondienste, Ansprechpartner) 3. Literaturempfehlungen 4. Fragen und Diskussion 5. Beiträge der TeilnehmerInnen (z.B. Falldiskussionen)

Einführung - 1 Frage 1: Wie viele Hauptgebiete gibt es in der Medizin?

Einführung - 2 Frage 1: Wie viele Hauptgebiete gibt es in der Medizin? Antwort 1: Drei! (nach M. Gastpar)

Einführung - 3 Frage 2: Okay, drei. Aber welche?

Einführung - 4 Frage 2: Okay, drei. Aber welche? Antwort 2 (aus Sicht der Psychiatrie…): - Innere Medizin (+ konservative somatische Medizin) - Chirurgie (+ operative somatische Medizin) - Psychiatrie (+ neurowissenschaftliche Medizin)

Einführung - 5 Frage 3: Na gut. Aber was ist Psychiatrie überhaupt?

Einführung - 6 Frage 3: Na gut. Aber was ist Psychiatrie überhaupt? Antwort 3: Unter Psychiatrie versteht man die Diagnostik, Therapie und Prävention psychischer Erkrankungen sowie deren Erforschung und Lehre Dazu gehören auch die Erkrankungen des ZNS mit überwiegend psychischer Symptomatik Sowie auch die Psychotherapie als Behandlung seelischer Erkrankungen mit den Mitteln des gesprochenen Wortes (neben Pharmako-, Somato- und Soziotherapie)

Einführung - 7 Frage 4: Und was ist mit der Neurologie?

Einführung - 8 Frage 4: Und was ist mit der Neurologie? Antwort 4: Die Neurologie befasst sich mit den Erkrankungen des zentralen, peripheren und vegetativen Nervensystems, bei denen die psychische Symptomatik nicht im Vordergrund steht (sondern die somatische)

Einführung - 9 N.B.: Bisweilen werden Ausrichtungen der Psychiatrie wie „biologische Psychiatrie“ oder „Sozialpsychiatrie“ beschrieben (im Sinne von „scientific communities“) Viel wichtiger ist es jedoch, die verschiedenen Einflussfaktoren auf Entstehung und Verlauf psychischer Erkrankungen in ihrer jeweiligen Bedeutung angemessen zu berücksichtigen: - nämlich psychologische, neurobiologische, (epi-) genetische, somatische und soziale Faktoren

Hauptteil – allg. Aspekte - 1 Frage 5: Welche Gebiete gibt es in der Psychiatrie?

Hauptteil – allg. Aspekte - 2 Frage 5: Welche Gebiete gibt es in der Psychiatrie? Antwort 5: - 1. mit Bezug auf das Lebensalter: - Psychiatrie (und Psychotherapie) des Kindes- und Jugendalters, des Erwachsenenalters und des Seniums (Gerontopsychiatrie)

Hauptteil – allg. Aspekte - 3 - 2. mit Bezug auf die Symptomatik (ICD-10, Kapitel F/V): - Fo: organische Störungen (z.B. Demenz, Delir) - F1: Psychische und Verhaltensstörungen durch psychotrope Substanzen - F2: Schizophrenie, schizotype und wahnhafte Störungen - F3: affektive Störungen (z.B. Depressionen, Manie) - F4: neurotische, Belastungs- und somatoforme Störungen (z.B. Phobien, Angst- und Zwangserkrank., PTBS, dissoziative und somatoforme Störungen)

Hauptteil – allg. Aspekte - 4 - F5: Verhaltensauffälligkeiten mit körperlichen Störungen und Faktoren (z.B. Ess-, Schlaf- und Sexualstörungen sowie Missbrauch nicht abhängigkeitserzeugender Substanzen) - F6: Persönlichkeits- und Verhaltensstörungen (z.B. BPS, Glücksspiel, Pyromanie, Kleptomanie, Trichotillomanie, Transsexualismus, Transvestitismus etc.) - F7: Intelligenzminderung

Hauptteil – allg. Aspekte - 5 - F8: Entwicklungsstörungen (z.B. Sprachstör., Lese-, Rechtschreib- und Rechenstör., motorische Stör., Autismus, Asperger etc.) - F9: Verhaltens- und emotionale Stör. mit Beginn in der Kindheit und Jugend (z.B. ADHS, ADS, Stör. des Sozialverhaltens bzw. der Emotionen, Tics, Enuresis, Enkopresis, Pica, Stereotypien, Stottern, Stammeln und Poltern, Daumenlutschen, Masturbation, Nägelkauen, Nasebohren etc.) - Anhang: Kapitel I-XXI = somatische Störungsbilder bzw. soziale Faktoren mit Bezug zur Psychiatrie - „Z-Diagnosen“: keine Erkrankungen, sondern Zustände (z.B. Burnout)

Hauptteil – allg. Aspekte - 6 - 3. mit Bezug auf die Ursachen (als ob man es wüßte??!): „Triadisches System“ (antiquiert): - psychogene Störungen (z.B. Neurosen) - endogene Störungen (Ursachen organisch, aber „kryptogen“, z.B. Schizophrenien oder affektive Störungen) - organische Ursachen (z.B. entzündlich, traumatisch, infektiös, metabolisch, toxisch, degenerativ, genetisch) - „multifaktoriell“ (z.B. Stress- Vulnerabilitäts- Modell der Schizophrenie)

Hauptteil – allg. Aspekte - 7 Derzeitige Auffassung: „Multifaktorielles Geschehen“ als Ursachen psychischer Erkrankungen: - biologische Faktoren (z.B. genetisch, entwicklungsbiologisch, neurochemisch) - psychische Faktoren (z.B. Lernerfahrungen oder Traumatisierungen) - soziale Faktoren (Armut, Belastungen am Arbeitsplatz oder Arbeitslosigkeit, Stress, Mobbing) - N.B.: „multifaktoriell“ sind Krankheiten immer dann, wenn man nicht weiß, woher sie kommen…

Hauptteil – allg. Aspekte - 8 Gewicht biologischer Faktoren: - bei Depressionen und PS ca. 30% - bei bipolaren Störungen und Schizophrenien ca. 60-80% Konsequenz: - bei mehr biologisch bedingten Erkrankungen eher Einsatz von Medikamenten, - bei weniger stark biologisch bedingten Erkrankungen eher Psychotherapie Behandlungskonzept: - immer bio-psycho-sozial (je schwerer, desto mehr!)

Hauptteil – allg. Aspekte - 9 Epidemiologie: - Lebenszeitprävalenz: - 43% aller Menschen entwickeln innerhalb ihres Lebens mindestens einmal eine psychische Störung - 12-Monats-Prävalenz: - 30%... - 1-Monats-Prävalenz: - 20%...

Hauptteil – allg. Aspekte - 10 Frage 6: - Welches sind die häufigsten psychischen Störungen weltweit?

Hauptteil – allg. Aspekte - 11 Frage 6: - Welches sind die häufigsten psychischen Störungen weltweit? Antwort 6 (12-Mon.-Präv., DSM-IV): - Phobien (12,6%) - somatoforme Störungen (11,0%) - Depression (8,3%; in Deutschland 8 Millionen Menschen, Langzeit- Prävalenz 10-20%; in Europa 33,4 Mio.) - Dysthymie (4,5%) - Alkohol (3,7%)

Hauptteil – allg. Aspekte - 12 - psychotische Störungen (2,6%) - generalisierte Angststörung, GAD (2,5%) - Panikstörungen (2,3%) - Bipolare Störungen (1,3%) - Zwangsstörungen (0,7%) - Drogenabhängigkeit (0,6%) - Essstörungen (0,3%) N.B.: Depressionen, Schizophrenien, bipolare Störungen und Alkohol gehören weltweit zu den zehn Erkrankungen, die am stärksten die „Quality of Life“ (QoL) beeinträchtigen

Hauptteil – allg. Aspekte - 13 Versorgung psychisch Kranker in Deutschland: - 20 Mrd. €/ Jahr - 10% aller Gesundheitsausgaben - v.a. Demenz und Depressionen bei neurotischen, Belastungs- und somatoformen Störungen (F4) - durch direkte und indirekte Krankheitskosten (AU) - Behandlung von 80% aller psychisch Kranken bei Hausärzten (!!!)

