Die Präsentation wird geladen. Bitte warten

Die Präsentation wird geladen. Bitte warten

Prof. Dr. Helma Lutz, Goethe Universität Frankfurt

Ähnliche Präsentationen


Präsentation zum Thema: "Prof. Dr. Helma Lutz, Goethe Universität Frankfurt"—  Präsentation transkript:

1 Prof. Dr. Helma Lutz, Goethe Universität Frankfurt
Who cares? Wer kümmert sich und wen kümmert das schon? Migrantinnen in der Pflegearbeit in deutschen Privathaushalten Prof. Dr. Helma Lutz, Goethe Universität Frankfurt IWAK Konferenz, Frankfurt

2 Care = Sorge und Pflege = Fürsorgearbeit/Familienarbeit
„Care im umfassenden Sinne meint nicht nur das Zusammenführen von informell und professionell im Wesentlichen von Frauen ausgeübten Sorge- und Pflegetätigkeiten im Lebenszyklus (Kindheit - Alter, Gesundheit - Krankheit), sondern ebenso sozialpädagogische und sozialarbeitsbezogene Tätigkeit in besonderen Lebenslagen.“ (Nancy Fraser 1994).

3 Care in personenbezogenen Dienstleistungsberufen
Care work: Betreuung, Versorgung, Erziehung, Pflege von Menschen, Dingen, Unterstützung und Beratung. Drei C‘s: Cooking, Caring, Cleaning: Unterscheidung nach personen- und sachbezogenen Dienstleistungen ist schwierig – Kombinationen und Verschränkungen der Arbeitsfelder – ent-grenzte Arbeit. Schieflage der Geschlechterzuständigkeit = vergeschlechtlichte Arbeit.

4 Das deutsche Care-Regime
„Das deutsche Care-System entspricht also weiterhin dem familialistischen Typus eines ‚konservativ-korporatistischen Wohlfahrtsregimes ‚ nach Esping-Anderson, das die Hauptlast der Pflege- und Betreuungsarbeit den meist weiblichen Familienmitgliedern aufbürdet und primär in Unterstützungsangebote für informelle Pflegearrangements investiert.“ (Backes 2008:21)

5 aus: Statistisches Bundesamt 2007: PFLEGESTATISTIK 2005
aus: Statistisches Bundesamt 2007: PFLEGESTATISTIK Pflege im Rahmen der Pflegeversicherung Deutschlandergebnisse. Wiesbaden. S. 11.

6 Migrantinnen in der Pflege - ein Tabu in Forschung und Politik
Datenlage schlecht, unvollständig – Erhebungsmotivation niedrig - Beispiele: Expertise der Friedrich-Ebert-Stiftung 2008 (keine Erwähnung- kein Hinweis auf Outsourcing-Effekt); „Der Privathaushalt ist der Beschäftigungssektor mit dem höchsten Anteil ungeschützter Arbeitsverhältnisse“ (7. Familienbericht; Bundesministerium für Familien, Senioren, Frauen und Jugend 2006: 159). Rapide wachsender Sektor: Indikatoren: Anonymus (2007) schätzt Migrantinnen in deutschen Haushalten; MUG III Studie (Schneekloth, Wahl 2005): 23% der Pflegebedürftigen werden mit selbstfinanzierten und beschafften Hilfen versorgt. Sommer 2008: 65 Internetagenturen genannt: Homengel, Hilfreiche Hand, Humanservice, Euro Care, Haushaltshilfe Osteuropa, Help4seniors, Lebensabend sorglos leben, McCare Seniorenservice, Pflege für Oma,.. Wachsende Zahl qualitativ forschender Arbeiten.

7 Rechtliche Regelungen – Migrantinnen in der Pflege
Haushaltshilfe für haushaltsnahe Dienstleistungen in Haushalten mit Pflegebedürftigen bis zu drei Jahren; 38,5 Std./Woche; bis zu 1200 € Gehalt (abzüglich Kost und Logis), sozial versichert in Deutschland bis zu drei Jahren (Vermittlung: Bundesagentur für Arbeit) Selbstständige(r) Arbeitnehmer in Polen/ Tschechien/Bulgarien/ Rumänien etc./ Ich-AG - sozial und Rentenversichert im Herkunftsland Beschäftigung ohne Zustimmungspflicht; Arbeitnehmerentsendegesetz und Bestimmungslandprinzip gilt in BRD nur für Baugewerbe und Gebäudereinigung; Selbstständig in Deutschland (Ich-AG) EU- Niederlassungsfreiheit seit 2004 plus Dienstleistungsrichtlinien 2006 (Herkunftslandprinzip) gilt im Prinzip nicht für Sozial- und Gesundheitsdienstleistungen.

8 Migrantinnen in der Pflege – öffentliche Skandalisierung
Kampf gegen die Schwarzarbeit in der Pflege: ‚Illegal ist Unsozial‘ (Mittelhessen); „Initiative gegen die Schwarzarbeit in der Pflege in Süddeutschland“ (Beauftragung von Detekteien mit dem Aufspüren von Schwarzarbeit in Privathaushalten; Finanzkontrolle Schwarzarbeit (seit ) – 7000 MitarbeiterInnen; Skandalisierung durch die Presse: „Illegale Pflege mit Todesfolgen“.

9 Grauzonenantwort: Markt in der Grauzone (Dollinger 2008)
Semi-Compliance Nicht-Interventionspolitik

10 Migrantinnen in der Pflege – Was wissen wir?
wichtiger Arbeitsmarkt für Migrantinnen - trägt nachhaltig zur Feminisierung der Migration bei; Mehrheitlich Frauen zwischen 30 und 65 Jahren; Anteil der (polnischen) Rentnerinnen steigend; Hohes Bildungskapital der Akteurinnen wird als solches nicht verwendet; ‚Care-Drain‘ (Hochschild) = Abzug von Fürsorgekapital in den Herkunftsländern→ Care-Chains; Migrantinnen bevorzugen Pendelmigration – transnationale Mutterschaft.

