Zur Neurobiologie der Lösungsorientierung

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 Präsentation transkript:

Zur Neurobiologie der Lösungsorientierung Das adoleszente Gehirn und die Lösungsorientierung daniel.mentha@muri-be.ch

Neurobiologische Grundlagen für lösungsfokussierende PraktikerInnen Neuroplastizität: biologische Grundlagen für Lernen und Veränderung Reorganisation des menschlichen Gehirns während der Adoleszenz Von der Theorie zur Praxis

Geistige Repräsentationen Das Gehirn nimmt über die Sinnesorgane Inputs aus der Aussenwelt (zu der auch in gewisser Weise der Körper gehört) auf. Es verwandelt diese in einen neuronalen Code und prozessiert sie in diesem Code. In noch ziemlich rätselhafter Weise entstehen so auch mentale Repräsentationen (gelegentlich bewusste oft unbewusste), bevor als Output die bewussten und unbewussten Formen menschlichen Verhaltes resultieren.

Zwei Hauptaufgaben des Gehirns Steuerung von überlebenswichtigen biologischen Funktionen und von biochemischen / physikalischen Gleichgewichten. In Zusammenarbeit mit dem vegetativen Nervensystem, dem endokrinen Hormonsystem und dem Immunsystem bestmögliche Anpassung an angetroffene physikalische, biologische und soziale Umwelten.

Anpassung an veränderte Umweltbedingungen Dank seines komplexen Gehirns hat der Mensch sich an ungewöhnlich viele physikalische, biologische und soziale Umwelten anpassen können. Auf Ebene Gehirn setzt dies die Fähigkeit zu selbstorganisierter Struktur- und Funktionsänderung als Anpassungsleistung voraus. Menschen sind soziale Säugetiere. Daher stellen für uns sich ändernde soziale Umwelten die wichtigsten Umweltfaktoren dar.

Therapie / Beratung Therapie und Beratung kann aus neurobiologischer Sichtweise nichts anderes tun, als Angebote anbieten, die dem Gehirn helfen, selbstorganisierte Verwirklichung besserer Anpassung an gegebene Kontextbedingungen zu finden. Diese Angebote sollen die selbstorganisierten neuronalen Prozesse unterstützen und anregen; sie können sie nicht vorschreiben. Selbstorganisierte neuronale Prozesse lassen sich nicht verschreiben.

Voraussetzung für die Inanspruchnahme vor Therapie/Beratung: jemand kommt in Bezug auf sich selbst oder wichtige andere zur Überzeugung, dass notwendige Anpassungsprozesse stocken, also eine kritische Situation besteht. G. Hüther unterscheidet zwischen kontrollierbaren und unkontrollierbaren Belastungen.

Kontrollierbare Belastungen verlangen nach Verstärkung bisher bewährter neuronaler Bahnungen / Verschaltungen. Unkontrollierbare Belastungen benötigen umfassendere neue Bahnungen / Verschaltungen. Bisherige müssen aufgelöst werden. Paul Watzlawick: Lösungen 1. und 2. Ordnung.

Wann braucht das Gehirn Therapie / Beratung? Eine schwierige Frage, denn die Selbstorganisation macht es uns eigentlich unmöglich von aussen zu beurteilen, ob das Gehirn leichter mit oder ohne unsere Hilfe zu besser funktionierenden Lösungen finden wird. Steve de Shazer und Insoo Kim Berg: So viel wie nötig und nicht mehr. Die Klienten sollten auch hier die Experten sein.

Handmodell des Gehirns nach Daniel Siegel

Einige Hirnbereiche und deren Hauptfunktionen Das Stammhirn: Steuerung überlebenswichtiger Funktionen und physikalischer / biochemischer Gleichgewichte Basale reflexartige Verhaltensprogramme der Annäherung oder Vermeidung Produktion von gewissen Neurotransmittern (Dopamin, Serotonin, Noradrenalin, Acetylcholin), die ins limbische System und kortikale Grosshirnbereiche ausgeschüttet werden.