Hauptteil – allg. Aspekte - 14 - 25% aller Hausarztpat. haben primär eine psychiatrische Erkrankung (!!!) - v.a. Depressionen, Angst, Alkohol, somatoforme Störungen (z.B. hypochondrisch) - 94% ambulante vs. 6% stationäre Behandlungen - Liegedauer im Schnitt ca. 25 Tage USA: - 1980-> 2000: +37% Depressionsbehandlungen - Universitäten: 16 % aller Stud. (w) mit Depressionen

Hauptteil – allg. Aspekte - 15 Kommen wir zur Sucht… Frage 6: - Was ist Sucht überhaupt? (in 3 Worten)

Hauptteil – allg. Aspekte - 16 Frage 6: - Was ist Sucht? (in 3 Worten) Antwort 6: - „Nicht aufhören können“! (nach HJ Bochnik)

Hauptteil – allg. Aspekte - 17 Frage 7: Womit „nicht aufhören können“?

Hauptteil – allg. Aspekte - 18 Frage 7: Womit „nicht aufhören können“? Antwort 7: - mit (fast) allem! - stoffgebundene vs. nicht stoffgebundene Süchte

Hauptteil – allg. Aspekte - 19 N.B.: - Sucht ist eine eigenständige psychiatrische Erkrankung (und steht meist im Vordergrund)… - aber immer auch ein Symptom einer anderen psychiatrischen Erkrankung… - und Resultat einer individuellen und/oder gesellschaftlichen Fehlentwicklung… - daraus resultieren Probleme in Bezug auf Diagnostik (Diff.- Diagnostik, Komorbidität), Therapie (Verfahren und Reihenfolge) und Prognose!!!

Hauptteil – allg. Aspekte - 20 Psychiatrische Komorbidität der Sucht: - PTBS - ADHS - Borderline (BPS) - Depressionen - Angsterkrankungen (Panikstörungen, Phobien, GAD) - psychotische Störungen N.B.: Ursachen und Folgen in Wechselwirkung (Volkov) – primär/ sekundär vs. interaktiv!

Hauptteil – allg. Aspekte - 21 Somatische Komorbidität der Sucht: - Infektionen (z.B. HCV, HIV, TBC) - Organassoziierte Störungen (z.B. Herz- Kreislauf- System, Atemwege, Magen- Darm- Trakt, Gefäßsystem, Nervensystem, Haut, Nervensystem) Soziale Aspekte der Sucht: - in Bezug auf Familie und Angehörige, Ausbildung, Beruf, Wohnsituation, Legalbewährung, Hobbies und Freizeit, Haustiere, Entwicklung bzw. Reifung der Persönlichkeit etc.

Hauptteil – allg. Aspekte - 22 Komorbidität Sucht & psychiatrische Erkrankung: - 1. Sucht ist immer Ausdruck einer anderen primären psychischen Störung (-> Silbereisen) - 2. Oft ist die komorbide psychiatrische Störung noch eo ipso behandlungsbedürftig - 3. Akute psychiatrische Komorbidität verschlechtert den Verlauf und die Prognose der Sucht (wenn nicht diagnostiziert und behandelt)

Hauptteil – allg. Aspekte - 23 - 4. Die Allgemeinpsychiatrie ist dieser Problematik allzu oft nicht gewachsen (oder erkennt sie nicht einmal…!) - 5. Substitution bietet diesen komorbiden Pat. die beste bzw. einzige Chance zur langfristigen adäquaten Behandlung - 6. Kompetente Abstinenztherapien auch… - 7. Aber Verhältnis 85.000 : 5000 Behandlungsplätze… - 8. Wieso „beste Chance“?

Hauptteil – allg. Aspekte - 24 - 9. Opiate kupieren viele psychiatrische Erkrankungen (das kann man dann nutzen, wenn die Erkrankung bekannt ist; älteste Arznei überhaupt…) - 10. Und umgekehrt: im Opiatentzug demaskieren sich viele psychiatrische Erkrankungen (über die Entzugssymptomatik hinaus) - 11. Z.B. Angsterkrankungen, Depressionen, Psychosen, ADHS, PTBS, BPS und andere Pers.- Stör. - 12. Durch den ständigen Arztkontakt kann einerseits die Einnahme von Psychopharmaka garantiert und andererseits können Änderungen im Verlauf zeitnah erkannt und behandelt werden!!!

Hauptteil – allg. Aspekte - 25 Also (frei nach Mel Gibson in Mad Max II): - „Sie sind die beste Chance, die diese Pat. je hatten!!!“

Hauptteil – allg. Aspekte - 26 Frage 8: - Schön und gut. Gibt`s dabei Probleme?

Hauptteil – allg. Aspekte - 27 Frage 8: - Schön und gut. Gibt`s dabei Probleme? Antwort 8: - Ja. Welche?

Hauptteil – allg. Aspekte - 28 -1. Substitutionsbehandlungen sind bisher eine Domäne der Hausärzte; es gibt kaum niedergelassene substituierende PsychiaterInnen - 2. Die niedergelassenen PsychiaterInnen halten sich aus dem Bereich Substitution und Behandlung von Drogenabhängigen weitestgehend diskret heraus - 3. Und das ist oft auch gut so. Denn selbst wenn sie es wollten, könnten sie es nicht... - 4. Denn sie haben zwar Kompetenzen im Bereich psychiatrischer Diagnostik und Therapie…

Hauptteil – allg. Aspekte - 29 - 5. … aber keine (d.h. so gar keine!!!) Ahnung von den Anforderungen im Umgang mit Drogenabhängigen und von ihrer Behandlung - 6. … und keine Ahnung von Substitution - 7. … und sie sind auch nicht daran interessiert!!! - 8. Beispiel: - entweder gibt es keinen Psychiater in erreichbarer Nähe - oder die Pat. bekommen einen Termin in 6 Monaten - oder sie kommen mit einer BZD- Verordnung zurück (weil ihnen wegen eines Entzugskrampfanfalles vor 10 Jahren eine Epilepsie angedichtet wird…)

Hauptteil – allg. Aspekte - 30 Probleme bestehen also: - in der Rekrutierung niedergelassener Psychiater für Substitutionsbehandlungen und Konsile - in der spezifischen Fachkompetenz der Psychiater in den Bereichen Substitution und psychiatrischer Komorbidität (v.a. ADHS, PTBS und BPS) - in der Kooperation der niedergelassenen Psychiater mit den substituierenden Hausärzten

Hauptteil – allg. Aspekte - 31 Das Vermeidungsverhalten der Psychiater ist ja auch verständlich, denn Psychiater sind: - zart besaitet - sensibel - empfindsam - schreckhaft - ziemlich kränkbar - mehr theoretisch als praktisch begabt - und sprechen nicht dieselbe Sprache wie Drogenabhängige…

Hauptteil – allg. Aspekte - 32 N.B. (1): - Chirurgen können alles, wissen aber nichts - Psychiater wissen alles, können aber nichts (- Pathologen wissen alles und können alles, aber da ist es schon zu spät) N.B. (2): - Wer zu Beginn seiner psychiatrischen Ausbildung keine Angst vor Drogenabhängigen hat, hat keinen Verstand - Wer am Ende seiner Ausbildung noch Angst vor Drogenabhängigen hat, hat kein Herz!

Hauptteil – allg. Aspekte - 33 - denn einerseits sind doch die Drogenabhängigen die spannendsten und kreativsten Patienten von allen (außer vielleicht den Schizophrenen und „Borderlinern“) - und andererseits sind sie die behandlungsbedürftigsten und qualitativ am schlechtesten versorgten Patienten im gesamten Gesundheitssystem (ambulant wie stationär) und im sozialen Netz (trotz erheblichen finanziellen Aufwands) - vor allem in Hinblick auf ADHS, PTBS und BPS! - und das von Anfang an!

