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Friedrich-Schiller-Universität Jena SS 2010

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Präsentation zum Thema: "Friedrich-Schiller-Universität Jena SS 2010"—  Präsentation transkript:

1 Friedrich-Schiller-Universität Jena SS 2010
Vorlesung Europarecht Prof. Dr. Christoph Ohler, LL.M.

2 § 10 Warenverkehr I. Freier Warenverkehr und Zollunion
Zollunion: Begriffliche Vorprägung und normative Bindung durch das Recht der Welthandelsorganisation (WTO), s. Art. XXIV General Agreement on Tariffs and Trade (GATT) Beseitigung der Zölle und beschränkenden Handelsvorschriften zwischen den beteiligten Staaten für annähernd den gesamten Handel mit Waren aus dem Gebiet dieser Staaten Anwendung derselben Zölle und Handelsvorschriften durch die Mitglieder der Zollunion im Handel mit nicht-teilnehmenden Staaten (zugleich maßgeblicher Unterschied zur Freihandelszone) Zollunion als Grundlage des Binnenmarktes für Waren, vgl. Art. 28 Abs. 1 AEUV Rechtliche Folgen im AEUV Verbot aller Binnenzölle und zollgleichen Abgaben, Art. 30 AEUV Gemeinsamer (Außen-)Zolltarif, Art. 31 AEUV Schaffung eines einheitlichen Zollgebiets (Art. 3 der VO 450/2008, Modernisierter Zollkodex: Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten; Ausschluss einiger „Außenposten“ z.B. Helgoland) Schaffung eines einheitlichen Zollverfahrensrechts (Modernisierter Zollkodex) Gemeinsame Handelspolitik (Art. 207 ff. AEUV) als notwendige Ergänzung

3 § 10 Warenverkehr I. Freier Warenverkehr und Zollunion
Verbot von Zöllen und Abgaben gleicher Wirkung, Art. 28 Abs. 1, Art. 30 AEUV Gilt für alle Waren mit Herkunft aus der EU Ferner für alle Waren aus Drittstaaten, die bereits verzollt wurden (sog. zollrechtlich freier Verkehr), Art. 24 AEUV Zoll: finanzielle Belastung von Waren, die aus Anlass (und wegen) ihres Grenzübertritts erhoben werden und ausdrücklich als Zoll bezeichnet wird (regelmäßig ad valorem) Abzugrenzen von sog. Grenzausgleichsabgaben, die Bestandteil eines systematisch erhobenen, allgemeinen Steuersystems sind Wichtigstes Beispiel: MwSt (Erhebung grds. nach Bestimmungslandprinzip) Abgaben gleicher Wirkung: durch den Mitgliedstaat einseitig auferlegte, finanzielle Belastung aufgrund des Grenzübertritts unabhängig von ihrer Bezeichnung und dem Verwendungszweck Höhe oder Empfänger irrelevant, protektionistische oder diskriminierende Wirkung unerheblich Gebühren nur dann zulässig, wenn Gegenleistung für tatsächliche Dienste im Interesse des Importeurs; im Allgemeininteresse nur, wenn unionsrechtlich vorgesehen

4 § 10 Warenverkehr II. Freier Warenverkehr und Steuerrecht
Verbot diskriminierender inländischer Abgaben, Art. 110 AEUV Zweck: Wettbewerbsschutz gegen steuerliche Ungleichbehandlungen Abs. 1: Verbot von inländischen Abgaben auf eingeführte Waren, die höher sind als Abgaben auf gleichartige inländische Waren Problem: Gleichartigkeit als Ausdruck eines engen Wettbewerbsverhältnisses zwischen zwei Waren Abs. 2: Verbot protektionistisch wirkender Abgaben Mittelbares Wettbewerbsverhältnis genügt (Substitutionswettbewerb) Beurteilung im Rahmen einer Gesamtabwägung Steuerrechtliche Harmonisierung Möglich auf Grundlage von Art. 113 AEUV durch Richtlinien im Sinne von Art. 288 Abs. 3 AEUV Begriff der indirekten Steuer: Abgaben, die auf den Verbrauch von Waren erhoben werden Mehrwertsteuer (insbesondere RL 2006/112 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem) Spezielle Verbrauchsteuern (Mineralöl, Alkohol, Tabak) Grundsätzlich nur Angleichung der Bemessungsgrundlagen und Festlegung von Mindeststeuersätzen Regelung für die steuerrechtliche Wirkung von Einfuhr und Ausfuhr innerhalb der EU

