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Sprachgeschichte des Deutschen-II

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Präsentation zum Thema: "Sprachgeschichte des Deutschen-II"—  Präsentation transkript:

1 Sprachgeschichte des Deutschen-II
Einleitung Sprachwandel Quellenproblematik Deutsche Sprachgeschichte in Epochen Deutsche Sprachgeschichte in systematischen Längsschnitten Gegenwartsrelevanz Dr. Hüseyin Arak

2 Der problematische Epochenbegriff
Schwierigkeiten bei der Periodisierung keine einheitliche Theorie zur Abgrenzung vorhanden keine einheitlichen Abgrenzungskriterien große Übergangs- und Ausnahmephasen zwischen den einzelnen Stufen Hypothetische Arbeitsgrundlage Abgrenzung nach bestimmten kombinierten Kriterien sprachliche Kriterien: Lautsystem, Wortschatz, Grammatik außersprachliche Kriterien: kulturhistorische und mediengeschichtliche Phänomene

3 1. Gegenstände der Sprachgeschichte
1. Ein Beispiel zum Einstieg Was bedeutete Fräulein früher? junge, unverheiratete Frau  bis ca. 60er Jahre des 20. Jhd. junge, adlige Dame  bis ins 18. Jhd. Goethe, Faust ( ) Frouwe im mhd. Epos: ‚Herrin‘, ‚Königin‘ Goethe, Faust (2605 – 2608) „Mein schönes Fräulein, darf ich wagen, meinen Arm und Geleit Ihr anzutragen?“ - „Bin weder Fräulein, weder schön, kann ungeleitet nach Hause gehn.“ Faust und Gretchen vor dem Dom, von Gustav Heinrich Naeke.

4 1. Gegenstände der Sprachgeschichte
1. Theorien zum Ursprung der Sprache nach Otto Jespersen Lautmalerei "Wau-Wau"-Theorie Lautsymbolik/ mündliche Gesten "Kling-Klang"-Theorie Gefühlsausdruck "Aua"-Theorie Rhythmische Laute „Arbeitsgesang"-Theorie Liebe / Spiel / Lyrik / Gesang "La-La"-Theorie

5 1. Gegenstände der Sprachgeschichte
1. Historisch-vergleichende Sprachwissenschaft Komparative Methode * pətēr Klassisches Griechisch pat¾r (pater) Sanskrit piter Latein pater Gotisch fadar Altirisch athir Eskimo ataataq Italienisch padre Spanisch padre Französisch père Portugiesisch pai Katalanisch pare

6 1. Gegenstände der Sprachgeschichte
1. Hist.-vergl. Sprachwissenschaft – Komparative Methode Abb. aus: König, Werner (2005): Dtv-Atlas Deutsche Sprache. 15. Aufl. München. S. 40.

7 1. Gegenstände der Sprachgeschichte
2. Sprachwandel Was wandelt sich in der Sprache? Geschwindigkeit des Sprachwandels? Grenzen des Sprachwandels? Warum wandeln sich Sprachen? Wie wird Sprachwandel von den Sprachnutzern wahrgenommen? Sprachursprung? Sprachtod?

8 1. Gegenstände der Sprachgeschichte
2. Faktoren des Sprachwandels Ökonomie - systembezogen vs. informationsbezogen - Sprachökonomie heißt nicht: Immer kürzer und knapper! - Sondern: Je nach kommunikativen Erfordernissen werden die sprachlichen Mittel gewählt und entsprechend angepasst.  Reduktion aber auch Expansion 2. Innovation 3. Variation - regional, sozial, funktional, stilistisch etc. 4. Evolution - z.B. als nichtintendierte Folgen intentionaler Handlungen (unsichtbare Hand, vgl. Trampelpfad)

9 1. Gegenstände der Sprachgeschichte
3. Quellenproblematik: Quellentypen a) Früheste Quellen: Erwähnungen germanischer Wörter bei antiken Autoren (z.B. Tacitus Germania) b) Inschriften: z.B. das Idorih-Schwert, oder Runeninschriften des Goldhorns von Gallehus (Jütland, um 420 n.Chr.) c) Handschriften aus Klöstern (v.a. geistliche Textsorten) z.B. Abrogans (2. Hälfte 8. Jhd.) hoher Stellenwert der Übersetzungsliteratur d) Drucke: seit der Erfindung des Buchdrucks (15. Jhd.) e) „Textsortenexplosion“ seit dem 17. Jhd. f) Ausdifferenzierung der kommunikativen Bezugswelten und des Textsortenspektrums im 18. und 19. Jhd. g) Neue Medien (20. Jhd. bis heute)