Das limbische System Organisiert komplexe Impulse, Anreize und Motivationen zu Verhaltensprogrammen: zB im Bindungssystem Belohnungssystem Stresssystem Organisiert das explizite biographische und semantische Gedächtnis (Hippocampi) Prozessiert vegetativen und endokrinen Output (Hypothalamus) Bewertet Inputs aus der Aussenwelt und dem Körper (Amygdalä)

Grosshirnrinde Prozessiert Sinneseindrücke und Willkürmotorik. Integriert die Information der verschiedenen Sinnesorgane mit Erinnerungen zu vollständigen Sinneswahrnehmungen. . Integration und Rekombination auf höheren Ebenen . Expressive und rezeptive Sprachsysteme

Präfrontaler Kortex Grösster Teil des menschlichen Gehirns: Abstraktes und symbolisches Prozessieren Arbeitsgedächtnis Strategische Planung Top down Kontrolle limbischen Impulse

Medialer präfrontaler Kortex Integration limbischer, kortikaler und lateraler präfrontaler Areale. Wichtige Beiträge zu dem was wir Gewissen nennen. Top down Kontrolle limbischer Impulse.

Bewusstsein Wird gesehen als Auswirkung von umfangreicher koordinierter und synchronisierter Aktivität in Bereichen der Grosshirnrinde. Das heisst: limbische Impulse können nur bewusst werden, wenn sie eine umfangreiche kortikale Aktivierung bewirken.

Nervenzellen = Neuronen 1 Repräsentieren Erfahrung dadurch, dass sie, wenn die Erfahrung, für die sie stehen ihnen präsentiert wird, elektrische Impulse fortleiten = sogenanntes «Feuern»

Nervenzellen 2 Computersimulationen konnten zeigen, dass neuronale Netzwerke sich zu repräsentierenden «Landkarten» organisieren, wenn drei Bedingungen erfüllt sind: 1. Synapsen sind plastisch 2. hohe Konnektivität 3. nahe Neuronen werden durch einen Input mit erregt, entfernte gehemmt.

Nervenzellen 3 Im ZNS gibt es ca. 100 Milliarden Neuronen jedes verbunden über 1000 bis 10000 Synapsen mit anderen Neuronen. An den Synapsen erfolgt die Übertragung des elektrischen Impulses chemisch durch Neurotransmitter. Dendriten und Axon Erregende und hemmende Neurotransmitter Rolle des Myelins

Neuroplastizität 1 Unter Neuroplastizität versteht man die Veränderung der strukturellen und funktionellen Architektur von Synapsen, Neuronen und neuronalen Netzwerken in Folge ihres Gebrauchs. Äussere (z B soziale) Einflüsse und die biologische Struktur und Funktion interagieren in zirkulären Prozessen.

Neuroplastizität 2 Abgesehen von genetischen Einflüssen ist die Neuroplastizität der wichtigste Motor der individuellen (ontogenetischen) Hirnentwicklung. Das Gehirn als «soziales Organ» entwickelt sich strukturell und funktionell durch soziale Einflüsse. Es wird durch soziale Einflüsse programmiert. Wir können unser Gehirn in gewissem Ausmass auch selbst programmieren.

Neuroplastizität 3 Lernen, Gedächtnisbildung, und Veränderung auf kognitiver, affektiver, verhaltensmässiger und interaktiver Ebene beruht biologisch auf Neuroplastizität.

Neuroplastizität 4 Neuroplastische Veränderung findet lebenslang statt. Allerdings gibt es zwei Perioden mit deutlich erhöhter neuronaler und damit auch neuroplastischer Entwicklung: A) Embryonale Entwicklung, Geburt und frühe Kindheit B) Adolesezenz

Neuroplastizität 5 Biologische Kurzfassung von Neuroplastizität: Donald Hebb: «cells that fire together wire together» Josef LeDoux: «Lernen besteht nach verbreiteter Auffassung in der Verstärkung synaptischer Verbindungen zwischen Neuronen».

Spitzer M: Neuronale Netzwerke und Psychotherapie, 2003: Neuroplastizität, Dopamin und die «besser als erwartet Situation». Die Rolle der Ungewissheit Hüther G: Biologie der Angst: wie aus Stress Gefühle werden, 2005: Neuroplastizität, Noradrenalin und die «bewältigbare Stressreaktion». Nicht bewältigbarer Stress, Glucokortikoide und «neuronaler Rückbau».

