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Veröffentlicht von:Liesl Achenbach Geändert vor über 10 Jahren
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Sprachkontakte des Italienischen XIIIa
ITALIENISCHE STANDARDSPRACHE – ITALIENISCHE DIALEKTE 19. bis frühes 20. Jahrhundert
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Rezeption und überregionale Akzeptanz in ganz Italien
Die Tradition vom 16. bis 19. Jh.: der sprachliche Purismus (= Vermeidung von Sprachkontakt) Prinzip der Imitatio = Orientierung an einem Musterkanon (insbes. Boccaccio und Petrarca) Pietro Bembo Florentiner Trecento-Modell Verbreitung des Sprachmodells Asolani (1505) Prose della volgar lingua (1525) Theoretische Reflexion Literarische Anwendung Rezeption und überregionale Akzeptanz in ganz Italien NORM
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Sprachkontakt durch Sprachplanung
Alessandro Manzoni
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Sprachkontakt durch Sprachplanung
Alessandro Manzoni „Update“ Moderne Sprache der gebildeten Florentiner Modernisierung der bereits existierenden trecentobasierten Norm (BEMBO-Modell) Ziel: eine gemeinsame italienische Sprech- und Schriftsprache im (bald) geeinten Italien Verbreitung des Sprachmodells Promessi Sposi (1840) Sprachtheoretische Schriften Kommissionsarbeit in staatlichen Institutionen
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Sprachkontakt durch Sprachplanung
1827 I Promessi Sposi (ursprüngliche Version) 1840 I Promessi Sposi (neutoskanische Version) Sprachkontakt durch Sprachplanung Florentiner Dialekt der Bildungs-bürgertums Trecento-Italienisch Literarische Norm: 16. bis 19. Jh. Sprachkontakt
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Sprachkontakt durch Sprachplanung
Alessandro Manzoni ( ) und das moderne Florentinische : Überarbeitung der Promessi Sposi Commissione per l'unificazione della lingua Dell'unità della lingua italiana e dei mezzi per diffonderla (1868)
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Die Literatur als Ort des Sprachkontakts
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Sprachkontakt durch Sprachplanung
Manzoni diskutierte mit seinem Freund, dem Dichter und Romancier Tommaso Grossi ( ) über sein neues Sprachmodell. Nach Manzonis Vorstellung sollte sich die künftige italienische Literatur- und Standardsprache nicht mehr an den Florentiner Autoren des Trecento orientieren, sondern an den gebildeten Sprechern des modernen Florenz. Seine Sprachprogrammatik setzte er bei der Überarbeitung der Promessi sposi in die Praxis um. Sprachkontakt durch Sprachplanung Tommaso Grossi
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Die Literatur als Ort des Sprachwandels
Manzonis Überarbeitung seines Romans
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Sprachkontakt durch Sprachplanung
Nach der Publikation der 1827er Ausgabe (Ventisettana) machte sich Manzoni an die Überarbeitung seines Werkes. Die endgültige Fassung erschien zwischen 1840 und 1842. Im Jahr der Erstveröffentlichung begab sich Manzoni mit seiner Familie nach Florenz, um seine italienischen Sprachkenntnisse zu verbessern.
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Sprachkontakt durch Sprachplanung
Come dite voi a Firenze?
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Sprachkontakt durch Sprachplanung
Auszug aus Kap. III Ma io facevo per bene, ed ero stata consigliata, e tenevo per certo... e questa mattina, ero tanto lontana da pensare... - Qui le parole furon troncate da un violento scoppio di pianto. … e lui m'ha confessato che gli era stato proibito, pena la vita, di far questo matrimonio. Quel prepotente di don Rodrigo... Sprachkontakt durch Sprachplanung Ausgabe von 1840
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Sprachkontakt durch Sprachplanung
Eine kleine Kulturrevolution Ma io facevo per bene, ed ero stata consigliata … e lui m'ha confessato Diese Formen wurden zur selben Zeit in den Schulgrammatiken als FALSCH bezeichnet. Sprachkontakt durch Sprachplanung
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Sprachkontakt durch Sprachplanung
Nur wenige Jahre nach der Ausrufung des Königreichs Italien wurde Manzoni unter Bildungsminister Emilio Broglio im Jahre 1867 zum Vorsitzenden einer Kommission berufen, die mit der sprachlichen Einigung Italiens beauftragt wurde.
