Magen-Darm-Tag 2008 R e i z m a g e n / R e i z d a r m Von der Funktionsstörung zur Darmentzündung 8. November 2008.

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Magen-Darm-Tag 2008 R e i z m a g e n / R e i z d a r m Von der Funktionsstörung zur Darmentzündung 8. November 2008

Redaktionelles Die Folien wurden erstellt von Dr. Sebastian Haag, Essen Prof. Dr. Gerald Holtmann, Adelaide/ Australien

Begriffsbestimmung und Häufigkeit des Krankheitsbildes

Verdauungsbeschwerden Verdauungsstörungen sind sehr häufig 1/3 der Bevölkerung leidet unter immer wieder auftretenden Beschwerden Nur bei jedem zweiten mit wiederkehrenden Beschwerden findet sich eine Ursache (z.B. ein Geschwür, eine Entzündung oder selten ein Krebs), wenn er sich in ärztliche Behandlung begibt Ist keine Ursache erkennbar  funktionelle Störung z.B. Reizdarmsyndrom Funktionelle Dyspepsie

Rom-III Diagnosekriterien für Funktionelle Dyspepsie Beschwerden müssen enthalten Mindestens eines der folgenden Symptome Postprandiales Völlegefühl Vorzeitiges Sättigungsgefühl Oberbauchschmerzen Brennen im Oberbauch und Kein strukturelles Korrelat für die Beschwerden (einschliesslich ÖGD), das die Beschwerden erklären kann Die Beschwerden müssen seit mindestens 3 Monaten bestehen und 6 Monate vor Diagnosestellung begonnen haben

Rom-III Einteilung der funktionellen Dyspepsie Funktionelle Dyspepsie Postprandial Distress Syndrom  Essens-abhängig Vorzeitige Sättigung Postprandiales Völlegefühl Epigastric Pain Syndrom  Essens-unabhängig Oberbauchschmerzen Oberbauchbrennen Gastroenterology. 2006 Apr;130(5):1466-79.

Definition des Reizdarmsyndroms Manning Kriterien für RDS (BMJ 1978) Kruis Kriterien für RDS (Gastroenterology 1984) Rom-I Kriterien für RDS, FD (Gastroenterol Int 1990) Rom-II Kriterien für RDS, FD (Gut 1999) Rom-III Kriterien für RDS, FD (Gastroenterology 4/2006) ??? Bauchschmerzen oder Unwohlsein >3Tage/ Monat/ 3 Monate und Linderung durch Defäkation Verbunden mit Änderung der Stuhlfrequenz Verbunden mit Änderung der Stuhlkonsistenz Beginn vor > 6 Monaten

Prävalenz funktioneller Magen-Darmerkrankungen 15 % 13 % 13 % 13 % 25 % 17 % 17 %

Epidemiologie gastrointestinaler Symptome Erwachsenenbevölkerung in Deutschland 60 Mio 25 % Personen mit Symptomen im unteren GI Trakt 15 Mio 33 % Patienten mit Arztbesuch 5 Mio Im Unterschied zu vielen organischen Erkrankungen geht beim Reizdarmsyndrom nur ein geringer Teil der Patienten zum Arzt. Dieser Selektionsprozess erfolgt auf unterschiedlichen Ebenen durch die Betroffenen selbst und durch das medizinische Versorgungssystem. Aber nur 25% der beim Arzt als Patienten mit funktionellen Störungen diagnostizierten Patienten erhalten die Diagnose Reizdarmsyndrom. Die prozentualen Angaben stammen aus unterschiedlichen Veröffentlichungen der letzten Jahrzehnte. 40 % Mit Reizdarmsyndrom: 2 Mio Aber korrekt diagnostiziert als Reizdarmsyndrom nur: 0,5 Mio 75 % 25 %

Häufigkeit verschiedener Erkrankungen des Verdauungstraktes 100.000 Einwohner Zahl der Betroffenen in Deutschland M. Crohn C. ulcerosa Dickdarmkrebs Reizdarm/ Reizmagen 200 50-80 70 20.000 120.000 40.000 42.000 12.000.000

Gesundheitsökonomie: Kosten Indirekte medizinische Kosten Überträgt man die Daten einer Untersuchung in den USA und GB (Hahn et al., Digestion 60; 1999:77-8) auf die deutsche Bevölkerung, so ergeben sich folgende Zahlen: fehlen 24 Tage/Jahr 28.8 Mio Fehltage 80 Mio. 40 Mio. 6 Mio. 1.2 Mio. = Bevölkerung Erwerbstätige RDS Patienten