Voraussetzungen für verstärkte neuroplastische Prozesse 1 Das Gehirn macht ständig Voraussagen was geschehen wird. Sind diese Voraussagen zutreffend, werden sie im Routineprogramm prozessiert und lösen keine oder wenig neuroplastische Verstärkung / Bahnung aus. Anders bei Abweichungen vom Erwarteten: positive oder negative Überraschungen. Diese lösen verstärkte neuroplastische Prozesse an den betroffenen Synapsen aus.

Voraussetzungen für verstärkte neuroplastische Prozesse 2 Ereignisse, die als neu, wichtig oder überraschend konstruiert werden. Ereignisse, die eine Haltung von Neugier, Interesse und fokussierter oder selektiver Aufmerksamkeit entstehen lassen. Belohnungserwartung Überraschende Belohnung («besser als erwartet») Ungewissheit bezüglich erhoffter Belohnung

Voraussetzungen für verstärkte neuroplastische Prozesse 3 Emotionale Beteiligung, emotionales Engagement für etwas Erfolgreiche Bewältigung einer schwierigen, stressreichen, belastenden, herausfordernden Situation Sich selbst als fähig beschreiben ein anspruchsvolles Ziel zu erreichen oder eine belastende Situation zu bewältigen

Emotionen Emotionen sind phylogenetisch alte unbewusste Verhaltensprogramme. Attraktive und aversive Anreize lösen Annäherungs- und Vermeidungsverhalten aus. Emotionen bewerten Ereignisse bezüglich ihrer Vor-und Nachteile für Anpassung und Überleben Angeborene und erworbene biologische und soziokulturelle Auslöser

Wichtige Emotionssysteme Das Belohnungssystem Das Stresssystem Das Bindungssystem Die Aktivierung jedes dieser Emotionssysteme geht beim Menschen mit neuroplastischer Verstärkung der dabei aktiven synaptischen Verbindungen einher.

Gefühle Gefühle sind bewusste Wahrnehmungen unbewusster emotionaler Prozesse. Sie entstehen durch kortikale Aktivierung.

Neuromodulatoren 1 Spezielle Neurotransmitter wie z B Dopamin, Serotonin und Noradrenalin werden in Zentren des Hirnstamms produziert, wenn das Gehirn eine Situation als relevant und entweder als attraktiv oder aversiv zu erkennen glaubt. Dopamin korreliert mit Auslösung von Such- und Annäherungsverhalten. Noradrenalin spielt eine Rolle bei der Bewältigung von Stress und dem Reagieren auf Gefahr

Neuromodulatoren 2 Neuromodulatoren verstärken aktive synaptische Übertragung. Sie wirken nicht nur während Millisekunden sondern länger auf Synapsen ein. Dadurch verstärken sie nicht bloss einzelne Synapsen sondern ganze zusammenhängende neuronale Netzwerke und verstärken diese neuroplastisch.

Pubertät / Adoleszenz 1 Wird durch das Gehirn ausgelöst, wenn genügend sogenannte permissive Faktoren für Fortpflanzungsverhalten erkennbar werden. Pubertät = psychische und körperliche Geschlechtsreifung Adoleszenz = bezeichnet psychosoziale Veränderungen zwischen Kindheit und Erwachsenenalter. Akzeleration und Herausschieben der Erwachsenenposition

Pubertät / Adoleszenz 2 Sexualhormone führen rückbezüglich auch zu Veränderungen im Gehirn. Der präfrontale Kortex erlangt erst mit dem Erwachsenenalter seine volle Funktionsfähigkeit. Späte Myelinisierung präfrontaler Faserverbindungen

Pubertät / Adoleszenz 3 Das «online gehen» des PFC bewirkt die Notwendigkeit von Umbau und Reorganisation in weiten Bereichen der Grosshirnrinde. Dieser Prozess dauert Jahre. Er führt letztendlich zu verbesserter Funktion d h das Erwachsenengehirn ist effizienter als das kindliche Gehirn.

Pubertät /Adoleszenz 4 In gewissen Bereichen erfolgt die Verbesserung der Funktion linear, meist aber chaotisch und mit vorübergehender funktioneller Verschlechterung.

