Modelle der Cannabisregulierung

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 Präsentation transkript:

Modelle der Cannabisregulierung Eine Auslegeordnung Marc Marthaler Cannabistagung akzent, 15. November 2016, Luzern

Ablauf Vorbemerkungen Begriffliches Regulierung – worüber sprechen wir? Cannabiskonsum in der Schweiz Regulierungsmodelle Coffeshops (Niederlande) Cannabis Social Clubs (Spanien, Belgien) Marktwirtschaftliches Modell (USA) Staatsmonopol (Uruguay) Bilanz Massnahmen Konsequenzen der Regulierung Pilotprojekte in der Schweiz

1. Vorbemerkungen

Begriffliches Legalisierung Regulierung Entkriminalisierung Aufhebung eines Verbots Keine strafrechtlichen oder administrativen Sanktionen Regulierung Erlass von Regeln für Konsum, Besitz, Handel etc. Entkriminalisierung Keine strafrechtliche Verfolgung mehr (nur noch administrativ, z.B. Ordnungsbusse)

Regulierung – worüber sprechen wir? ≠

Spektrum der regulatorischen Möglichkeiten Cannabis-gesetzgebung Alkohol- & Tabak-gesetzgebung

Cannabiskonsum in der Schweiz 12-Monats- und 30-Tageprävalenz des Cannabis-gebrauchs nach Alters und Geschlecht (2015) CoRolAR, Sucht Schweiz

Trend 15-jährige SchülerInnen (HBSC)

Cannabismarkt Schweiz «guesstimate»: 5 - 7.5 Tonnen/Mio. Einwohner 70 – 90% des Gesamtkonsums durch täglich Konsumierende (~1.5% der 15-34-Jährigen)

2. Regulierungsmodelle

Cannabis-Legalisierung & -Regulierung Spanien / Belgien

Modelle der Cannabisregulierung Vier bestehende Modelle Toleranz für den Besitz und den Verkauf von kleinen Mengen in den Niederlanden (seit 1976) Cannabis Social Clubs Vereinigungen von Konsumierenden in Spanien (seit 1993) und Belgien Marktwirtschaftliches Modell In den USA seit 2014 Staatsmonopol Legalisierung und Regulierung der Eigenproduktion und des Verkaufs in Apotheken in Uruguay (seit 2015)

Niederlande Ende der 60er-Jahre: zwei Expertenkommissionen: Prohibition erzeugt mehr Probleme als sie verhindert Unterscheidung zwischen harten und weichen Drogen Opium Act von 1976: Anbau von 5 Hanfpflanzen und Besitz von 30 Gramm Cannabis sind keine Straftaten mehr (Bussen)

Coffee Shops Besitz und Verkauf von kleinen Mengen werden toleriert; Regeln: kleine Mengen (5 Gr. Verkauf und Besitz / 500 Gr. an Lager) Mindestalter 18 Jahre keine anderen Drogen (inkl. Alkohol je nach Gemeinde) keine Werbung keine Belästigungen Cannabis stammt aber aus dem Schwarzmarkt (!)  backdoor problem

Lehren aus dem niederländischen Modell Konsum unterscheidet sich auf lange Sicht nicht von anderen europäischen Ländern Trennung der Drogenmärkte hat dort wo es Coffee Shops gibt funktioniert Öffentliche Meinung befürwortet die Regulierung nach wie vor Ein tolerierter Markt mit einer illegalen Produktion lässt wenig Platz für die Regulierung (Qualitätskontrolle, Steuern, Verpackungen, etc.)

Vereinigungen von Cannabiskonsumierenden Cannabis Social Clubs Rechtliche Grauzone: Besitz, Konsum (auch gemeinsamer Konsum) und Anbau zum Eigengebrauch gelten NICHT als Straftat  Grundlage der CSC Nicht-Anerkennung der CSC auf nationaler Ebene  Hin und Her zwischen Toleranz und Repression

Regulierungsmodell (Spanien) Modell der Selbstregulierung in Spanien Non-profit Organisationen Schadensminderung/Früherkennung Nur für erwachsene Konsumierende zugänglich Mengen: max. 2-3 Gramm/Tag

Verbreitung der CSC in Spanien

Regulierungsbestrebungen Regulierungsbestrebungen der Behörden auf lokaler Ebene (Katalonien, Baskenland, Navarra) Orientierungshilfe (guidance) für Gemeinden des Gesundheitsdepartments Katalonien (Jan. 2015) Zugang: 18+, Konsumenten, die von einem Mitglied vorgeschlagen werden Wartezeit: 15 Tage Öffnungszeiten: 8 Stunden/Tag Keine Werbung Ausbildung der Arbeitskräfte (Früherkennung von problematisch Konsumierenden) Karenzfrist von 15 Tagen

Regulierungsmodell «for profit» der USA Kommerzielles Regulierungsmodell in den USA

USA – Eine lange Geschichte 1970er Jahre: Entkriminalisierung Etwa 10 Bundestaaten entkriminalisieren den Cannabiskonsum 1990er Jahre: Therapeutischer Cannabiskonsum 1996 Volksinitiative in Kalifornien. Danach in Washington State, Alaska, Oregon, Maine, Colorado, usw. Unregulierte Märkte und manchmal grosser Teil rekreativ Ab 2000 : Legalisierung und Regulierung Abgelehnte Volksinitiativen: Nevada & Colorado (2006), Kalifornien (2010), Oregon (2012), Ohio (2015) Angenommene Volksinitiativen: Colorado und Washington State (2012), Oregon, Alaska und Washington DC (2014)

Öffentliche Meinung

Öffentliche Meinung

USA – medizinisch vs. freier Verkauf

Colorado & Washington State (+ Alaska & Oregon) Cannabismarkt Anbau / Produktion Aufbereitung / Vertrieb Verkauf Lizenzen auf allen 3 Ebenen Kontrolliert durch Regulierungsbehörden (& lokale Behörden) Nachverfolgung der Produktion vom Samen bis zum Konsumenten (from seed to sale)

Regeln Beschränkung der Menge: 1 Unze (= 28,4 Gramm) Mindestalter: 21 Jahre Steuern (20 bis 50%) Verpackung und Kennzeichnung/Etikettierung Jugendschutz: Testkäufe Werbeverbot Aufklärungskampagnen Abgabeverbot (strengere Strafen) Etc.

