Konzerne in die Schranken weisen: Menschenrechte statt Profite Melanie Oßberger, FIAN Österreich 13-07-2017.

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 Präsentation transkript:

Konzerne in die Schranken weisen: Menschenrechte statt Profite Melanie Oßberger, FIAN Österreich 13-07-2017

FIAN: IM EINSATZ FÜR DAS RECHT AUF NAHRUNG

FIAN – wer wir sind Internationale Menschenrechtsorganisation für das Recht auf Nahrung 1986 in Heidelberg gegründet Weltweit 24 nationale Vertretungen (Sektionen und Koordinationen); Mitglieder in 60 Ländern FIAN Österreich: 1989 im Mühlviertel gegründet; seit 1999 in Wien

RECHT auf Nahrung - RaN Allgemeine Erklärung der Menschenrechte, 1948 „Jeder Mensch hat das Recht frei von Hunger zu sein“ Internationalen Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Menschenrechte (WSK-Pakt); UN, 1966 Art. 11 zu RaN –> verbindlicher Teil des Völkerrechtes Allg. Bemerkung 12 des Ausschusses der Vereinten Nationen für WSK-Rechte; 1999 Art. 6 definiert RaN: „Das Recht auf angemessene Ernährung ist dann verwirklicht, wenn jeder Mann, jede Frau und jedes Kind, einzeln oder gemeinsam mit anderen, jederzeit physisch und wirtschaftlich Zugang zu angemessener Ernährung oder Mitteln zu ihrer Beschaffung hat.“ 1978 tritt Österreich WSK-Pakt bei (160 Vertragsstaaten)

KERNELEMENTE RaN Verfügbarkeit: Möglichkeit, selbst Nahrungsmittel zu produzieren bzw. das Bestehen fkt. Märkte für jene, die nicht selbst produzieren Zugang: physischer Zugang ('Barrierefreiheit') zu natürlichen Ressourcen bzw. finanzielle Mittel zum Erwerb von Lebensmitteln Nachhaltigkeit: Erhaltung von Ressourcen, um das Recht auf Nahrung für weitere Generationen zu gewährleisten Angemessenheit: Qualität, Unschädlichkeit, kulturelle Angemessenheit im Zentrum: marginalisierte Gruppen (Frauen, KleinbäuerInnen, Indigene, SlumbewohnerInnen)

HUNGER: eine MR-Verletzung - weltweit permanent 750-850 Millionen Menschen nahrungsunsicher - genügend Nahrungsmittel um die globale Ernährung sicherzustellen → keine akute Krise, sondern politisches Versagen

MR-VERLETZUNGEN: AKTEURINNEN & VERANTWORTLICHKEITEN

FIAN FALLBEISPIEL: LAND GRABBING IN UGANDA

Land Grabbing Aneignung (Kaufen/ Pachten) großer Landflächen durch private, transnationale oder staatliche Akteure Ausdruck von Macht- und Ausbeutungsverhältnissen; Zugang zu und Kontrolle über natürliche Ressourcen – RaN! Nahrungs- und Energieunsicherheiten – ausgelagerte Nahrungsmittel- und Agrartreibstoffproduktion; Finanzsektor begreift Landnahmen als Profitmaximierungsfeld Großflächige, exportorientierte Landwirtschaftsmodelle zulasten kleinbäuerlicher Strukturen

Landgrabbing in Mubende Errichtung von Kaffeeplantage (deutsche Neumann Gruppe/ Kaweri) – Vertreibung der lokalen Bevölkerung durch Armee 2002: 400 vertriebene Familien bringen Klage gegen ugandische Regierung und Kaweri ein Kampf über 10 Jahre FIAN unterstützt den friedlichen Kampf der Vertriebenen 2013: Hohes Gericht in Kampala spricht den Vertriebenen eine Entschädigung (~11 Mio. Euro) zu Kritik: Nicht Kaweri muss Entschädigungszahlungen leisten, sondern deren Rechtsanwälte; Staat wird keine Verantwortung zugewiesen

Menschenrechtliche Staatenpflichten Respektieren: Staaten dürfen vorhandenen Zugang zu Land oder Wasser nicht durch ihre eigene Politik, ihr eigenes Handeln, beschneiden. Schützen: Staaten müssen Menschen schützen vor Aktivitäten Dritter, wie beispielsweise private Firmen, wenn diese den Zugang zu natürlichen Ressourcen einschränken oder verhindern. Gewährleisten: Staaten müssen aktiv, mit dem Maximum der ihnen zur Verfügung stehenden Mittel, eine Verbesserung des Zugangs zu natürlichen Ressourcen für ländliche Armutsgruppen durchsetzen.

Extraterritorial Obligations - ETO Vernachlässigung der Staatenpflicht, MR auch außerhalb des eigenen Territoriums zu respektieren und schützen. → Maastricht Principles on ETO in the Area of Economic, social and cultural rights, 2011 Expertise/ Interpretation internationalen Rechts durch 40 ExpertInnen (Academia, Zivilgesellschaft, UN-VertreterInnen) Ziel: Klare Definition von ETO, Schließen der Rechenschafts- lücke, Instrument um Staaten zur Verantwortung zu ziehen Status: von Staaten nicht akzeptiert, aber von UN und weiteren AkteurInnen immer mehr in Verwendung

MR-Vergehen: wer ist verantwortlich? Nach international gängiger Lesart der MR: der Territorialstaat. ABER – in einer globalisierten Welt – zeichnen auch: - Handlungen und Unterlassungen von weiteren Staaten - Intergovernmentale Institutionen (Weltbank, IWF, etc.) - Privatsektor (Transnationale Konzerne – TNC) für Menschenrechtsverletzungen verantwortlich → LÜCKE