Zusammenfassung Funktionelle Magen-Darmerkrankungen …. ist klinisch eindeutig definiert, findet sich häufig in der Bevölkerung, nicht alle Patienten gehen zum Arzt, aber wer zum Arzt geht, leidet sehr, ist häufig krank und arbeitsunfähig und verursacht der Gemeinschaft hohe Kosten. Rom Celle

Reizmagen / Reizdarmsyndrom Ursachen von Reizmagen / Reizdarmsyndrom

Ursachen des Reizdarmsyndroms: Expertenmeinung (Konsensuskonferenz der DGVS: Colon irritabile 12.-13. Januar 1998, Celle) Zwölf Experten waren der Meinung, dass es sich beim Reizdarmsyndrom primär um eine Bewegungsstörung des Darms handelt (4x) eine Störung der Empfindlichkeit des Darms handelt (4x) eine psychosomatische Erkrankung handelt (2x) eine Störung des Nervensystems im Darm handelt (7x) eine Kombination aus Bewegungs- und Empfindlichkeitsstörung handelt (5x)

Ursachen des Reizdarmsyndroms: Expertenmeinung (Konsensuskonferenz der DGVS: Colon irritabile 12.-13. Januar 1998, Celle) Keiner der Experten war der Meinung, dass dem Reizdarmsyndrom ein einheitliches Konzept der Krankheitsentstehung zugrunde liegt. Neun von zwölf Experten waren der Meinung, dass verschiedene Faktoren Einfluss haben. Die Hälfte der Experten war der Meinung, dass die endgültige Ursache des Reizdarmsyndroms noch nicht gefunden ist.

fMDE Pathophysiologie funktioneller Magen-Darmerkrankungen (fMDE) Darm/ Hirn-Achse Autonome Dysfunktion Motilitätsstörung Viszerale Hypersentitivität fMDE Psyche Angst/ Panik Depression Somatisierung Immunologie Post-infektiös Mastzellen-dysfkt Cytokine Genetik Zwillingsstudien SERT-Polymorph. G-Protein

Theorien zur Pathogenese Darm/ZNS-Interaktion ?? Immunologie Genetik Transmitter z.B. Serotonin Darm/ZNS-Interaktion Viszerale Überempfindlichkeit Gastrointestinale Motilität 1950 2008

Darm/Hirn-Achse: Signalsubstanzen ZNS ENS Peristaltik und Sekretion Motorik/Sensorik Serotonin, NO, VIP, Acetylcholin CGRP, Substanz P Acetylcholin Neben der Vermittlung von motorischer und sekretorischer Aktivität im darm, die über 5- HT3 und 5-HT4 Rezeptoren vermittelt werden, konnte in zahlreichen Studien gezeigt werden, daß Serotonin primäre sensorische afferente Nervenfasern, die bei der Vermittlung von Schmerzen eine große Rolle spielen, über 5-HT3-Rezeptoren stimulieren kann.

Theorien zur Entstehung der Symptome Störung der Empfindlichkeit des Enddarmes bei Dehnung mit Ballon 100 80 Pat. mit RDS 60 Probanden mit Schmerz, % Gesunde Probanden 40 20 20 40 60 100 200 300 Ballonvolumen (ml) Ritchie, Gut 1973

Theorien zur Pathogenese funktioneller Magen-Darmerkrankungen Wahrnehmungsstörungen – verminderte Gewöhnung, veränderte Projektion 10 8 6 4 2 0 10 Anzahl Dehnungen Schmerzskala Erste Dehnung Letzte +228% Schmerzbereich

Theorien zur Pathogenese funktioneller Magen-Darmerkrankungen Periphere und zentrale (spinale) Sensibilisierung Entzündungsvermittler (Histamin, Serotonin, Prostaglandine, Leukotriene, Zytokine etc.) Gehirn Schmerzschwelle erniedrigt Schmerz-Projektion vergrößert Das z.Zt. plausibelste Modell ist in diesem Dia dargestellt. Während normalerweise nur ein geringer Teil der reizaufnehmenden Nervenbahnen, die zu Hinterwurzelneuronen des Rückenmarks projezieren, durch physiologische Stimuli erregt wird, führen Entzündungen oder eine fortlaufende unphysiolgisch starke Stimulation im Gastrointestinaltrakt durch die Freisetzung von Entzündungsmediatoren zu einer Überaktivität oder peripheren Sensibilisierung zahlreicher afferenter Nervenbahnen. Hierdurch werden ebenfalls als Ausdruck einer zentralen oder spinalen Sensibilisierung Hinterwurzelneurone im Rückenmark aktiviert, wodurch die erniedrigten Schmerzschwellen und die veränderten Schmerzprojektionen, die bei gastrointestinalen Entzündungen beobachtet werden erklärt werden können. Neuere Untersuchungen zeigen, daß diese Sensibilisierung der Hinterwurzelneurone auch nach Abklingen der Entzündung fortbestehen kann. Dieses Schmerzgedächtnis, das im Rückenmark postuliert wird, kann durch die funktionelle Plastizität der Nervenzellen erklärt werden. Gestörte Schmerzverarbeitung z.B. nach einer Infektion