Hauptteil – allg. Aspekte - 34 Weshalb also dieser Workshop? - zur Einführung in psychiatrische Diagnostik und Therapie - zur Ermutigung, Kooperationen mit Psychiatern einzufordern, zu suchen bzw. zu verbessern - zur Anregung, sich selbst mehr damit zu beschäftigen - zum besseren Verständnis der Störungsbilder (der Pat.!)

Hauptteil – Diagnostik - 1 Also: weiter im Text!!! Was gehört zu einer vollständigen psychiatrischen Untersuchung: - Anamnese - Psychischer und körperlicher Befund - ggfs. apparative Zusatzuntersuchungen - Diagnose und Differentialdiagnosen (- erst dann folgt der Behandlungsplan…)

Hauptteil – Diagnostik - 2 Anamnese: - aktuelle Krankheitsgeschichte, Vorgeschichte, gegenwärtige Beschwerden - psychische und somatische Vorgeschichte - Drogen- und Medikamentenanamnese - Biographie: körperliche und psychische Entwicklung, beruflicher und sozialer Werdegang, Lebensgewohnheiten, Freizeitgestaltung, chronische Konflikte, Traumata

Hauptteil – Diagnostik - 3 - Familienanamnese, soziale, allgemeinmedizinische, psychische und neurologische Familienvorgeschichte - Fremdanamnese Befund: - Psychopathologischer Befund - Körperlicher Befund - apparative Diagnostik (Labor mit TSH, EKG, EEG, CCT, MRT, fMRT, PET) - testpsychologischer Befund

Hauptteil – Diagnostik - 4 Frage 8: - Was gehört zum psychopathologischen Befund?

Hauptteil – Diagnostik - 5 Frage 8: - Was gehört zum psychopathologischen Befund? Antwort 8: - 1. äußeres Erscheinungsbild - 2. Verhalten in der Untersuchungssituation - 3. Bewusstsein (quant. vs. qual. Stör.-> Delir, Dämm.) - 4. Orientierung (ZOPS) - 5. Aufmerksamkeit und Gedächtnis (-> Korsakow, Amnesie)

Hauptteil – Diagnostik - 6 - 6. Formales und inhaltliches Denken (Wahn, Zwang) - 7. Wahrnehmungsstörungen (Halluzinationen) - 8. Ich- Störungen (psychot.: Ged.-eingebung, -entzug; Entfremdungserleben: Depers.+ Dereal.) - 9. Antrieb und Psychomotorik (Depr., Manie, Schiz.) - 10. Affektivität (Verarmung, Verflachung, Labilität, Parathymie, Inkontinenz, Anhedonie) - 11. zirkadiane Besonderheiten (Morgentief) - 12. Selbst- und Fremdgefährdung, Suizidalität

Hauptteil – Diagnostik - 7 N.B.: - Suizidalität immer konkret ansprechen! Fragen dazu: - …besser nicht mehr leben? - …in letzter Zeit häufiger? - …sich aufdrängende Suizidgedanken? - …konkrete Suizidideen? - …bereits Vorbereitungen getroffen? - …mit jemandem darüber gesprochen?

Hauptteil – Diagnostik - 8 - …Suizid im Familien- oder Freundeskreis? - …Jahrestage? - …was hat Sie bisher davon abgehalten? N.B.: - erweiterter Suizid - „parasuizidale Handlungen“ (ohne Suizidabsicht) - „Präsuizidales Syndrom“ (E. Ringel) - Suchtkranke sind eine Hochrisikogruppe für Suizide!

Hauptteil – Diagnostik - 9 „Präsuizidales Syndrom“ (Erwin Ringel): - Einengung der sozialen und psychischen Lebensbereiche - Aggressionshemmung nach außen und Wendung gegen die eigene Person - Rückgang der allgemeinen Appetenz sowie erste Todesphantasien WHO: - weltweit ca. 1 Million Suizide/ Jahr (mehr von Männern) - in Deutschland ca. 11.000 erkannte Suizide/ Jahr - Suizidversuche 10-100x öfter (mehr von Frauen) - Suizidrisiko am höchsten bei den niedrigsten und den obersten sozialen Schichten

Hauptteil – ICD-10 - 1 Klassifikation und Diagnostik psychiatrischer Erkrankungen (in Anlehnung an ICD 10) 1. Gruppe: F0x.x- organische psychische Störungen - Ursachen: - neurodegenerativ, kardiovaskulär, metabolisch, immunologisch , infektiös, tumorös, traumatisch, Hydrocephalus, Epilepsie, cerebrale Hypoxie/Anämie

Hauptteil – ICD-10 - 2 Allgemeine Symptomatik der Demenzen: - 1. Störung des Gedächtnisses - 2. Störung in mindestens einem weiteren neuropsychologischen Teilbereich (Orientierung, Sprachverständnis, Lesen) - damit verbundene alltagsrelevante Einschränkung der Lebensführung - über mindestens 6 Monate Tests: MMST, Uhren- Zeichen- Test, DemTect

Hauptteil – ICD-10 - 3 Einteilung: Foo- Alzheimer- Demenz (früh, spät, gemischt; 50%) F01- vaskuläre Demenz F02-Demenz bei sonstigen Erkrankungen (Pick, CJD, Chorea Huntington, Parkinson, HIV) F03- nicht näher bezeichnete Demenz F04- organ. amnest. Syndrom (Korsakow ohne C2!) F05- Delir (hier nicht durch Suchtstoffe!!!; Störungen von Bewusstsein, Orientierung, Kognition, Wahrnehmung, Denken, zirkadiane Rhythmik)

Hauptteil – ICD-10 - 4 F06- sonstige psychische Störungen (im Zshg. mit Hirnschädigungen): - Halluzinose (C2, Dermat.), Katatonie, wahnhaft/ schizophreniform, affektiv, Angststörung, dissoziative Störung, asthenische Störung, leichte kognitive Störung F07- Persönlichkeits- und Verhaltensstörung aufgrund einer Krankheit, Schädigung oder Funktionsstörung des Gehirns: - PS, postencephalitisch, OPS nach SHT, sonstige

Hauptteil – ICD-10 - 5 F1x.x – Störungen durch psychotrope Substanzen - F10- Alkohol - F11- Opioide - F12- Cannabinoide - F13- Sedativa oder Hypnotika - F14- Kokain - F15- sonstige Stimulanzien (auch Coffein) - F16- Halluzinogene - F17- Tabak - F18- flüchtige Lösungsmittel - F19- multipler Substanzgebrauch

Hauptteil – ICD-10 - 6 Glossar: - riskanter Konsum - Missbrauch= Abusus= schädlicher Gebrauch - Abhängigkeit (körperlich vs. seelisch) - Toleranzentwicklung - Entzug (körperlich vs. seelisch) - Kontrollverlust - Suchtpotential - Polytoxikomanie vs. polyvalenter Abusus

Hauptteil – ICD-10 - 7 Diagnosekriterien: - 1. Konsumzwang - 2. Kontrollverlust - 3. Körperlicher Entzug - 4. Toleranzentwicklung - 5. Vernachlässigung anderer Tätigkeiten - 6. Fortsetzung des Konsums trotz schädlicher Folgen N.B.: - Abhängigkeit= mind. 3 Kriterien über ein Jahr - Polytox.= mind. 3 Substanzen wahllos über 6 Mon.

Hauptteil – ICD-10 – 7a - F1x.o: akute Intoxikation - F1x.1: schädlicher Gebrauch - F1x.2: Abhängigkeitssyndrom - F1x.22: Ersatzdrogenprogramm („kontrollierte Abhängigkeit“) - F1x.3: Entzugssyndrom - F1x.4: Entzugssyndrom mit Delir - F1x.5: psychotische Störung - F1x.6: amnestisches Syndrom (Korsakow infolge C2!) - F1x.7: Restzustände/ verzögerte psychotische Störungen - F1x.8: sonstige psychische und Verhaltensstörungen - F1x.9: n.n.b. psych. und Verhaltensstör.

