Magen-Darm-Tag 2013 Wenn der Darm die Nerven verliert

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 Präsentation transkript:

Magen-Darm-Tag 2013 Wenn der Darm die Nerven verliert Inkontinenz

Magen-Darm-Tag 2013 Die Folien wurden erstellt von Prof. Dr. med. Thomas Frieling, Krefeld Prof. Dr. med. Herbert Koop, Berlin Deutsche Gesellschaft für Neurogastroenterologie und Motilität (DGIM)

„Multidisziplinär“ Disziplinen Inkontinenz Gastroenterologie Diagnostik und Therapie der Stuhlinkontinenz sollte „multidisziplinär“ verlaufen „Multidisziplinär“ Disziplinen Gastroenterologie Gynäkologie Urologie Physiotherapie Psychologie Chirurgie Radiologie Blase Rektum Uterus Beckenboden

Stuhlinkontinenz ist häufig und teuer Sozioökonomische Bedeutung Frauen Männer Die Epidemiologie der Stuhlinkontinenz kann nur geschätzt werden, da die Vergleichbarkeit systematischer Studien (Kohorten-Querschnittsstudien) eingeschränkt ist. Es ist aber zu anzunehmen, dass in Deutschland von 100 Menschen im Alter zwischen 25 und 75 Jahren 15 bis 20% Zeichen einer Urininkontinenz, 5 bis 10% Zeichen einer Stuhlinkontinenz und 1 bis 5% Zeichen von Urin- und Stuhlinkontinenz aufweisen. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass Frauen bereitwilliger über Inkontinenz berichten und die Schwere der Inkontinenz je nach untersuchter Population eine große Variation aufweist.

Durchschnittliches Alter: Inkontinenz Stuhlinkontinenz ist häufig und teuer Sozioökonomische Bedeutung Durchschnittliches Alter: 50 Jahre (25 bis 75) Die Epidemiologie der Stuhlinkontinenz kann nur geschätzt werden, da die Vergleichbarkeit systematischer Studien (Kohorten-Querschnittsstudien) eingeschränkt ist. Es ist aber zu anzunehmen, dass in Deutschland von 100 Menschen im Alter zwischen 25 und 75 Jahren 15 bis 20% Zeichen einer Urininkontinenz, 5 bis 10% Zeichen einer Stuhlinkontinenz und 1 bis 5% Zeichen von Urin- und Stuhlinkontinenz aufweisen. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass Frauen bereitwilliger über Inkontinenz berichten und die Schwere der Inkontinenz je nach untersuchter Population eine große Variation aufweist.

Stuhlinkontinenz ist häufig und teuer Von 100 Menschen in Deutschland im Alter zwischen 25 und 75 Jahren haben .... 15 bis 20 Zeichen einer Urininkontinenz 5 bis 10 Zeichen einer Stuhlinkontinenz 1 bis 5 Zeichen von Urin- und Stuhlinkontinenz 4 bis 8 Millionen Deutsche* 0,4 bis 1,6 Millionen Kranke* *Bias: Frauen berichten bereitwilliger über Inkontinenz, große Variation Art der Inkontinenz (solid, Diarrhoe, Flatus/Häufigkeit) Direkte Kosten nur für Vorlagen (Prävalenz: 1 % der Erwachsenenbevölkerung, mittl. Alter: 50 Jahre, Lebenserwartung: 75 Jahre) 2-3 €/Tag = 25.000 € pro Patient und Lebenszeit = 600 Millionen € pro Jahr Indirekte Kosten (Anzahl der Kranktage/Jahr: 50 für die schweren Fälle (1 %); 10 für die leichten Fälle (10 %) 60 Millionen Krankheitstage Die Epidemiologie der Stuhlinkontinenz kann nur geschätzt werden, da die Vergleichbarkeit systematischer Studien (Kohorten-Querschnittsstudien) eingeschränkt ist. Es ist aber zu anzunehmen, dass in Deutschland von 100 Menschen im Alter zwischen 25 und 75 Jahren 15 bis 20% Zeichen einer Urininkontinenz, 5 bis 10% Zeichen einer Stuhlinkontinenz und 1 bis 5% Zeichen von Urin- und Stuhlinkontinenz aufweisen. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass Frauen bereitwilliger über Inkontinenz berichten und die Schwere der Inkontinenz je nach untersuchter Population eine große Variation aufweist.