Theorien zur Pathogenese funktioneller Magen-Darmerkrankungen Zentrale Modulation Entzündungsvermittler (Histamin, Serotonin, Prostaglandine, Leukotriene, Zytokine etc.) ZNS (höhere Zentren) Schmerzschwelle erniedrigt Schmerz-Projektion vergrößert Hirnstamm Absteigende hemmende Bahnen - Diese vermutete erhöhte oder veränderte Reizaufnahme bei Patienten mit funktionellen gastrointestinalen Beschwerden kann normalerweise über die Aktivierung von absteigenden hemmenden Bahnen, die in diesem Dia gelb dargestellt sind, vom Gehirn zu den Hinterwurzelneuronen des Rückenmarkes unterdrückt werden. Ein Beispiel hierfür ist die Habituation, d.h. die zunehmend schwächere Empfindung unangenehmer gastrointestinaler Stimuli, die ich ihnen zu Beginn meines Vortrages gezeigt habe.

Theorien zur Entstehung funktioneller Magendarmerkrankungen Zentrale Modulation Kontrollen Reizdarm Schmerzhafte Rektumdehnung Schmerzerwartung Aktivierung li. dorsolat. präfrontaler Cortex anteriorer cingulärer Neuere Untersuchungen lassen vermuten, daß Patienten mit Reizdarm eine veränderte zentrale Reizverarbeitung und eine Störung der Aktivierung dieser hemmenden absteigenden Bahnen aufweisen. Nach diesen Studien, bei denen durch die Positronen Emissionstomographie bei Kontrollen und Patienten mit irritablen Darm die Aktivierung spezifischer Kortikaler Zentren im Gehirn während schmerzhafter Rektumstimulationen untersucht wurde, gibt es Anhaltspunkte dafür, daß Patienten mit IBS im Vergleich zu Kontrollen genau diese Zentren nicht aktivieren, die Verbindungen zu den absteigenden hemmenden Bahnen haben, sondern demgegenüber kortikale areale aktivieren, die für die Vigilanz, d.h. für die vermehrte Aufmerksamkeit und Empfindlichkeit gegenüber Stimuli verantwortlich sind. Silverman DHS et al. Gastroenterology 1997

Drossman et al., Gastroenterology 2002 Das Krankheitsmodell Psychosoziale Faktoren Lebensereignisse Psyche Coping Soziale Unterstützung fMDE Symptome Verhalten Physiologie Motilität Wahrnehmung Entzündung gestörte bakt. Flora Individuum Genetik Umgebung Bauch ENS Gehirn ZNS Ergebnis Medikamente Arztbesuche tgl. Aktivität Lebensqualität Drossman et al., Gastroenterology 2002

Zusammenfassung Die Ursache funktioneller Magen-Darmerkrankungen ist multifaktoriell (angeborene Faktoren, Umwelt, moduliert durch Psyche). Patienten mit einem Reizmagen/Reizdarmsyndrom haben eine gesteigerte Empfindlichkeit. Störungen können im peripher-autonomen Nervensystem und/oder im Gehirn liegen.

Diagnostik und Behandlung

Diagnosesicherung des RDS Typisches Symptommuster Gezielter Ausschluss anderer Ursachen der Beschwerden Diagnosesicherung so früh wie möglich. Vermeidung unnötiger Wiederholungsuntersuchungen.