Hauptteil – ICD-10 - 8 F20.x – Schizophrenien Kraepelin 1896: „Dementia praecox“ vs. „manisch- depressives Irresein“ - v.a. abnorme Erlebnisweisen: - inhaltliche Denkstörungen (Wahn) - Wahrnehmungsstörungen (v.a. akust. Halluzinationen) - Ich- Störungen Verlauf: - schubweise oder schleichend, meist Residualzustand - Komorbidität: am häufigsten Suchterkrankungen!!!

Hauptteil – ICD-10 - 9 Klassifikation: - F20.0: paranoide Schizophrenie - F20.1: hebephrene Schiz. (Denk-, Affekt- und Antriebsstörung, heiter- läppisch) - F20.2: katatone Schiz. - F20.3: undifferenzierte Schiz. (gemischt) - F20.4: postschizophrene Depression - F20.5: schizophrenes Residuum - F20.6: Schizophrenia simplex (nur Negativsympt.) - ohne Klassifikation: coenaesthetische Schizophrenie

Hauptteil – ICD-10 - 10 Symptomatik: - 1. Bleuler: Grundsymptome („die 4 grossen A“): - Assoziationslockerung (z.B. Denkzerfahrenheit) - Affektstörung (z.B. Parathymie) - Autismus (sozialer Rückzug, Antriebsstörung) - Ambivalenz (z.B. Sperrung) Akzessorische Symptome: - Wahrnehmungsstörungen (z.B. Halluzinationen) - inhaltliche Störungen (z.B. Wahn) - katatone Störungen (Psychomotorik, Echolalie)

Hauptteil – ICD-10 - 11 - 2. Kurt Schneider: Symptome 1. Ranges: 1. Wahrnehmungsstörungen: - dialog., komm., imperative Stimmen - Gedankenlautwerden - Leibhalluzinationen 2. Ichstörungen: - Gedankeneingebung, -entzug, -ausbreitung - Willensbeeinflussung 3. Inhaltliche Denkstörungen: - Wahnwahrnehmung (z.B. Personenverkennung)

Hauptteil – ICD-10 - 12 Symptome 2. Ranges: - optische, olfaktorische, taktile Halluzinationen - Coenaesthesien - Wahneinfälle Symptome 3. Ranges: - sensorische Störungen - illusionäre Verkennungen - Depersonalisation - Derealisation

Hauptteil – ICD-10 - 13 Diagnosekriterien: - 1. Ichstörungen - 2. Inhaltliche Denkstörungen - 3. Akustische Halluzinationen - 4. Wahn (anhaltend, unangemessen, bizarr) ----------------------------------------------------------------- - 5. Anhaltende Halluzinationen (jeder Art) - 6. Formale Denkstörungen - 7. Katatone Symptome

Hauptteil – ICD-10 - 14 - 8. Negativsymptome - 9. Eindeutige, durchgängige Verhaltensänderungen mit sozialem Rückzug Diagnose Schizophrenie: - wenn 1 Symptom der Gruppe 1-4 oder 2 Symptome der Gruppe 5-9 über mindestens 1 Monat bestanden haben Behandlung aber natürlich sofort, wenn entsprechende akute Symptomatik vorliegt!

Hauptteil – ICD-10 - 15 Verlauf -> Drittelregel: - entweder Heilung nach einigen Schüben - oder mittelschweres Residuum - oder schweres Residuum bzw. chronisch Phasen: - Prodromalphase (ggfs. Negativsymptome) - akute Phase (Frühwarnzeichen-> dann produktiv) - Residualphase (wieder Negativsymptome)

Hauptteil – ICD-10 - 16 Ätiologie: - „multifaktorielle Genese“ (70% biologisch; 30% psychologisch/ psychosozial) - „Vulnerabilitäts- Stress- Modell“ - dopaminerge Überaktivität limbisch/ Unterakt. frontal (Neurolept. vs. Amph./ Kokain/ L-Dopa) - glutamaterge Unteraktivität - serotonerges System (Atypika-> 5-HT2a-Rez.)  Netzwerkstörung!!!

Hauptteil – ICD-10 - 17 N.B.: Differenzialdiagnosen!!! Psychiatrische Ursachen: - hirnorganische, schizoaffektive , drogeninduzierte/ -assoz. Psychosen, psychotische Depression/ Manie Organische Ursachen: - Drogenintoxikationen, Med.- UAW, (Kortikoide, Antichol.), C2-/ BZD- Entzug, Tumoren, Lupus, Cushing, Wilson, Porphyrie, metabol., neuroendokrin

Hauptteil – ICD-10 - 18 Therapie: Gesamtbehandlungsplan! - Antipsychotika (70% Wirkung vs. 20% bei Placebo) - EKT - Soziotherapie (Aktivierung und Interaktion) - soziales Kompetenztraining - Psychoedukation (Aufklär., Informat., Frühwarnzeichen) - Psychotherapie (z.B. kVT) - Ergotherapie - Familientherapie - Frühinterventionsprogramme - gemeindenahe Rehabilitation

Hauptteil – ICD-10 - 19 Andere psychotische Störungen: - F21- schizotype Störung - F22.x- anhaltende wahnhafte Störungen - F23.x- vorübergehende akute psychotische Störungen - F24- induzierte wahnhafte Störung (Folie à deux, trois etc.) - F25- schizoaffektive Störungen

Hauptteil – ICD-10 - 20 F3- affektive Störungen - Depression/ Manie - häufige Komorbidität (Sucht, PS; Mb. Parkinson, MS, Schlaganfall, Herzinfarkt, Diabetes mellitus) - Einteilung: früher triadisch: - endogen, reaktiv, neurotisch jetzt deskriptiv (ICD-10)

Hauptteil – ICD-10 - 21 F30- Manische Episode - mit/ ohne psychotische Symptome F31- Bipolare affektive Störung (I-V) - depressiv/ manisch - leicht/ mittel/ schwer F32- Depressive Episode

Hauptteil – ICD-10 - 22 F33- Rezidivierende depressive Störung - leicht/ mittel/ schwer - mit/ ohne psychotische Symptome F34- Anhaltende affektive Störung - F34.o- Zyklothymia - F34.1- Dysthymia

Hauptteil – ICD-10 - 23 Psychopathologie der Depression: - depressive Verstimmung - Verlust von Freude und Interessen - Konzentrations- und Gedächtnisstörung - Psychomotorische Hemmung und Antriebslosigkeit oder innere Unruhe - Vitalsymptome - depressiver Wahn - Suizidalität - zirkadiane Störungen - Appetitlosigkeit, Gewichtsverlust, Libidoverlust

Hauptteil – ICD-10 - 24 N.B.: - atypische Depression (Hyperphagie, Hypersomnie-> MAO- Hemmer: Aurorix, Iatrosom) - Saisonale Depression (SAD, Lichtmangel-> Lichttherapie) - kognitive Triade nach Beck: - depressive Denkfehler/ verzerrte Kognitionen bzgl. eigener Person, Umwelt und Zukunft (-> kVT)

Hauptteil – ICD-10 - 25 Psychopathologie der Manie: - euphorische oder dysphorisch- gereizte Stimmung - Ideenflucht - Antriebssteigerung - fehlendes Krankheitsgefühl - Selbstüberschätzung - Grössenideen - vermindertes Schlafbedürfnis - Libidosteigerung

Hauptteil – ICD-10 - 26 Ätiologie: - „multifaktoriell“ - genetische Disposition (bipolar 80%, unipolar 30-40%) - Auslösung durch organische, intrapsychische oder psychosoziale Faktoren - Vulnerabilitäts- Stress- Modell - Neurotransmitter (Mangel an Monoaminen: Serotonin, Dopamin, Noradrenalin) - Schlafveränderungen - Netzwerkstörung cerebraler Regelkreise!!!