10 1. Gegenstände der Sprachgeschichte
4. Sprachgeschichte in Epochen Alle Periodisierungen sind künstlich Sprachwandel ist ein Kontinuum Alle Periodisierungen orientieren sich nicht nur an sprachlichen Merkmalen, sondern immer auch an außersprachlichen Gliederungskriterien Es gibt unzählige Periodisierungsvorschläge (vgl. Thorsten Roelcke (1995): Periodisierung der deutschen Sprachgeschichte Analysen und Tabellen. Berlin/ New York.)

11 1. Gegenstände der Sprachgeschichte
4. Sprachepochen – Einstieg - Stichpunkte Vorgeschichte Indoeuropäisch (ca – 1000 v.Chr.) Germanisch (ca v. – 500 n.Chr.) Althochdeutsch (ca. 750 – 1050 n.Chr.) Mittelhochdeutsch (1050 – 1350 n.Chr.) Frühneuhochdeutsch (1350 – 1650 n.Chr.) Neuhochdeutsch ( ) Gegenwartssprache (1900- heute)

12 Das Untersuchungsraster
ALTHOCH-DEUTSCH Sozialer und politischer Hintergrund MITTELHOCH-DEUTSCH Kennzeichen der Sprache Untersuchungsraster FRÜH-NEUHOCH-DEUTSCH Schreiber und Schreiborte Textsorten NEUHOCH-DEUTSCH

13 1. Gegenstände der Sprachgeschichte
4. Sprachepochen – Einstieg - Stichpunkte Indogermanisch / Indoeuropäisch (ca – 1000 v.Chr.) Entdeckung des Sanskrit durch Sir William Jones (1786) Alte indische Literatursprache Indoeuropäische gemeinsame Sprache ist lediglich rekonstruiert, es gibt keine ide. Quelle! Kennzeichen der ide. Sprachen: flektierender und synthetischer Sprachbau Ide. Gemeinkultur lässt sich nicht nachweisen, fraglich, ob es sie gab.

14 1. Gegenstände der Sprachgeschichte
4. Sprachepochen – Einstieg - Stichpunkte Germanisch (ca v. – 500 n.Chr.) Ausgrenzung der germanischen Dialekte aus dem Ide. durch die 1., die germ. Lautverschiebung (Trennungskriterium also ein phonologischer Wandel) Stark vereinfacht: ide. p,t,k > germ. f, þ ,  / (später h), ide: b,d,g > germ. p,t,k ide: bh, dh, gh > germ. ƀ ,đ, ǥ > b, d, g Diese Lautverschiebung war verm. im 3. oder 2. Jh. v. Chr. Abgeschlossen. Akzentwandel, vormals freier Wortakzent wandert auf die Wurzelsilbe. Das wirkte sich zunächst als Initialakzent aus, nicht immer als semantische Stammsilbenbetonung. Akzentwandel zog eine ganze Reihe weiterer phonologischer und morphologischer Veränderungen nach sich (Abschwächung unbetonter Nebensilben, Umlaut, Brechung, Verlust im Flexionssystem etc.) Starke Einflüsse auf den Wortschatz durch das Lateinische (z.B. Wochentagsnamen) Gliederung des Germanischen in Dialekte aufgrund der Völkerwanderung (3.-5. Jh.) Ostgermanen (v.a. Goten - Wulfila-Bibel) Nordgermanen (nordische Sprachen, Schwedisch, Dänisch, Norwegisch etc.) Nordseegermanen (Angeln, Sachsen, Jüten – Altfries., Altsächsisch, Altenglisch) Südgermanen aufgeteilt in Weser-Rhein-Germanen und Elbgermanen (zentrale Gruppe für die dt. Sprache - ahd. Dialekte)