11 Stimmen von Migrantinnen in der Pflege
Beklagen hohe Belastung durch alleinige Verantwortung für das Wohlehrgehen der Patientinnen; Fehlende Anerkennung für physisch und psychisch belastende Arbeit – vergleichsweise geringe Bezahlung; Fehlende Hilfe und Beratung bei Konflikten und Kommunikationsproblemen; Beschimpfungen durch Familienangehörige und vereinzelt sexuelle Übergriffe durch Patienten.

12 Frau A. arbeitet bei einer alten Dame, die das Bett nicht verlassen kann. Sie hört zufällig ein Gespräch mit, aus dem hervorgeht, dass ihre Klientin Hepatitis B hat: „Das ist die schlimmste Form von Hepatitis. Sie hat sich das in Bangkok oder Singapur oder so zugezogen. Schon vor vielen Jahren. Aber mir hat das niemand gesagt. Spielt keine Rolle. Ich bin ein Drecksack aus dem Osten.“ (zitiert in Juliane Karakayali 2008:168)

13 Ressourcenaktivierung:
(eingeschränkter) Rat und Hilfe bei vermittelnden Agenturen; Persönliche Netzwerke (Freundinnen oder Familienangehörige arbeiten in der Nähe); Kündigung oder Drohung mit Kündigung; Tägliche Gespräche mit der Herkunftsfamilie über Internettelefon; Kommunikation mit Pflegediensten. Aber: Prozesse wegen Lohnprellung, Nichteinhalten von Arbeitsabsprachen oder sexueller Übergriffe werden i. d. Regel nicht geführt.

14 Fazit: Widersprüche. Ignoranzen, Tabuisierungen I.
(1) Die deutsche Zuwanderungspolitik hält weiterhin daran fest, dass eine Öffnung des Arbeitsmarktes im privaten Dienstleistungssektor für nicht-deutsche Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nicht notwendig ist. Das Primat des Anwerbestopps, für den im hochqualifizierten und im landwirtschaftlichen Sektor immer wieder Ausnahmen gemacht werden, wird hier als unantastbar betrachtet. (2) Deutsche Ökonomen befürworten die Deregulierung des Sektors, um sie als Instrument der nationalen Arbeitsmarktpolitik zur Arbeitsplatzbeschaffung im Niedriglohnsektor zu nutzen. (3) Pflegeverbände befürchten und wehren sich gegen die Konkurrenz in der Hauspflege, die gerade in den letzten Jahrzehnten nachhaltig professionalisiert wurde, dementsprechend aufgewertet ist und Preiserhöhungen durchlaufen hat. (4) Gewerkschaften argumentieren im Sinne nationaler Interessen in ähnlicher Weise wie die Pflegeverbände gegen die Aufweichung der professionalisierten Standards und ihrer Bezahlung; bislang gibt es in Deutschland keine Interessenvertretung für Wanderarbeiterinnen in der Haushaltsarbeit. Einzig in den Wohlfahrtsverbänden der christlichen Kirchen werden nach dem Stellvertreterprinzip Ausbeutung und Missstände angeprangert (Alt 2003).

15 Fazit: Widersprüche. Ignoranzen, Tabuisierungen II.
(5) Für viele Haushalte bleiben Migrantinnen als Haushaltsarbeiterinnen und Pflegekräfte eine vergleichsweise billig und flexibel einsetzbare Alternative zu bürokratischen, kostspieligen institutionalisierten Angeboten. (6) Für die betroffenen Migrantinnen ist das im Deutschland verdiente Geld eine Ressource mit deren Hilfe die Existenz und Zukunftsfähigkeit ihrer Familien garantiert werden kann, selbst wenn sie dafür Dequalifizierung und den Verlust von Bürgerrechten in Kauf nehmen müssen. In der Regel wird im Laufe dieser Tätigkeit die Unabhängigkeit von einem Arbeitgeber und der Aufbau eines eigenen Kundennetzes angestrebt (Live-out statt Live-in), um ein Mindestmaß an Autonomie zu erlangen. (7) Die Herkunftsländer der Migrantinnen sind vor allem an den umfangreichen Remissionen interessiert und bevorzugen die Kategorisierung dieser Frauen als ‚zeitweise abwesend’ in ihren Statistiken, sodass sie als Emigranten nicht sichtbar werden. Gleichzeitig erleichtern sie die Inanspruchnahme von Kranken- und Sozialversicherung durch diesen Personenkreis im Heimatland (Kempinska 2006).

16 Fazit: Widersprüche. Ignoranzen, Tabuisierungen III.
(8) Aufgrund der komplizierten Rechtssituation sind weder die Migrantinnen noch die Arbeitgeberinnen in der Lage, abgesicherte Aussagen über die Legalität des Arbeitsverhältnisses zu machen. (9) Beratungsstellen für Pflegebedürftige, ihre Familien und für die pflegenden Migrantinnen müssen dringend geschaffen werden.

17 Eigene Forschung - „Servant Project“ (EU finanziert, 2001-2003)
„Geschlecht, Ethnizität und Identität. Die neue Dienstmädchenfrage im Zeitalter der Globalisierung.“ (VW Stiftung finanziert ) „Landscapes of Care Drain. Care provision and Care Chains from the Ukraine to Poland and from Poland to Germany” ( DFG finanziert, )


Herunterladen ppt "Prof. Dr. Helma Lutz, Goethe Universität Frankfurt"

Ähnliche Präsentationen


Google-Anzeigen