Arbeitszeitverkürzung dient vielen Zwecken – internationale Beispiele und Erfahrungen Jörg Flecker (FORBA) TAGUNG ARBEIT FAIR TEILEN Arbeitszeitverkürzung.

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 Präsentation transkript:

Arbeitszeitverkürzung dient vielen Zwecken – internationale Beispiele und Erfahrungen Jörg Flecker (FORBA) TAGUNG ARBEIT FAIR TEILEN Arbeitszeitverkürzung ohne Einkommensverlust Arbeiterkammer Linz, 11. Oktober 2010

2 Ist die 35-Stunden-Woche in Frankreich gescheitert?  Ab 1997: „Arbeit teilen, damit alle Arbeit haben!“  Verkürzung und Flexibilisierung (nicht 35-Stunden-Woche, sondern Stunden-Jahr; Fach- und Führungskräfte: 218 Tage)  Begrenzung der Überstunden (130 pro Jahr)  plus Arbeitsplätze (2,5% Beschäftigungszuwachs)  Ab 2002: „Mehr arbeiten, um mehr zu verdienen!“  Förderungen für Unternehmen abgeschafft; 220 Überstunden pro Jahr und mehr)

3 35-Stunden-Woche: die Bilanz  insgesamt Verkürzung um 5-6% statt 11%  Plus statt Arbeitsplätze (geringere Verkürzung, Flexibilisierung, 4-5% Produktivitätszuwachs)  ca. 60% der Beschäftigten erreicht  Durchschnittliche Arbeitszeit der Vollzeitbeschäftigten 2003: 35,8 Stunden  Verbesserung der Lebenssituation? 60% ja, 28% keine Veränderung, 12% Verschlechterung

4 Tatsächliche wöchentliche Arbeitszeit 2008 (Vollzeit- beschäftigte) Quelle: (European Foundation 2009b:19)

5 Beschäftigungspolitik und …  … Vereinbarkeit von Beruf und Familie  … „Wissensgesellschaft“ und „Lebenslanges Lernen“: Chancen zu Weiterbildung  … „demografischer Wandel“: Sicherung der Gesundheit, Vermeidung von Invalidität und

6 Gestaltung der Lebensarbeitszeit  Arbeitszeitanpassungsgesetz in NL: Recht auf Wechsel zwischen Teilzeit und Vollzeit in Unternehmen mit mind. 10 Beschäftigten; dennoch: nur Teil der Beschäftigten setzen Wünsche auch um  „Lebenslaufregelung“ in NL und S: Teil des Lohns wird für Auszeiten angespart und erst bei Inanspruchnahme versteuert  Recht auf Auszeiten und individuelle Arbeitszeitverkürzung (crédit temps) in Belgien, teilweise öffentliche Kompensation des Einkommensausfalls. Zusätzlich: „Thematische Auszeiten“ (von Kinderbetreuung bis Sterbebegleitung)

7 Arbeitsbezogene Weiterbildung nach Bildungsabschluss

8 Bildungsurlaub und Bildungsteilzeit 1  Zielsetzungen: Chancen für bildungsbenachteiligte Gruppen, Erhöhung der Arbeitsmarktchancen, Mildern der Belastungen durch Kursbesuch  Belgien (congé-éducation payé): Recht auf bezahlte Freistellung im Ausmaß der Kursstunden, bis 120 Stunden p.a., Refundierung für Unternehmen aus Fonds beim Arbeitsministerium  Frankreich (congé individuel de formation - CIF): Recht auf Freistellung für Kursstunden in der Arbeitszeit, Vollzeitweiterbildung bis zu 1 Jahr; 80% des Einkommens (Niedriglöhne: 100%), Finanzierung: paritätisch besetzte Fonds (OPACIF)

9 Bildungsurlaub und Bildungsteilzeit 2  Schweden (Bildungsurlaubsgesetz): Recht auf Freistellung von 1 Stunde/Tag bis 6 Jahre Vollzeitstudium; kein Recht auf Bezahlung; öffentliche Unterstützung (Kredite und bedarfsgeprüfte Zuschüsse)

10 Verschiedene Arbeitszeiten je nach Belastungen und Bedürfnissen  Zielsetzung: Arbeitsbelastungen mildern, Arbeitszeit an Lebensumstände anpassen  Sozial- und Pflegeberufe in Belgien: höhere Förderungen bei Auszeiten; Verkürzung der Wochenarbeitszeit um bis zu 7 Stunden  Öffentlicher Dienst in Deutschland: Differenzierte Verlängerungen der Arbeitszeit  Norwegen, Schweden: Experimente mit dem 6-Stunden-Tag in Arbeitsbereichen mit hohen Belastungen

11 Schlussfolgerung für Österreich 1  Sehr lange und intensive Arbeitszeiten  Neuer Arbeitszeitstandard für Frauen und Männer: 30 Stunden?  Verknüpfung der Arbeitszeitpolitik mit anderen Politikfeldern:  Wissensgesellschaft, lebensbegleitendes Lernen  Vereinbarkeit von Beruf und Kinderbetreuung, Pflege  Alternde Gesellschaft, Prävention, Gesundheit  Bildungsurlaub und Bildungsteilzeit

12 Schlussfolgerung für Österreich 2  Recht auf Anpassung der Arbeitszeit: Übergänge von Vollzeit in Teilzeit - und zurück  Differenzierte Arbeitszeitverkürzung (kurze Vollzeit, 6-Stunden- Tag, „Gesundheitsteilzeit“ …)  Konzentration auf Durchsetzung: Begrenzung von Überstunden, Zeitaufzeichnungen, Arbeitszeitbilanzen

13 Zum Nachlesen: Flecker, J., Schönauer, A., Hermann, Ch., Allinger, B. (2010): Arbeitszeitverkürzung zur Umverteilung von Arbeit – internationale Beispiele, FORBA-Forschungsbericht 1/2010; (unter Download) Flecker, J., Schönauer, A. (2010): Neue Politikfelder für eine Renaissance der Arbeitszeitpolitik; in: Wirtschaft und Gesellschaft, 36. Jahrgang, Heft 3