Stuhlinkontinenz wird nur unzureichend bearbeitet Reizthema ? Die Dunkelziffer bei Inkontinenz ist hoch: Weniger als die Hälfte der Betroffenen sagt beim Arztbesuch, daß er/sie Inkontinenzbeschwerden hat ..... Nur etwa 1/4 der Ärzte weiß, dass sie Patienten mit Inkontinenz haben .... In den meisten medizinischen Krankenakten wird Inkontinenz nicht vermerkt .... Inkontinenz wird wissenschaftlich nur unzureichend bearbeitet ....

Inkontinenz Rektum: 12-15cm Anus: 2-4cm Muskelschlauch N. Pudendus (S2-4) Innervation M. puborektalis/M. sphinkter ani ext. rektoanaler Kontraktionsreflex Rektum: 12-15cm Anus: 2-4cm Muskelschlauch Längs- Ringmuskulatur M. puborektalis Rektoanaler Winkel 90 Grad M. sphincter ani int. Ruhekontinenz 70-85% Sphinkterruhedruck 40% bei Druckanstieg 65% Rektumdehnung Anale Schleimhautfalten Hämorrhoidalpolster 10-20% Sphinkterruhedruck Sensorik parasympathisch S2-4 über splanchnische Nerven rektoanaler Kontraktionsreflex rektoanaler Inhibitionsreflex Die Kontinenzfunktion wird durch die strukturelle und funktionelle Integrität des Anorektums bestimmt. Das Anorektum wird aus einem Muskelschlauch von Längs- und Ringmuskulatur (12-15cm) gebildet, der einen 90 Grad Winkel (anorektaler Winkel) zum Anus (2-4cm) aufweist. Der Analsphinkter besteht aus dem von der rektalen Zirkulärmuskuatur gebildeten M. sphincter ani internus (IAS) und dem von der Expansion des M. levator ani geformten M. sphincter ani externus (EAS). Der IAS ist im Wesentlichen für die Ruhekontinenz verantwortlich und bestimmt 70-85% des Sphinkterruhedrucks, 40% des Druckes während der schnellen und 65% während der kontinuierlichen Rektumdehnung. Die analen Schleimhautfalten und die Hämorrhoidalpolster sind für etwa 10-20% des Sphinkterruhedrucks verantwortlich. Die willkürliche motorische Nervenkontrolle des M. puborektalis und des EAS erfolgt durch den N. pudendus (S2-4), der für den rektoanalen Kontraktionsreflex (EAS Kontraktion während Rektumdehnung) verantwortlich ist. Demgegenüber wird der IAS durch den Plexus myentericus inerviert wird und den rektoanalen Inhibitionsreflex (IAS Relaxation während Rektumdehnung) bedingt. Eine Blockade des N. pudendus führt zum perianalen Sensibilitätsverlust, zur Analsphinkterschwäche und zum Verlust des rektoanalen Kontraktionsreflexes. Die Sensibilität der Rektumdehnung wird unabhängig vom N. pudendus parasympathisch über die Splanchnikusnerven (S2-4) vermittelt, wobei eine Blockade der in Mukosa und Muskelschicht frei liegenden myelinisierten und nicht-myelinisierten Nervenfasern (N. erigentes) zum Verlust der rektalen Sensibilität und der Fähigkeit zur Defäkation führt. Der Anus ist normalerweise durch die tonische Muskelaktivität des IAS, durch den Willkürdruck des EAS und die Polsterung durch die analen Schleimhautfalten- bzw. gefäße dicht verschlossen, wobei der Verschluss durch den M. puborektalis (anorektaler Winkel) verstärkt wird. Es wird vermutet, dass der Stuhl durch transiente IAS-Relaxationen sensorischen Kontakt zum Anorektum und speziellen afferenten Nerven mit sensorischen Endkörperchen (u.a. Golgi-Mazzoni-/Krause-Pacini-/Meissner-Körperchen) erhält. Hierdurch werden die zur Differenzierung zwischen Flatus und Stuhl wichtigen Sensationen von Druck, Temperatur und Berührung vermittelt. Die Inkontinenz ist ein Symptom und keine Diagnose. Stuhlinkontinenz entsteht, wenn eine oder mehrere der o. a. Komponenten gestört sind. Hierbei sind in der Regel in über 80% der Fälle mehrere Komponenten beteiligt. Die Pathogenese der Stuhlinkontinenz ist multifaktoriell und schwierig einzuteilen. Plexus myentericus rektoanaler Inhibitionsreflex Spezielle afferente Nerven Krause Endkörperchen/Golgi-Mazzoni-/Pacini-/ Meissner-Körperchen Druck/Temperatur/Berührung

