Arbeitsrecht im digitalen Zeitalter –

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 Präsentation transkript:

Arbeitsrecht im digitalen Zeitalter – Lübeck – 22. November 2016

Einleitung – Was ist Arbeitsrecht 4.0 ? Neue Arbeitsformen der Industrie 4.0 Arbeitszeit, Urlaub und Erreichbarkeit Flexibler Arbeitsort und Homeoffice Problematische Vertragsgestaltungen Beschäftigtendatenschutz und EU-DSGVO Mitbestimmungsfragen

I. Einleitung – Was ist Arbeitsrecht 4.0 ? auch Änderungsvertrag, befristet Änderungen

4. Industrielle Revolution Digitalisierung 2. Industrielle Revolution Industriali-sierung/ Fließband 1. Industrielle Revolution Arbeitsteilung/ Massenproduk-tion auch Änderungsvertrag, befristet Änderungen Mechanisierung der Arbeit

Disruptive Technologien verändern Märkte und Unternehmen Beispiel 1: Kodak Insolvenzantrag 2012 Beispiel 4: Medien Printmedien unter hohem Wettbewerbsdruck Beispiel 2: Cewe Color Ausbau der Marktstellung durch Umstellung anlog - digital Beispiel 5: Handel Internet-Handel im Non-Food-Bereich bei über 20 % Beispiel 3: Hotelgewerbe Verlust über Buchungshoheit und neue digitale Wettbewerber Beispiel 6: Verkehr Mobiliätswahl durch Verfügbarkeit

Von der Befehlseingabe zum selbständigen Handeln Computer reagieren auf Befehle. Korrekturen erfolgen durch den Menschen. Intelligente Maschinen treffen Entscheidungen. Menschen korrigieren nur noch bei Bedarf. Maschinen lernen hinzu. Computer handeln eigenständig ohne Befehle. Korrekturen sind nicht mehr erforderlich. heute morgen übermorgen

Zukunft: Virtual Reality Internet Social Media Sharing Economy Internet der Dinge Ab Mitte der 1990er Jahre, noch immer nicht in allen Bereichen etabliert Kommunika-tionsplattformen Seit wenigen Jahren sehr gut etabliert Digitalisierung von Geschäfts-modellen Hat sich kurzfristig etabliert Digitalisierung der Arbeitswelt Kommunikation zwischen Maschinen verändert die Arbeitswelt grundlegend auch Änderungsvertrag, befristet Änderungen Zukunft: Virtual Reality Mit der Digitalisierung übernehmen technische System Produktions- und Dienstleistungsaufgaben. Etliche Tätigkeiten werden nicht mehr benötigt oder ändern sich grundlegend.

Gesetz zur Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs Verpflichtung alle professioneller Beteiligter zum elektronischen Rechtsverkehr Neufassung § 130 a ZPO zum 01.01.2018 Justiz: elektronische Akte Anwaltschaft: elektronisches Anwaltspostfach

Rationalisier-ungseffekte Änderung der Arbeitsinhalte Auswirkungen der Digitalisierung auf das Arbeitsrecht: Rationalisier-ungseffekte Kündigung Umstruktur-ierung Änderung der Arbeitsinhalte Arbeitszeit Arbeitsort Datenschutz Vertrags-modelle Gesund-heitsschutz BR-Rechte Qualifikation berufliche Bildung Lebens-langes Lernen

Arbeitsrecht 4.0 ist in diesem Kontext keine einheitliche (Arbeits-)Rechtsmaterie im Wesentlichen geprägt durch die anpassende Anwendung bereits bestehender Regelungen mit zahlreichen Unsicherheiten behaftet, da die tatsächliche Entwicklung in der Digitalisierung wesentlich schneller verläuft als Rechtsprechung und Rechtssetzung hinterher kommen

Aktivität des Gesetzgebers und des BAG: keine eher abwehrende Haltung auf ministerialer Ebene Grünbuch „Arbeiten 4.0“ aus April 2015 Dialogprozess bis Ende 2016 (dann Wahlkampf) 2-jährige Pilotphase mit Abweichungen für Tarifbetriebe zahlreiche singuläre Vorschläge aus der Wissenschaft, in erster Linie zum Arbeitszeitrecht keine erwähnenswerten Entscheidungen des BAG zum Themenbereich Digitalisierung