Hauptteil – ICD-10 - 27 Therapie: - Akuttherapie Erhaltungstherapie (6-12 Monate nach Remission)Rezidivprophylaxe - 1. Pharmakotherapie (Antidepressiva, Mood Stabilizer, Atypika) - 2. Psychotherapie (kVT, IPT, TP) - 3. Wachtherapie (Schlafentzugstherapie) - 4. Lichttherapie (2.500- 10.000 Lux über 30-120min. jeweils morgens+ abends) - 5. EKT

Hauptteil – ICD-10 - 28 Cave: 1. Rezidivrisiko: - unipolar >50%, bipolar >80%!!! - Residualsymptome als Rezidivrisiko!!! 2. Suizidalität: - Suizidversuche bei 20- 60% aller Depressiven - bipolar >> unipolar - 40-70% aller Suizide insgesamt erfolgen im Rahmen einer Depression (??!)

Hauptteil – ICD-10 - 29 F4- Neurotische, Belastungs- und somatoforme Störungen - Neurosen: ungelöste unbewusste Konflikte in der Kindheit werden zurückgehalten durch -> Abwehrmechanismen: z.B. Verdrängung, Verleugnung, Isolierung, Verschiebung, Spaltung -> Bewusstwerdung wird verhindert durch Widerstand - neurotische Symptomatik= Kompromisslösung des Konfliktes zwischen Trieben & Bedürfnissen („Es“), Kontrollinstanzen („Über-Ich“) sowie äußerer Realität und vermittelndem „Ich“

Hauptteil – ICD-10 - 30 - in der klassischen Psychoanalyse werden die Widerstände bearbeitet und gedeutet; - in der TFP („Transference focused Psychotherapy“) die Übertragungen (Kernberg-> BPS) - die klassischen Neurosebegriffe (depressiv, schizoid, zwanghaft, histrionisch, phobisch etc.) findet man in der ICD 10 eher bei den Persönlichkeitsstörungen - Im triadischen System: Ätiologie rein psychogen-> nur Psychotherapie - Aktuell: Zusammentreffen von psychischen, biologischen, (epi-) genetischen und soziokulturellen Faktoren

Hauptteil – ICD-10 - 31 Neurotische Störungen nach ICD-10: - F40, F41: Angststörungen - F42: Zwangsstörungen - F44: dissoziative Störungen - F45: somatoforme Störungen - F48: sonstige neurotische Störungen (Neurasthenie, Derealisations- und Derealisationsstörungen)

Hauptteil – ICD-10 - 32 Angststörungen: - Furcht: - psychische Ebene eines Reaktionsmusters in Gefahrensituationen-> schnelles Reagieren - Angst (lat. angustiae= Enge): psychophysiologisches Reaktionsmuster in einer Gefahrensituation, die als nicht zu bewältigen erscheint - 4 Ebenen: - emotional (in die Enge getrieben) - vegetativ (Sympathikus- Aktivierung) - kognitiv (gedankliche Einengung, geistige Blockade) - motorisch (Flucht oder Erstarrung)

Hauptteil – ICD-10 - 33 Pathologische Angst: - qualitativ identisch, aber: - in Situationen ohne reale Gefahr - Intensität und Dauer deutlich erhöht - Auslöser: Objekte, Situationen, Gedanken oder Körperempfindungen - werden als irrational oder übertrieben empfunden

Hauptteil – ICD-10 - 34 Phobische Störungen (durch bestimmte Objekte oder Situationen vs. frei flottierende Ängste) - Agoraphobie - soziale Phobie - spezifische (= isolierte) Phobie Andere Angststörungen: - Panikstörung - Generalisierte Angststörung

Hauptteil – ICD-10 - 35 Epidemiologie und Verlauf: - LZP 15-25%-> häufigste psychiatrische Störung - chronisch oder fluktuierend - 20% Spontanremissionen - hohe Komorbidität (Sucht, Depressionen) - oft späte Diagnose und Behandlung-> Chronifizierung!

Hauptteil – ICD-10 - 36 Ätiologie: - Vulnerabilitäts- Stress- Modell: - Genetik (30- 50%) - Neurobiologie („Angstnetzwerk“) - Lerntheorie: - primärer (dysfkt. Konfliktlösung) und sekundärer (Zuwendung) Krankheitsgewinn - klassische (Kaufhaus) und operante Konditionierung (Vermeidung) - kognitive Prozesse (Herzklopfen nach Kaffee-> Herzangst)

Hauptteil – ICD-10 - 37 Panikattacken: - anfallsartiger, intenisver Angstzustand - unerwartet - nicht auf Situationen, Tiere oder Gegenstände bezogen - somatische Symptome (Hyperventilationstetanie) - Derealisationserleben - kognitive Symptome („Ich flippe gleich aus“; „Ich falle gleich tot um“)

Hauptteil – ICD-10 - 38 - deshalb oft Notarzt oder Klinikambulanz - Dauer bis 30 (- 60 oder sogar 120 Min.) - Panikstörung („Herzneurose“): - wiederholtes Auftreten - Veränderungen in Verhalten und Einstellung - oft mit Agoraphobie - Erwartungsangst; „Angst vor der Angst“-> Vermeidungsverhalten - Therapie: (k)VT, SSRI

Hauptteil – ICD-10 - 39 Soziale Phobie: - Angst vor und Vermeidung von öffentlichen sozialen Situationen - Genetik 50% - Dysfunktion serotonerger Bahnen - Hyperreagibilität der Amygdala („Mandelkern“) - Persönlichkeitsfaktoren und Verhaltensmuster (Perfektionismus vs. Kränkbarkeit/ Scham) - LZ-Präv. 10%; w>m; Komorb. Sucht & Depressionen - Therapie: (k)VT, SSRI - „Lampenfieber“-> C2+ BZD im Showgeschäft!!!

Hauptteil – ICD-10 - 40 Einfache Phobien: - Akrophobie - Arachnophobie - Aviophobie - Klaustrophobie - Zoophobie - Dentalphobie - LZ- Präv. 9%; „Biological preparedness“; w:m=2.1; (k)VT

Hauptteil – ICD-10 - 41 Generalisierte Angststörung (GAS, GAD): - zu viele Sorgen um alltägliche Angelegenheiten - Grübelzwang - Häufigkeit und Intensität erhöht - körperliche Symptome (Anspannung, Nervosität, Schlafstörungen) - VSM; LZP 5%; w:m= 2:1 - oft komorbid mit Depressionen; (k)VT/ TP, ggfs. Therapie der Depression (SSRI, SSNRI, Opipramol)

Hauptteil – ICD-10 - 42 Zwangsstörungen: - Zwangshandlungen (z.B. Händewaschen) - Zwangsgedanken (z.B. aggressive Impulse) - Zwangsstörung: Zwang als zentrale Symptomatik mit erheblichem, dauerhaften Leidensdruck, führt zu… - … Vermeidungs- und Verheimlichungsverhalten - Ichdystonie - Ätiologie: VSM - Therapie (k)VT; hochdosiert SSRI, Clomipramin

Hauptteil – ICD-10 - 43 Dissoziative Störungen: - teilweiser oder völliger Verlust der integrierenden Funktion von Bewusstsein und Gedächtnis - Fähigkeit zur bewussten Beeinflussung und Kontrolle von psychischen und körperlichen Bereichen - Gedächtnisinhalte, Körperwahrnehmungen oder Bewegungen sind vom Tagesbewusstsein abgespalten und können nicht mehr in das eigene Erleben oder die aktuellen Erfahrungen integriert werden

Hauptteil – ICD-10 - 44 Klassifikation: - dissoziative Bewusstseinsstörungen (Amnesie, Fugue, Stupor, Trance, MPS) - dissoziative Störungen der Bewegung oder der Sinnesempfindungen (z.B. Krampfanfälle) - sonstige dissoziative Störungen (Depersonalisation/ Derealisation; Ganser- Syndrom) -> Entwicklung aus „Hysterie“ bzw. „Konversionsstörungen“ (unlösbare, unbewusste Konflikte werden auf körperliche Ebene verschoben)