15 1. Gegenstände der Sprachgeschichte
4. Sprachepochen – Einstieg - Stichpunkte Althochdeutsch (Ende der Völkerwanderungszeit bis 1050) 2. Lautverschiebung (phonologisches Kriterium) Stark vereinfacht: germ. p,t,k > ahd. pf, ts, kx (nach Kons. Und Gemination) germ. p, t, k > ahd. ff, ss, xx (zwischen Vokalen u. im Ausl. n. Vok.) germ. b, d, g > p, t, k Abgrenzung des Hoch- vom Niederdeutschen Gebietes, das die 2. LV nicht mitmachte. Auch bestimmte vokalische Veränderungen waren relevant: Diphthongierung von lang ō und ē zu uo und ia (altsächsisch: brōar, ahd.: bruoder; alts.: hēt, ahd: hiaz `hieß’) Entstehung eines deutschen Sprachbewusstseins unter der politschen Herrschaft der Franken (Stichwort: Karolingische Reform) Ausweitung des Wortschatzes durch christlichen Einfluss („Chrisitanisierung des Wortschatzes“ v. Polenz) Ende des Ahd. wird meist mit dem Tod von Notker dem Deutschen angesetzt (erweiterte den deutschen Wortschatz entscheidend im sakralen Bereich)

16 Das Althochdeutsche 700 - 1050 Sozialer und politischer Hintergrund
Kulturelles Selbstbewusstsein im Frankenreich Karl der Große wird zum Kaiser gekrönt Förderung von Bildung, Christentum und Volkssprache Kennzeichen der Sprache Älteste schriftlich überlieferte Sprachform des Deutschen Beginnende Verbindung einzelner germanischer Dialekte theodisca lingua Schreiborte und Schreiber Mönche und Geistliche der christlichen Mission schrieben Schreiborte waren die Klöster Beginn eines überregionalen kulturellen Austauschs zwischen den Klöstern Textsorten Übersetzung v. Einzelwörtern und Wortgruppen in lat. Texten (Glossen) Religiöse Texe (z.B. Evangelienharmonien) Zaubersprüche

17 1. Gegenstände der Sprachgeschichte
4. Sprachepochen – Einstieg - Stichpunkte Mittelhochdeutsch (1050 – 1350 n.Chr.) Abgrenzungskriterien: hauptsächlich Phonologie! - i-Umlaut: ahd. gasti > mhd: geste ahd.: skôni > mhd. schne (zeitlich unsicheres Trennkriterium, Primärumlaut, Sekundärumlaut) - Abschwächung unbetonter Vokale in den Nebensilben: ahd. gibirgi > mhd.: gebirge, dadurch Vereinfachung, Reduzierung der Substantivflexion Blütezeit um 1200, mhd. Literatursprache, alle großen Epen sind in dieser Zeit entstanden Wichtig auch: Sprachliche Leistung der Mystiker (Mechthild von Magdeburg, Meister Eckart, Tauler) im Spätmittelalter. Erhebliche Ausweitung/ Erschließung des abstrakten Wortschatzes.

18 Das Mittelhochdeutsche
Sozialer und politischer Hintergrund Ostkolonisation Das höfische Rittertum entsteht Beginnender kultureller Aufstieg des Stadtbürgertums Kennzeichen der Sprache Höfische Sprache wird überregional verbreitet Entlehnungen aus dem Französischen keine Monophthongierung/ Diphthongierung Schreiborte und Schreiber Höfische Ritter und Minnesänger Geistliche und Gelehrte Schreiborte waren die Höfe und Klöster Textsorten Religiöse Texte Höfische Lyrik/ Minnesang Höfische Epen

19 1. Gegenstände der Sprachgeschichte
4. Sprachepochen – Einstieg - Stichpunkte Frühneuhochdeutsch (1350 – 1650 n.Chr.) Übergangsepoche, Periodisierung: sprachexterne Kriterien! Abgrenzungskriterien: Phonologie und Morphologie – fnhd. Monophthongierung: lieben gueten brüeder > lieben guten Brüder – fnhd. Diphthongierung: mîn niuwez hûs > mein neues Haus – weitere Vereinfachung der Flexionsparadigmen Ausbildung der periphrastischen Verbalformen (Grammatikalisierung von Futur, Passiv) Normierungsprozesse im Bereich der Syntax (bis 1750) Übergangsepoche, Periodisierung mit Hilfe sprachexterner Kriterien ( Pest, 1648 Ende des 30jährigen Krieges) Ältere Gliederung: Trennung 1500 zwischen Mhd. und Nhd.