II. Neue Arbeitsformen der Industrie 4.0 auch Änderungsvertrag, befristet Änderungen

Crowdsourcing: Mesh-Up aus Crowd und Outsourcing = Auslagerung nach extern auf „Digitalarbeiter“ Crowdsourcing beschreibt im Kern nur die durch Digitalisierung erweiterten Möglichkeiten zur Auslagerung immer weiterer Teilprozesse der Wertschöpfungskette Perspektive betriebsbedingter Kündigungen Prüfungskatalog wie bekannt

außerbetriebliche Gründe innerbetriebliche Gründe gestaltende unternehmerische Entscheidung Überhang an Arbeitskräften Kündigung

außerbetriebliche Gründe innerbetriebliche Gründe Auftragsrückgang Umsatzrückgang verschlechterte Ertragslage Kundenverlust Rohstoffmangel Wegfall von Fördergeldern Tarifentwicklung politische Ursachen Rationalisierung Betriebsstilllegung Betriebseinschränkung Outsourcing Crowdsourcing Strukturveränderung Änderung der Produktionsmethoden

Crowdworking: beschreibt Arbeit in virtuellen Teams gemeinsame oder zeitversetzte Tätigkeit an einem Projekt kann Unsicherheit über Vorgesetztenstruktur mit sich bringen geprägt durch Arbeitsverhältnisse

Clickworking: beschreibt Abgabe von Arbeitspensen an virtuelle Dienstleister im Digitalbereich (z.B. Werbung, EDV) häufig Vergabe über Ländergrenzen hinweg oft vorausgehendes Bieterverfahren geprägt durch freiberufliche Tätigkeit

Bekannte Probleme neuer Beschäftigungsformen: Abgrenzung Werk-/Dienstvertrag Scheinselbständigkeit Betriebsratszuständigkeit und Mitbestimmungsrechte

§ 611 a Abs. 1 BGB – Entwurf Durch den Arbeitsvertrag wird der Arbeitnehmer im Dienste eines anderen zur Leistung weisungsgebundener, fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet. Das Weisungsrecht kann Inhalt, Durchführung, Zeit und Ort der Tätigkeit betreffen. Weisungsgebunden ist, wer nicht im Wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann. Der Grad der persönlichen Abhängigkeit hängt dabei auch von der Eigenart der jeweiligen Tätigkeit ab. Für die Feststellung, ob ein Arbeitsvertrag vorliegt, ist eine Gesamtbetrachtung aller Umstände vorzunehmen. Zeigt die tatsächliche Durchführung des Vertragsverhältnisses, dass es sich um ein Arbeitsverhältnis handelt, kommt es auf die Bezeichnung im Vertrag nicht an.

AÜG-Reform 2017: Höchstüberlassungsdauer 18 Monate Equal-Pay nach 9 Monaten kein von bisheriger BAG-Rechtsprechung abweichender Arbeitnehmerbegriff (§ 612 a BGB E) kein gesetzlicher Vermutungskatalog für Arbeits- statt Werkvertrag

III. Arbeitszeit, Urlaub und Erreichbarkeit auch Änderungsvertrag, befristet Änderungen

Fallbeispiel („Sofa-Arbeit“): Der Arbeitnehmer hat bis 17 Fallbeispiel („Sofa-Arbeit“): Der Arbeitnehmer hat bis 17.00 Uhr keine Rückäußerung vom amerikanischen Kunden, ob dieser bestellen will oder nicht. Vereinbarungsgemäß meldet sich der Kunde um 23.00 Uhr auf dem Diensthandy des Arbeitnehmer für ein 15-minütiges Gespräch, in dem der Vertragsschluss über 1 Mio. Euro vereinbart wird.  Ruhezeitunterbrechung oder Graubereich?  Höchstarbeitszeit überschritten?

Fallbeispiel: Der Arbeitnehmer ist mit seiner Familie im 14-tägigen Urlaub auf Fuerteventura. Firmenlaptop und Handy sind ebenfalls dabei. Auf einen Anruf des Arbeitgebers wird A an zwei Vormittagen und einem Abend jeweils zwischen 2 und 3 Stunden tätig.  Urlaubsgutschrift für die jeweiligen Tage?  Stundengutschrift für die gearbeiteten Zeiten?  Zusätzlicher Lohnanspruch zum Urlaubsentgelt?