Hauptteil – ICD-10 - 45 Somatoforme Störungen: - anhaltende körperliche Beschwerden oder Klagen über körperliche Mißempfindungen, meist von wechselnder Intensität und Lokalisation - keine ausreichend organische Erklärung trotz meist umfangreicher somatischer Abklärung - „Psychovegetatives Syndrom“, „psychogene Überlagerung“ - somatoforme Schmerzstörung - Somatisierungsstörung: Organsysteme, z.B. GIT, kardiovaskuläres System, autonome vegetative Störungen - hypochondrische Störung (F45.2)

Hauptteil – ICD-10 - 46 - Dysmorphophobie - Neurasthenie (F48.0): quälende Erschöpfung, Müdigkeit, Schwäche, Kopf-, Muskelschmerzen, Schlafstörungen, Reizbarkeit (-> Fibromyalgie; CFS) - Multiple Chemical Sensitivity (MCS) - Sick- Building- Syndrome (SBS) - Fibromyalgie (11 von 18 Tender Points) - Alexithymie - LSP 10%; w:m = 2:1 bis 5:1

Hauptteil – ICD-10 - 47 - Artefizielle Störungen (F68.1): - Münchhausen- Syndrom (dissoziativ) - Münchhausen-by-proxy (meist Mutter- Kind) - bewusste Simaulation - Rentenneurose (F68.0) (Aggravierung) - Burn- Out- Syndrom

Hauptteil – ICD-10 - 48 Therapie bei somatoformen Störungen: - 1. Glaubhaftigkeit der Beschwerden bestätigen! - 2. Frühzeitiges Ansprechen: Ursache wohl keine schwere Erkrankung, sondern Störung in der Wahrnehmung von Körperprozessen! - 3. Vollständige Exploration körperlicher und psychischer Symptome! - 4. Geplante Schritte und Konsequenzen erörtern! - 5. Bagatelldiagnosen und unnötige Eingriffe vermeiden! - 6. Feste Termine für Nachuntersuchungen! - 7. Gesunde Lebensführung, Stressabbau, Bewegung! (Schonung vermeiden!!!) - 8. Rückfragen stellen; Zusammenfassungen durch Pat. geben lassen, um Informationsverzerrungen zu erkennen!!!

Hauptteil – ICD-10 - 49 F43: Reaktionen auf schwere Belastungen und Anpassungstörungen - Anhaltende Veränderungen auf emotionaler, kognitiver und somatischer Ebene - äußerer Faktor als Conditio sine qua non: - Traumata (Ereignis, das von jedem als extrem belastend oder katastrophal empfunden würde) - kritische Lebensereignisse (Tod von Angehörigen) - biographische Übergänge (Berentung)

Hauptteil – ICD-10 - 50 Anpassungsstörung (F43.2): - psychische Reaktion mit Angst, Depressionen oder Verhaltensauffälligkeiten (aggressiv, dissozial) infolge eines kritischen Lebensereignisses (akut vs. chron.) - Auftreten bis max. 1 Monat nach Auslöser - Dauer bis max. 6 Mon. - oft vegetative Symptomatik - Suizidalität möglich

Hauptteil – ICD-10 - 51 Akute Belastungsreaktion (F43.0): - Auftreten in Minuten bis Stunden nach belastendem Ereignis - Abklingen nach 8-48 Stunden - Ursachen: Traumata, Unfälle, Verbrechen, Naturkatastrophen, Todesfälle - ohne vorherige psychische Erkrankung - „Nervenzusammenbruch“ - Betäubung, innere Leere; Verzweiflung, Angst, Wut; Depressivität bis zum SV

Hauptteil – ICD-10 - 52 Posttraumatische Belastungsstörung (F43.1): - Auftreten einige Wochen bis Monate nach Trauma (schwerste, katastrophale Belastungssituation) - Kernsymptome: - ständiges Wiedererleben des Traumas - phobisches Vermeidungsverhalten - Anhedonie, „Numbing“ - psychophysiologische Übererregbarkeit - Krieg, Unfall, Naturkatastrophe, Vergewaltigung etc.

Hauptteil – ICD-10 - 53 Symptomatik: - Intrusionen - Flashbacks - Angst - vegetative Symptomatik - spontan oder durch Trigger - Dissoziationen (-> komplexe PTBS) - Albträume - Amnesien - Vermeidungsverhalten - komorbide Störungen

Hauptteil – ICD-10 - 54 Therapie: - Traumatherapie!!! - z.B. „PITT“= „Psychodynamisch- imaginative Traumatherapie“ (nach Luise Reddemann) - „Flooding“ (Edna Foa) - EMDR= „Eye Movement Densensitization and Reprocessing“ (Francine Shapiro) - „Seeking Safety“= „Sicherheit Finden“ (L. Najavits-> Ingo Schäfer)

Hauptteil – ICD-10 - 55 Persönlichkeitsstörungen (F60): - bestimmte Eigenschaften, Verhaltensweisen, Denk- oder Reaktionsmuster behindern flexible, angemessene Verhaltensweisen dauerhaft - stabil seit Kindheit oder Jugend - erheblicher Leidensdruck - soziokulturell abweichend - meist Ich-synton

Hauptteil – ICD-10 - 56 Einteilung nach ICD-10: - Spezifische PS (F60): - F60.0: paranoide PS - F60.1: schizoide PS - F60.2: dissoziale PS - F60.3: emot. instabile PS (.30 impuls. Typus, .31 Borderline) - F60.4: histrionische PS - F60.5: anankastische PS - F60.6: ängstliche (vermeidende) PS - F60.7: abhängige PS - F60.8: sonstige näher bezeichnete PS - F60.9: n.n.b. PS

Hauptteil – ICD-10- 57 - F61: Kombinierte und sonstige PS - F62: andauernde Persönlichkeitsänderungen, nicht Folge einer Schädigung oder Krankheit des Gehirns - F62.0: andauernde PS nach Extrembelastung - F62.1: andauernde PÄ nach psychischer Krankheit - F62.8: sonstige - F62.9: n.n.b. PÄ - F63: abnorme Gewohnheiten und Störungen der Impulskontrolle

Hauptteil – ICD-10 -58 - 1. Cluster A („sonderbar, seltsam, exzentrisch“): - paranoide PS - schizoide PS - schizotype PS - 2. Cluster B („dramatisch, emotional, launisch“): - dissoziale PS - Borderline- PS - histrionische PS - narzisstische PS - 3. Cluster C („ängstlich“): - ängstlich- vermeidende PS - dependente PS (nicht Sucht, sondern was???) - zwanghafte PS

Hauptteil – ICD-10 - 59 Ätiologie: - „Diathese- Stress- Modell“ - Diathese: innere Verfassung; Disposition, Vulnerabilität - Anpassungsleistung: dysfunktionale Überlebensstrategien - Eskalation durch Stress

Hauptteil – ICD-10 - 60 Psychotherapie: - TP/PsA - TFP - (k)VT - DBT/ -S - MBT - Schematherapie - IPT

Hauptteil – ICD-10 - 61 F9: Verhaltens- und emotionale Störungen mit Beginn in der Kindeheit und Jugend - F90.0: Aufmerksamkeitsdefizit- Störung mit/ohne Hyperaktivität - Störungen der Aufmerksamkeit, der Impulsivität, der Motorik und des Sozialverhaltens - Beginn vor 5. (-7.) Lj. - häufige Komorbidität mit Sucht+ PS - Behandlung: multimodal; Pth., Coaching, Med. (Methylphenidat, Atomoxetin, Venlafaxin/Bupropion)

Hauptteil – Behandlung - 1 Psychiatrische Behandlungsmöglichkeiten: 1. Pharmakotherapie: - Antidepressiva - Stimmungsstabilisierer (Mood Stabilizer) - Antipsychotika - Anxiolytika und Hypnotika - Antidementiva - Suchtbehandlung - Psychostimulanzien

Hauptteil – Behandlung - 2 1.1. Antidepressiva:  Untold Stories about unsung heroes!!! - machen nicht abhängig! - haben bei richtiger Indikation weniger Nebenwirkungen als Zielwirkung! - d.h. bei starken UAW Indikation überprüfen und ggfs. Substanzklasse wechseln! - sind viel besser als ihr Ruf! - (das gilt auch für viele PsychiaterInnen) - wirken im Prinzip allesamt! - sollen deshalb nebenwirkungsbezogen eingesetzt werden!