20 Das Frühneuhochdeutsche
Sozialer und politischer Hintergrund Kulturelles Selbstbewusstsein des Stadtbürgertums Erfindung des Buchdrucks Reformation Kennzeichen der Sprache Diphthongierung ist durchgeführt Monophthongierung ist durchgeführt Vokaldehnung Schreiborte und Schreiber Schreiber im bürgerlichen, religiösen, wissenschaftlichen und politischen Milieu Geschäftskorrespondenzen Schreiborte: Kanzleien, Klöster, Druckereien Textsorten Bibelübersetzungen und andere religiöse Schriften Sprichwörter, Schwänke, Volksbücher Wissenschaftliche, rechtliche und geschäftliche Schriften und Briefe Flugblätter

21 1. Gegenstände der Sprachgeschichte
4. Sprachepochen – Einstieg - Stichpunkte Neuhochdeutsch ( ) Kaum mehr Veränderungen in den Flexionsparadigmen Ausbau der deutschen Literatursprache im 18. Jhd. Etablierung einer nhd. Standardsprache im 19. Jhd. Normierung der Orthographie um 1900 (Orthographiekonferenzen) Textsorten“explosion“ (18. dann bes. 19. Jhd.) Ausdifferenzierung der kommunikativen Bezugswelten, dadurch Ausbildung verschiedener Varietäten der deutschen Sprache

22 Das Neuhochdeutsche 1650-1900 Sozialer und politischer Hintergrund
allmähliche und schrittweise nationale Einigung Deutschlands Geistesepochen: Aufklärung, Klassik, Romantik … differenzierte Entwicklung im 20. Jahrhundert Kennzeichen der Sprache Programmatische Sprachpflege und Normierungsbestrebungen Einfluss verschiedener Fremdsprachen weitere epochale und regionale Tendenzen Schreiborte und Schreiber Allmähliche Ausbreitung der Schreibkompetenz auf alle Volksschichten Schreiber sind nun auch Privatleute daneben: Schriftsteller, Wissenschaftler, Politiker … Textsorten Literatur, Wissenschaft Private und geschäftliche Korrespondenzen Verschiedene Medien

23 1. Gegenstände der Sprachgeschichte
5. Dt. Sprachgeschichte in systematischen Längsschnitten Diachrone Entwicklung der Sprachsystemebenen Historische Graphematik  Schriftsysteme Historische Phonologie  Lautsysteme Historische Morphologie  Flexion und Wortbildung Historische Syntax  Syntax Historische Semantik  Semantische Systeme Historische Pragmatik  Kommunikative Handlungskompetenzen

24 1. Gegenstände der Sprachgeschichte
5. Dt. Sprachgeschichte in systematischen Längsschnitten Historische Graphematik Reduktion der Schreibvarianten vom Fnhd. zum Nhd. Beispiel: die Dentalaffrikate /ts/ Fnhd. < z, zz, zc, zcz, zt, ztc, zts, zh, zch, c, cc, cz czc, ccz czh, czt, czz, ctz, czcz, ch, t, tc, ts, tz, tcz tzc, ttz, tzz, tzt, tztz, ...>  insgesamt mehr als 30 Varianten Nhd < z, c, t, tz, ts > z.B. in: zart, Celsius, Nation, Hitze, Ratskeller  fünf Schreibvarianten

25 1. Gegenstände der Sprachgeschichte
5. Dt. Sprachgeschichte in systematischen Längsschnitten Historische Phonologie Generelle Entwicklung des phonologischen Systems: Verglichen werden dabei jeweils die einzelnen Epochen miteinander. Beispiele: Erweiterung des phonologischen Systems vom Ahd. zum Mhd.: - Phonemhinzufügung: / ŋ / (velarer Nasal) im Fnhd Phonemverbindung  Einzelphonem: ahd. /sk/ > mhd. /  / (skôni vs. schne) Bei solchen Systemveränderungen wirken allgemeine phonologische Prozesse, wie z.B. Assimilation und Dissimilation Assimilation Regressiv: [fynf] ugs. [fymf] Progressiv: mhd. zimber > nhd. Zimmer mdh. kumber > nhd. Kummer Dissimilation mhd. mörter > nhd. Mörtel oder Nhd. palatal vs. alveolar