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Sprachkontakt durch Sprachplanung
In dieser Zeit verfasste er den programmatischen Aufsatz Dell’unità della lingua italiana e dei mezzi di diffonderla (1868) einschließlich einer Appendice (1869), eine Lettera intorno al libro “De vulgari eloquio” di Dante Alighieri (1868) sowie eine Lettera intorno al vocabolario (1868).
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Sprachkontakt durch Sprachplanung
Künftige Italienischlehrer sollten ihre Sprachausbildung in Florenz erhalten und besonders begabten Schülern sollten Stipendien für einen Florentiner Studienaufenthalt gewährt werden. Zum ersten Mal seit dem Cinquecento wurde das Neuflorentinische wieder ernsthaft als gesamtitalienisches Sprachmodell diskutiert. Sprachkontakt durch Sprachplanung
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Sprachkontakt durch Sprachplanung
Das von Manzoni immer wieder postulierte Wörterbuch des lebendigen Sprachgebrauchs wurde unter der Schirmherrschaft von Emilio Broglio zwischen 1877 und 1897 realisiert. Es erschien unter dem Titel Novo vocabolario della lingua italiana secondo l'uso di Firenze / ordinato dal Ministero della pubblica istruzione in Florenz.
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Sprachkontakt durch Sprachplanung
Ab ca. 1870 Es kommt zur Herausbildung einer sogenannten prosa borghese. Manzonis Sprachmodell findet Anhänger bei Schriftstellern, Lexikographen, Grammatikographen sowie bei literarischen Übersetzern.
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Sprachkontakt durch Sprachplanung
Nach den Vorgaben Manzonis geben Giorgini und Broglio ein vierbändiges Novo vocabolario della lingua italiana secondo l’uso di Firenze heraus. 1871 Giuseppe Pucciantis in Florenz erschienene Antologia della prosa italiana moderna bietet den Schulen einen Kanon, der sich nicht nur am traditionell-puristischen Sprachmodell orientiert. 1875 Rigutini und Fanfani veröffentlichen in Florenz ihr Vocabolario italiano della lingua parlata, das sich am Sprachmodell Manzonis orientiert.
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Sprachkontakt durch Sprachplanung
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Sprachkontakt durch Sprachplanung
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Die gesprochene Sprache in der Lexikographie
Giuseppe Rigutini & Pietro Fanfani Vocabolario italiano della lingua parlata (1875) Die gesprochene Sprache in der Lexikographie
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Manzonis Einfluss auf die Didaktik
Die Betonung des Florentiner Usus in den Schul- grammatiken und Wörterbüchern Manzonis Einfluss auf die Didaktik
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Schulgrammatiken - Sekundarbereich
LEOPOLDO RODINÒ Grammatica novissima della lingua italiana
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Schulgrammatiken - Sekundarbereich
LEOPOLDO RODINÒ Grammatica novissima della lingua italiana
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LEOPOLDO RODINÒ Grammatica novissima della lingua italiana
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Raffaello Fornaciari Grammatica italiana dell’uso moderno (1879) Sintassi italiana dell'uso moderno (1881) Policarpo Petrocchi Grammatica della Lingua italiana per le scuole elementari superiori (1887) Das Modell des modernen Florentinischen im schulischen Italienischunterricht
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Raffaello Fornaciari (1837 – 1917)
Ausgaben 1879 1881 1882 1897 Raffaello Fornaciari (1837 – 1917)
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Raffaello Fornaciari Auszug aus dem Vorwort Hinweis auf Manzoni
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Raffaello Fornaciari Schulgrammatik
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Raffaello Fornaciari Schulausgabe
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Theoretische Einleitung
Raffaello Fornaciari Theoretische Einleitung
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R. Fornaciari
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Die Schulpflicht und der Umgang mit den Dialekten
Ein wichtiges Instrument zur Verbreitung des Italienischen in einer weitgehend dialektal geprägten Gesellschaft war die Einführung der allgemeinen Schulpflicht. Die italienische Schulgesetzgebung nahm ihren Anfang mit der Legge Casati am 13 November 1859 (im Königreich Sardinien-Piemont). Die Verantwortung für die Grundschulausbildung wurde erstmals dem Staat zugesprochen, wobei die Einführung der Schulpflicht noch fast zwei Jahrzehnte auf sich warten lassen sollte.