Marktentwicklung Umsatz Colorado 2015: 588 Mio. USD (!) = 1% der Steuereinnahmen des Staates Ca. 50 Tonnen Blüten rauchbares Cannabis 5 Mio. Einheiten essbare Cannabiswaren + Liquids, Öle etc. Edibles machen einen recht grossen Teil des Marktes aus (30% ?)

Eine neue Welt

Erste Beobachtungen 60-80% weniger Verzeigungen Schaffung von Arbeitsplätzen (Wahrscheinlich) Verkleinerung des Schwarzmarktes (Wahrscheinlich) Zunahme des Konsums Neue Produkte (THC-haltige Esswaren, Konzentrate…) Lobbys/Gruppen, die sich gegen Regulierungs-massnahmen einsetzen (Werbeverbot, Konsum im öffentlichen Raum, Steuern usw.) Öffentliche Meinung bleibt stabil

Öffentliche Meinung

Uruguay Erstes Land, das Cannabis legalisiert hat Drogenkonsum seit den 1970er Jahren entkriminalisiert Drogenkonsum im Vormarsch und Bestrebungen, die Märkte zu trennen (Paco und Cannabis) Langjährige Debatte um Cannabisregulierung und qualitativ schlechtes Cannabis Parallel dazu eine verstärkte Regulierung von Alkohol und Tabak  Public Health-Ansatz

Regulierungsansatz 3 Modelle für Besitz/Verkauf (480 Gr./Jahr bzw. 40 Gr./Monat bzw. 10 Gr./Woche = 1,3 Gr./Tag): Anbau für den Eigengebrauch (max. 6 Pflanzen, davon 3 in Blüte) Vereinigungen (15 bis 45 Mitglieder / max. 99 Pflanzen pro Jahr) Verkauf in Apotheken (max. 19 Gr./Woche) Institut für Regulierung und Kontrolle von Cannabis: Lizenzen und Registrierung aller (inkl. Konsumierende) Keine Werbung, kein Zugang für Ausländer Aufklärung der Bevölkerung über die Risiken

Uruguay heute Ca. 3’200 Personen sind angemeldet für Anbau für den Eigengebrauch Ca. 30 Vereinigungen befinden sich in verschiedenen Stadien der legalen Anerkennung/Bewilligung (15 bewilligte Clubs?) staatlich lizenzierte Apotheken (Anzahl und Start Verkauf unklar) Präventionskampagnen wurden eingeführt

3. Bilanz

Massnahmen Steuerung der Nachfrage (Preis, Mengenbegrenzung) Erhebung von Steuern Kontrolle und Deklaration der Inhaltsstoffe (THC, CBD, Pestizide, Schimmel etc.) Verbot von Cannabiskonsum in Teilbereichen des öffentlichen Raumes & Werbeverbot Zugang zu problematisch Konsumierenden Jugendschutz (Mindestalter)

Konsequenzen der Regulierung Regulierung = stärkste Waffe gegen den Schwarzmarkt Regulierter Markt erleichtert Zugang zu Cannabis Zunahme des Konsums (zumindest in der Anfangsphase) Produkte: Kontrolle bedeutet einen Fortschritt gegenüber den Bedingungen auf dem Schwarzmarkmarkt Jugendschutz: von der Abschreckung zum Dialog ABER Aufklärungs- und Jugendschutzmassnahmen haben gewisse Grenzen (vgl. Alkohol / Tabak)

Fazit Das markwirtschaftliche Modell (USA) Staatsmonopol (Uruguay) Dynamisch, kann Schwarzmarkt ersetzen, schafft Arbeitsplätze, generiert Einnahmen, Reduktion der Kosten für Repression etc. Angleichung an die Modelle von Alkohol und Tabak? Staatsmonopol (Uruguay) Frage der Umsetzung (Wirtschaftlichkeit, Interesse der Konsumierenden, Apotheken usw.)? Vereinigungen (Spanien, Belgien) Politisch akzeptable Lösung? Kein Markt!

Who’s next? Amerikanische Staaten (Abstimmungen vom 9.11.2016) Kanada: geplante Einführung 2017 Europa? …und die Schweiz?

4. Pilotprojekte in der Schweiz Pilotprojekte in Zürich, Basel, Bern und Genf Unterschiedliche Zielgruppen: begleitete Abgabe an (junge) problematisch Konsumierende unproblematisch konsumierende Erwachsene Konsum zu therapeutischen Zwecken (Selbstbehandlung) Modelle: Apotheken (BE!, ZH, BS), Vereinigungen (GE) Gesuch für wissenschaftlich begleitete Pilotprojekte beim BAG – voraussichtlich erst 2017

Vielen Dank für Ihr Interesse mmarthaler@suchtschweiz.ch