Stuhlinkontinenz Inkontinenz ist multifaktoriell ist schwierig einzuteilen in über 80% der Fälle sind mehrere Komponenten gestört Die Epidemiologie der Stuhlinkontinenz kann nur geschätzt werden, da die Vergleichbarkeit systematischer Studien (Kohorten-Querschnittsstudien) eingeschränkt ist. Es ist aber zu anzunehmen, dass in Deutschland von 100 Menschen im Alter zwischen 25 und 75 Jahren 15 bis 20% Zeichen einer Urininkontinenz, 5 bis 10% Zeichen einer Stuhlinkontinenz und 1 bis 5% Zeichen von Urin- und Stuhlinkontinenz aufweisen. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass Frauen bereitwilliger über Inkontinenz berichten und die Schwere der Inkontinenz je nach untersuchter Population eine große Variation aufweist.

Keine allgemein akzeptierte und standardisierte Einteilung KATEGORIE Ursache Effekt Struktur Analsphinkter Gynäkologische Verletzung, Sphinkterschwäche, Verlust sensorischer Hämorrhoidenbehandlung Diskrimination Analdilatation, Neuropathie Rektum Entzündung, Prolaps, Radiatio, Alter IBS, IBD Akkomodationsverlust, Sensibilitätsverlust M. Puborektalis Beckenbodensenkung, Alter, Trauma Schwächung des anorektalen Winkels, Sphinkterschwäche N. Pudendus Gynäkologische-chirurgische Verletzungen Sphinkterschwäche Beckenbodensenkung, verstärktes Pressen Sensibilitätsstörung, Reflexstörung ZNS, Rückenmark ZNS-Trauma, MS, Diabetes Sensibilitätsverlust, Reflexstörung Auton. Neuropathie Schlaganfall, Verletzungen Rektumakkomodation Funktion Anorektale Sensibilität Gynäkologische, ZNS-ANS-Verletzungen Stuhlerkennung, Regionale Agnosie Stuhlimpaktierung Unkoordinierte Defäkation Überlaufinkontinenz, Störung der Rektumsensorik Stuhl Volumen und Konsistenz Infektion, IBD, IBS, Medikamente, metabolisch Diarrhoe, Stuhldrang, schneller Stuhltransport Stimulantien Gallensäuremalabsorption, Laxantien Akkomodationsstörung Harter Stuhl/Retention Unkoordinierte Defäkation Durchfall, Überlaufinkontinenz Verschiedenes Physische Mobilität Alter, Demenz, Behinderung Multifaktoriell Kognitive Funktion Willentliches Stuhlschmieren Multifaktoriell Psychose Anticholinergika Obstipation Medikamente Laxantien, Antidepressiva, Diarrhoe, Sensibilität, Obstipation, Coffein, Muskelrelaxantien Verminderung Sphinktertonus Nahrungsmittelintoleranz Laktose, Fruktose, Sorbit Diarrhoe, Flatus Gastroenterology 2004