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Die Schulpflicht und der Umgang mit den Dialekten
Dennoch setzte sich die Legge Casati zum erstenmal mit dem Analphabetentum in Italien auseinander, von der seinerzeit 78% der Bevölkerung betroffen waren. Im Jahre 1877 wurde unter dem damaligen Bildungsminister Michele Coppino die allgemeine Schulpflicht für Kinder von sechs bis neuen Jahren eingeführt. Im Rahmen der Legge Orlando von 1904 wurde die Schulpflicht bis zum 12. Lebensjahr ausgedehnt. Die Schulpflicht und der Umgang mit den Dialekten M. Coppino
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Die Schulpflicht und der Umgang mit den Dialekten
Da kaum Maßnahmen zur Überwachung und Durchsetzung der Schulpflicht existierten, blieb die Zahl der Analphabeten und damit der Anteil der reinen Dialektsprecher zunächst unverändert hoch. In der Schulpolitik des Einheitsstaates überwog eine gewisse Dialektfeindlichkeit, insbesondere in der Grundschule. (Ital. Schule um 1870)
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Die Schulpflicht und der Umgang mit den Dialekten
Der Dialekt wurde als Hauptursache für das weit verbreitete Analphabetentum betrachtet und sollte den Kindern daher ausgetrieben werden. (Schule im Jahre 1875)
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Die Schulpflicht und der Umgang mit den Dialekten
Zur Verbreitung der italienischen Sprache sollten auch Dialektwörterbücher beitragen. Antonino Traina z.B. schreibt im Vorwort zu seinem Vocabolario siciliano-italiano (1868): „Desiderando io pure [...] concorrere al diffondimento della lingua italiana, mi sono studiato compilare questo Vocabolario...“
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Die Schulpflicht und der Umgang mit den Dialekten
Eine positive Einstellung gegenüber der dialektalen Wirklichkeit gab es ausgerechnet zu Beginn der faschistischen Herrschaft (1922). Erster Bildungsminister (Ministro di pubblica istruzione) unter der Regierung Mussolinis wurde der Philosoph Giovanni Gentile ( ). Seine Amtszeit dauerte allerdings nur von 1922 bis 1924. Die Schulpflicht und der Umgang mit den Dialekten
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Der Dialekt im Schulunterricht
Die Riforma Gentile
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Die Schulpflicht und der Umgang mit den Dialekten
Gentile führte eine allgemeine Schulreform durch. Der Dialekt wurde fester Bestandteil des Grundschulunterrichts. Es wurden Übersetzungsübungen aus dem Dialekt mit Hilfe von Dialektwörterbüchern gemacht. Die Behandlung von regionaler Tradition und Folklore spielte eine wichtige Rolle im Schulunterricht. Die Lehrer sollten davon überzeugt werden, das Italienische mithilfe des Dialekts zu vermitteln. Die Schulpflicht und der Umgang mit den Dialekten
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Die Schulpflicht und der Umgang mit den Dialekten
Der Pädagoge, der am stärksten in dieser Richtung wirkte, war Giuseppe Lombardo Radice ( ), der 1923 im Rahmen der Riforma Gentile, die Lehrpläne für die Grundschule entwarf. Seine Entwürfe enthielten genaue Angaben in Bezug auf den Gebrauch des Dialektes beim Erlernen der italienischen Sprache. Er empfahl im Rahmen seines Programms Dal dialetto alla lingua Übersetzungsübungen aus der Mundart ins Italienische auf der Grundlage von Gedichten, Erzählungen und Volksliedern. Die Schulpflicht und der Umgang mit den Dialekten
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Die Schulpflicht und der Umgang mit den Dialekten
Zum ersten Mal seit der Schaffung des Einheitsstaates waren sie nicht nur Gegenstand einfacher Verurteilung, sondern Studienobjekt für die Schüler. Der aus Catania stammende Radice unterrichtete Pädagogik an der Universität seiner Heimatstadt, bevor er von Giovanni Gentile zum Leiter für Grundschulangelegenheiten ernannt wurde. Giuseppe Lombardo Radice, der vom Neoidealismus Gentiles beeinflusst war, sympathisierte allerdings nicht mit dem Faschismus, sondern mit dem Sozialismus und zog sich 1924 aus der Politik zurück.
