Migration und Sexualität

Slides:



Advertisements
Ähnliche Präsentationen
Von Christoph Drobnitza und Andreas Lenzen
Advertisements

„Wenn sie so wären wie wir……“
Schöne schlanke Welt???.
Kompetenzfeld Tod und Trauer
Gesunder Mensch im gesunden Unternehmen
Trauma und seine Auswirkungen auf das Familienleben
Prof. Dr. Fritz Böhle WS 2007/2008 Referentin: Beata Lutz
„Männlich“, „weiblich“……: Geschlechterrollen in Bilderbüchern
Vorsorge-Apéro Heinz Ernst 3. Dezember 2007
Mögliche Themen für die Sozialarbeit im Fall Herr und Frau Huber
Gruppenstruktur nach E. Berne
Transkulturalität Transkulturalität bezeichnet Beziehungen zwischen zwei oder mehreren Kulturen. Der Begriff drückt aus 1.) Es gibt Unterschiede zwischen.
Coaching in der Midlife Crisis -
Krisenintervention/ Akutbetreuung/ Stressverarbeitung
Pastorale Rahmenkonzeption Kindergarten - Gemeinde erLeben
Aufarbeiten oder Verdrängen? – Männer trauern anders
Dipl. Sozialpädagogin Margit Bösen-Schieck
Vorsorge- und Rehabilitationsmaßnahmen als Chance für die ganze Familie Bundesverband e.V, Mai 2007 Anna Hoffmann-Krupatz An der stationären Vorsorge-
Betriebliche Gestaltungsfelder
Scheidung und Schule Auswirkungen von Scheidung und Trennung auf Kinder bzw. Jugendliche – Relevanz für die Arbeit an der Schule © Hans-Gerd Gerhards.
Schadensminderung im Justizvollzug Zusatzmodul: Gefangene aus ethnischen Minderheiten Training Criminal Justice Professionals in Harm Reduction Services.
Schule in Asyl- und Flüchtlingsunterkünften TISG
Soziale Arbeit an Schulen im Landkreis Bad Kreuznach
„Frauen fragen Frauen“ Präsentation zum Forschungsprojekt
Informationen für Eltern, Schülerinnen und Schüler
Chronischer Hunger Was bedeutet chronischer Hunger?
Ludwig Josef Johann Wittgenstein
KONVERSATIONEN MIT MIR ÜBER LÖSUNGSORIENTIERTE THERAPIE: 1978 BIS HEUTE.
Moderne Familien in Deutschland und in Russland.
FAMILIENKOMPETENZ STÄRKEN ZU ERZIEHUNGSVERANTWORTUNG BEFÄHIGEN, ENTWICKLUNG FÖRDERN. ELTERN UND KINDER IM BLICK Elisabeth Schmutz Institut für Sozialpädagogische.
Eltern und Fachpersonen «eine interdisziplinäres Team Drehtage 2016 Mehr als eine Klientin Eltern- Kind- Institution Einladung zur Kooperation Definition.
1 Medizin und ihre ethischen Grenzen/ Begrenzung 1.1 genereller Zugang 1.2 Problemstellung 1.3 Fragestellung - Orientierung woran? 1.4 Welche Ethik? Moral.
Traumatisierung bei Flüchtlingen
Herausforderungen in der Begleitung junger Menschen aus Migrations- und Flüchtlingsfamilien Susanne Huth Bildung begleiten III – Engagement für Schülerinnen.
Andrey Christine, Silva Susana Warum haben Schweizerpaare später als geplant, weniger als gewünscht oder überhaupt keine Kinder? Kinderwunsch bei Schweizerpaaren.
Openprof.eu Project No LT01-KA Diversity: Vom Stereotyp zur Diskriminierung Begrifflichkeiten und Zusammenhänge.
Einleitung Meine Mama ist dement und weiss nicht, wer ich bin – Videoclip zeichnet ein Ideales Bild von Familie Die Realität sieht oft anders aus: Lebensabschnittpartner,
Sexuelle Bildung und sexual-pädagogische Beratung im Spannungsfeld kultureller Interpretationen Lucyna. .
Untersuchung zur Haltung der Mitarbeiter
Kath. Kindertagesstätte Heilig Kreuz
Angewandter Glückskurs
EU-Konferenz „Männer und Vereinbarkeit“
Identifying the effects of gendered language on economic behavior
Europa geht nur zusammen Piraten für „Integration und Migration“
39. Führungsseminar des ÖBFV Workshop
Vom Stereotyp zur Diskriminierung
DIE FAMILIE.
Die Bindungsmodelle John Bowlby ( ).
Meine Familie 2 ich Eltern Mutter Vater Hier ist meine Familie. Bruder
Sich über Grenzen austauschen
4A, BG/BRG Laa an der Thaya, 2016/17
Symbiose und Autonomie
Ein starkes ICH entwickeln
Transkulturelle Psychoonkologie
Mein Konfliktverhalten erkennen und verbessern
Sprachliche Bildung Kath. Kinderwelt St. Laurentius
Eine videogestützte Entwicklungsberatung
Susanne Huth Versicherungskammer Stiftung
Informationen für Eltern und Schülerinnen und Schüler
Im einen oder anderen Zusammenhang mag es durch die Verwendung von THESE z.B.: Im einen oder anderen Zusammenhang mag es durch die Verwendung von.
Jugend in modernen Gesellschaften Input - Impulse
Pastorale Rahmenkonzeption Kindergarten - Gemeinde erLeben
Trauerarbeit und Bewältigung
Beratungsstelle – Die Konsulenten
Sozialwissenschaften
SAFE © SICHERE AUSBILDUNG FÜR ELTERN I Modellprojekt zur Förderung einer sicheren Bindung zwischen Eltern und Kind Karl Heinz Brisch Kinderklinik und.
Eine weltweite Aktion zur Ächtung von Gewalt gegen Frauen
Kita – Lebensort des Glaubens Ein Projekt zur Weiterentwicklung des pastoralen Qualitätsprofils der katholischen Kindertageseinrichtungen im Bistum Münster.
Flucht und Trauma Aus: Barbara Preitler: An ihrer Seite sein. Psychosoziale Betreuung von traumatisierten Flüchtlingen. Innsbruck 2016, Studienverlag IN.
Prof. Dr. Norbert Frieters-Reermann KatHO NRW - Aachen
 Präsentation transkript:

Migration und Sexualität 1 Migration und Sexualität Mag. Michael Schreckeis Salzburg, St. Virgil, 26.5.2017

Inhalte Reflexion eigener Vorannahmen Entwicklung von Offenheit und Neugier für andere Kulturen Einiges über besondere Schwierigkeiten männlicher Migranten Chance für Frauen? Migration als potentielles Trauma Verständnis für unterschiedliche Familienkonzepte

Verschiedene Erklärungsmuster 6 Verschiedene Erklärungsmuster Magie Bedeutung von Eifersucht und Ehre Religion Körpersymptome Familienstrukturen Politische Überzeugungen

Verschiedene Familienkonzepte 8 Verschiedene Familienkonzepte Symbiotische Beziehungen zwischen Eltern und Kindern sind häufig Individuation im Sinne eines ständigen Prozesses der Separation von den Eltern hat geringen Stellenwert Nicht die Selbstverwirklichung des Einzelnen, sondern das Funktionieren der Familie als Kollektiv steht im Mittelpunkt

Verschiedene Familienkonzepte 9 Verschiedene Familienkonzepte Hoher Stellenwert der Konzepte, Ideale und Erwartungen der Elterngeneration Gefahr von Parentifizierung Phänomen generationenübergreifender Delegation („Treuhänder der Trauer“, Delegationen in Familiensystemen)

Männer erleben eine Identitätskrise - auch ohne Migration! 1212 Männer erleben eine Identitätskrise - auch ohne Migration! Die Zeit der Eroberungen – der Höhepunkt des Patriarchats ist vorbei! Industrialisierung – Rationalismus Dynamisierung im letzten Jahrhundert: StudentInnenbewegung feministischer Diskurs Postmoderne Dienstleistungsgesellschaft Die Zukunft der Arbeit ist weiblich

Benachteiligungen von Männern 1313 Benachteiligungen von Männern Rechtsprechung Gesundheit Bildung Arbeit Forschung Soziale Kompetenz

Entwicklungspsychologische Erschwernisbedingungen 1414 Entwicklungspsychologische Erschwernisbedingungen Y-Chromosom statt eines zweiten X-Chromosoms Mütter sind mit ihren Töchtern mehr identifiziert   Fehlen eines inneren Vaterbildes (Migranten erleben ihre Väter zusätzlich häufig als unterdrückte, ohnmächtige Väter Unterschiedlicher Beginn der Pubertät

1515 Das männliche Dilemma Machtpositionen sind auf einen sehr kleinen Kreis von Männern beschränkt. „Gesellschaftlicher Bodensatz“ von Marginalisierung bedroht. Migranten sind davon doppelt betroffen! Entstehung einer Subkultur der „angry young men“

