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Emil Staiger ( ) Grundbegriffe der Poetik (1947)

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Präsentation zum Thema: "Emil Staiger ( ) Grundbegriffe der Poetik (1947)"—  Präsentation transkript:

1 Emil Staiger (1908-1987) Grundbegriffe der Poetik (1947)

2 Schön aber muß ein Kunstwerk heißen, das stilistisch einstimmig ist
Schön aber muß ein Kunstwerk heißen, das stilistisch einstimmig ist. Stilistische Einstimmigkeit besagt, daß alles Verschiedene in das eine Gültige, das ist die Welt des Künstlers, aufgehoben wird. In der klassischen Welt gilt ein Körper als schön, der weder zu mager noch zu fett ist. Im hageren Körper nämlich, wo viele Sehnen und Knochen sichtbar werden, bekundet jedes einzelne Glied nur seine Funktion im Ganzen und bedeutet für sich betrachtet wenig. Im fetten Körper schwellen umgekehrt einzelne Teile heraus und beanspruchen mehr, als ihnen im Ganzen zukommt. Dem klassischen Stil aber ist gemäß, daß jeder Teil für sich besteht und zugleich auf das Ganze bezogen ist. Emil Staiger, Versuch über den Begriff des Schönen (1945)

3 Wolfgang Kayser (Das sprachliche Kunstwerk, 1948): ● „Stimmigkeit“ Emil Staiger: ● „Einstimmigkeit“

4 Problematik „werkimmanenter“ Wertung:
● Maßstäbe werden als ahistorisch und anthropologisch allgemeingültig ausgegeben ● zugleich Anspruch auf moralische Kompetenz ● elitärer Zug

5 Rezeptionsästhetik: ● Grundlegend: russischer Formalismus (1920er Jahre) ● 1970er Jahre: Wolfgang Iser, Hans Robert Jauß „Erwartungshorizont“ (Begriff v. Karl Mannheim) „Horizontwandel“: bestimmt ästhetischen Wert

6 Hans Robert Jauß ( )

7 Die Art und Weise, in der ein literarisches Werk im historischen Augenblick seines Erscheinens die Erwartungen seines ersten Publikums einlöst, übertrifft, enttäuscht oder widerlegt, gibt offensichtlich ein Kriterium für die Bestimmung seines ästhetischen Wertes her. Die Distanz zwischen Erwartungshorizont und Werk, zwischen dem schon Vertrauten der bisherigen ästhetischen Erfahrung und dem mit der Aufnahme des neuen Werkes geforderten ‚Horizontwandel‘ [...], bestimmt rezeptionsästhetisch den Kunstcharakter des literarischen Werks: in dem Maße wie sich diese Distanz verringert, dem rezipierenden Bewußtsein keine Umwendung auf den Horizont noch unbekannter Erfahrung abverlangt wird, nähert sich das Werk dem Bereich der „kulinarischen“ oder Unterhaltungskunst. Hans Robert Jauß, Literaturgeschichte als Provokation (1970)

8 Norbert Mecklenburg (* 1943)

9 Die Historizität aller Kriterien berechtigt weder zu literatur-kritischem Relativismus noch zu unhistorischer Abstraktheit. Der Schatten, welchen der Aufgang des geschichtlichen Bewußtseins von Anbeginn auf die Theorie der Literaturkritik wirft, ist ein Historismus, der im Hinblick auf die Relativität aller geschichtlichen Erscheinungen auf allgemeine Kriterien verzichten möchte. Jede Blume der Kunst habe ihren eigenen Duft. Wenn aber alles gleich gültig sein soll, dann muß am Ende alles gleichgültig werden. Die literarischen Produkte ruhen friedlich nebeneinander im Museum der Weltliteratur. Ihres geschichtlichen Gehalts entkleidet, strahlen sie nur noch die kalte Schönheit der abstrakten Form aus. [...] Demgegenüber ist festzuhalten: Alle formalen und inhaltlichen Kriterien stehen in einer geschichtlichen Dialektik [...]. Norbert Mecklenburg, Kriterien als Bedingungen der Möglichkeit von Literaturkritik (1973)