Inkontinenz Physiologie der Defäkation Rektumdehnung durch Stuhl Empfindung Rektoanaler Inhibitions-Kontraktionsreflex Relaxation des äußeren Sphinkters Relaxation des inneren Sphinkters Die Kontinenzfunktion wird durch die strukturelle und funktionelle Integrität des Anorektums bestimmt. Das Anorektum wird aus einem Muskelschlauch von Längs- und Ringmuskulatur (12-15cm) gebildet, der einen 90 Grad Winkel (anorektaler Winkel) zum Anus (2-4cm) aufweist. Der Analsphinkter besteht aus dem von der rektalen Zirkulärmuskuatur gebildeten M. sphincter ani internus (IAS) und dem von der Expansion des M. levator ani geformten M. sphincter ani externus (EAS). Der IAS ist im Wesentlichen für die Ruhekontinenz verantwortlich und bestimmt 70-85% des Sphinkterruhedrucks, 40% des Druckes während der schnellen und 65% während der kontinuierlichen Rektumdehnung. Die analen Schleimhautfalten und die Hämorrhoidalpolster sind für etwa 10-20% des Sphinkterruhedrucks verantwortlich. Die willkürliche motorische Nervenkontrolle des M. puborektalis und des EAS erfolgt durch den N. pudendus (S2-4), der für den rektoanalen Kontraktionsreflex (EAS Kontraktion während Rektumdehnung) verantwortlich ist. Demgegenüber wird der IAS durch den Plexus myentericus inerviert wird und den rektoanalen Inhibitionsreflex (IAS Relaxation während Rektumdehnung) bedingt. Eine Blockade des N. pudendus führt zum perianalen Sensibilitätsverlust, zur Analsphinkterschwäche und zum Verlust des rektoanalen Kontraktionsreflexes. Die Sensibilität der Rektumdehnung wird unabhängig vom N. pudendus parasympathisch über die Splanchnikusnerven (S2-4) vermittelt, wobei eine Blockade der in Mukosa und Muskelschicht frei liegenden myelinisierten und nicht-myelinisierten Nervenfasern (N. erigentes) zum Verlust der rektalen Sensibilität und der Fähigkeit zur Defäkation führt. Der Anus ist normalerweise durch die tonische Muskelaktivität des IAS, durch den Willkürdruck des EAS und die Polsterung durch die analen Schleimhautfalten- bzw. gefäße dicht verschlossen, wobei der Verschluss durch den M. puborektalis (anorektaler Winkel) verstärkt wird. Es wird vermutet, dass der Stuhl durch transiente IAS-Relaxationen sensorischen Kontakt zum Anorektum und speziellen afferenten Nerven mit sensorischen Endkörperchen (u.a. Golgi-Mazzoni-/Krause-Pacini-/Meissner-Körperchen) erhält. Hierdurch werden die zur Differenzierung zwischen Flatus und Stuhl wichtigen Sensationen von Druck, Temperatur und Berührung vermittelt. Die Inkontinenz ist ein Symptom und keine Diagnose. Stuhlinkontinenz entsteht, wenn eine oder mehrere der o. a. Komponenten gestört sind. Hierbei sind in der Regel in über 80% der Fälle mehrere Komponenten beteiligt. Die Pathogenese der Stuhlinkontinenz ist multifaktoriell und schwierig einzuteilen. Kontraktion des äußeren Sphinkters Defäkation