26 1. Gegenstände der Sprachgeschichte
5. Dt. Sprachgeschichte in systematischen Längsschnitten Historische Morphologie Entstehen und Verschwinden von Morphemen in einzelnen Sprachstufen. Generell kann von sog. Grammatikalisierungsprozessen ausgegangen werden, nach denen aus bestimmten zunächst freien lexikalischen Morphemen allmählich gebundene grammatische Morpheme entstehen. Beispiele: - Schwach gebildetes Präteritum leg-t-e aus * sagi dedum freies lexikalisches Morphem  gebundenes grammatisches Morphem - Entstehung der Konjunktionen aus Subst. Und Adv weil Substantiv  Adverb  Konjunktion Konstruiertes Beispiel, das den Übergang verdeutlicht: 1. Nominalphr.+ Konj.: Die wile daz er das Buch las, war er ruhig. ‚In der Zeit, in der er das Buch las, war er ruhig. = temp. Adverbial 2. Adverb: Dieweil er das Buch las, war er ruhig. Adverb in der synt. Funktion eines temporalen Adverbials 3. Konjunktion: Weil er das Buch las, war er ruhig Konj. zur Subordination des Nebensatzes

27 1. Gegenstände der Sprachgeschichte
5. Dt. Sprachgeschichte in systematischen Längsschnitten Historische Syntax Beispiele: 1. Entstehung der dass-Sätze "Auch die Entstehung der daß-Sätze reicht in vorliterarische Zeit zurück. Daß begegnet schon in den ältesten althochdeutschen Texten als Subjunktion. Sie ist ebenfalls aus dem Demonstrativpronomen entstanden, und zwar aus dem Nom./Akk. Sg. Neutrum; die Unterscheidung der Schreibweisen (das/ daß) bürgerte sich erst nach dem 16. Jh. ein. Die Entwicklung zur Subjunktion wird mit der Fähigkeit des Neutrums erklärt, sich auf einen Vorstellungkomplex zu beziehen. (Betten, A. (1987): Grundzüge der Prosasyntax… Tübingen. S. 84.) 2. Verschiebung der Satzgrenze (Reanalyse) Ich weiß, daß er kommt. aus: Ich weiß das: Er kommt. Durch Verschiebung der Satzgrenze ist der hypotaktische Typ des Dass-Satzes entstanden. 3. Periphrastische Verbalformen: Perfekt, Passiv, Futur: Er hat einen Baum gepflanzt Das Buch wird/ ist gelesen. Sie wird das Buch lesen.

28 1. Gegenstände der Sprachgeschichte
5. Dt. Sprachgeschichte in systematischen Längsschnitten Historische Semantik Semantischer Wandel: Bedeutungserweiterung, -verengung, -verschiebung, verschlechterung, -verbesserung etc. Beispiele: 1. Aufwertung von Bube (Bedeutungsverbesserung) 13. Jh.: buobe = halbwüchsiger Diener im königlichen Gefolge, nichtadlig, in niederen Diensten (Gegensatz zu knappe) 13. Jh.: buobe = auch `rechtlose, ehrlose Person', dann auch als Schimpfwort. 15./16. Jh.: buobe = grobes Schimpfwort für einen Mann, unabhängig vom Alter 15./16. Jh.: buobe = gleichzeitige Parallelentwicklung: 'Lehrling, männl. Kinder allgemein, ohne moralische Implikaturen' ab 1600 in Süddtl. (Bsp. Basel) buob männliches Kind vs. knabe `Bursch, heiratsfäh. jg. Mann' (knabe als Bez. für das männl. Kind nur schriftsprachl.) 2. Abwertung von Weib und Dirne ahd.: frô `Mann, Herr’, frouwa ‘Frau, Herrin’ (s. Fron, Fronleichnam), wîb (verh. Frau) mhd. vrouwe `Herrin’, juncvrouwe 'soz. hochstehend, unverh.' vs. wîp ‘Frau’ , vs dierne ‘Mädchen’, maget ‘unverh., jung‚ nhd.: Frau ‘Frau, neutral’, Nachfolgende Grafik aus: König, Werner (2005): dtv-Atlas Deutsche Sprache. München. S. 112.