10 Renate von Heydebrand Simone Winko (1933-2011) (* 1958)

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12 Typologie axiologischer Werte
► formale Werte (z. B. „Schönheit“) ► inhaltliche Werte (z. B. „Wahrheit“, „Moralität“) ► relationale Werte ● literaturgeschichtlich (z. B. „Innovation“) ● realgeschichtlich (z. B. „Realismus“ ► wirkungsbezogene Werte ● individuell - kognitiv (z. B. „Information“) - praktisch (z. B. „Handlungsorientierung“) - affektiv (z. B. „Rührung“) - hedonistisch (z. B. „Unterhaltung“) ● gesellschaftlich (z. B. „Prestige“) Renate von Heydebrand /Simone Winko, Einführung in die Wertung von Literatur (1996)

13 Der „axiologische Zirkel“ Norbert Mecklenburg, Kritisches Interpretieren (1972)

14 ● „immanenter“ axiologischer Zirkel:
auf den Text bezogen ● „gattungstheoretischer“ Zirkel: auf das Genre bezogen ● „dialektische“ Kritik

15 Die Forderung des axiologischen Zirkels, alle Kriterien aus der Interpretation selbst zu begründen, sollte indessen nicht als der kritischen Weisheit letzter Schluß angesehen werden. Es gibt unauslöschliche geschichtliche Erfahrungen, die jenseits dieses Zirkels liegen, und damit Kriterien, die sich nicht erst am Text legitimieren müssen, das was man ein ‚geschichtliches Apriori‘ nennen könnte. Ein solches nicht akzeptieren hieße die Möglichkeit aufklärenden Denkens überhaupt leugnen. So wäre die ästhetische Rezeption von Werken, deren Intentionen Inhumanität verraten, das Mitspielen ihrer Sprachspiele, selbst inhuman. Die These, literarische Texte stünden aufgrund ihrer ästhetischen Differenz jenseits von Gut und Böse, ist ein immunisierendes Manöver, mit dem man sich der Pflicht entzieht, „auch zu erkennen und zu sagen, wo Literatur das Inhumane mitbefördem hilft“ [K. O. Conrady]. Was aber unmenschlich zu nennen ist, sagt uns weder das jeweils vorliegende Werk noch eine Definition des ‚Menschlichen‘, sondern begriffene geschichtliche Erfahrung zusammen mit einem emanzipatorischen Interesse. Ein solches geschichtliches Apriori ist Bedingung der Möglichkeit eines Kanons transästhetischer kritischer Maximen, der durch keine ästhetische Erfahrung überholt werden kann […]. Norbert Mecklenburg, Kritisches Interpretieren (1972)