Rektumdehnung durch Stuhl Inkontinenz Physiologie der Defäkation Stuhlkonsistenz Sensorik Rektumdehnung durch Stuhl Funktionelle Obstruktion Stuhlimpaktierung Empfindung Rektum- compliance Rektoanaler Inhibitions-Kontraktionsreflex Relaxation des äußeren Sphinkters Sphinkterschwäche Relaxation des inneren Sphinkters Die Kontinenzfunktion wird durch die strukturelle und funktionelle Integrität des Anorektums bestimmt. Das Anorektum wird aus einem Muskelschlauch von Längs- und Ringmuskulatur (12-15cm) gebildet, der einen 90 Grad Winkel (anorektaler Winkel) zum Anus (2-4cm) aufweist. Der Analsphinkter besteht aus dem von der rektalen Zirkulärmuskuatur gebildeten M. sphincter ani internus (IAS) und dem von der Expansion des M. levator ani geformten M. sphincter ani externus (EAS). Der IAS ist im Wesentlichen für die Ruhekontinenz verantwortlich und bestimmt 70-85% des Sphinkterruhedrucks, 40% des Druckes während der schnellen und 65% während der kontinuierlichen Rektumdehnung. Die analen Schleimhautfalten und die Hämorrhoidalpolster sind für etwa 10-20% des Sphinkterruhedrucks verantwortlich. Die willkürliche motorische Nervenkontrolle des M. puborektalis und des EAS erfolgt durch den N. pudendus (S2-4), der für den rektoanalen Kontraktionsreflex (EAS Kontraktion während Rektumdehnung) verantwortlich ist. Demgegenüber wird der IAS durch den Plexus myentericus inerviert wird und den rektoanalen Inhibitionsreflex (IAS Relaxation während Rektumdehnung) bedingt. Eine Blockade des N. pudendus führt zum perianalen Sensibilitätsverlust, zur Analsphinkterschwäche und zum Verlust des rektoanalen Kontraktionsreflexes. Die Sensibilität der Rektumdehnung wird unabhängig vom N. pudendus parasympathisch über die Splanchnikusnerven (S2-4) vermittelt, wobei eine Blockade der in Mukosa und Muskelschicht frei liegenden myelinisierten und nicht-myelinisierten Nervenfasern (N. erigentes) zum Verlust der rektalen Sensibilität und der Fähigkeit zur Defäkation führt. Der Anus ist normalerweise durch die tonische Muskelaktivität des IAS, durch den Willkürdruck des EAS und die Polsterung durch die analen Schleimhautfalten- bzw. gefäße dicht verschlossen, wobei der Verschluss durch den M. puborektalis (anorektaler Winkel) verstärkt wird. Es wird vermutet, dass der Stuhl durch transiente IAS-Relaxationen sensorischen Kontakt zum Anorektum und speziellen afferenten Nerven mit sensorischen Endkörperchen (u.a. Golgi-Mazzoni-/Krause-Pacini-/Meissner-Körperchen) erhält. Hierdurch werden die zur Differenzierung zwischen Flatus und Stuhl wichtigen Sensationen von Druck, Temperatur und Berührung vermittelt. Die Inkontinenz ist ein Symptom und keine Diagnose. Stuhlinkontinenz entsteht, wenn eine oder mehrere der o. a. Komponenten gestört sind. Hierbei sind in der Regel in über 80% der Fälle mehrere Kom-ponenten beteiligt. Die Pathogenese der Stuhlinkontinenz ist multifaktoriell und schwierig einzuteilen. Kontraktion des äußeren Sphinkters Defäkation

Stuhl- Ernährungs-Tagebuch Ergänzende Diagnostik Erweiterte Diagnostik Inkontinenz Anamnese Anamnese Geburten Operationen Begleiterkrankungen Ernährung Medikamente Stuhlbeschreibung Stuhl- Ernährungs-Tagebuch Körperl. Untersuchung Endoskopie Ergänzende Diagnostik Erweiterte Diagnostik Therapie

Diagnostischer Algorithmus Inkontinenz Diagnostischer Algorithmus Anamnese Risikofaktoren Gastroenterology 2004 Risikofaktor Odds-Ratio direkt Erkrankungen assoziiert Operation

Diagnostischer Algorithmus Inkontinenz Diagnostischer Algorithmus Anamnese Diagnostik bei Inkontinenzsymptomen: zu selten ..... ggfl. Tagebuch Laktoseintoleranz Ernährungsberatung

Inkontinenz Metformin

Stuhl- Ernährungs-Tagebuch Ergänzende Diagnostik Erweiterte Diagnostik Inkontinenz Anamnese Stuhl- Ernährungs-Tagebuch Körperliche Untersuchung Allgemeinzustand klinische Untersuchung Anusinspektion Marisken, Hämorrhoiden, Narben rektal-digitale Untersuchung Sphinkterruhedruck Willkürdruck Rektozelen anorektaler Prolaps Körperl. Untersuchung Endoskopie Ergänzende Diagnostik Erweiterte Diagnostik Therapie

Stuhl- Ernährungs-Tagebuch Ergänzende Diagnostik Erweiterte Diagnostik Inkontinenz Anamnese Stuhl- Ernährungs-Tagebuch Körperl. Untersuchung Endoskopie Ergänzende Diagnostik Erweiterte Diagnostik Therapie

Abklärung Stuhlentleerungsstörung: Funktionelle Rektoskopie Inkontinenz Abklärung Stuhlentleerungsstörung: Funktionelle Rektoskopie Funktionelle Obstruktion Rektumprolaps