Hauptteil – Behandlung - 3 Wirkungen: - stimmungsaufhellend - antriebssteigernd oder sedierend - anxiolytisch (aber nicht sofort) - gegen Zwänge (SSRI) - analgetisch (Amitriptylin, Duloxetin)  durch Erhöhung der Monoamine Serotonin, Noradrenalin bzw. Dopamin im synaptischen Spalt  Monoaminmangel- Hypothese der Depression

Hauptteil – Behandlung - 4 Wirkmechanismen: - Blockade der präsynaptischen Rückaufnahme- Transporter (selektiv, dual oder nichtselektiv) - Blockade des Abbaus von NA/ ST (Monoaminooxidase (MAO)- Hemmer) - Blockade präsynaptischer alpha- 2- Rezeptoren (Mianserin, Mirtazapin)-> präsynapt. Hemmung der NA/ ST- Freisetzung wird aufgehoben - Blockade postsynaptischer 5HT2- Rezeptoren (Hemmung der postsynapt. serotonergen Neurotransmission über 5HT1a- Rezept. entfällt)

Hauptteil – Behandlung - 5 - Wirkung am synaptischen Spalt innerhalb von Minuten bis Stunden, aber… - … antidepressive Wirkung erst nach 7-14 Tagen?! - … komplette Remission erst nach 4-6 Wochen?!  durch Wirkung im synapt. Spalt werden postsynapt. Prozesse auf Ebene der Second Messenger und der Genexpression induziert  Veränderung der neuronalen Plastizität  Netzwerkveränderungen

Hauptteil – Behandlung - 6 Nebenwirkungen durch Blockade von: - Histamin (H1)- Rezept.: Sedierung, Gewichtszunahme - cholinergen Rezept.: Mundtrock., Tachykardie, Schwitzen, Obstipation, Miktions-& Akkomod.- Stör. - adrenergen Rezept.: Hypotension, Orthostase, reflekt. Tachykardie - Serotonin (5HT2)- Rezept.: Priapismus (Trazodon) - Serotonin (5HT3)- Rezept.: Reduktion von Übelkeit und Erbrechen (verursacht z.B. durch SSRI)

Hauptteil – Behandlung - 7 Klassische AD: - TZA: Imipramin, Amitriptylin, Nortriptylin, Doxepin - Tetra-ZA: Maprotilin - MAO- Hemmer: Tranylcypromin, Moclobemid - Trimipramin Neuere AD: - SSRI: Sertralin, Citalopram, Escitalopram - (SNRI: Reboxetin->) SNDRI: Bupropion - SSNRI: Venlafaxin, Duloxetin - alpha- 2- Antag.: Mianserin, Mirtazapin - duale HT2a-Antag.& SRI: Trazodon - Serotoninantagonisten: Tianeptin; - Melatoninagonisten : Agomelatin - Johanniskrautextrakte

Hauptteil – Behandlung - 8 - Wirkung AD: 60-70% (also hoch!) - Wirkung Placebo: 40% (also extrem hoch!) - Also: bei mittelschweren bis schweren Depressionen auf jeden Fall - bei leichten Depressionen max. 2Wo. „Watchful Waiting“ - immer mit Psychotherapie kombinieren, falls möglich (oft leider nicht…!) Cave: - QTc- Prolongation - keine Kombinationen mit anderen QTC- Prolongatoren!

Hauptteil – Behandlung - 9 Cave: - QTC- Prolong. (Komb.) - anticholinerge Effekte bei TZA - Tyraminkrise (MAO- Hemmer) - serotonerges Syndrom (SSRI) - Leukopenie/ Agran. (Mianserin, Mirtazapin) Kontraindikationen: Prostatahyperplasie, Engwinkelglaukom, schwere Herz- oder Leberschäden

Hauptteil – Behandlung - 10 1.2. Stimmungsstabilisierer („Mood Stabilizer“) - primär zur Stabilisierung manischer bzw. depressiver Phasen im Rahmen affektiver und schizoaffektiver Störungen - zum Teil auch zur Akutbehandlung zugelassen Substanzen: - Lithium - Valproat - Lamotrigin - Carbamazepin - Atypika (Quetiapin, Olanzapin, Risperidon)

Hauptteil – Behandlung - 11 - 1.2.1. Lithium: - Akutbehandlung von Manien - Phasenprophylaxe bei unipolaren und bipolaren Störungen - zur Augmentationsbehandlung bei therapieresistenten Depressionen - Viele Interaktionen und UAW (Tremor, Polydipsie, Gewichtszunahme - gastrointestinale Beschwerden - Struma - Gewichtszunahme - QTc- Prolongation - Cave Intoxikationen (-> Diurese!)

Hauptteil – Behandlung - 12 - 1.2.2. Valproat: - Akuttherapie manischer Phasen - Rezidivprophylaxe manischer Episoden UAW: - Tremor - Ataxie - Sedierung - Transaminasenerhöhung - Haarausfall - Gewichtszunahme

Hauptteil – Behandlung - 13 - 1.2.3. Lamotrigin: - Rezidivprophylaxe depressiver Phasen im Rahmen bipolarer Störungen Cave: - sehr langsam aufdosieren von 25 auf 200mg; sonst Gefahr von exfoliativer Dermatitis, Steven- Johnson- oder Lyell- Syndrom!!! Cave: Carbamazepin!!! - relative Kontraindikation bei Substitution wegen Enzyminduktion!!! - Nicht verwenden!!! Basta!!!

Hauptteil – Behandlung - 14 1.3. Antipsychotika: - 1. Quetiapin: - bei mäßigen bis schweren manischen sowie bei schweren depressiven Episoden bei bipolaren Störungen - 2. Risperidon: - Akutbehandlung mäßiger bis schwerer man. Episoden - 3. Olanzapin: - dito; plus Phasenprophylaxe bei bipolaren Störungen, wenn eine manische Phase auf Olanz. angesprochen hat

Hauptteil – Behandlung - 15 - 1.3. Antipsychotika (Neuroleptika) - wirken gegen psychotische Symptome und gegen psychomotorische Erregungszustände Indikationen: - Akutbehandlung und Rezidivprophylaxe der Schizophrenie - Akutbehandlung von Manien - Behandlung wahnhafter Depressionen (mit AD) - Behandlung akuter Erregungszustände (z.B. bei Demenzen) - Behandlung von psychomotorischer Unruhe und Schlafstörungen

Hauptteil – Behandlung - 16 Antipsychotika der 1. Generation („Typika“): - v.a. Dopamin- D2- Rezeptor- Blockade; häufig EPMS A. der 2. Generation („Atypika“): - weniger D2- Blockade-> weniger EPMS Wirkmechanismus: - Blockade von D2-, D1-, D4- und 5HT2a- Rezeptoren

Hauptteil – Behandlung - 17 Antipsychotika der 1. Generation: - Hochpotente NL: - Haloperidol, Flupentixol, Fluphenazin, Perphenazin, Benperidol, Pimozid, Fluspirilen - Mittelpotente NL: - Perazin, Sulpirid - Niederpotente NL: - Melperon, Chlorprothixen, Pipamperon, Levomepromazin, Thioridazin, Promethazin

Hauptteil – Behandlung - 18 Hochpotente NL: - starke antipsychotische Wirkung & EPMS - mittelstarke antiemetische Wirkung - geringe Sedierung, Antriebshemmung & anticholinerge Wirkung Niederpotente NL: - geringe antipsychotische Wirkung & EPMS - schwache antiemetische Wirkung - starke Sedierung, Antriebshemmung & anticholinerge Wirkung