MR-Vergehen: wer ist verantwortlich? → LÜCKE: - Regierung oft nicht in der Lage/ gewillt Staatenpflichten zu übernehmen - Privatsektor entzieht sich der Verantwortung; Straffreiheit – fehlende Regulierung für TNC - fehlende Rechenschaftspflicht für intergovernmentale Institutionen (insb. IFI) - Mangelnde Zusammenarbeit auf internationaler Ebene - schwache Umsetzungsmechanismen

EINFLUSS DER EU-WIRTSCHAFT ¼ der 100 größten börsennotierten Unternehmen in der Welt haben ihren Hauptsitz in der EU die EU beherrscht 20% des Ex- und Imports in der Welt Seit 2007 stellt die EU mit einem BIP von 13.920.541 Millionen Euro (Stand 2014) noch vor den USA den weltführenden Wirtschaftsraum (Quelle: EU (2014): Measuring the EU‘s economy. LINK: http://europa.eu/about- eu/facts-figures/economy) Mehr als die Hälfte der börsennotierten Unternehmen an britischen, französischen und deutschen Börsen wurden zwischen 2005 und 2013 mit Menschenrechtsverletzungen und negativen Wirkungen auf die Umwelt in Verbindung gebracht. (Quelle: International Peace Information Service (2015): the Adverse Human Rights Risks and Impacts of European Companies: Getting a glimpse of the picture)

MR-Verletzungen durch Unternehmen - Landnahmen zur Rohstoffgewinnung - Gesundheitsschädigungen durch Rohstoff- und Agrarindustrie - Kriminalisierung und Verfolgung sozialer Proteste - Verantwortung entlang der globalen Zulieferkette - Investitionen in Kriegs- und Krisengebieten Quelle: Kaleck/Saage-Maaß (2010): Corporate Accountability for Human Rights Violations Amounting to International Crimes – The Status Quo and ist Challenges)

TNC-TREATY: KONZERNE ZUR VERANTWORTUNG ZIEHEN

STOP CORPORATE ABUSE!

UN zu Menschenrechte & Wirtschaft 1974 – 1993 UN center on transnational corporations (UNCTC) 1999 Global Compact (Generalsekretär K. Annan) → Unternehmen bekennen sich dazu, MR zu respektieren 2003 “Norms on the Responsibilities of TNC and Other Business Enterprises with Regard to Human Rights”, UN-Subkommission → Ablehnung durch US & Wirtschaftsverbände 2011 UNGP, UN special Representative for B & HR 2014 Resolution im MR-Rat zur Erarbeitung des TNC-Treaty

UN Guiding Principles Sonderberichterstatter zu MR & Wirtschaft John Ruggie: “Guiding Principles on Business and Human Rights” → einstimmig angenommen durch MR-Rat → 3 Säulen: Respect – Protect – Remedy - Staatenpflicht zum Schutz der MR - Unternehmensverantwortung zur Achtung der MR - Zugang zu Abhilfe für Opfer von MR-Vergehe → Handlungsempfehlungen → Umsetzung über NAP (nat. Aktionsplan) “end of the beginning” lt. Ruggie

TNC-Treaty: Inhalt? - Klärung der Verantwortung von Konzernen (Wer ist verantwortlich für welche Vergehen?) - Verpflichtung der Konzerne Richtlinien und Maßnahmen zur Vermeidung von MR-Vergehen festzulegen - nat./intl. Überprüfungsmaßnahmen - Verpflichtung Opfern Zugang zu Abhilfe zu garantieren - Verpflichtung zur Kooperation zwischen den Staaten bei Ermittlung/ Rechtssprechung/ Durchsetzung - ETO: Verpflichtung zum Schutz der MR bei Auslandsaktivitäten - Klärung des Verhältnisses von Treaty und Handels- und Investitionsabkommen

TNC-Treaty: Kontroverse Globaler Norden vs. Globaler Süden + Zivilgesellschaft: Kritik & Gegenargumente Fokus auf TNC: Ausdehnung auf lokale und insb. staatliche Unternehmen gefordert → Ziel: Regulierungslücke schließen 'Aushöhlung' der UNGP, Gefährdung des bestehenden Konsens' → Komplementarität der beiden Prozesse

Zivilgesellschaftl. Initiativen Treaty Alliance Campaign 'Dismantle Corporate Power'

UNGP & TNC-Treaty + von allen Staaten akzeptiertes Dokument zu MR & Wft - Spaltung in BefürworterInnen freiwillger und verbindlicher Maßnahmen - unverbindlich -/+ Umsetzung durch NAP +++ verbindliches Regelwerk - nationale Ratifizierung als Hürde - inhaltlich schwach bei ETO + inhaltlich stark bei Staatenpflichten ? inhaltlich stark bei ETO, Abhilfe, etc. -/+ unterscheidet nicht zwischen TNC und lokalen Unternehmen + schließt Regulierungslücke bei TNC (Unterscheidung lokal/ intl.) - Dissens über Fokus - von ExpertInnengruppe um Ruggie entworfen + zwischenstaatlich

Recht auf Nahrung ist realisierbar – aber Wie? Abschlussbericht von Olivier de Schutter (UN Sonderberichterstatter für das RaN) Ermächtigung von lokalen Bevölkerungsgruppen Politikreformen in relevanten Bereichen – Landwirtschaft + ländliche Entwicklung, Bildung, Gesundheit, Soziale Absicherung Demokratisierung des Nahrungssystems und Ernährungssouveränität als Voraussetzung für die volle Verwirklichung des RaN

STOP CORPORATE ABUSE!