Propädeutische Übung im Bürgerlichen Recht Dr. Georgios Zagouras Wintersemester 2008/2009.

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Propädeutische Übung im Bürgerlichen Recht Dr. Georgios Zagouras Wintersemester 2008/2009

Fall 3: Das letzte Gebot A sammelt mit Begeisterung Überraschungseier. Bei eBay findet er eine extrem seltene Asterixfigur von 1967, auf die er bietet. Eine Minute vor Ablauf der Auktion gibt er sein letztes Höchstgebot von ,- EUR ein und bestätigt dies auf Aufforderung erneut. Vor lauter Aufregung kippt er sein Hefeweizen über seinen Laptop. Der explodiert und reißt ihn mit in den Tod. Nach Ende der Auktion erhält der Verkäufer (V) eine automatisierte von eBay, dass A das Ü-Ei für ,- EUR ersteigert habe. A und will wissen, ob er das Geld für das Ü-Ei vom Erbe (E) des A verlangen kann.

Fall 3: Das letzte Gebot Lösungsskizze: Vorüberlegungen Fallfrage: Anspruch auf Kaufpreiszahlung Mögliche Anspruchsgrundlage § 433 Abs. 2 BGB

Fall 3: Das letzte Gebot Beteiligte: AVAV (E) eBay

Fall 3: Das letzte Gebot Besonderheit des vorliegenden Falles: -Wann liegt bei Online-Auktionen eine wirksame WE vor? -Da A gestorben ist, stellt sich die Frage, ob ihn seine WE überlebt. -An wen ist der Anspruch zu richten, wenn der Schuldner verstorben ist?

Fall 3: Das letzte Gebot Zeitstrahl: V stellt das Angebot ein  A bietet  A stirbt  Angebotsfrist läuft ab  V erhält Benachrichtigung von eBay

Fall 3: Das letzte Gebot Lösungsskizze: Anspruch des V gegen E auf Zahlung von ,- EUR aus § 433 Abs. 2 BGB, 1922, 1967 BGB? I. Anspruchsverpflichtung der Erben nach §§ 1922, 1967 BGB Kaufvertrag als Nachlassverbindlichkeit Nach §§ 1922 BGB i.V.m. § 1967 BGB haftet der Erbe für Nachlassverbindlichkeiten des Erblassers

Fall 3: Das letzte Gebot 1) E ist Erbe des A i. S. v. §§ 1922 ff. BGB - Dies kann hier angesichts des Sachverhalts unterstellt werden. 2) Kaufpreisforderung nach § 433 Abs. 2 BGB als Nachlassverbindlichkeit?

Fall 3: Das letzte Gebot DEF: (Legaldefinition in § 1967 Abs. 2 BGB) „Zu den Nachlassverbindlichkeiten gehören außer den vom Erblasser herrührenden Schulden die den Erben als solchen treffenden Verbindlichkeiten, insbesondere die Verbindlichkeiten aus Pflichtteilsrechten, Vermächtnissen und Auflagen.“ Deduktion: Zu den Schulden sind grundsätzlich alle schuldrechtlichen Verpflichtungen zu zählen

Fall 3: Das letzte Gebot SUB: Vorliegend geht es um mögliche Ansprüche aus einem Kaufvertrag. Diese sind schuldrechtlicher Natur (+) Ergo: -Vorliegend geht es um Nachlassverbindlichkeiten -E kann grundsätzlich haftbar gemacht werden.

Fall 3: Das letzte Gebot II.Vertragsschluss Vertrag zustande gekommen? DEF: zwei übereinstimmende, in Bezug aufeinander abgegebene WE, die auf Abschluss eines Vertrages zielen –Antrag und Annahme TIPP: (Achtung: streng genommen verwendet das BGB den Begriff „Angebot“ nur in § 294 BGB als tatsächliches Angebot im Falle des Gläubigerverzugs. Seien Sie präzise und verwenden Sie den Begriff „Antrag“)

Fall 3: Das letzte Gebot 1)Was könnte hier das Angebot sein? DEF: erste, empfangsbedürftige Erklärung, mit der der Vertragspartei der Abschluss eines Vertrags so angetragen wird, dass der Vertrag allein durch sein Einverständnis zustande kommen kann. ► Angebot muss inhaltlich so beschaffen sein, dass der andere diesen durch ein bloßes „Ja“ annehmen kann. ► Es müssen daher die wesentlichen Vertragsbestandteile (essentilia negotii) enthalten sein,

Fall 3: Das letzte Gebot Essentialia negotii beim Kaufvertrag § 433 BGB: –Kaufsache, Kaufpreis sowie Vertragsparteien. Problem: Erfüllt das Einstellen diese Kriterien? –Hier ist eine Abgrenzung zur Invitatio ad offerendum erforderlich, die noch kein Angebot darstellt.

Fall 3: Das letzte Gebot Invitatio ad offerendum: –Gerade bei werblichen Anpreisungen kann der Werbende nicht mit allen Interessenten einen Vertrag abschließen, da er nicht unbegrenzt über Ware verfügt. –Werbung, Schaufensterauslage etc. stellt daher nur eine Einladung zur Abgabe eines Angebots dar: ► Der Käufer muss das Angebot machen und der Verkäufer hat damit die Möglichkeit, über den Abschluss des Vertrages zu entscheiden.

Fall 3: Das letzte Gebot ► Liegt im Einstellen eine solche Invitatio ad offerendum vor? BGH: Nein: Durch das Einstellen des Gegenstands bei eBay will sich der Verkäufer gerade bei gebrauchten Unikaten bereits rechtlich verbindlich binden. –Durch das Einstellen nach den eBay-AGB gibt der Verkäufer zu erkennen, dass er mit demjenigen einen verbindlichen Vertrag abschließen will, der das höchste Gebot abgibt: Sog. Offerte ad incertas personas

Fall 3: Das letzte Gebot –SUB: Kaufgegenstand steht fest (Ü-Ei) Kaufpreis und Vertragspartner sind spätestens bei Ablauf der Auktionszeit bestimmbar. Ergo: V hat mit dem Einstellen ein Angebot abgegeben.

Fall 3: Das letzte Gebot II.Annahme WE durch Abgeben des Gebots? DEF: Annahme ist eine empfangsbedürftige WE, durch die ein Angebot akzeptiert wird. SUB: (+) Durch Abgabe des Gebots hat A rechtsverbindlich zum Ausdruck gebracht, dass er das Angebot des V rechtsverbindlich annehmen möchte

Fall 3: Das letzte Gebot Wirksamkeit der WE P: Wurde die Wirksamkeit der Willenserklärung des A durch dessen vorzeitiges Ableben beseitigt –Grundsätzlich gilt § 130 Abs. 1 BGB –Hier hilft ein Blick ins Gesetz: § 130 Abs. 2 BGB –Tod und Geschäftsunfähigkeit sind irrelevant

Fall 3: Das letzte Gebot Ergo: Angebot des V wurde von A wirksam angenommen. Ergo: Vertrag ist wirksam zustande gekommen

Fall 3: Das letzte Gebot Endergebnis: V hat Anspruch gegenüber E auf Zahlung der ,- EUR aus § 433 Abs. 2 i.V.m. §§ 1922, 1967 BGB.