Hauptteil – Behandlung - 19 EPMS u.a. UAW: - 1. Frühdyskinesien (20-30%): - Zungen-, Schlund-, Blickkrämpfe (-> Biperiden) - 2. Parkinsonoid - 3. Akathisie (motorische Sitzunruhe) - 4. Spätdyskinesien (u.a. „Rabbit- Syndrom“) - 5. Malignes neuroleptisches Syndrom (Rigor, Fieber, Tachykardien, Hypertonie, Schwitzen, Exsikkose, Koma)-> Dantrolen; DD perniziöse Katatonie

Hauptteil – Behandlung - 20 Antipsychotika der 2. Generation: - 1. Clozapin („Leponex“= „Haase raus“):  keine EPMS! - 2. Risperidon/ Paliperidon (auch Depot) - 3. Olanzapin (auch Depot) - 4. Quetiapin - 5. Amisulprid - 6. Ziprasidon - 7. Sertindol - 8. Aripiprazol

Hauptteil – Behandlung - 21 Nebenwirkungen: - Gewichtszunahme - Diabetes mellitus - metabolisches Syndrom - QTc- Prolongation - Agranulozytose - Prolaktinerhöhung - Sedierung - Unruhe - Transaminasenerhöhung

Hauptteil – Behandlung - 22 1.4. Anxiolytika und Hypnotika - Benzodiazepine, Z- Substanzen, Chloralhydrat - 1.4.1 Benzodiazepine: - anxiolytisch - sedierend - muskelrelaxierend - antikonvulsiv - GABAerg, stark suchterzeugend, schwerer Entzug (Krampfanfälle, Delir) - in der Substitution sinnlos und schädlich!!!

Hauptteil – Behandlung - 23 - 1.4.2. Z- Substanzen - Zopiclon - Zolpidem - Zaleplon - im Rahmen der Substitution genauso zu bewerten wie BZD!!! - 1.4.3. Chloralhydrat - dito! -1.4.4. Pregabalin (Lyrica) - stark suchterzeugend! - nicht in der Substitution einsetzen!!!

Hauptteil – Behandlung - 24 Ersatz für BZD im Rahmen der Substitution: Angststörungen: - SSRI, Opipramol Schlafstörungen: - sedierende AD (Mirtazapin, Doxepin, Trimipramin) - niederpotente NL (Prothipendyl u.a.) - Schlafhygiene

Hauptteil – Behandlung - 25 1.5. Antidementiva: - wirken stabilisierend, mildern die Symptome, bremsen den Verlauf (?!?!) - 1.5.1. Acetylcholinesterase- Hemmer: - Donepezil (Aricept) - Rivastigmin (Exelon) - Galantamin (Reminyl) - Glutamat- Modulator: - Memantine (Axura, Ebixa)

Hauptteil – Behandlung - 26 ACHesterase- Hemmer: - inhibieren den Abbau von ACH und erhöhen so die Konzentration im synaptischen Spalt - gegen „cholinerges Defizit“ aufgrund der Degeneration cholinerger Neuronen - zugelassen gegen leichte und mittelschwere Formen der DAT - UAW: Durchfälle, Übelkeit, Erbrechen, Muskelkrämpfe, Bradykardien, Stürze

Hauptteil – Behandlung - 27 - 1.5.2. Memantine: - bindet an NMDA- Rezeptor- Subtyp der Glutamat- rezeptoren - antagonisiert schädliche Überstimulation glutamaterger Neuronen - zugelassen für mittelschwere bis schwere Formen der DAT

Hauptteil – Behandlung - 28 1.6. Psychopharmaka bei Abhängigkeitserkrankungen - 1. Entzugsbehandlung - 2. Substitutionsbehandlung - 3. Aversiva/ Antagonisten/ Anti- Craving- Substanzen - 4. Medikamente bei Intoxikationen Alkoholentzug: - Clomethiazol (Distraneurin) – nur stationär!!! - Benzodiazepine - Antikonvulsiva - Clonidin, Tiaprid, Haloperidol - symptomatische Delirbehandlung

Hauptteil – Behandlung - 29 Opiatentzug: - bei Substitution: homologer Entzug - bei anderen: dito (Tramadol, Tilidin, Morphin) - adjuvante Gabe von Analgetika, Antiemetika, AD, niederpotente NL, Clonidin, Loperamid Kokain- / Amphetaminentzug: - SSRI/ SNRI/ SNDRI/ SSNRI

Hauptteil – Behandlung - 30 - 1.6.2. Substitutionsbehandlung: - Levomethadon, DL- Methadon, Buprenorphin, Diacetylmorphin, Codein - Nikotin, Vareniclin (Champix) - 1.6.3. Aversiva/ Antagonisten/ Anti- Craving - Disulfiram - Calciumcarbimid - Naltrexon/Nalmefene - Acamprosat

Hauptteil – Behandlung - 31 -1.6.4. Medikamente bei Intoxikationen: - Naloxon (Narcanti) - Flumazenil (Anexate) - hoch-/ niederpotente NL - Betablocker/ Benzodiazepine (bei Stimulanzien und Halluzinogenen) - symptomatische Behandlung

Hauptteil – Behandlung - 32 1.7. Psychostimulanzien: - Methylphenidat (ADHS) - Modafinil (Narkolepsie) - Amphetaminsalze (ADHS) - Atomoxetin (ADHS) = kein Psychostimulans, sondern SNRI

Hauptteil – Behandlung - 33 1.8. Spezielle Aspekte der Psychopharmakotherapie Cave: - Fahrtauglichkeit - Arbeitsfähigkeit (Maschinen) - Alter, Leber und Nieren - im Alter: Faustregel-> halbe Dosis; Plasmaspiegel - Schwangerschaft und Stillzeit - Medikamenteninteraktionen

Hauptteil – Behandlung - 34 Cytochrom- P 450- System (Isoenzyme): - v.a. CYP 1A2, 2C9, 2C19, 2D6, 3A4 Genvarianten/ Polymorphismen im CYP-450- System - poor metabolizer (15- 20%) - intermediate metabolizer (60- 65%) - rapid metabolizer (10- 15%) - ultra rapid metabolizer (5%)

Hauptteil – Behandlung - 35 Andere biologische Therapieverfahren: - 1. EKT= Elektrokonvulsionstherapie - bei wahnhaften Depressionen - bei therapieresistenten schweren Depressionen - bei perniziöser Katatonie - 30-60sec., unilateral, nicht dominante Hemisphäre, 6-12x (2-3x/Woche); ggfs. bilateral - wenig Nebenwirkungen, keine absolute Kontraindikation - 2. Wachtherapie (Schlafentzugstherapie) - 3. Lichttherapie (jeweils morgens und abends 2.500-10.000 Lux für 30- 120min.)

Hauptteil – Behandlung - 36 Psychotherapie: - (kognitive) Verhaltenstherapie, (k)VT (Beck); DBT(S) (Linehan); Seeking Safety (Najavits) - Psychoanalyse; TFP, MBT, Schematherapie - tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie - Traumatherapie (PITT, EMDR, Flooding) - Gesprächspsychotherapie - systemische Therapie -Paar- und Familientherapie - AT, PMR, Hypnose, Biofeedback

Hauptteil – Behandlung - 37 Psychotherapie bei Substituierten: - vorzugsweise manualisierte Therapien in Gruppen- und ggfs. Einzelsitzungen mit Supervision - vorzugsweise verhaltensmodifizierende Therapien im Hier und Jetzt - Cave widerstands-/ übertragungsfokussierte Therapien (höchstens bei bereits weitgehend erfolgreicher Stabilisierung) - N.B.: Grundstörung?! (PTBS, ADHS etc.)

Nachtgedanken “Vice is a monster of so frightful mean, that to be hated, needs to be seen. Yet, seen too often, familiar with its face, It´s first pitied, then endured and then embraced…“ (Alexander Pope)

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