Rechtliche Rahmenbedingungen der Telearbeit

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Rechtliche Rahmenbedingungen der Telearbeit
 Präsentation transkript:

Rechtliche Rahmenbedingungen der Telearbeit Cornelia Hall VDB Kommission für Rechtsfragen Ludwigsburg, 08. November 2005

Definition: Telearbeit Telearbeit ist jede auf Informations- und Kommunikationstechnik gestützte Tätigkeit, die ausschließlich oder zeitweise an einem außerhalb der zentralen Betriebsstätte liegenden Arbeitsplatz verrichtet wird. Dieser Arbeitsplatz ist mit der zentralen Betriebsstätte durch elektronische Kommunikationsmittel verbunden. (Aus: Telearbeit - Ein Leitfaden für die Praxis. Hrsg.: Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung. Berlin 2000) 

Problem: Keine Legaldefinition Unstrittige Voraussetzung: Räumliche Trennung vom Betrieb des Arbeitgebers (auch zeitweise) Tätigkeit muss auf programmgesteuerte Arbeitsmittel gestützt sein ( Informations- und Kommunikationsmittel)

Rechtlicher Klärungsbedarf Anspruch auf Telearbeit Verpflichtung zur Telearbeit Einzelfragen zur Einrichtung eines Telearbeitsplatzes aus der Sicht des Arbeitgebers Verhaltenspflichten des Arbeitnehmers

Anspruch auf Telearbeit Nein!

Anspruch auf Telearbeit Aber: § 13 Abs. 1 Bundesgleichstellungsgesetz: Anträgen von Beschäftigten mit Familienpflichten auf Teilzeitbeschäftigung oder Beurlaubung ist auch bei Stellen mit Vorgesetzten- und Leitungsaufgaben zu entsprechen, soweit nicht zwingende dienstliche Belange entgegenstehen. Im Rahmen der dienstlichen Möglichkeiten sind Beschäftigten mit Familienpflichten auch Telearbeitsplätze oder besondere Arbeitszeitmodelle wie zum Beispiel Sabbatjahr oder Arbeitszeitkonto anzubieten. Die Dienststelle muss die Ablehnung von Anträgen im Einzelnen schriftlich begründen.

Anspruch auf Telearbeit Zudem: BGleiG § 15 Teilzeitbeschäftigung darf das berufliche Fortkommen nicht beeinträchtigen. Eine unterschiedliche Behandlung von Teilzeitbeschäftigten gegenüber Vollzeitbeschäftigten ist nur zulässig, wenn zwingende sachliche Gründe sie rechtfertigen. Teilzeitbeschäftigung darf sich nicht nachteilig auf die dienstliche Beurteilung auswirken. Absatz 1 gilt entsprechend für Beschäftigte an Telearbeitsplätzen und für Beurlaubte mit Familienpflichten; eine regelmäßige Gleichbehandlung von Zeiten der Beurlaubung, der Teilzeit- und der Vollzeitbeschäftigung ist damit nicht verbunden.

Verpflichtung zur Telearbeit Nein! Grundsatz der Freiwilligkeit

Einzelfragen zur Einrichtung eines Telearbeitsplatzes aus Sicht des Arbeitsgebers Beteiligung des Personalrats Arbeitszeit und Arbeitszeiterfassung Arbeitssicherheit Datenschutz Haftungsfragen Zugangsrechte

Beteiligung des Personalrats Mitbestimmungsrechte für die Einführung der Telearbeit als Ganzes: - Teilaspekte der Telearbeit sind dann mitbestimmungspflichtig, wenn sie nach den jeweiligen Personalvertretungsgesetzen mitbestimmungspflichtig sind.

Beteiligung des Personalrats § 69 Bundespersonalvertretungsgesetz  (1) Soweit eine Maßnahme der Mitbestimmung des Personalrates unterliegt, kann sie nur mit seiner Zustimmung getroffen werden. (2) Der Leiter der Dienststelle unterrichtet den Personalrat von der beabsichtigten Maßnahme und beantragt seine Zustimmung.

Beteiligung des Personalrats § 76 Bundespersonalvertretungsgesetz  (2) Der Personalrat hat, soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht, gegebenenfalls durch Abschluss von Dienstvereinbarungen mitzubestimmen über […] 7. Einführung grundlegend neuer Arbeitsmethoden

Arbeitszeit- und Arbeitszeiterfassung Dienstvereinbarung mit dem Personalrat Arbeitszeitschutz umfasst: Vorschriften zur Begrenzung der Dauer der täglichen (evtl. auch der wöchentlichen oder monatlichen) Arbeitszeit Vorschriften zur Festlegung der zeitlichen Lage der Arbeitszeit während eines Tages Vorschriften zur Regelung von Pausen während der Arbeit Vorschriften zur Regelung der Arbeitsruhe bzw. der ausnahmsweise erlaubten Arbeit an Sonntagen und gesetzlichen Feiertagen  

Arbeitszeit- und Arbeitszeiterfassung Erfassung der Arbeitszeit Verpflichtung des Arbeitgebers zur Aufzeichnung der über die werktägliche Arbeitszeit hinausgehende Arbeitszeit des Telearbeitnehmers (§ 16 Abs. 2 AZG) Delegation der Aufzeichnungspflicht ist zulässig

Arbeitssicherheit § 3 Arbeitsschutzgesetz (1) Der Arbeitgeber ist verpflichtet, die erforderlichen Maßnahmen des Arbeitsschutzes unter Berücksichtigung der Umstände zu treffen, die Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten bei der Arbeit beeinflussen.[…]   (3) Kosten für Maßnahmen nach diesem Gesetz darf der Arbeitgeber nicht den Beschäftigten auferlegen.

Arbeitssicherheit Anforderungen an den Bildschirmarbeitsplatz Anforderungen an Beleuchtung, Mobiliar etc. Einhaltung von Verkehrssicherungspflichen

Datenschutz Datenschutzrechtliche Besonderheiten im Hinblick auf Telearbeit existieren nicht. Hinweis des Arbeitgebers auf die anwendbaren Bestimmungen des Bundesdatenschutzgesetzes

Haftungsfragen Verursachung von Sach- und Vermögensschäden des Arbeitgebers in der Wohnung des Telearbeitenden Schadenseintritt bei Ausübung der Telearbeit führt zu Haftungsprivilegierung des Telearbeitenden Haftung dann nur für Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit

Haftungsfragen Problem: Haftungsprivilegierung für Dritte Ist an der Schadensentstehung ein Dritter beteiligt, muss die Haftungsbeschränkung auch für diesen gelten (OLG Karlsruhe OLGZ 69) Anders bei alleiniger Verursachung des Schadens durch Dritte

Zugangsrechte Gewährung von Zutrittsrechten ist zwingend Pflicht des Arbeitgebers zur Kontrolle des Arbeitsplatzes Vorherige Anmeldung erforderlich

Verhaltenspflichten des Arbeitnehmers Dokumentation der Arbeitszeit Mitwirkungspflicht im Arbeitsschutz Datenschutz

Fazit: Die Tätigkeit der Telearbeit unterliegt denselben Vorschriften wie die Tätigkeit vor Ort. Einführung von Telearbeit ist daher kein juristisches, sondern oft ein verwaltungspolitisches Problem.

Herzlichen Dank! Cornelia Hall Universität Tübingen/ Juristisches Seminar Cornelia.hall@jura.uni-tuebingen.de