Stuhl- Ernährungs-Tagebuch Ergänzende Diagnostik Erweiterte Diagnostik Inkontinenz Anamnese Stuhl- Ernährungs-Tagebuch Körperl. Untersuchung Endoskopie Ergänzende Diagnostik Erweiterte Diagnostik Therapie

Abklärung Stuhlentleerungsstörung: Defäkographie Inkontinenz Abklärung Stuhlentleerungsstörung: Defäkographie Normal Rektozele Rektumprolaps Enterozele Intussuszeption MR-Defäkografie - Roos et al, Radiographics 2002

Abklärung Stuhlentleerungsstörung: Anorektale Manometrie Inkontinenz Abklärung Stuhlentleerungsstörung: Anorektale Manometrie Beckenbodendyssynergie Typ I – III (Rom III) Anorektale Funktionen Ruhedruck Rektoanaler Hemmungsreflex Hustenreflex Defäkation-Druckverlauf (*Rao SSC et al. Neurogastroenterol Mot 2004/Jung SH et al. Gut 1995)

Abklärung Stuhlentleerungsstörung: Anale Endosonographie Inkontinenz Abklärung Stuhlentleerungsstörung: Anale Endosonographie MSE MSI Übereinstimmung EMG und Endosonographie M. Sphinkter ani externus

Stuhl- Ernährungs-Tagebuch Ergänzende Diagnostik Erweiterte Diagnostik Inkontinenz Anamnese Stuhl- Ernährungs-Tagebuch Körperl. Untersuchung Transitzeit-Bestimmung Beckenboden CT/-MRT Defäkographie/MR-Defäkographie Endoskopie Ergänzende Diagnostik Erweiterte Diagnostik Therapie

Stuhl- Ernährungs-Tagebuch Ergänzende Diagnostik Erweiterte Diagnostik Inkontinenz Anamnese Stuhl- Ernährungs-Tagebuch Körperl. Untersuchung Endoskopie Ergänzende Diagnostik Erweiterte Diagnostik Therapie

zeitlich begrenzt/multimodal Inkontinenz Therapie symptomen- orientiert zeitlich begrenzt/multimodal Diätetische Maßnahmen Adaptation der Lebensweise Übungs- verfahren Medikamentöse Therapie Chirurgische Therapie

Inkontinenz Therapie Diätetische Maßnahmen, Prinzip: Verbesserung der Stuhlkonsistenz/Verbesserung der Obstipation keine spezifische Diät Nahrungsmittelunverträglichkeiten (z.B. Milchzuckerunverträglichkeit) Ballaststoffe Abklärung einer Diarrhoe (Stuhlprobe, Stufenbiopsien, Dünndarmdiagnostik) Übungsverfahren, Prinzip: Stärkung der Beckenboden-Sphinkterstärke Beckenbodentraining, Biofeedback-Training Adaptation der Lebensweise, Prinzip: Kontrollierte Stuhlentleerung Toilettentraining (Lecicarbon supp., Klysmen) Vermeiden von Pressen (Prolaps) Provokation des Stuhlganges (z.B. morgens nach Glas Wasser) Anpassung der Alltagsgewohnheiten (z.B. Zeitpunkt der Mahlzeiten, Tagesablauf) Analgygiene (Vorlagen, Einlagen, Baumwollstopfen, Zinkoxidpaste) Medikamentöse Therapie, Prinzip: Therapie der Obstipation/Diarrhoe Verbesserung der Rektumkompliance, Verbesserung des Sphinktertonus, Verminderung der Stuhlfrequenz

Inkontinenz Konservative Behandlung ano-rektaler Inkontinenz Medikamentöse Therapieoptionen Behandlung der Obstipation Laxantien: osmotische Laxantien (Sorbitol, Salze) Quellmittel: Flohsamen, lösl. Ballaststoffe (Benefiber), Makrogole, Lactulose Stimulantien: Anthranoide, Diphenylmethane Prokinetika (Domperidon, Tegaserod (Barucha et al. Curr Treat Options Gastroenterol 2004;7:291-298)), Prucaloprid Stuhlfestigende Maßnahmen Flohsamen, lösl. Ballaststoffe (Benefiber) Loperamid (2 mg/die bis 16 mg/die), Codeinsulfat (15-30 mg/6 Stunden) Tinktura opii Trizyklische Antidepressiva (Schmerz & imperativ Stuhldrang) Gallensäurebinder (z.B. Colestyramin, 2mal täglich 2 - 4 g) Clonidin 25 µg (diabetische Diarrhoe) Modulation der rekto-viszeralen Senso-Motorik Trizyklische Antidepressiva: Amitriptyllin 25 mg - 75 mg/die Wald A. Curr Treat Options Gastroenterol; 2005;8: 319-324 Verbesserung des Sphinkter-Tonus Loperamid (Hallgren et al. Dig Dis Sci, 1994;12:2612-2618)