Arbeitszeitgesetz fit für Arbeit 4.0? ArbZG 1994 regelt be- und nicht entgrenzte Arbeitszeit Höchstarbeitszeiten § 3 ArbZG Ruhezeit § 5 ArbZG

Höchstarbeitszeiten (§ 3 ArbZG): 8 Stunden täglich Erhöhung auf 10 Stunden bei 6-monatigem Durchschnitt von 8 Stunden vielfach nicht gelebte Praxis Vorschläge: Überschreitung auf BV-/TV-Basis

Ruhezeit (§ 5 ArbZG): 11 Stunden Ruhezeit Verkürzung auf 9 Stunden auf BV-/TV-Basis ungelöstes Problem kurzer Arbeitszeitfenster in Freizeit Vorschläge: geringfügige Arbeitsleistung soll nicht unterbrechen („Graubereich“), Reduzierung auf 8 Stunden auf BV-/TV-Basis

Variante Fallbeispiel „Sofa-Arbeit“: Der Arbeitnehmer wird nach 10 Stunden Arbeit im Betrieb angewiesen, sich für den Anruf des Kunden nach Feierabend bereit zu halten. A befolgt die Weisung nicht und geht mit seiner Frau – ohne Handy – ins Kino. Der Kunde erreicht A demzufolge nicht und das Geschäft platzt.  Pflichtverstoß des Arbeitnehmers?  Haftung des Arbeitnehmers?

Befolgungspflicht unbilliger Weisungen – BAG Urt. v. 22.02.2012 – 5 AZR 249/11 Arbeitnehmer ist an unbillige Weisung gleichwohl solange gebunden, bis Unbilligkeit rechtskräftig feststeht bis dorthin Befolgungspflicht es darf keine Unwirksamkeit aus sonstigen Gründen vorliegen

Lösungsideen: rechtswidrige Weisung, da Höchstarbeitszeit überschritten, die Unbilligkeitsfrage stellt sich überhaupt nicht bei freiwilliger Leistung des Arbeitnehmers gibt es zwei Meinungsblöcke hinzunehmender rechtlicher „Graubereich“ bis zu einem gewissen Umfang bedingungslose Rechtswidrigkeit wegen Verstoßes gegen das ArbZG

„Sofa-Arbeit“ als Rufbereitschaft? passiv keine Arbeitszeit und keine Ruhezeitunterbrechung; nur angemessene Pauschale bei Auslösung Verpflichtung an einem bestimmten Arbeitsort tätig zu werden dann (volle) Vergütungspflicht und Zähl-Arbeitszeit i.S.d. ArbZG Problem: „Sofa-Arbeit“ wird meist nicht angeordnet, sondern geschieht einfach

Anordnung von außerdienstlicher Erreichbarkeit außerhalb von Rufbereitschaft nicht wirksam regelbar nur für bestimmte Berufsgruppen AGB-konform denkbar (z.B. Fahrstuhlmechaniker) im Wege von Einzelweisungen nicht durchsetzbar, da Arbeitgeber nicht in den privaten Bereich hinein verfügen kann nur in Notfallsituationen ausnahmsweise denkbar

Tätigkeitsaufnahme im Urlaub wie Anordnung außerdienstlicher Erreichbarkeit nicht anweisbar freiwillige Tätigkeitsaufnahme bringt Urlaubsgutschrift nur bei Aufnahme auf Bitte des Arbeitgebers oder in dessen erkennbaren Interesse Umfang problematisch wegen § 5 Abs. 2 BUrlG (Rundungsprinzip) zumindest Zeitgutschrift oder finanzieller Ausgleich berechtigt (§ 612 Abs. 1 BGB)

§ 16 Abs. 2 ArbZG: Der Arbeitgeber ist verpflichtet, die über die werktägliche Arbeitszeit des § 3 Satz 1 [= 8 Stunden] hinausgehende Arbeitszeit der Arbeitnehmer aufzuzeichnen …

IV. Flexibler Arbeitsort und Homeoffice auch Änderungsvertrag, befristet Änderungen

Homeoffice: Arbeitsort vollständig oder teilweise zuhause grundsätzlich keine Auswirkungen auf Arbeitszeitmodell oder Arbeitsinhalte Varianten: Mobile-Office, Crowd-Working-Modelle

Rechtslage in Deutschland: kein Rechtsanspruch auf Homeoffice teilweise diskutiert aus Fürsorgepflicht oder Gesundheits-/Schwerbehindertenschutzvorschriften aber: Direktionsrecht des Arbeitgebers umfasst örtliche Festlegung des Arbeitsortes (kein Wahlrecht des Arbeitnehmers)  beruht auf freiwilliger Regelung

Rechtslage in Deutschland: keine eigenständigen gesetzlichen Regelungen zum Homeoffice insgesamt nur überkommene Regelungen, meist zur Definition ohne echte Regelungsinhalte („Telearbeit“, „Heimarbeit“)

Homeoffice-Vereinbarungen: als neuer – einziger – Arbeitsvertrag im Rahmen einer Vertragsänderung/-ergänzung schriftlich oder mündlich möglich empfehlenswert: schriftlich „Vereinbarung“ per Direktionsrecht?

