Modul II 9. Vorlesung (4.1.2017) KVV 10 280 / Wintersemester 2016/ 17 Strafprozessordnung Priv.-Doz. Dr. Erol Pohlreich Mittwochs von 14 bis 16 Uhr.

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Modul II 9. Vorlesung (4.1.2017) KVV 10 280 / Wintersemester 2016/ 17 Strafprozessordnung Priv.-Doz. Dr. Erol Pohlreich Mittwochs von 14 bis 16 Uhr c.t. Unter den Linden 6, Raum 2116

Strafprozessuale Zwangsmaßnahmen I. Überwachung der Telekommunikation (TKÜ) Voraussetzungen Auf konkrete Tatsachen gestützter Verdacht einer Katalogtat (§ 100a I Nr. 1 i.V.m. II Nr. 1 – 11 StPO), die auch im konkreten Einzelfall besonders schwer wiegen muss (§ 100a I Nr. 2 StPO). Zufallsfunde dürfen nur zur Verfolgung anderer Katalogtaten verwendet werden (§ 477 II 2 StPO). Subsidiaritätsklausel, § 100a I Nr. 3: Erforschung des Sachverhalts oder Ermittlung des Aufenthaltsortes muss auf andere Weise aussichtslos oder wesentlich erschwert sein. Anordnung darf sich nur gegen bestimmte Personen richten (§ 100a III), doch ist auch der Inhalt von Gesprächen anderer Personen über die abgehörten Anschlüsse verwertbar. VL Strafprozessordnung Priv.-Doz. Dr. Erol Pohlreich

II. Sicherstellung und Beschlagnahme, §§ 94 ff., 111b ff. StPO 1. Sicherstellung von Beweismitteln Befindet sich der Gegenstand im Gewahrsam einer Person, die in freiwillig herausgibt, genügt eine Inverwahrungsnahme, die alle Strafverfolgungsbehörden vornehmen können (§ 94 I StPO). Verweigert der Gewahrsamsinhaber die Herausgabe des Gegenstands, bedarf es der förmlichen Beschlagnahme (§ 94 II StPO), die durch das Gericht, bei Gefahr im Verzug auch durch die Staatsanwaltschaft und ihre Ermittlungspersonen (§ 98 I 1 StPO) angeordnet wird und zu einer Sicherstellung des Beweismittels führt. In materiell-strafrechtlicher Hinsicht hat die Sicherstellung folgende Wirkungen: Mit der Sicherstellung entsteht ein von § 133 StGB geschütztes öffentlich-rechtliches Verwahrungsverhältnis und – allerdings nur im Fall der Beschlagnahme – eine durch § 136 StGB geschützte Verstrickung. VL Strafprozessordnung Priv.-Doz. Dr. Erol Pohlreich

Beschlagnahmeverbote Behördliche Sperrerklärung (§ 96 StPO), beachte allerdings BGHSt 38, 237 Schriftliche Mitteilungen etc. Im Gewahrsam von Zeugnisverweigerungsberechtigten (bei Verteidigerpost wegen Vorrangs des § 148 StPO gegenüber § 97 II 1 StPO auch bei Gewahrsam des/der Beschuldigten; umstritten ist, ob § 97 II 3 StPO bei Beteiligungsverdacht von Verteidigern eine Beschlagnahme gestattet (so hM) oder § 148 I StPO auch insofern als abschließende Regelung gilt, so dass Einschränkungen des Verkehrs des/der Beschuldigten mit der Verteidigung nur gemäß § 148 II StPO angängig sind (Beulke Rn. 271). VL Strafprozessordnung Priv.-Doz. Dr. Erol Pohlreich

2. Postbeschlagnahme (§ 99 StPO) 3. Sicherstellung von Verfalls- und Einziehungsgegenständen (§§ 111b ff. StPO) 4. Sicherstellung (deutscher) Führerscheine (§ 94 III StPO) Trotz der Funktion einer Gewährleistung der Einziehung gem. § 69 III 2 StGB; die Fahrerlaubnis als behördliche Berechtigung kann vorläufig nur richterlich entzogen werden (§ 111a StPO) VL Strafprozessordnung Priv.-Doz. Dr. Erol Pohlreich