Wenn positive Männerbilder fehlen 1616 Wenn positive Männerbilder fehlen Es gibt: Veränderer Verdränger Traditionalisten: Zurück zu antiquierten Männeridealen Fassade aus männlichen Versatzstücken Kontraphobisches Machogehabe Aussteigen aus einem Wertesystem, das einen marginalisiert Entstehung von Fundamentalismus

Viele Migranten fühlen sich zweifach kastriert 1717 Viele Migranten fühlen sich zweifach kastriert Einerseits wie alle Männer durch die Veränderungen der Geschlechterverhältnisse Andererseits durch die spezifische Situation der Migration

Migration als Chance für Frauen These 6: Für viele Frauen bedeutet Migration eine Chance, da ihre Fähigkeiten besser der postmaterialistischen Dienstleistungsgesellschaft entsprechen als die ihrer Männer.

Frauen verlieren einerseits die Sicherheit gebende Rollen Gewissheit und das soziale Umfeld. Das Binnenklima der Beziehung wird enger und belastender. In vielen Partnerschaften wird der Mann zum Kind. Neue Rollenbeispiele sowie ökonomischer Aufstieg bedrohen Beziehungen. Oft gelingt es Frauen sich von patriarchalen Strukturen zu befreien (sich zu trennen), was in den Herkunftländern unmöglich gewesen wäre.

Migration als potentielles Trauma These 7 : Migration kann Chance sein, aber auch ein psychosozialer Risikofaktor. Sie wirkt sich nicht nur allgemein auf den Gesundheitszustand aus, sondern auch auf Sexualität un d das Sozialverhalten . Aber nicht nur Migration als „potentielles Trauma“ auch manifeste Traumatisierungen spielen nicht selten eine Rolle.

Trauma: gr. „Wunde“ Vietnamsyndrom Akute Belastungsreaktion PTBS 2121 Trauma: gr. „Wunde“ „Kriegszitterer“ im Ersten Weltkrieg Vietnamsyndrom Akute Belastungsreaktion PTBS Persönlichkeitsveränderung nach Extrembelastung

2323 Grinberg und Grinberg Migration als potentielles Trauma (nicht nur Krise, nicht nur Chance) Tatsächlich sind ein hoher Prozentsatz aller Flüchtlinge traumatisiert Eine Diagnose, die zur Zeit: einerseits in Mode ist (inflationärer Gebrauch) andererseits selten diagnostiziert wird

Grunddimensionen von Beheimatung (Alexander Mitscherlich) 2424 Grunddimensionen von Beheimatung (Alexander Mitscherlich) Sense of community: Eingebundensein Sense of control: Wirkmächtigkeit Sense of coherence: verstehbare Zusammenhänge ergeben einen Sinn

Anpassungsschwierigkeiten Verschlechterung des sozialen Status von „Beruf“ Asylwerber innerfamiliäre Konflikte, Rollenkonfusionen Verlust an Autorität, Würde und Stolz Verunsicherung

2626 Sprachlos „Heimat ist der Ort, wo ich mich nicht erklären muss.“ (Johann Gottfried Herder) „Die Grenzen meiner Sprache sind die Grenzen meiner Welt.“ (Ludwig Wittgenstein) Sprache ist wie ein „Uterus“, wir sind eingehüllt in eine Lauthülle. Psychische Sprachblockaden Regression auf präverbale Ebene (Verhalten oder Krankheit)

Retraumatisierung durch Schwierigkeiten im Ankunftsland 2727 Retraumatisierung durch Schwierigkeiten im Ankunftsland sprachliche Probleme eingeschränkte Mobilität Kluft zwischen traditionellen und neuen Rollenbilder getrennte Familien

28 28

2929 Fragen • Wie kann ich als BeraterIn sowohl den Mann als auch den Rest der Familie unterstützen? • Wie damit umgehen, wenn Klienten so sehr an ihren mitgebrachten Rollenbildern festhalten, dass Integrationsschritte erschwert werden? • Wie damit umgehen, wenn ich mich als Frau und Beraterin von manchen Klienten abwertend behandelt erlebe?

Grundregeln Respekt vor anderen Traditionen Vorsicht vor kränkenden Angriffen auf persönliche und kulturelle Aspekte der KlientInnen Symbolisches Verständnis entwickeln

Letzte These: ein Rat den BeraterInnen Hütet euch davor, Konflikte zu kulturalisieren!