Tropische Entwaldung und das Kyoto-Protokoll

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 Präsentation transkript:

Tropische Entwaldung und das Kyoto-Protokoll Julia Blasch Vorlesung Umweltökonomie 11. Juni 2007 Institut für Umweltentscheidungen (IED) Umweltökonomie / Prof. Dr. Renate Schubert, Markus Ohndorf

Ziel der Vorlesungsstunde Kenntnis über die spezifische Rolle von Wäldern als terrestrische THG-Quellen im Kyoto-Protokoll Kenntnis und Diskussion verschiedener Ansätze zur Vermeidung von tropischer Entwaldung im Rahmen der UNFCCC Anwendung der in der Vorlesung gelernten (umwelt-)ökonomischen Konzepte

Ablauf der Vorlesungsstunde Einführung in das Thema Vorbereitung der Kurzreferate (20 Minuten) Erster Vortragsblock: Gruppen 7, 2 und 1 Zweiter Vortragsblock: Gruppen 4, 5, 6 und 3 Zusammenfassung: Gruppe 8 Schlussdiskussion (ca. 15 Minuten)

Wiederholung: Klimawandel

THG-Emissionen nach Art der Quelle Quelle: Houghton (2007)

Anthropogene THG-Emissionen nach Sektoren Quelle: Stern (2006)

THG-Emissionen aus Wäldern Klimawandel Verursachung Vermeidung 1990-2003: 5,5-5,8 Gt CO2e netto jährlich ca. 14% der jährlichen THG-Emissionen Klimawirkungen bis 2030: 1.3-6.5 Gt CO2e jährlich Wälder (30% der Landfläche) Quellen: Stern, 2006; McKinsey/Vattenfall, 2007; IPCC, 2007

Veränderung der Kohlenstoffvorräte in Wäldern zwischen 1990 und 2005 Quelle: FAO (2006)

original forest = forest that was present under modern (i. e original forest = forest that was present under modern (i.e. post-Pleistocene) climatic conditions, and before the spread of human influence (UNEP-WCMC)

Wiederholung: Kyoto-Protokoll vereinbart 1997 im Rahmen der UNFCCC (COP 3, Kyoto) in Kraft getreten 2005 mit Unterzeichnung durch Russland Reduktionsziel der Annex-1-Länder für die 1. Verpflichtungsperiode (2008-2012): Verringerung der THG- Emissionen um ca. -5% (Durchschnitt) im Vergleich zum Niveau von 1990 Flexible Mechanismen: Emissionshandel, Bubble-Bildung, Joint Implementation (JI), Clean Development Mechanism (CDM) Seit COP 11 (2005): Prozess „Reducing Emissions from Deforestation in Developing countries“ (REDD)

Tropische Wälder

Wälder und Klima – einige Fakten (Gullison et al, 2007) Emissionen entstehen bei Degradation, Abholzung von Wäldern, Waldbrand, Insektenbefall, Sturmschäden, etc. Tropische Entwaldung verursacht derzeit etwa 14-20% der jährlichen anthropogenen THG-Emissionen Klimawandel kann CO2-Emissionen aus Wäldern erhöhen (direkt und indirekt) Vermeidungsmassnahmen: u.a Aufforstung, bestimmte Forstmanagement-Techniken, Verhinderung von Waldbränden, Vermeidung von Entwaldung Vermeidung von Entwaldung könnte bis zu 12 % der erforderlichen Reduktionen bis 2100 ausmachen

Ursachen für Entwaldung in Entwicklungsländern (UNFCCC, 2006) direkte Ursachen: Konversion in Agrarflächen, Holzgewinnung, Infrastrukturbauten indirekte Ursachen: bestimmte Politikmassnahmen, schwache Institutionen, Korruption, fehlende Durchsetzbarkeit von Eigentumsrechten; ökonomische, technische, kulturelle und demographische Faktoren begünstigende Ursachen: Lage, Topographie, Steigung, Bodeneigenschaften, etc. wichtige Akteure: Erwerbslose, Kleinbauern, Viehzüchter, Holzfirmen, Industrie allg., Raumplaner, Regierungen, u.a.