III. Durchsuchung (§§ 102 ff. StPO) Suche nach Personen, Beweismitteln sowie Gegenständen, die als Einziehungs- oder Verfallsobjekte (vgl. §§ 73 ff. StGB) in Betracht kommen. Objekt der Durchsuchung können Räumlichkeiten, bewegliche Sachen und Personen sein. 1. Durchsuchung beim/bei der Verdächtigen (§ 102 StPO) Nicht zwingend bei dem/der Beschuldigten. Möglich ist die Durchsuchung zur Ergreifung des/der Beschuldigten und zur Ermittlung (Auffinden von Beweisen etc.), nicht aber zur bloßen Ausforschung. 2. Durchsuchung bei anderen Personen (§ 103 StPO) Erforderlich ist nicht nur eine bloße Vermutung des Auffindens des/der Beschuldigten bzw. von Beweismitteln, sondern es müssen konkrete Tatsachen für diese Annahme vorliegen (§ 103 I 1 StPO). Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz erfordert i.d.R., dass die betroffene Person zunächst zur freiwilligen Herausgabe aufgefordert wird. Die Durchsuchung von Personen ist in § 103 StPO nicht genannt, doch wird deren Zulässigkeit aus einem erst-recht-Schluss aus § 81c StPO hergeleitet. Diensträume von Behörden dürfen nur zur Ergreifung des/der Beschuldigten oder zur Auffindung nicht behördlich verwahrter Beweismittel durchsucht werden; bei behördlich verwahrten Akten würde anderenfalls § 96 StPO umgangen. VL Strafprozessordnung Priv.-Doz. Dr. Erol Pohlreich

3. Durchführung der Durchsuchung Richtervorbehalt, bei Gefahr im Verzug auch Staatsanwaltschaft und (aber nur gegenüber Beschuldigtem/-r) Ermittlungspersonen (§ 105 I). Durchsuchungsanordnung muss hinreichend bestimmt und darf nicht zu alt sein. Verwertungsverbot bei Verletzung von § 105 StPO ist umstritten: Rspr und hM halten Beweismittel bis zur Willkürgrenze für verwertbar, danach nicht. Stimmen in der Literatur und vereinzelte Entscheidungen nehmen dagegen bereits bei offensichtlicher Umgehung des Richtervorbehalts ein Beweisverwertungsverbot an. Es gibt grundsätzlich keine Durchsuchungsverbote, doch ist eine Durchsuchung nach erkennbar beschlagahmefreien Gegenständen unzulässig. 4. Zufallsfunde § 108 StPO. Können einstweilen in Beschlag genommen werden, wenn nicht ein Beschlagnahmeverbot gemäß § 97 StPO besteht oder wenn gezielt nach solchen Funden gesucht wurde (dann keine „Zufallsfunde“). Ausnahmen in Abs. 2 und 3. VL Strafprozessordnung Priv.-Doz. Dr. Erol Pohlreich

IV. Körperliche Untersuchung, DNA-Analyse (§§ 81a ff. StPO) 1. Untersuchung des/der Beschuldigten (§ 81a StPO) Zur Feststellung von Tatsachen, die für das Verfahren von Bedeutung sind (z.B. Entnahme einer Blutprobe zur Feststellung der BAK). Anordnung grundsätzlich durch Richter (§ 81a II StPO), Vornahme durch Arzt/Ärztin (§ 81a I StPO) 2. Untersuchung anderer Personen Diese müssen als Zeugen in Betracht kommen. Aus dem Zeugnisverweigerungsrecht folgt ein Untersuchungsverweigerungsrecht (§ 81c III StPO). Die Untersuchung darf allein auf das Finden von Spuren oder Folgen einer Straftat gerichtet sein (Spurengrundsatz). Ausnahme vom Zeugen- und Spurengrundsatz: § 81c II (insbesondere für Blutentnahme) VL Strafprozessordnung Priv.-Doz. Dr. Erol Pohlreich

V. DNA-Analyse (§ 81e StPO) An nach §§ 81a, 81c StPO gewonnenem (§ 81e I StPO)) sowie aufgefundenem, sichergestelltem oder beschlagnahmtem (§ 81e II StPO) Material im laufenden Strafverfahren aufgrund richterlicher Anordnung (§ 81f StPO). Zu freiwilligen Reihenuntersuchungen (§ 81h StPO). VI. DNA-Identitätsfeststellung (§ 81g StPO) Für zukünftige Strafverfahren. VL Strafprozessordnung Priv.-Doz. Dr. Erol Pohlreich