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Die Schulpflicht und der Umgang mit den Dialekten
In den 30er Jahren jedoch vollzog die faschistische Regierung eine radikale Kehrtwende gegenüber den Dialekten. Im Jahre 1935 wurden die Experimente mit den Mundarten im Grundschulunterricht unter dem Bildungsminister Cesare Maria De Vecchi ( ) beendet. Die Schulpflicht und der Umgang mit den Dialekten
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Dialektale Elemente im Italienischen
Sprachkontakt Italienisch - dialekt
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Dialektale Entlehnungen im Italienischen
Aus dem Piemontesischen hat das Italienische u.a. folgende Wörter entlehnt: grissino ‘Knabberstäbchen’, fonduta ‘Käsefondue’, fontina ‘Weichkäse’, gianduia ‘Nussschokolade’, gianduiotto ‘Nusspraline’, bocciare ‘durchfallen’, pelandrone ‘Faulpelz’, valanga ‘Lawine’.
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Dialektale Entlehnungen im Italienischen
Aus dem Ligurischen stammen acciuga ‘Sardelle’ lavagna ‘Tafel’. Dem Lombardischen stammen risotto, stracchino ‘Käse’, panettone ‘Weihnachtsgebäck’, grappa, secchione ‘Streber’, barbone ‘Penner’ sberla ‘Ohrfeige’.
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Dialektale Entlehnungen im Italienischen
Aus dem Venezianischen stammen ciao ‘hallo’, ‘tschüss’, ditta ‘Firma’, gazzetta ‘Zeitung’ vestaglia ‘Morgenmantel’.
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Dialektale Entlehnungen im Italienischen
Aus dem Romanesco kommen abbacchio ‘Lammfleischgericht’, pignolo ‘pingelich’, intrufolarsi ‘sich einschleichen’, bustarella ‘Bestechungsgeld’, tintarella ‘Sonnenbräune’, pupazzo ‘Hampelmann’, a sbafo ‘auf Kosten anderer’, sbafare ‘schnorren’, fasullo ‘falsch’, borgata ‘Vorstadt’, iella ‘Unglück’ netturbino ‘Straßenkehrer’.
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Dialektale Entlehnungen im Italienischen
Dem Neapolitanischen wurden folgende Wörter entlehnt: pizza, pizzeria, mozzarella, lava, carosello, arrangiarsi ‘sich durchschlagen’, malocchio ‘böser Blick’, scippo ‘Taschendiebstahl vom Motorrad aus’, cafone ‘Prolet’.
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Dialektale Entlehnungen im Italienischen
Das Sizilianische hat u.a. folgende Ausdrücke zum Italienischen beigesteuert: cassata ‘Quarkkuchen’, tarocco ‘Orangensorte’, intrallazzo ‘Machenschaften’, mafia, picciotto ‘junger Mann’, ‘niedrigster Rang innerhalb der Mafia’
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