Inkontinenz Chirurgische Behandlung ano-rektaler Inkontinenz Medikamentöse Therapieoptionen Unterschiedliche Erfolgsraten weisen darauf hin, dass die Patientenselektion einen Einfluss auf das Ergebnis hat Alle Verfahren und spezifische Techniken1 N Follow-up (Monate) Erfolgsrate (%) ‘Anheben’ des Rektums Sakrale Rektopexie Resektions-Rektopexie EXPRESS Verfahren 76 74 15 60 48 12 78 50 88 Versteifung des Rektovaginalseptums Transanale und perineale Reparatur Rektozelen Reparatur Laparoskopisches Netz und perineale Reparatur Offenes abdominales Netz und perineale Reparatur 317 71 17 13 24 42 94 83 90 Entfernen von redundantem Rektalgewebe STARR Manuelle und geklammerte Mukosektomie 40 85 36 18 65 EXPRESS, EXternal Pelvic REctal SuSpension STARR, stapled transanal rectal resection

Inkontinenz Chirurgische Behandlung ano-rektaler Inkontinenz Sakralnervenstimulation (SNS) Implantationsverfahren Die Implantation besteht aus 3 Phasen: Implantation einer oder zweier Testelektroden. Dies kann unter lokaler Betäubung oder Vollnarkose erfolgen. Die Elektrode (n) werden unter Röntgenkontrolle eingesetzt und zunächst nach außen abgeleitet. Der Eingriff erfolgt ausschließlich stationär und dauert ca 20 – 30 Minuten. In der Testphase (Patient ist in der Regel zu Hause), welche 1 bis 2 Wochen dauern kann, wird getestet, ob das Verfahren hilft. Der Patient(in) führt in der Regel ein Kontinenztagebuch; er/sie kann den Stimulator mit einem einfachen Steuergerät ein und ausschalten, sowie die Stromstärke (Spannung) regulieren. Wenn in der Testphase eine deutliche Verbesserung der Beschwerden vorhanden ist, kann im Rahmen einer 2. kleinen Operation (ca 20 Minuten in Vollnarkose) das Kabel nach innen unter die Haut verlegt und mit einem kleinen Schrittmacher verbunden werden. Wenn in der Testphase keine Verbesserung nachzuweisen ist, können die Elektroden ohne Schaden für den Patienten wieder entfernt werden.

Sakralnervenstimulation Inkontinenz Sakralnervenstimulation Etabliert in der Therapie der Stuhlinkontinenz Fallberichte deuten auf Besserung einer Obstipation Multicenter-Fallsammlung bei therapierefraktärer Obstipation (inklusive Pat. mit Rektumentleerungsstörung) (Kamm et al, Gut 2010)

Ergänzende Diagnostik Erweiterte Diagnostik Inkontinenz Zusammenfassung Stuhlinkontinenz ist ein Symptom und keine Diagnose Stuhlinkontinenz ist tabuisiert und teuer Anamnese Die Basisdiagnostik gibt große diagnostische und therapeutische Sicherheit (>80%) Stuhlinkontinenz ist multifaktoriell und schwierig einzuteilen In über 80% der Fälle sind mehrere Komponenten gestört Körperl. Untersuchung Endoskopie Ergänzende und erweiterte Diagnostik sollte in Spezialzentren erfolgen Ergänzende Diagnostik Man kann vieles messen, aber dies sollte einen Einfluß auf das Management eines Patienten haben Konsistenzverbesserung Verhaltensänderung (z.B. Toilettentraining) Biofeedback Medikamente Chirurgie Erweiterte Diagnostik

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