Sensible Phasen Möglicherweise existieren wie im Kleinkindesalter sensible Phasen während derer ein Entwicklungsschritt erfolgen muss. Wird er verpasst, so kann er später nicht nachgeholt werden. Bsp: räumliche Kognition und der Einfluss gonadaler Sexualhormone.

Adoleszenz als riskante und chancenreiche Lebensphase Dies gilt auch für Therapie / Beratung. Vorsicht: vulnerable Lebensphase Chance: Veränderung ist in der Adoleszenz unvermeidlich.

Praxis 1 Steve de Shazer: «Ich danke Ihnen, dass sie heute zum Gespräch gekommen sind. Ich hoffe es wird sich für Sie auszahlen. Dafür gibt es allerdings keine Garantie. Das einzige was ich Ihnen versprechen kann ist, dass ich mein bestes geben werde. Ich nehme an, Sie auch. Drum schlage ich vor, dass wir beginnen und sehen, was dabei für Sie rauskommt.»

Praxis 2 Eine optimistische Sicht der Adoleszenz hilft, zuversichtlich in die Therapie / Beratung einzusteigen. Das pubertäre Durcheinander als gesund und normal betrachten – bis zum Beweis des Gegenteils. Risikoverhalten normalisieren. Lust auf Neues und drauf, Grenzen auszuloten normalisieren Die Sorge der Eltern normalisieren. Die Eltern einbeziehen.

Praxis 3 Den stattfindenden Reifungsprozess des PFC fördern, indem die limbischen Impulse und Bedürfnisse anerkannt werden.

Praxis 4 Wie sprechen nur mit dem Kortex. Wenn wir das Limbische erklären geben wir dem PFC einen «Wachstumsrahmen». Günstig ist oft neurobiologische Psychoedukation gegenüber den Eltern und gegenüber den Jugendlichen.

Praxis 5 Die präpubertäre Adaptation und Gesundheit ist eine wichtige Ressource und ein prognostisch günstiger Faktor. Der PFC wird durch die limbischen Impulse herausgefordert. Dies kann Risiko und Chance sein.

Praxis 6 Wir können nur fördern, was neurobiologisch als Entwicklungspotential angelegt ist. Wenn pathologische Entwicklungen präsentiert werden, die über den pubertären Aufruhr hinausgehen brauch es gelegentlich zusätzliche störungsspezifische Vorgehensweisen. Diese Differentialdiagnose ist oft schwierig.

Praxis 7 Zahlreiche lösungsfokussierende Werkzeuge finden eine neurobiologische Bestätigung wie z.B.: - «Prefered future» – Wunderfrage - Komplimente - Bewältigungsfragen

Praxis 8 Neurobiologische Bestätigung theoretischer Grundannahmen wie z.B.: - Autopoiese – Selbstorganisation - Unmöglichkeit instruktiver Interaktion - Konstruktivismus - sozialer Konstruktionismus

Praxis 9 Erstbegegnungen müssen so gestaltet werden, dass die anzutreffenden emotionalen Zustände auf beiden Seiten beachtet und balanciert werden. Positive Emotionen und Annäherungs- Such- verhalten (bezogen auf die Ziele) sollen gefördert werden. Negative Emotionen und Vermeidungsverhalten sollen gehemmt werden.

Praxis 10 Dabei ist die averbale Kommunikation der BeraterInnen / TherapeutInnen sehr wichtig. Es muss vermieden werden, dass averbal vermittelte Abwertung via unbewusstes emotionales Bewertungssystem (Amygdalä) der Klienten destruktiv sich auswirkt.

Praxis 11 Alle drei zentralen limbischen Emotionssysteme (Belohnungssystem, Bindungssystem und Stresssystem) sind für einen Therapie / Beratungsprozess hilfreiche neurobiologische Ressourcen.

Praxis 12 Das Belohnungssystem, wenn es auf die Therapie / Beratungsziele der Klienten ausgerichtet wird. Das Bindungssystem, wenn es zur Begründung und Stabilisierung einer professionellen Arbeitsbeziehung genutzt wird, die auch Belastungen und Stress aushält. Dass Stresssystem, wenn es gelingt Belastungen bewältigbar werden zu lassen.