5 § 10 Warenverkehr III. Verbot mengenmäßiger Einfuhrbeschränkungen und Maßnahmen gleicher Wirkung, Art. 34 AEUV Sachlicher Schutzbereich: Begriff der Ware Erzeugnisse (körperliche Gegenstände), die einen Geldwert haben und daher Gegenstand von Handelsgeschäften sein können Auch Strom (vgl. Art. 2 lit. a) VO Nr. 638/2004) Auch Sammlergegenstände und Kunstschätze Münzen und Geldscheine, soweit nicht als gesetzliche Zahlungsmittel verwendet Abfälle, (Altöle, Schlachthofabfälle), gleichgültig ob rückführbar und wieder verwertbar oder nicht (wg. der Schwierigkeit der Unterscheidung und wg. technischem Fortschritt) Drittlandswaren, soweit sie sich in der Gemeinschaft im freien Verkehr befindlich, Art. 29 AEUV Persönlicher Schutzbereich Keine Einschränkung auf Unionsbürger, daher auch Drittstaatsangehörige Erfasst sind natürliche und juristische Personen, die an Handelsgeschäften beteiligt sind Nicht: Mitgliedstaaten und Drittstaaten

6 § 10 Warenverkehr IV. Verbot mengenmäßiger Beschränkungen und Maßnahmen gleicher Wirkung Verbot mengenmäßiger Ein- und Ausfuhrbeschränkungen (Art. 34, 35 AEUV) zwischen den Mitgliedstaaten Zahlenmäßig bestimmte Beschränkungen der Einfuhr, Ausfuhr und Durchfuhr (Kontingente, Quoten) Beachte: dieser Teil des Art. 34 AEUV spielt in der Praxis keine Rolle mehr! Verbot der Maßnahmen gleicher Wirkung (wie mengenmäßige Beschränkungen) Grundregel nach EuGH, Rs. 8/74, Rn. 5: „Dassonville-Formel“: „Jede Handelsregelung der Mitgliedstaaten, die geeignet ist, den innergemeinschaftlichen Handel unmittelbar oder mittelbar, tatsächlich oder potentiell zu behindern, ist als Maßnahme mit gleicher Wirkung wie eine mengenmäßige Beschränkung anzusehen.“ Beachte: In ihrem Kern entspricht die Dassonville-Formel dem Beschränkungsverbot der übrigen Grundfreiheiten Sie erfasst einerseits inländische Regelungen, die eingeführte Waren ungünstiger behandeln als vergleichbare inländische Waren, andererseits auch sog. unterschiedslose Maßnahmen Sie erfasst auch ein pflichtwidriges Unterlassen des Mitgliedstaats Beachte Besonderheit bei Ausfuhrregeln gem. Art 35 AEUV: Erfasst sind nur solche staatlichen Maßnahmen, die sich spezifisch gegen die Ausfuhr richten (seit EuGH, Rs. 15/79; Groenveld, Rn. 7, st. Rspr.)

7 § 10 Warenverkehr IV. Verbot mengenmäßiger Beschränkungen und Maßnahmen gleicher Wirkung Problem: erhebliche Reichweite der Dassonville-Formel Erfasst werden auch unterschiedslos anwendbare Maßnahmen, die keine Differenzierung nach eingeführten und einheimischen Waren vorsehen Erfasst werden nicht nur den Marktzugang regelnde Vorschriften, sondern auch rein inländische Sachverhalte regelnde Vorschriften Relativierung durch den EuGH in der sog. Keck-Rechtsprechung (Rs. C-267/91). Danach sind …bestimmte Verkaufsmodalitäten, die für alle betroffenen Wirtschaftsteilnehmer gelten und den Absatz inländischer und ausländischer Waren rechtlich wie tatsächlich in gleicher Weise berühren keine Maßnahmen gleicher Wirkung! Insgesamt starke Einzelfallorientierung; Beispiele: Ja: Sonntagsverkaufsverbot Ja: Einschränkung der Vertriebswege (z.B. Apothekenpflicht) Nein: grenzüberschreitende Buchpreisbindung Nein: Verbot der StVO, wonach Zweiräder keine Anhänger ziehen dürfen Wirkungen streitig „Renaissance des Diskriminierungsverbots“ auf der Auswirkungsebene? Übertragung auf andere Grundfreiheiten fraglich / Kriterium der „Marktzugangshindernisse“ „Keck“ wohl abzugrenzen von produktbezogenen Regeln, die als Maßnahmen gleicher Wirkung in vom Tatbestand des Art. 28 AEUV erfasst werden (z.B. Aufmachung, Verpackung etc.)