16 Marlene Streeruwitz (* 1950) Lisa‘s Liebe (1997)

17 Brigitta Falkner (* 1959): Tobrevierschreiverbot (1998)

18 Soziale Systeme stabilisieren sich bis zur Erstarrung, wenn die Gegensätze, aus denen sie bestehen, neutralisiert werden. Man kann das auch so sagen: Ist die große Lähmung einmal da, ändert sich nichts mehr. Es ist auch nicht mehr möglich, was ein kritisches Genie, Robert Musil, vorschlägt, nämlich „daß die Kritiker so lange gegen einander zu polemisieren haben, bis sich aus Willkür und Gestank der subjektiven Reaktion so etwas wie ein fester Niederschlag herausbildet.“ [...] Nur die Schriftsteller wollen noch mehr Kritik, denn sie verstehen darunter was aus ihr geworden ist: Reklame nämlich. Jeder möchte, daß man auf ihn tippt, und kaum einer scheut den Anruf, wenn es darum geht, einen Kritiker zu motivieren. [...] Die meisten Autoren sind es bekanntlich nur geworden, weil sie keinen Kritiken zustandebringen. [...] Freilich, vom Publikum schwärmen sie alle. „Publikum“ ist nämlich nicht mehr diese zusammen erlebende und überlegende Gemeinschaft, sondern nur das, was von ihr noch brauchbar ist, nämlich Kundschaft. Die Kundschaft wiederum wird vor allem von der Großkritik nicht abrücken, denn diese verkörpert für sie eine Instanz: die Instanz zur Gewährleistung der Reduktion ästhetischer Komplexität, die Verkörperung der Möglichkeit eines sicheren ästhetischen Urteils im Chaos der Werte. Seltsam, wie in diesem Kreislauf alle einander unterworfen sind, und wie sich nirgendwo eine Spur von der Souveränität entdecken läßt, die ein jeder von ihnen den anderen vormacht. In Zeiten direkter Repression war die Feigheit ebenso einfältig wie die Macht einseitig. Heute muß jeder Feigling selber auf Ideen kommen und seine Einfälle dann für die Freiheit halten. Je nötiger also Kritik, desto weniger wird sie möglich sein. Ihr fahler, eingebürgerter Abklatsch als Literaturkritik des fest angestellten Feuilletonisten ist nur eines der Signale ihres Abgesangs. Kritik kann man nur noch kontrafaktisch, das heißt im Bewußtsein ihres Endes betreiben. Franz Schuh, Am Nullpunkt der Literaturkritik (1984)

19 Unterbleibt die so gekennzeichnete [kritisch-inventive] Erörterung, dann rückt das literarische Werk gar nicht in den Rang eines künstlerischen Gegenstandes [...]. Der nicht kritisierte Text gleicht [...] einem Schachzug, der zwar möglich gewesen wäre, den die Spieler aber einfach nicht wahrgenommen haben. [...] Die Kritik konstituiert und organisiert die Literatur, indem sie sie frei von jedem Oberherrn, insbesondere ohne jede ethische Verpflichtung, inventiv beurteilt [...]. [. . .] Einer solchen Kritik bedarf die Literatur nicht nur, ohne sie könnte von ihr gar keine Rede sein, sie käme nie zu Wort. Heinz-Gerd Schmitz, Zensor, Kunstrichter und inventive Kritik (1987)

20 Literatur ist Gespräch [...].
Literatur spricht mit dem Leser, neigt sich zu ihm vor, bietet an und fordert auf. Wehe dem Leser, der sich nicht freundlich der Literatur zuwendet, [...] der Aufforderung zum Gespräch, der Bitte um Kritik nicht Folge leistet. Denn ebenso wie es unmenschlich ist, den Rufenden im Leeren verhallen zu lassen, so soll es uns auch ein Muß sein, dem literarischen Text Antwort zu geben, sein Spiel mitzumachen und seiner höchsten Forderung Genüge zu leisten: der Forderung nach Kritik. Monika Neukirchen, Die Geburt der Kritik aus dem Geiste des Gesprächs (1987)

21 Ein adäquater Begriff von Literaturkritik dürfte sowohl über die journalistische Buchrezension als auch über die akademische Interpretationskunst hinausgehen. Er hätte ein Verfahren zu bezeichnen, das es ermöglicht, über Wahrheit und Unwahrheit der Texte zu entscheiden, anders gesagt: die Bedeutung zu bestimmen, welche die durch Tradition und Markt vermittelten Produkte für die Menschen der Gegenwart haben. Norbert Mecklenburg, Kriterien als Bedingungen der Möglichkeit von Literaturkritik (1973)

22 Totgesagte leben länger – erst recht, wenn sogar der Totenschein der Kritik noch von Kritikern ausgestellt werden muß, weil keiner sonst es kann. Je weiter der Kritiker ins Abseits gedrängt wird, desto mehr ist er auch gefordert: Einen muß es schließlich geben, der aufsässig, streitbar und wachsam ist und der die Kunst von ihren kommerziellen Simulationen noch unterscheiden kann. Sigrid Löffler, Die Furien des Verschwindens, DIE ZEIT,


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