Befristung einer Homeoffice-Vereinbarungen: problematisch, da wesentlicher Vertragsgegenstand/wesentliche Arbeitsbedingung BAG: Sachgrund § 14 Abs. 1 TzBfG erforderlich Ziff. 4 – Eigenarbeit der Arbeitsleistung Ziff. 5 – Erprobung (des Arbeitnehmers) Ziff. 6 – in der Person liegende Gründe

Befristet Erhöhung der regelmäßigen Arbeitszeit – BAG Urt. v. 15.12.2011 – 7 AZR 394/10 befristet Erhöhung der regelmäßigen Arbeitszeit (hier: halbe auf volle Stelle für 3 Monate) ist wesentliche Vertragsänderung wesentliche befristete Vertragsänderung wird nach AGB-Recht geprüft (nicht: TzBfG) AGB-rechtlicher Maßstab sind aber die Wertentscheidungen des § 14 Abs. 1 Ziff. 1 - 8 TzBfG übertragbar auf befristete Homeoffice-Vereinbarung?

Beendigung einer Homeoffice-Vereinbarung: durch aufhebende Vereinbarung durch Änderungskündigung durch Teil-Kündigung? bei Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis insgesamt per Direktionsrecht?

Homeoffice und Arbeitszeit: es gilt universell das Arbeitszeitgesetz (ArbZG) besondere Arbeitszeitprobleme im Homeoffice: Ruhezeitunterbrechungen „geteilte Dienste“

Dokumentation der Arbeitszeit im Homeoffice: verpflichtend nur nach MiLoG und nach § 16 Abs. 2 ArbZG einforderbar ggf. durch den Betriebsrat

Mitarbeiterkontrolle im Homeoffice: Hausbesuche?  Art. 13 GG technische Kontrollen? erhebliche Praxisgrenze

Elektronische Überwachung des Heimarbeitsplatzes – LAG Köln Urt. v. 29.09.2014 – 2 Sa 181/14 Speichern des Bearbeiters und des letzten Änderungsdatums einer Datei verstößt nicht gegen das BDSG Eingabeüberprüfung in Online-Datenbank zur Überprüfung von Fehleingaben erforderlich Daten zur Überführung von Arbeitszeitbetrug am Heimarbeitsplatz verwertbar 15,76 Stunden Zeitbetrug kein Bagatellfall

Kostentragungspflicht des Arbeitgebers: § 670 BGB analog – Aufwendungsersatz umfasst Einrichtung des Arbeitsplatzes einschl. EDV- Ausstattung umfasst auch anteilige Kosten für Einrichtung der „Bürofläche“ (Strom, Wasser, Gas, Telefon/Internet) Problem: „Arbeit am Küchentisch“

Versicherungsschutz: Homeoffice nur prinzipiell von gesetzlicher Unfallversicherung umfasst daneben Haftungsprivileg des Arbeitgebers nach § 104 Abs. 1 SGB VII (nur Vorsatzhaftung) Hausrat- und Wohngebäudeversicherung: anteilige Kostentragung oder Pauschalierung nach § 670 BGB

Gesetzlicher Unfallversicherungsschutz im Homeoffice – BSG Urt. v. 05.07.2016 – B 2 U 5/15 R gesetzlicher Unfallversicherungsschutz besteht prinzipiell auch im Homeoffice Weg innerhalb der Wohnung ist i.d.R. kein Betriebsweg Wasserholen in Küche ist eigenwirtschaftliche Tätigkeit in Privatwohnung bestehende Risiken hat der Arbeitnehmer zu verantworten

Mobile-Office: keine Vorgabe/Vereinbarung des Arbeitsortes Arbeit an beliebigen Orten möglich Wesentlicher Unterschied zum Homeoffice: keine Kostentragungspflicht des Arbeitgebers (Problem)Variante: Mobile-Office mit Rooming-In

V. Problematische Vertragsgestaltungen auch Änderungsvertrag, befristet Änderungen

Fallbeispiel: Der Arbeitgeber bietet sog Fallbeispiel: Der Arbeitgeber bietet sog. Null-Stunden-Verträge mit Arbeit auf Abruf.  § 12 TzBfG sichert Mindesteinsatz nur bei fehlender Stundenvereinbarung (Null-Stunden = fehlende Vereinbarung?)  keine soziale Sicherung durch kurzfristige Festlegung der Arbeitszeit

Fallbeispiel: Arbeitgeber und Arbeitnehmer vereinbaren Vertrauensarbeitszeit. Das Pensum beträgt zum Zeitpunkt des Abschlusses x. Nach und nach erhöht der Arbeitgeber das Pensum.  Anspruch auf höhere Vergütung?  Anspruch auf Herabsetzung des Pensums?