Veränderung der Diagnose nach Diagnosestellung “Reizdarmsyndrom” Änderung Nachbeob. % Monate Owens 1995 1 24-360 Harvey 1987 0 60-64 Svendson 1985 4,5 60 Sullivan 1983 4 29 Holmes 1982 5 >72 Hawkins 1971 3,7 24-240 3 % 97 % der Fälle: Diagnose auf Dauer bestätigt

Ausschluss anderer Ursachen dringlich bei Alarmsymptomen Kurze Vorgeschichte Gewichtsverlust Blut im Stuhl Störung der Nachtruhe durch die Beschwerden Stetige Zunahme der Beschwerden

Vorgehensweise Basisuntersuchungen: Spezielle Diagnostik: Körperliche Untersuchung Laboruntersuchungen (Blutbild, BSG, ggf. Hämoccult) Ultraschalluntersuchung ggf. Koloskopie Spezielle Diagnostik: Blähungen/Durchfall/Milchunverträglichkeit: Laktoseintoleranz? Weitere Untersuchungen nur bei Verdacht auf bestimmte neu aufgetretene Erkrankungen Orientierende psychosomatische Beurteilung durch den Hausarzt

Behandlung funktioneller Magen-Darmerkrankungen Allgemein- maßnahmen: Ärztliche Führung/ Ernährung Psycho- somatische Grundver- sorgung und Psycho- therapie Medika- mentöse Behandlung

Behandlung Allgemeinmaßnahmen Ernährung Aufklärung über Krankheitsbild Ärztliche Führung/ Ernährung Allgemeinmaßnahmen Aufklärung über Krankheitsbild Aufklärung über Wesen und Ursache der Beschwerden Vermeidung wiederholter Diagnostik unterstützende medikamentöse Maßnahmen Ernährungsberatung Ernährung Kleine Mahlzeiten Fettarme Kost

Metaanalysen: Ballaststoffe bei Reizdarmsyndrom Bessern zwar Obstipation, aber… Ungünstig bei Schmerzen Ungünstig bei Meteorismus Gasbildung gesteigert Gastransit verlangsamt Intraluminaler Gasgehalt nimmt dramatisch zu Ballaststoffe Bijkerk CJ et al, APT 2004 Quartero AO et al, Cochrane Rev 2005 Gonlachanvit S et al, Gut 2004

Behandlung Psycho- somatische Grundver- sorgung und Psycho- therapie Nur für ausgewählte Patienten mit offensichtlicher psychiatrischer Begleiterkrankung Verhaltenstherapeutische Kombinations-verfahren psychoanalytische Kurzzeittherapie kognitive Verhaltenstherapie Hypnotherapie Stressbewältigungsprogramme

Zunehmende Evidenz für Psychotherapie bei fMDE Drossman DA et al Gastroenterology 2003 Randomisierte, kontrollierte Studie, n=431 Kognitive Verhaltenstherapie  Verbesserung der QOL, Beschwerdeintensität, -frequenz Cheng C et al Psychosom Med 2007 Randomisierte, kontrollierte Studie, n=75 Verbesserung der Krankheitsverarbeitung (coping)  Langzeit (12 Monate) Reduktion von Beschwerdefrequenz/-intensität Haag S et al AP&T 2007 Randomisierte, kontrollierte Studie, n=100 Med. Standardtherapie vs. Zielgerichtete, intensivierte med. Therapie plus Psychotherapie  Langzeit (12 Monate) Reduktion von Beschwerdefrequenz/-intensität, Verbesserung der QOL bei additiver Psychotherapie

Psychotherapie Oft wichtige Komponente des Beschwerdekomplexes Depression Angst Somatisierung Psychotherapeutische Stützung generell hilfreich Antidepressiva: bei depressiver Komponente wirksam Wirkung auf Schmerzen, andere Symptome ungesichert Cave Nebenwirkungen Nicht generell empfohlen (Nur) bei Untergruppe: Psychische Morbidität dominant! Hier Psychotherapie ± Psychopharmakotherapie obligat

Behandlungsoptionen beim Reizdarmsyndrom † Substanz Bewertung Anwender- rate Vorwiegende Indikation Antidiarrhoika 4 90% nur bei Diarrhö mit oder ohne Schmerzen Loperamid Diphenoxylat Psychopharmaka/Anti- depressiva chronische Schmerzen, Komorbidität mit Depression trizyklische Substanzen (Prokinetika)* (4) (93%) Obstipation Anticholinergika 3 82% Schmerzen/Spasmen (Butylscopolamin u.a.) Muskelrelaxantien 93% Mebeverin Pfefferminzöl Oberflächenaktive Substanzen 2 75% Blähungen Polisiloxanpräparate Bakterienpräparate 21% Diarrhö, Blähungen z.B. E. coli Nissle Phytotherapeutika Blähungen und Schmerzen † Medika- mentöse Therapie * Prokinetika mit Wirkung auf den Dickdarm sind derzeit nicht auf dem Markt verfügbar. † Belegte Wirksamkeit: 4 = wahrscheinlich, 3 = möglich, 2 = unsicher Quelle: Nach Hotz, J. et al., Konsensusbrericht: Reizdarmsyndrom – Definition, Diagnosesicherung, Pathophysiologie und Therapiemöglichkeiten. Konsens der Deutschen Gesellschaft für Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten, Zeitschrift für Gastroenterologie 1999; 37: 685 – 700.