Politikinstrumente zur Vermeidung von Entwaldung im Vergleich (Forner et al., 2006) Beispiele Prinzip Vorteile im Fall von Entwaldung in EL Nachteile im Fall von Entwaldung in EL Direkte Regulierung (command and control) Zonenplanung, Schutzgebiete; Montreal-Protokoll staatliches Ge- oder Verbot mit Sanktionen bei Nichteinhaltung Zielgenauigkeit in der Wirkung Monitoringaufwand; mangelnde Durchsetzbarkeit bei schwachen Institutionen und Korruption Markt-mechanismen Steuern; Subventionen; handelbare Zertifikate Regulierung über Preissignale Erreichung des Ziels zu den geringstmöglichen Kosten (ökonomische Effizienz) Monitoringaufwand; häufig fehlende institutionelle Kapazitäten in EL Emissionshandel: hohe Verwaltungs- und Transaktionskosten Transfer-zahlungen Payments for Environmental Services (PES); Debt-for-nature-Swaps Direkte Zahlung Geeignet bei schwachen Marktinstitutionen; periodische Zahlungen wirken langfristig Monitoringaufwand; Frage der Finanzierung

Aktuelle Regelungen zu Emissionen aus Wäldern im Kyoto-Protokoll Wälder in Annex-1-Ländern: ARD-Aktivitäten (Aufforstung, Wiederaufforstung, Entwaldung), die nach dem 1. Januar 1990 durchgeführt wurden, müssen gemäss Art. 3.3 verpflichtend angerechnet werden; weitere freiwillige Anrechnungsmöglichkeiten sind in Art. 3.4 geregelt Wälder in Entwicklungsländern im Rahmen des CDM: nur Aufforstung und Wiederaufforstung sind bis zu einem bestimmten Limit anrechenbar; Ausgabe von temporären Emissionsreduktionszertifikaten (tCERs, lCERs)

Anrechnungsoptionen für die 2. Verpflichtungsperiode (in Diskussion) Vermiedene Entwaldung Degradation von Wäldern u. Rehabilitation degradierter Wälder Verbesserung der Standards bei der Holzgewinnung (reduced impact logging) Sequestrierung von Kohlenstoff in langlebigen Holzprodukten Nutzung von Holzprodukten zur Gewinnung von Bioenergie

Pro Contra vermiedene Entwaldung im Kyoto-Protokoll Vermiedene Entwaldung kann signifikanten Beitrag zur Emissionsreduktion leisten Zeitgewinn bis zur Entwicklung energieeffizienter Technologien Vergleichsweise günstige Vermeidungsmassnahme falls im CDM anrechenbar, könnten auch Länder mit geringen fossilen Emissionen vom CDM profitieren Gefahr der Verdrängung von fossilen Emissionsreduktionen (loophole-Effekt) Non-permanence: Unsicherheit über langfristige Senken- wirkung von Wäldern Leakage: Gefahr der Fortsetzung von Entwaldung an anderen Orten Additionality: Nachweis der Zusätzlichkeit schwierig Monitoring problematisch

Vorschläge zur Behandlung von vermiedener Entwaldung im Rahmen des Kyoto-Protokolls (Forner et al., 2006) Anrechenbarkeit im CDM: Vor- und Nachteile wie bereits genannt; insbesondere: Problem der Additionality Projektbasierter Ansatz verhindert flächendeckende Vermeidung von Entwaldung; geringe Aussicht auf Durchsetzbarkeit wegen politischer Kontroverse Schaffung eines separaten flexiblen Mechanismus: Verbindung zu den Reduktionszielen des Kyoto-Protokolls; Möglichkeit der flächendeckenden Vermeidung von Entwaldung; eigener Beitrag der Entwicklungsländer zur Emissionsreduktion; höhere politische Durchsetzbarkeit; aber: hoher Aufwand der Schaffung eines neuen Mechanismus

Vorschläge zur Behandlung von vermiedener Entwaldung ausserhalb des Kyoto-Protokolls Zusätzliches Protokoll: keine Verbindung zu den Kyoto-Reduktionszielen; grössere Flexibilität der Vertragsparteien; Elemente zur nachhaltigen Entwicklung könnten in neuen Mechanismus verankert werden; aber: langwieriger Prozess zur Verabschiedung eines neuen Protokolls und möglicherweise geringe Anreizwirkung für die Annex-1-Länder, da keine Verbindung zu den Reduktionszielen Regelung über nicht bindende COP-Entscheidung (Soft law): hohe politische Durchsetzbarkeit, da keine Verpflichtungen, Reduktionsziele und Zeitlimite erforderlich; jedoch: Unverbindlichkeit reduziert den Anreiz zum Stoppen von Entwaldung