Renaissance der Vertrauensarbeitszeit: kein Arbeitszeitkonto – keine Zeiterfassung strikte Ergebnisorientierung Ausgangspunkt: ortgebundene Arbeit Aufzeichnungspflicht nur nach § 16 Abs. 2 S. 1 ArbZG einschränkende BAG-Rechtsprechung zu Kontrollbefugnissen des Betriebsrats

Überwachung der Vertrauensarbeitszeit durch BR – BAG Beschl. v. 06.05.2003 – 1 ABR 13/02 der BR kann die Offenlegung der Arbeitszeit im Rahmen von Vertrauensarbeitszeit nach § 80 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG verlangen hebelt faktisch Vertrauensarbeitszeit aus

VII. Beschäftigtendatenschutz und EU-DSGVO auch Änderungsvertrag, befristet Änderungen

§ 32 BDSG – Datenerhebung, -verarbeitung und -nutzung für Zwecke des Beschäftigungsverhältnisses Neuregelung bereits zum 01.09.2009 zentrales Merkmal: Erforderlichkeit (vorher § 28 BDSG a.F.: „dienen“) verschärfte Regelung bei Straftaten neue EU-Datenschutzgrundverordnung in Arbeit

(1) Personenbezogene Daten eines Beschäftigten dürfen für Zwecke des Beschäftigungsverhältnisses erhoben, verarbeitet oder genutzt werden, wenn dies für die Entscheidung über die Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses oder nach Begründung des Beschäftigungsverhältnisses für dessen Durchführung oder Beendigung erforderlich ist.

Safe Harbor Entscheidung der EU-Kommission ungültig – EuGH Urt. v. 06.10.2015 – C-362/14 Personendaten von EU-Bürgern auf amerikanischen Servern nicht hinreichend geschützt keine Kompetenz der EU-Kommission zur Beschränkung von Rechten nationaler Datenschutzbehörden fehlende Rechtsschutzmöglichkeiten betreffend US-Speicherung bewirken schwerwiegenden Grundrechtseingriff

Nachfolgeregelung zu Safe Habor: Privacy Shield-Abkommen EU-USA Inhalte nicht bekannt vor Mai 2016 Konsultation der Art. 29-Datenschutzgruppe steht noch aus weitreichende Ausnahmetatbestände für US-Dienste?

EU-Datenschutzgrundverordnung: tritt zum 25.05.2018 in Kraft Grundprinzipien stark am deutschen Datenschutzrecht orientiert Veränderung der Rolle des betrieblichen Datenschutzbeauftragter Öffnung für nationale Vorschriften zum Beschäftigtendatenschutz könnte § 32 BDSG unverändert erhalten beschränktes Konzerndatenprivileg bei berechtigtem Interesse

VIII. Mitbestimmungsfragen auch Änderungsvertrag, befristet Änderungen

Berührte Mitbestimmungsrechte des BR: § 87 Abs. 1 Ziff. 2 BetrVG – Arbeitszeit § 87 Abs. 1 Ziff. 3 BetrVG – Überstunden § 87 Abs. 1 Ziff. 6 BetrVG – Technik § 80 Abs. 1 Ziff. 1 BetrVG – Überwachungsrecht § 90 BetrVG – Änderung der Arbeitsverfahren pp. § 111 BetrVG - Betriebsänderung (IA/SP)

Digitalisierung bringt häufig Matrix-Strukturen: Technikeinsatz schafft Möglichkeiten für virtuelle (weltweite) Teams Vorgesetzte sitzen oft außerhalb des Standortes außerhalb des Unternehmens  Frage der Gremienzuständigkeit

Schwerpunktbereich Gesundheitsschutz: Bildschirm- und Arbeitsstättenverordnung als bekannte Regelungsgrundlagen auch für digitale Arbeit starkes Mitbestimmungsrecht des BR nach § 87 Abs. 1 Ziff. 7 BetrVG Trend: Gefährdungsbeurteilung betreffend psychische Beeinträchtigungen am Arbeitsplatz