Medikamentöse Behandlungsoptionen Leitsymptom-orientiert: Reizmagen Essens-abhängig (Postprandial Distress) Essens-unabhängig (Epigastric Pain) Psychische Comorbidität Prokinetika Metoclopramid Domperidon Erythromycin PPI Spasmolytika Phytotherapeutika Ergänzen oder wechseln refraktär refraktär Psychische Co-Morbidität Antidepressiva - TCA/ SSRI

Medikamentöse Behandlungsoptionen Leitsymptom-orientiert: Reizdarm Psychische Comorbidität Blähungen Simethikon Probiotika Diät Bewegung Bauchschmerzen Spasmolytika Antidepressiva TCA/ SSRI Blähungen Bauchschmerzen/ Unwohlsein Veränderte Darmfunktion Rifaximin (Colidimin®/ Normix® 2x400mg/ 3 Tage) Durchfall Opioide Probiotika Cholestyramin Verstopfung PEG-E‘lyte Laxanzien Faserreiche Kost Brandt LJ et al., AJG 2002 Saad & Chey Exp Op Inv Drugs 2007

Zusammenfassung Reizmagen/Reizdarmsyndrom sind sehr häufige Krankheitsbilder Die Diagnose erfolgt nach klaren Kriterien Verschiedene pathophysiologische Konzepte Management der Patienten Diagnosesicherung Allgemeinmaßnahmen medikamentöse Therapie

Abgrenzung und Behandlung von chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen

Pathophysiologie chronisch entzündlicher Darmerkrankungen Immunologische Faktoren Umweltfaktoren Genetische Faktoren Unspezifische Entzündung Gewebsverletzung Restitution und Reparatur

Pathophysiologie chronisch entzündlicher Darmerkrankungen Auslösendes Agens/ Initiierung einer Entzündung Perpetuierung der intestinalen Entzündung Gestörte Immunregulation Gewebsschädigung Klinische Symptome chronisch entzündlicher Darmerkrankungen Infektionen Toxine Nichtsteroidale Antirheumatika Luminale Bakterien Bakterienprodukte Nahrungsbestandteile Genetische Prädisposition, erhöhte Permeabilität Mißverhältnis pro- und antiinflammatorische Zytokine Mißverhältnis von T- Zell Subpopulationen (TH1 vs. TH2) Störung der Antigenpräsentation Granulozyten, Makrophagen, Prostaglandine Leukotriene, PAF, Sauerstoffradikale, NO, Proteasen, Komplementfaktoren, TNF, IFN Diarrhoe, intestinale Blutung Schmerz, Gewichtsverlust

Klinik von CED Klinisches Bild oft heterogen Charakteristischer Koloskopiebefund Neben Diarrhöen, Bauchschmerzen, Gewichtsverlust auch extraintestinale Symptome möglich, u.a. Erythema nodosum Arthritiden Augenentzündungen Erstdiagnostik erfordert ausführliche bildgebende und endoskopische Diagnostik des Befallsmusters!

Therapiestrategie der C. ulcerosa Induktionstherapie Oral: 5-ASAs Mesalazin Olsalazin Sulfasalazin ± Rektale 5-ASA Orales Steroid AZA/6-MP TNF--AK Erhaltung 5-ASA, AZA/6-MP, TNF-

Therapiestrategie des M. Crohn Induktionstherapie Steroide Topisch: Budesonid Systemisch: Prednisolon ± Rektale Steroide (selten) AZA/6-MP MTX, Cyclosporin, FK-506 TNF--AK Erhaltung Steroide, AZA/6-MP, MTX/CyA/FK 506, TNF-

Möglichkeit opportunistischer Infektionen unter CED-Therapie Odds Ratio (95% CI) p-Wert Jede Medikation (5-ASA, AZA/6-MP, Steroide, MTX, TNF--AK) 3,50 (1,98-6,08) <0,0001 5-ASA 0,98 (0,61-1,56) 0,94 Kortikosteroide 3,35 (1,82-6,16) AZA/6-MP 3,07 (1,72-5,48) 0,0001 MTX 4,00 (0,36-4,11) 0,26 TNF--AK 4,43 (1,15-17,09) 0,03 Ein Medikament 2,65 (1,45-4,82) 0,0014 Zwei Medikamente 9,66 (3,31-28,19) Toruner M, et al., Gastroenterology 2008

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