8 § 10 Warenverkehr V. Rechtfertigung nach Art. 36 AEUV
Art. 36 AEUV nur anwendbar, sofern keine sekundärrechtliche Regelung des fraglichen Bereichs besteht (Folge: Anwendungsvorrang der sekundärrechtlichen Regelung vor Art. 34, 36 AEUV) Staatliche Maßnahme muss ein Ziel im Sinne des Art. 36 AEUV verfolgen Geschriebenen Rechtfertigungsgründe sind eng auszulegen; es handelt sich um gemeinschaftsautonome Begriffe Öffentliche Sittlichkeit, Ordnung und Sicherheit Gesundheitsschutz; Schutz des Lebens Tier- und Pflanzenschutz Schutz des nationalen Kulturguts Schutzrechte des geistigen Eigentums Verhältnismäßigkeit der Maßnahme (geeignet, erforderlich) Beweislast für Einhaltung dieser Anforderungen bei Mitgliedstaat Grundsätzlich keine Angemessenheitsprüfung (Problem: unklare Terminologie des EuGH; str. Beurteilung durch Schrifttum) Im Einzelnen siehe unten! Weder willkürliche Diskriminierung noch verschleierte Handelsbeschränkung

9 § 10 Warenverkehr VI. Rechtfertigung durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses Weites Beschränkungsverbot und enge Auslegung des Art. 36 AEUV machen die geschriebenen Rechtfertigungsgründe unzureichend Reaktion EuGH: Anerkennung ungeschriebener Rechtfertigungsgründe durch „zwingende Erfordernisse des Allgemeinwohls“ (sog. Cassis de Dijon-Rspr.), insbesondere wirksame steuerliche Kontrolle Lauterkeit des Handelsverkehrs (Schutz anderer Wirtschaftsteilnehmer) Verbraucherschutz (Leitbild des mündigen Verbrauchers) Umweltschutz Schutz kultureller Belange und Sicherung der Medienvielfalt Insgesamt: jeder gemeinschaftsrechtlich legitime öffentliche Belang Nicht: wirtschaftliche Gründe Nicht: fiskalische Gründe Nicht: Ziele der Verwaltungsvereinfachung Voraussetzung: keine (abschließende) sekundärrechtliche Regelung Nur Grundlage für die Rechtfertigung von Beschränkungen und versteckten Diskriminierungen, nicht von offenen Diskriminierungen (str.)

10 § 10 Warenverkehr VII. Verhältnismäßigkeit und Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung Bei Fehlen einer sekundärrechtlichen Regelung können die Mitgliedstaaten autonom über das Niveau des von ihnen verfolgten Schutzes entscheiden Insoweit besteht ein Beurteilungsspielraum der Mitgliedstaaten Der Umstand, dass insoweit die Regelungen von Mitgliedstaat zu Mitgliedstaat abweichen, bedeutet noch nicht die Unverhältnismäßigkeit der Maßnahme Geeignetheit Staatliche Maßnahme muss das angestrebte Ziel bei objektiver Betrachtung erreichen können, hierbei ist ein Prognosespielraum zuzugestehen Nicht gegeben bei inkohärenter, innerstaatlicher Rechtslage Erforderlichkeit Zur Erreichung des angestrebten Ziels darf kein weniger einschneidendes, gleich wirksames Ziel bestehen Beachte: Beweislast bei MS bedeutet nicht, dass dieser positiv belegen müsste, dass sich das Ziel mit keiner anderen vorstellbaren Maßnahme unter den gleichen Bedingungen erreichen lasse Erforderlichkeit ist aber nicht gewahrt, wenn Regelungen im Herkunftsmitgliedstaat das gleiche Ziel in geeigneter Weise verfolgen Folglich besteht als milderes Mittel im Aufnahmemitgliedstaat die Anerkennung dieser Regelung als materiell gleichwertig Ergebnis: rechtmäßig im Herkunftsmitgliedstaat hergestellte und in den Verkehr gebrachte Waren sind als solche im Aufnahmemitgliedstaat zuzulassen; Einschränkungen sind nur dann zulässig, wenn die Regelungen des Herkunftsmitgliedstaats nicht materiell gleichwertig ist


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