29 1. Gegenstände der Sprachgeschichte
Historische Semantik: Beispiel weib / Frau

30 1. Gegenstände der Sprachgeschichte
5. Dt. Sprachgeschichte in systematischen Längsschnitten Historische Pragmatik Wandel der kommunikativen Handlungskompetenz Beispiel: Veränderung der pronominalen Anrede vom Ahd. bis zur Gegenwart in fünf Schritten

31 1. Gegenstände der Sprachgeschichte
5. Dt. Sprachgeschichte in systematischen Längsschnitten Historische Pragmatik: Wandel der pronominalen Anrede 1. Althochdeutsch, 9. Jahrhundert: zunächst eingliedriges System: Du ab dem 9. Jh.: Hinzutreten der Höflichkeitsform: Ihr (Otfrid von Weißenburg), Übernahme aus dem Lat. vos / vester. 2. Ab Ende des 16. Jahrhundert: dritte Form: Er / Sie (3.Ps.Sg.) als Steigerung der Höflichkeit. Vermeidung der direkten Anrede mit Du / Ihr. Hat er gut geschlafen, der Herr? Wird sie mich morgen empfangen, die gnädige Frau? Bezug auf Anredetitel: Der Herr  er, die gn. Frau  sie

32 1. Gegenstände der Sprachgeschichte
5. Dt. Sprachgeschichte in systematischen Längsschnitten Historische Pragmatik: Wandel der pronominalen Anrede 3. Ende des 17. Jahrhundert: Hinzutreten des (heutigen) Sie (3.Ps.Pl.) als weitere Steigerung der er/sie-Anrede Verbflexion! Haben Sie gut geschlafen? Jahrhundert: nochmalige Erweiterung: Gottsched (1762) unterscheidet ein fünfgliedriges System: hinzu kommt: Dieselben Gottsched: natürlich Du althöflich Ihr mittelhöflich Er / Sie neuhöflich Sie überhöflich Dieselben

33 1. Gegenstände der Sprachgeschichte
5. Dt. Sprachgeschichte in systematischen Längsschnitten Historische Pragmatik: Wandel der pronominalen Anrede Fortsetzung 18. Jahrhundert: Beispiel nach J. Christoph Adelung (2. Hälfte 18. Jhd.): „Du wird nur noch 1. gegen Gott, 2. in der Dichtkunst und dichterischen Schreibart, in der Sprache der engen Vertraulichkeit, und 4. in dem Tone der hochgebie- thenden Herrschaft und tiefen Verachtung gebraucht. Außer diesen Fällen redet man sehr geringe Perso­nen mit ihr, etwas bessere mit er und sie, noch bessere mit dem Plural sie, und noch vornehmere wohl mit dem Demonstrativo Dieselben oder auch mit abstracten Würdenamen, Ew. Majestät, Ew. Durchlaucht, Ew. Excellenz u.s.f. an.“ (J.Chr. Adelung 1982: Umständliches Lehrgebäude der deutschen Sprache. Bd. 1. S. 684) und 20. Jahrhundert: Du / Sie schält sich als neues Zweiersystem heraus. Er / sie und Dieselben werden aufgegeben Ihr ist regional / dialektal eingeschränkt.

34 1. Gegenstände der Sprachgeschichte
6. Gegenwartsrelevanz Hermann Paul (1880/1920): Prinzipien der Sprachgeschichte. 5. Aufl. Tübingen. §10. „Ich habe es noch kurz zu rechtfertigen, dass ich den Titel Prinzipien der Sprachgeschichte gewählt habe. Es ist eingewendet, dass es noch eine andere wissenschaftliche Betrachtung der Sprache gäbe als die geschichtliche. Ich muss das in Abrede stellen. Was man für eine nichtgeschichtliche und doch wissenschaftliche Betrachtung der Sprache erklärt, ist im Grunde nichts als eine unvollkommen geschichtliche, unvollkommen teils durch Schuld des Betrachters, teils durch Schuld des Beobachtungsmaterials. Sobald man über das blosse Konstatieren von Einzelheiten hinausgeht, sobald man versucht den Zusammenhang zu erfassen, die Erscheinungen zu begreifen, so betritt man auch den geschichtlichen Boden, wenn auch vielleicht ohne sich klar darüber zu sein.“ Wirkliches Verständnis der eigenen Sprache ist ohne Sprachgeschichte nicht möglich! Sprachgeschichte als historische Hilfswissenschaft Sprachgeschichte als notwendiges Mittel, um das kulturelle Erbe einer Sprachgemeinschaft zu bewahren, kritisch zu hinterfragen und weiterzugeben. Erst mit dem sprachhistorischen Horizont können sprachliche Konventionen und Normierungen der Gegenwart vollständig verstanden werden

35 1. Gegenstände der Sprachgeschichte
Zusammenfassung

36 Danke für Ihre Aufmerksamkeit


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